«Soll ich gleich am Grill loslegen? Ich bereite gerade einen Saibling vor», fragt Claudine Nyaguy. Das lass ich mir nicht zweimal sagen. Wie oft hat man die Chance, ein Gericht einer Schweizer Grillmeisterin zu probieren?
Noch ein paar Meter mit dem Postauto, dann kommt endlich unser Halt: Waltalingen. Zu Fuss geht’s für Kollege Ramon und mich noch ein Stück hoch zum Schloss Schwandegg. Die Aussicht und das imposante Gebäude entschädigen sogleich für den steilen Anstieg. In der Küche wartet bereits Weber-Grillmeisterin Claudine Nyaguy. Sie ist gerade dabei, Lebensmittel für den Grill vorzubereiten. Ihr Elan und ihre Freude sind von der ersten Sekunde an zu spüren.
Die einzige Grillmeisterin
Gleich zu Beginn lerne ich etwas über das Grillieren von Fisch. Wird er direkt auf den Rost gelegt, klebt die Haut daran. Packst du ihn hingegen in Alufolie, wird die Haut nicht knusprig. Ausserdem lösen sich giftige Stoffe von der Folie. «Der Trick ist, den Fisch indirekt zu grillieren. Dafür nehme ich eine halbe Limette oder Zitrone und stülpe den Bauch des Fisches darüber», erklärt Claudine.
Die zwei kleinen Saiblinge kommen auf einer Limette liegend auf den Grill.
Ob das ein typisches Gericht für sie sei, will ich wissen. «Ja, am liebsten lege ich Fisch auf den Grill. Die feine Zubereitung hat es mir angetan.» Das unterscheide sie auch von ihren männlichen Kollegen, die immer noch die Mehrheit am Grill stellen. Als einzige Weber-Grillmeisterin in der Schweiz musste sie sich während Weiterbildungen zusätzlich beweisen.» Auch heute hat sie an Grillkursen, die sie leitet, noch ab und zu mit Vorurteilen zu kämpfen. «Das ist aber viel seltener geworden als noch vor ein paar Jahren. Die Geschlechterstigmatisierung verschwindet immer mehr.»
Die Grillkurse gibt sie zusammen mit ihrem Mann Oliver in Zusammenarbeit mit Weber. Zu denen kamen sie wie die Jungfrau zum Kind. «Wir haben zusammen eine Praxis für Alternativmedizin betrieben. Irgendwann haben wir ein Projektangebot für Apéro und Weinbegleitung in Steckborn bekommen», erzählt sie. Ihr Mann und sie haben sich danach immer mehr auf die Gastronomie konzentriert. «Auf einmal kamen Cateringanfragen grosser Firmen. Dafür haben wir ganze Menüs im Glas angerichtet.» Daher kommt auch der Name ihrer Cateringfirma «Ars in vitro», also Kunst im Glas. Irgendwann klopfte auch Weber an und fragte, ob das Ehepaar nicht Lust habe, die Grillacademy mitaufzubauen. Hatten sie und haben sie noch immer.
Claudine grillt gerne leichte Gerichte mit Fisch.
Leichtes Essen mit viel Geschmack
Diese Lust ist spürbar, wenn Claudine am Grill steht. Es gibt Garnelen und Cherrytomaten im Wok mit Knoblauch und Ingwer angemacht. Sie arbeitet exakt und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Neben dem Geschmack ist ihr die ästhetische Komponente des Essens wichtig. «Ich mag es, mit Farben zu spielen und die Gerichte schön zu dekorieren.» Als zweiter Gang folgt der Saibling. Dabei lerne ich einen weiteren Trick. Wer die Haut nicht essen will, rollt sie mit der Gabel auf. So wie bei einer Sardinenbüchse. Der Fisch schmeckt erwartungsgemäss ausgezeichnet. Er ist durchgegart, aber dennoch nicht trocken. Mir fehlt nur ein bisschen Salz. «Fisch würze ich aus Prinzip nie. Der Eigengeschmack soll durchkommen», entgegnet Claudine.
Nach ein paar Umdrehungen ist die Haut weg.
Naturheilkunde im Essen
Bis heute findet sich der alternativmedizinische Ansatz auch im Essen der Nyaguys. «Wir verzichten auf Geschmacksverstärker und künstliche Farben, stattdessen setzen wir auf Inhaltsstoffe, die dem Körper guttun», meint Claudine. Auch das anatomische und chemische Wissen aus der Medizin komme dem Ehepaar beim Kochen immer wieder zugute. «Ich weiss, wie sich ein Stück Fleisch zusammensetzt, wie es unter bestimmten Umständen reagiert.» Das restliche Kochwissen haben sie sich in verschiedenen Kursen angeeignet oder von ihren Kindern abgeschaut. «Die drei Söhne haben eine Kochausbildung absolviert, Noé und Kim führen das Schloss Schwandegg», sagt Oliver.
Kräuter spielen eine grosse Rolle in Claudines Gerichten.
Überzeugt vom Veganismus
Wenn Claudine nicht arbeitet, kommt bei ihr weder Fisch noch Fleisch auf den Teller. «Berufsbedingt verarbeite und probiere ich so viel Fleisch, dass ich privat darauf verzichte.» Auch andere tierische Produkte sind tabu. «Das Thema Veganismus manifestiert sich in der Gesellschaft und ich versuche es auch in den Grillkursen immer wieder einfliessen zu lassen, ohne dabei missionarisch zu wirken.» Sie bietet unter anderem auch einen veganen Grillkurs an. Der findet aber momentan noch nicht den erhofften Anklang. «Würden wir den in einer urbanen Umgebung anbieten, sähe das bestimmt anders aus», ist sich Claudine sicher. Ihr Ziel ist es, geschmackvolles veganes Essen zu kreieren, das auch Fleischesser überzeugt. «Veganern muss ich den Lebensstil nicht mehr näher bringen.»
Sie tüftelt aber nicht nur an veganem Essen. «Mein Mann plant gerade einen japanischen Grillkurs», sagt Claudine. Laut ihr wird der Grill heute als universelles Kochgerät gesehen, worauf ganze Menüs gezaubert werden. «Der Griller-Urtyp, der ein paar Würste auf den Grill wirft und dazu an einer Flasche Bier nippt, ist vom Aussterben bedroht.» Für sie findet ein klarer Wandel zum feineren, bewussteren Grillieren statt. Eine eindeutige Meinung hat sie übrigens auch zum Mythos schlechthin: «Es macht keinen Unterschied, ob du auf Gas oder Holzkohle grillierst.»
Bei Claudine stehen filigrane, dekorative Gerichte höher im Kurs als ein mächtiges Stück Fleisch.
Grillparty für dich und deine Freunde
Willst du dich selbst von Claudines Grillkünsten überzeugen? Dann nimm am Wettbewerb teil und gewinne mit ein bisschen Glück eine Grillparty bei dir zu Hause für dich und neun Freunde. Teilnahmeschluss ist der 17.Mai 2019.
Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.
Diese Beiträge könnten dich auch interessieren
Meinung
Das mieseste Stück Fleisch: Das Pouletbrüstli
von Simon Balissat
Hintergrund
Nie mehr Einweggrill: Mit dem Knister grillierst du nachhaltig