Produkttest

Reolink Argus 2: Viel Überwachung für wenig Geld

Kevin Hofer
15.6.2018

Mit der Argus 2 gibt Reolink der Argus ein Upgrade. Neu kommt die Netzwerkkamera mit integriertem Akku. Was die Kamera sonst noch so kann und wie sie sich in der Praxis bewährt, liest du im Test.

Leise schleicht sie sich auf ihren Samtpfoten zum Hochbeet. Beharrlich scharrt sie die Erde zur Seite. Plötzlich ertönt eine Sirene. Sie schreckt auf und macht sich kurz darauf vom Acker.

Meine Katze pinkelte mir immer ins Hochbeet. Das gehört jetzt der Vergangenheit an. Wie mir das gelungen ist? Als erklärter Videoüberwachungsgegner im Privatbereich habe ich alle meine Bedenken über Bord geworfen und die Reolink Argus 2 getestet.

Meet Dobby (ja, bennant nach dem Hauself in «Harry Potter»): die wahrscheinlich hässlichste Katze der Welt.

Was hat die Kamera zu bieten?

Die Vorgänger-Argus hat im Privatbereich eine Lücke geschlossen: Eine komplett kabellose Sicherheitskamera, die nur die nötigsten Funktionen bietet und dabei preiswert ist. Die Nachfolgerin tut genau dasselbe, bessert aber in einigen Punkten nach.

Die grösste Neuerung ist der integrierte Akku. Dieser soll gemäss Reolink im Stand-by-Modus bis zu sechs Monaten halten. Es kommt aber auf die Nutzung an. Praktisch: Die Kamera benachrichtigt dich per Push-Nachricht, falls der Akku bald alle ist. Optional bietet Reolink auch die Möglichkeit eines Solarpanels zum Aufladen beim Outdoor-Betrieb.

Damit du nicht ans Laden denken musst, kannst du die Argus 2 auch ans Solarpanel hängen.
Damit du nicht ans Laden denken musst, kannst du die Argus 2 auch ans Solarpanel hängen.

Auf Geofencing, Aktivitätszonen und Smart-Home-Integration musst du verzichten. Beim Test fehlte auch noch Cloud-Recording. Reolink will aber bereits in den nächsten Wochen eine Lösung anbieten, weshalb zurzeit ein Lieferengpass besteht. Die Geräte werden mit der Firmware aktualisiert und dann so ausgeliefert. Damit kannst du gleich von Beginn weg vom Cloud-Recording profitieren. Alternativ lässt sich auch eine Micro-SD-Karte zur Aufzeichnung einlegen (bis 64 GB und nein, die kriegst du nicht dazu und musst sie selbst kaufen).

Hier die wichtigsten Specs auf einen Blick:

  • Full-HD-Video und Bilder
  • Kabellos
  • Sichtwinkel diagonal: 130̈°
  • PIR-Bewegungssensor (120° Blickwinkel)
  • Bewegungsaufzeichnung auf Micro SD-Karte
  • Wetterfest (IP65-Zertifizierung)
  • 2-Wege-Audio

Was ist im Lieferumfang enthalten

Ganz schön viel drin fürs Geld.
Ganz schön viel drin fürs Geld.
  • Reolink Argus 2 Kamera
  • Akku (inkl. Micro-USB-Kabel zum Aufladen)
  • Outdoor Sicherheitshalterung
  • Magnetische Halterung
  • Schutzhülle
  • Reset-Nadel
  • Hinweiskleber zur Videoüberwachung
  • Zubehör zum Befestigen (Schrauben und Bohrvorlage)

Wie funktioniert die Installation

Reolink verspricht eine kinderleichte Installation der Kamera. Und wie sich herausstellt ist das Ganze tatsächlich einfach und funktioniert. Zur Installation brauchst du nur ein Smartphone, Computer oder Mac.

Ich mache die Installation mit meinem Smartphone. Dazu hole ich mir die Reolink App bei Google Play. Danach brauche ich diese nur noch zu starten und den Anweisungen der App zu folgen. Nach etwas mehr als einer Minute kann ich auch schon das erste Bild der Kamera betrachten.

Die Qualität wirkt auf den ersten Blick ganz ordentlich. Die Kamera nimmt Videos standardmässig mit 15 Frames pro Sekunde auf. In den Einstellungen kann ich das aber anpassen und diverse Bildraten (2, 5, 10 oder 15) einstellen. Auch die Auflösung lässt sich auf Wunsch anpassen.

Die App bietet vielfältige Einstellungsmöglichkeiten.
Die App bietet vielfältige Einstellungsmöglichkeiten.

Die App

Die App ist intuitiv aufgebaut. Du kannst deiner Kamera einen Namen geben (zur bessern Unterscheidung, falls du mehrere hast). Ich habe meine mangels Kreativität Reo getauft. Falls du jemand anderem Zugriff auf die Kamera geben möchtest, braucht diese Person nur einen QR-Code mit der App zu scannen.

Zudem findest du weitere Einstellungsmöglichkeiten zu Video und Audio, zur lokalen Speicherung, dem Alarm, dem Licht und Benachrichtigungen. Praktisch ist auch, dass du dich mit der App jederzeit zum Akkuzustand informieren kannst.

Kurz eingehen möchte ich auf den Bewegungsmelder. Die Argus hat einen PIR-Sensor eingebaut. Dieser reagiert auf Temperaturänderungen. Der Vorteil daran ist, dass er nur Lebewesen registriert. Hast du deine Argus 2 also im Garten installiert, reagiert sie nicht auf Bewegungen deiner Pflanzen.

Die Sensibilität des Sensors lässt sich in drei Stufen einstellen.
Die Sensibilität des Sensors lässt sich in drei Stufen einstellen.

Die Sensibilität des Sensors kannst du in er App einstellen. Das wirkt sich auf die Reichweite fürs Erkennen aus. Dabei stehen dir drei Reichweiten zur Verfügung: niedrig (bis zu 4 Metern), mittel (bis zu 6 Metern) und hoch (bis zu 9 Metern). Zudem kannst du unter diesem Punkt auch einstellen, ob du bei der Registrierung von Bewegungen eine E-Mail erhalten möchtest, die Kamera die Sirene erklingen lassen soll oder ob eine Aufnahme gemacht werden soll. Damit’s mit der Mail klappt, musst du diese zuerst erfassen. Das kannst du über den entsprechen Menüpunkt in der App.

Die Sirene ist übrigens nicht sonderlich laut (ca. 80 dB). Um Einbrecher abzuschrecken reicht das wohl nicht. Andere Übeltäter, wie beispielsweise Katzen, schrecken aber auf.

Praxistest Outdoor

Zum bessern Schutz vor Witterung kannst du der Argus 2 auch einen Schutz überziehen.
Zum bessern Schutz vor Witterung kannst du der Argus 2 auch einen Schutz überziehen.

Wie du eingangs wohl gemerkt hast, ist es mir ein Dorn im Auge, dass mir meine Katze ins Hochbeet pisst. Deshalb, und weil ich gleichzeitig auch das Solarpanel testen will, mache ich zuerst den Outdoor-Test.

Das Solarpanel ist schnell montiert. Ich muss es lediglich aufstellen und das Kabel mit der Argus 2 verbinden. Da ich in einer Mietwohnung wohne, habe ich keine Lust zu bohren und stelle Panel und Kamera auf der Sicherheitshalterung einfach auf den Boden. Hier zeigt sich jedoch eine Schwachstelle meines Unterfangens: Das Solarpanel ist nur Leistungsstark genug, wenn es direkte Sonneneinstrahlung erfährt. Tageslicht alleine genügt nicht.

Reo auf der Sicherheitshalterung im Dreck.
Reo auf der Sicherheitshalterung im Dreck.

Leider wird der Balkon, auf dem sich das Hochbeet befindet, wegen den umliegenden Bäumen nicht ganztags besonnt. Damit ich dennoch eine Aussage zum Solarpanel machen kann, stelle ich die Kamera für einige Zeit um. Sobald das Panel direkte Sonneneinstrahlung erfährt, wird auch der Akku von Reo geladen. Das Laden dauerte bei voller Sonneneinstrahlung relativ lange. Nach ungefähr sechs Stunden waren fünf Prozent geladen.

OK, das Solarpanel funktioniert, kommen wir wieder zurück zum eigentlichen Test. Der Sensor registriert Lebewesen tatsächlich sehr gut, egal, ob mich oder meine Katze. Um das zu Testen setzte ich die Empfindlichkeit des Sensors auf Hoch. Einen Fehlalarm habe ich nie. Das funktioniert auch bei Nacht sehr gut und die Qualität ist auch hier solid. Auf meinem Smartphone werde ich beinahe in Echtzeit benachrichtigt (ich kann nur etwa eine Verzögerung von maximal einer Sekunde feststellen). Jetzt weiss ich also auf der Arbeit in Zürich, wenn meine Katze in Biel Unfug treibt.

Auch die Qualität bei Nachtaufnahmen ist ganz ordentilich, wenn auch nur auf einige wenige Meter Distanz.
Auch die Qualität bei Nachtaufnahmen ist ganz ordentilich, wenn auch nur auf einige wenige Meter Distanz.

Die App benachrichtigt dich auf Wunsch per Push-Nachricht oder E-Mail. Bei der Mail kriegst du noch ein Standbild dazu geschickt. Sobald ich die Push-Nachricht antippe, komme ich in den Live-Feed. Ich kann den Übeltäter also gleich auf frischer Tat ertappen. Sollte ich mal etwas verpasst haben, kann ich mir Playbacks aller Ereignisse in einer Timeline abspielen lassen. So weiss ich genau, was am 22. Mai um 09:59:13 geschehen ist: Meine Katze macht erste Bekanntschaft mit Reo.

Im Playback kannst du dir im Nachinein anschauen, was die Kamera erfasst hat.
Im Playback kannst du dir im Nachinein anschauen, was die Kamera erfasst hat.

Möchte ich mal ein Video auf das Smartphone runterladen kann ich das auch tun. Das funktioniert über einen Downloadbutton beim Betrachten des Playbacks. Die Clips können aber höchstens 30 Sekunden lang sein.

Wie erwähnt, ist die Argus 2 nicht für den Dauerbetrieb ausgelegt. Weil das Ganze so reibungslos funktioniert, ist eine Daueraufzeichnung aber gar nicht nötig. Im Privatbereich, wo ich bei der Überwachung gesetzlich stark eingeschränkt bin, umso mehr. Ich dürfte ja nicht mal eine Kamera vor meiner Haustüre installieren, da es sich beim Treppenhaus der Mietwohnung um einen gemeinsam genutzten Raum handelt. Deshalb überwache ich für den Test meine Katze, die kann sich zum Glück nicht wehren.

Praxistest-Indoor

Da ich mich jetzt bereits als Mensch geoutet habe, der zu stark an der Hygiene seiner Katze interessiert ist, mache ich beim Indoor-Test mangels menschlicher Versuchskaninchen gleich weiter. Ich montiere die Kamera oberhalb des Katzenklos. Dieses Mal verwende ich die magnetische Halterung. Die Ausrichtung ist darauf um einiges leichter, die Kamera verrutscht aber auch schneller als auf der Sicherheitshalterung.

Die Toilette im Blick – hier habe ich übrigens die Sirene abgestellt, schliesslich soll die Katze ihr Geschäft weiterhin hier verrichten.
Die Toilette im Blick – hier habe ich übrigens die Sirene abgestellt, schliesslich soll die Katze ihr Geschäft weiterhin hier verrichten.

Die Montage an diesem Ort hat gleich zwei Vorteile: Einerseits wird die Kamera immer mal wieder aktiviert, aber nicht zu häufig, und andererseits handelt es sich bei meinem Badezimmer, wo das Katzenklo steht, um einen fensterlosen Raum. Bei Nacht wird es also wirklich dunkel. Mal schauen, wie sich das auf die Bildqualität auswirkt.

Im Praxistest erweist sich Reo erneut als äusserst zuverlässig. Aufgrund des 120° Blickwinkels des Sensors, löst dieser aber auch immer mal wieder aus, wenn ich die Badzimmertüre schliesse (das Katzenklo befindet sich hinter der Tür). Toll wäre es hier, wenn ich Aktivitätszonen definieren könnte. Das bietet die Argus 2 aber leider nicht. Auch wenn ich die Empfindlichkeit des Sensors auf Niedrig setze, werde ich registriert.

Bei der Bildqualität im Innern gibt’s nichts zu bemängeln. Sowohl bei Kunstlicht als auch bei keinem Licht und geschlossener Türe macht Reo ganz ordentliche Bilder.

Bildqualität bei Kunstlicht
Bildqualität bei Kunstlicht
Bildqualität bei Dunkelheit
Bildqualität bei Dunkelheit

Fazit

Mit der Argus 2 erhältst du ganz schön viel Überwachungskamera für vergleichsweise wenig Geld. Die Installation ist einfach und die Steuerung intuitiv. Und das Ganze ist erst noch kabelfrei, ausser wenn du das Solarpanel anschliesst. Dieses ist ein nettes Plus, wenn man denn genug direkte Sonneneinstrahlung hat. Ansonsten bringt das Teil nicht viel und du lädst die Kamera besser hin und wieder mal übers Kabel.

Die Bildqualität ist durchwegs gut und der Bewegungsmelder löst zuverlässig aus. Der Akku hat sich bei mir ungefähr ein Prozent pro Tag entladen. Die angegebenen 180 Tage des Herstellers sind wohl etwas ambitiös. Dazu muss ich aber noch erwähnen, dass die Kamera häufig ausgelöst hat (ca. 20-mal am Tag) und ich für den Test viel auf sie zugegriffen habe. Dadurch verringert sich die Akkuleistung auch dementsprechend.

Was fehlt sind die Smart-Home-Integration und zusätzliche erweiterte Möglichkeiten wie Aktivitätszonen usw. Dennoch bietet die Argus 2 viele Einstellungsmöglichkeiten und unterm Strich lohnt sich die Anschaffung für alle, die eine Kamera zur Überwachung wollen. Das tut die Argus 2 mehr als zuverlässig.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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