RGB-Mini-LED: Die Technologie, die OLED alt aussehen lässt
Hintergrund

RGB-Mini-LED: Die Technologie, die OLED alt aussehen lässt

Luca Fontana
20.1.2025

Auf der CES 2025 hat Hisense mit RGB-Mini-LED alle überrascht: Noch nie war ein LCD-TV so hell, so farbgenau – und so sehr ein Angriff auf OLED.

RGB-Mini-LED scheint die grosse TV-News der CES zu sein. Dies, nachdem es zunächst noch schien, als würden OLED-TVs allen anderen Bildtechnologien die Show stehlen. LG und Samsung sagten etwa, dass ihre OLED-Fernseher smarter werden und die KI vor allem wirklich nützlich. Panasonic hingegen bezieht zwar OLED-Panels bei LG, will den Zulieferer aber trotzdem übertrumpfen – dank eines neuen Kühlsystems.

Die grosse OLED-Sause endete, als Hisense seinen ersten RGB-Mini-LED-Fernseher, den 116UX, präsentierte und vor Ort ankündigte, dass dieser noch in diesem Jahr auf den Markt kommt. Der chinesische Tech-Gigant sprach dabei von bis zu 10 000 Nit Spitzenhelligkeit (ja, richtig gelesen, zehntausend) und einer BT.2020-Farbraumabdeckung von 97 Prozent.

Ich würde ja gerne sagen, dass ich es erst glaube, wenn ich es sehe, aber ich fürchte, bei so viel Spitzenhelligkeit würde es mir die Augen aus dem Kopf brennen …

Was ist RGB-Mini-LED?

Der Reihe nach. Was ist RGB-Mini-LED überhaupt, und was unterscheidet es von einem herkömmlichen Mini-LED-TV wie Sonys Bravia 9?

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Kurz gesagt: RGB-Mini-LED nutzt rote, grüne und blaue LEDs statt weissen LEDs für die Hintergrundbeleuchtung. Dadurch wirken Farben kräftiger, genauer und das Bild insgesamt heller. Einfach gesagt: Farben sehen natürlicher aus und der TV kann mehr Farbtöne darstellen.

Warum ist das wichtig? Weil die RGB-LEDs reinere Farben, präzisere Farbabstufungen und eine Abdeckung des BT.2020-Farbraums von 97 Prozent ermöglichen. Für alle, die mit dem Begriff nicht so viel anfangen können: Der BT.2020-Farbraum ist ein Standard, der viel mehr Farben abbilden kann als der bisher für HDR-Inhalte verbreitete DCI-P3-Farbraum. Je grösser die Farbraumabdeckung, desto lebensechter und intensiver wirken die Farben.

Und die Spitzenhelligkeit von 10 000 Nit? Die soll kein Marketing-Gag sein. Zum Vergleich: Selbst die hellsten OLED-TVs schaffen aktuell maximal 2000 bis 3000 Nit. Die kommende OLED-Generation will es sogar auf 4000 Nit schaffen. Das ist wichtig, wenn es darum geht, HDR-Inhalte darzustellen, bei denen es auf starke Kontraste zwischen den hellsten und dunkelsten Bildbereichen ankommt.

Nur – gegenüber den angekündigten 10 000 Nit der RGB-Mini-LEDs verblasst selbst die neueste OLED-Generation. Um zu erklären, wie genau das funktioniert, müssen wir etwas tiefer in die Materie gehen.

Der Unterschied zu herkömmlichen Mini-LEDs

Bei herkömmlichen Mini-LEDs besteht die Hintergrundbeleuchtung aus Tausenden winzig kleiner weisser LEDs, die in Zonen gedimmt werden können, um Kontraste zu verstärken. Das nennt man «Local Dimming».

Der erste Vorteil

Mit RGB-Mini-LED will Hisense eine noch feinere Steuerung der Hintergrundbeleuchtung ermöglichen. Statt tausender Dimmzonen, wie sie bei herkömmlichen Mini-LEDs üblich sind, könnten durch RGB-LEDs noch kleinere und präzisere Dimmzonen realisiert werden. Das würde nicht nur den Kontrast verbessern, sondern auch Blooming weiter reduzieren – das unerwünschte Leuchten heller Bereiche neben dunklen.

Der zweite Vorteil

Weisse Mini-LEDs sind eigentlich nicht wirklich weiss, sondern basieren auf blauen LEDs, die mit einer dicken Phosphorschicht überzogen sind, um das weisse Hintergrundlicht zu erzeugen. Das führt zu Farbverfälschungen, vor allem bei knalligen Rottönen oder satten Grünnuancen.

RGB-Mini-LED umgeht dieses Problem, indem es auf separate rote, grüne und blaue LEDs setzt. Strahlen sie alle gleichzeitig, entsteht ein deutlich helleres und reineres Weiss als zuvor mit der dicken Phosphorschicht.

Diese LEDs sollen allerdings auch unabhängig voneinander arbeiten und in ihrer Intensität individuell angepasst werden können. Dadurch wird nicht nur die Abdeckung des besagten BT-2020-Farbraums erweitert, sondern auch die Farbreinheit und -genauigkeit erhöht. Und all das dank der tausenden Dimmzonen bei fast perfektem Schwarz. Noch etwas, das ich erst glaube, wenn ich es sehe. Aber laut Insidern sollen selbst High-End-OLEDs gegen das Gesamtpaket vom neuen RGB-Mini-LED alt aussehen.

Zum Einordnen

Zufriedenstellende Ergebnisse mit knapp 90-Prozent-Abdeckung erzielten bisher nur OLED-Fernseher von Samsung mit Quantum-Dot-Schicht. Was Hisense da also mit seinen 97 Prozent ankündigt, ist eine grosse Sache.

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Ist die Begeisterung gerechtfertigt?

Tech-Ikone Vincent Teoh von HDTV und Nerd-Guru Caleb Denison von Digital Trends haben keinen Hehl aus ihrer Begeisterung gemacht. Teoh bezeichnete den Hisense 116UX als «Gamechanger» und lobte insbesondere die Kombination aus Farbreinheit, Helligkeit und Kontrast. «Das ist die nächste Evolutionsstufe der Mini-LED-Technologie», so Teoh. Caleb Denison ging noch einen Schritt weiter: «Das ist der erste Mini-LED-Fernseher, der OLED ernsthaft Konkurrenz machen kann.»

Der Grund für diese Euphorie

Experten wie Teoh und Denison begründen ihre Euphorie klar mit der einzigartigen Kombination aus Helligkeit und Farbdarstellung von RGB-Mini-LED. OLEDs, so beeindruckend ihre Schwarzwert-Darstellung auch ist, haben Schwächen bei der Spitzenhelligkeit. Das ist vor allem in hellen Räumen oder bei sehr dynamischen HDR-Inhalten ein Nachteil. RGB-Mini-LED könnte hier die perfekte Lösung bieten: Die Technologie verspricht eine neue Dimension von Leuchtkraft und Dynamik, die bislang OLEDs vorbehalten war – ganz ohne Burn-In-Gefahr.

Und die Konkurrenz?

Während TCL und Samsung ihre eigene Version von RGB-Mini-LED ebenfalls präsentieren, scheint nur Hisense 116UX tatsächlich nah an der Markteinführung zu sein. Hisense liess es sich entsprechend nicht nehmen, der Technologie einen eigenen Namen zu geben: «TriChromaLED».

Zum Preis: Hisense schweigt noch. Gehe ich nach Displaygrösse und Technologie, würde ich um die 50 000 Franken schätzen.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Ob RGB-Mini-LED das Potenzial hat, OLED langfristig zu verdrängen, bleibt abzuwarten. Das technische Fundament ist vielversprechend, doch bis die Technologie erschwinglich und massentauglich wird, ist es noch ein langer Weg. Zumindest hat der chinesische Hersteller mit dem 116UX bewiesen, dass es auch abseits von OLED spannende Innovationen gibt. Monitor-Experte und Kollege Samuel Buchman meinte mir gegenüber gar, endlich seinen neuen TV gefunden zu haben.

Wir dürfen gespannt sein. Hoffentlich brennt es mir beim ersten Test wirklich nicht die Augen aus dem Kopf – ich mein’s ernst.

Titelbild: Hisense 116UX // Hisense Newsroom

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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