Ryzen 9 5900X: Der neue Gaming King
Der Ryzen 9 3900X hat eingeschlagen wie eine Bombe: In der Produktivität top und auch beim Gamen macht er eine ordentliche Falle. Mit dem Nachfolger Ryzen 9 5900X setzt sich AMD jetzt gar die Gaming-Krone auf.
Der Ryzen 9 5900X ist das geheime Flaggschiff des Ryzen 5000 Line-ups. Obwohl der zwölf Kerner «nur» an zweiter Stelle hinter dem 5950X steht, dürfte er für die meisten die bessere Wahl sein: 24 Threads reichen zurzeit vollkommen.
Der Prozessor im Detail
Falls du dich für die Zen-3-Architektur im Detail interessierst, klicke auf untenstehenden Artikel. Dort habe ich alles Wichtige zusammengefasst.
Hier die Eigenschaften des Chips im Vergleich zur Konkurrenz und dem Vorgänger im Detail:
Prozessor | Mikroarchitektur / Fertigungsprozess | Kerne / Threads | Basis- / Boost-Takt (GHz) | TDP (Watt) | L3 Cache (MB) | PCIe Lanes | Memory Support | Preis (Stand: 05.10.2020) | Preis pro Thread (Stand: 05.10.2020) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ryzen 9 5900X | Zen 3 / 7 nm+ | 12 / 24 | 3,7 / 4,8 | 105 | 64 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 549 | 22,90 |
Ryzen 9 3900X | Zen 2 / 7 nm | 12 / 24 | 3,8 / 4,6 | 105 | 64 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 450 | 18,75 |
Core i9-10900K | Comet Lake / 14nm++ | 10 / 20 | 3,7 / 5,3 | 125 | 20 | 16 Gen3 | Dual-Channel DDR4-2933 | 520 | 26 |
Wie auch der 5950X hat der 5900X im Grunde genommen keinen direkten Konkurrenten. Intels High-End-Modell, der i9-10900K, hat nur zehn Kerne. Dennoch ziehe ich ihn hier zum Vergleich heran, damit du siehst, wie das vergleichbarste Modell von Intel abschneidet.
Im Vergleich zum Vorgänger hat der 5900X einen um 200 MHz höheren Boosttakt. Der Basistakt liegt mit 3,7 GHz 100 MHz tiefer als beim 3900X. Das klingt erstmal nach wenig, dank den Neuerungen der Zen-3-Architektur ergibt sich dennoch ein Leistungssprung bei gleichbleibendem Verbrauch. Im Gegensatz zum Vorgänger kommt der 5900X ohne Kühler.
Test-Setup und -Methode
Folgende Komponenten verwende ich für das Review:
Im BIOS aktiviere ich XMP. Sonst lasse ich alles auf Standard – ausser unter dem Zwischentitel «Overclocking». Beim BIOS verwende ich die AGESA V2 1.1.0.0 und beim Chipset-Treiber ist die Version 2.10.13.408 installiert. Windows 10 läuft in der Version 2004.
Bei der Testmethode orientiere ich mich an meinen Grafikkarten-Reviews. Hier die verschiedenen Benchmarks im Überblick:
- Cinebench R20
- CPU-Z Benchmark
- Blender
- Handbrake
- 7-Zip
- Photoshop
- PCMark 10
- Fire Strike / Fire Strike Ultra
- Time Spy / Time Spy Extreme
- Games: «Assassin's Creed Odyssey», «Civilization VI: Gathering Storm», «Deus Ex: Mankind Divided», «Far Cry 5», «Gears 5», «Red Dead Redemption 2», «Strange Brigade» und «Shadow of the Tomb Raider»
Alle Benchmarks führe ich drei Mal durch und nehme jeweils das beste Ergebnis.
Overclocking und Cinebench R20
Wie immer bei CPU-Reviews bin ich mir bewusst, dass das Overclocking-Potenzial mit dem Noctua-Luftkühler begrenzt ist. Bereits mit einer AIO könnte ich wohl höhere Taktfrequenzen erreichen. Da aber nach wie vor die meisten ihre CPUs mit Luft kühlen, ist der Test mit der Luftkühlung aussagekräftiger. Zudem bin ich kein professioneller Overclocker. Hast du eine AIO oder Custom-Wasserkühlung, liegen für dich bessere Temperaturen drin. Dennoch: Das Overclocking-Potenzial des Ryzen 9 5900X ist viel grösser, als ich angenommen hätte. Es gelingt mir, alle zwölf Kerne auf 4,7 GHz zu übertakten. Und dabei wird der Chip nicht einmal sonderlich heiss.
Als Referenz führe ich den Cinebench R20 Benchmark durch. Bei Stock-Einstellungen erreicht der Ryzen 9 5900X einen Multi Core Score von 8201. Dabei wird der Prozessor bis zu 72° Celsius warm und läuft auf allen Kernen mit 4,4 GHz. Damit wird er etwa gleich heiss wie der Konkurrent von Intel, der auf Stock in Cinebench R20 bis zu 73° Celsius heiss wird. Der Vorgänger 3900X wurde 75° Celsius warm. Vor allem beim Single Core macht der 5900X eine riesen Sprung zum Vorgänger: Neu sind’s 633 Punkte. Der Vorgänger schaffte 504, was einer Steigerung von 26 Prozent entspricht. Beim Multi Core sind’s immer noch 14 Prozent mehr.
Mit einer Spannung von 1,35 Volt gelingt es mir, den 5900X auf 4,7 GHz auf allen Kernen zu übertakten. So läuft das System stabil. Es ist mir zwar gelungen, Windows auch mit 4,8 GHz zu booten, aber so stürzt das System immer wieder ab. Mit dieser Taktfrequenz auf allen 12 Kernen erreiche ich in Cinebench einen Multi Core Score von 8907, knapp 9 Prozent mehr als im Stock-Zustand. Dabei wird die CPU 88° Celsius warm.
CPU-Z
Beim CPU-Z-Benchmark bewegt sich die Leistungssteigerung des 5900X im Vergleich zum 3900X im ähnlichen Rahmen wie bei Cinebench – auch wenn nicht genau in dem Ausmass. Dass die AMD CPU die Konkurrenz von Intel im Multi Core schlägt, ist wegen der zwei Kerne klar. Jedoch ist auch der Unterschied im Single Core beachtlich. Der 3900X lag noch 51 Punkte hinter dem i9-10900K, der 5900X liegt jetzt 85 Punkte vor dem Intel Prozessor.
7-Zip
Im integrierten Benchmark von 7-Zip – ich wähle die Standard «Dictionary size» von 32 MB – ist der Unterschied zum Vorgänger ebenfalls gross: Etwas über 18 000 Instruktionen pro Sekunde (MIPS) schafft der 5900X mehr, was 17 Prozent entspricht. Die Konkurrenz von Intel lässt AMD mit nochmal 20 000 zusätzlich weit hinter sich. Der 5900X hat jedoch auch zwei Kerne mehr zur Verfügung.
Blender bmw27
Bei Blender ist der Leistungszuwachs gegenüber dem Vorgänger nicht ganz so gross. Die Benchmark-Szene rendert der neue AMD-Prozessor acht Sekunden schneller als der Vorgänger. Das entspricht rund sieben Prozent. Im Vergleich zum Intel ist der 5900X 16 Sekunden schneller.
Handbrake
Im Handbrake-Test beträgt der Unterschied zwischen 5900X, 3900X und i9-10900K jeweils drei Sekunden. Den 88 Sekunden langen und 645 MB grossen 4K Trailer von «The Dark Knight Rises» encodiert der 5900X mit den «Fast 1080p30»-Voreinstellungen von Handbrake rund sechs Prozent schneller als der Vorgänger und 12 Prozent schneller als der Konkurrent von Intel.
Photoshop
Beim Photoshop Benchmark von Puget Systems werden verschiedene Workloads durchgeführt. Genauere Infos findest du hier. Am Schluss berechnet der Benchmark einen Score, der sich an einer Referenzworkstation orientiert. Die erreicht 1000 Punkte. Die geringe Differenz zur Referenz-Workstation, die mit älteren Komponenten bestückt ist, lässt sich durch das RAM erklären: In der Workstation sind 64 GB RAM verbaut und bei der Testbench lediglich 16. Deshalb solltest du das Ergebnis der Referenz-Workstation ignorieren. Viel wichtiger sind die Ergebnisse der einzelnen Prozessoren auf unserer Testbench.
Im Benchmark schneidet der 5900X rund 28 Prozent besser ab als der 3900X und rund 23 Prozent besser als der 10900K. Das ist ein enormer Leistungssprung.
PCMark 10
Mit neun Prozent ist der Generationensprung in PCMark 10 kleiner. Der Benchmark testet diverse Szenarien wie die Ladezeit von Apps, Effizienz bei Tabellenkalkulationen, Browsen oder auch Foto- und Videobearbeitung. Daraus berechnet er einen Score. Im Vergleich zum 10900K liegt die Test-CPU noch vier Prozent vorne.
Fire Strike, Fire Strike Ultra, Time Spy und Time Spy Ultra
Die synthetischen Game Benchmarks lassen einen ersten Blick auf die Leistung in Games zu. Ich verzichte auf die Angabe des Overall Scores, der sich aus den Ergebnissen der Grafikkarte und CPU berechnet. Dies, weil die GPU-Wertung sehr inkonsistent ist. Hier hatte ich Unterschiede von über 1000 Punkten.
In zwei Benchmarks lässt die neue AMD-CPU die Konkurrenz von Intel und die Vorgängerin deutlich hinter sich. In Time Spy bleibt Team Red jedoch hinter Team Blue. Im 4K-Benchmark Time Spy Extreme ist der Leistungszuwachs am geringsten. Über die vier Benchmarks gesehen, liegt der 5900X rund 15 Prozent vor dem 10900K. Im Vergleich zum Vorgänger leistet der 5900X gar 18 Prozent mehr.
Die Games
Bei den Spielen liefere ich nebst den durchschnittlichen FPS auch die Frametime in Perzentilen, und zwar 99 und 99.9. Die Messwerte der Perzentile sind klassisch in Millisekunden gemessene Frametimes. Also die zeitlichen Abstände von Bild zu Bild respektive Frame zu Frame. Die Perzentil-Werte haben die Aufgabe, vereinzelte Ausreisser zu ignorieren. 99 Perzentil bedeutet, dass 99 Prozent aller Messwerte schneller als der angegebene Messwert sind. Lautet ein Wert in der Grafik 95 FPS, laufen 99 Prozent mit einer höheren Framerate als mit 95 FPS. Genau ein Prozent läuft dagegen langsamer als 95 FPS. Bei 99.9 Perzentil verhält es sich gleich. Zur besseren Vergleichbarkeit wird das Ergebnis von Frametimes in Millisekunden auf den traditionellen FPS Wert umgerechnet.
Wie du siehst, schneidet der Ryzen 9 5900X in gewissen Spielen besser ab und in anderen schlechter als der 10900K. Gross ist der Unterschied einzig in «Strange Brigade». Das Spiel läuft generell mit AMD-Prozessoren schlechter als mit Intel-Prozessoren. Deshalb schliesse ich es bei der Darstellung der durchschnittlichen FPS aus. Das Spiel zeigt jedoch, dass Intel von gewissen Games nach wie vor bevorzugt wird.
In 1080p-Auflösung liegt AMD mit dem 5900X drei FPS vor Intel. In 1440p-Auflösung gehen AMD und Intel im Gleichschritt und in 2160p-Auflösung hat AMD wieder um ein FPS vorn.
Im Vergleich zum Vorgänger hat sich vor allem in Full HD einiges getan: 16 Prozent mehr FPS sind’s dort. In 1440p und 2160p sind’s immerhin noch neun respektive sechs Prozent mehr.
Fazit: Intel wird an der Gaming-Spitze abgelöst
AMD ist auch beim Gaming neuer Platzhirsch. Obwohl es nicht in allen Games in jeder Auflösung für den Titel Gaming King reicht, so hat AMD im Schnitt jetzt den schnellsten Gaming-Prozessor. Künftig wird es nicht mehr heissen: «Du gamest, dann hast du Intel», sondern: «Welches Game spielst du?» und daraus entscheidet sich dann, welchen Prozessor du verwendest.
Bei den Anwendungen ist der 5900X zwischen 7 und 28 Prozent schneller als sein Vorgänger 3900X. Damit liegt er im Rahmen des im Vorfeld von AMD Versprochenen. Der 5900X ist zurzeit die beste Wahl fürs Gamen und Arbeiten, wenn deine Taschen nicht dick genug sind für den 5950X.
Mit 549 Franken kostet der Prozessor 30 Franken weniger als der Vorgänger zu seinem Release. Das ist im Vergleich zur Leistungssteigerung toll, dabei solltest du aber nicht vergessen, dass der Prozessor neu ohne Kühler geliefert wird. Diese Kosten kommen also noch dazu. Damit ist der Prozessor auch teurer als der i9-10900K, bietet aber auch zwei Kerne mehr. Er bietet vor allem in den Anwendungen durchs Band einiges mehr an Leistung. Auch beim Gaming ist er überlegen. Deshalb ist der 5900X dem i9-10900K vorzuziehen, auch wenn er 6 Prozent mehr kostet. Rechnest du noch die Vorzüge wie PCIe 4.0 der Ryzen-Serie hinzu, sollte die Entscheidung eigentlich nur Hardcore-Intel-Fans schwer fallen.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.