Produkttest

Weitab konkurrenzlos: Ryzen 9 5950X

Kevin Hofer
5.11.2020

Mit dem Ryzen 9 3950X hat AMD Ende 2019 den Markt für Consumer-CPUs auf den Kopf gestellt: 16-Kerne waren ein Novum. Der Nachfolger Ryzen 9 5950X bietet zwar nicht mehr Kerne, dafür mehr Leistung – vor allem Single-Threaded-Leistung und stürmt damit Intels letzte Bastion.

Der Ryzen 9 5950X ist ein Biest. Als Hobby-CADler und -Cutter läuft mir bei den Specs das Wasser im Mund zusammen: 16 Kerne, 32 Threads und ein Boost-Takt von bis zu 4,9 GHz. Damit aber nicht genug: Im Gegensatz zum Vorgänger eignet sich der Prozessor auch ausgezeichnet zum Gamen und kann mit dem bis jetzt schnellsten Gaming-Chip, dem Intel i9-10900K, mithalten.

Der Prozessor im Detail

Falls du dich für die Zen-3-Architektur im Detail interessierst, klick auf untenstehenden Artikel. Dort habe ich alles Wichtige zusammengefasst.

  • Produkttest

    Ryzen 5000: AMD setzt neue Massstäbe

    von Kevin Hofer

Hier die Eigenschaften des Chips im Vergleich zur Konkurrenz und dem Vorgänger im Detail:

ProzessorMikroarchitektur / FertigungsprozessKerne / ThreadsBasis- / Boost-Takt (GHz)TDP (Watt)L3 Cache (MB) PCIe LanesMemory SupportPreis (Stand: 05.10.2020)Preis pro Thread (Stand: 05.10.2020)
Ryzen 9 5950XZen 3 / 7 nm+16 / 323,4 / 4,91056424 Gen4Dual-Channel DDR4-320081925,60
Ryzen 9 3950XZen 2 / 7 nm16 / 323,5 / 4,71056424 Gen4Dual-Channel DDR4-320073522,95
Core i9-10900KComet Lake / 14nm++10 / 203,7 / 5,31252016 Gen3Dual-Channel DDR4-293352026

Bezüglich Konkurrenz: Im Grunde genommen ist der Ryzen 9 5950X konkurrenzlos. Denn Intel hat in seinem aktuellen Line-up nichts Vergleichbares zu bieten: Intels Flaggschiff, der Intel i9-10900K, hat nur 10 Kerne und 20 Threads.

Im Vergleich zum Vorgänger hat der 5950X einen um 200 MHz höheren Boosttakt. Der Basistakt liegt mit 3,4 GHz 100 MHz tiefer als beim 3950X. Das klingt erstmal nach wenig, dank den Neuerungen der Zen-3-Architektur ergibt sich dennoch ein Leistungssprung bei gleichbleibendem Verbrauch. Bei den IPC – den Befehlen pro Takt – gibt AMD ein Plus von 19 Prozent an.

Test-Setup und -Methode

Folgende Komponenten verwende ich für das Review:

AMD Ryzen 9 5950X (AM4, 3.40 GHz, 16 -Core)
Prozessor
EUR309,12

AMD Ryzen 9 5950X

AM4, 3.40 GHz, 16 -Core

ASUS ROG Crosshair VIII Formula (AM4, AMD X570, ATX)
Mainboard

ASUS ROG Crosshair VIII Formula

AM4, AMD X570, ATX

Corsair Dominator Platinum RGB (2 x 8GB, 3200 MHz, DDR4-RAM, DIMM)
RAM
EUR86,89

Corsair Dominator Platinum RGB

2 x 8GB, 3200 MHz, DDR4-RAM, DIMM

Corsair MP600 (1000 GB, M.2 2280)
SSD

Corsair MP600

1000 GB, M.2 2280

Im BIOS aktiviere ich XMP. Sonst lasse ich alles auf Standard – ausser unter dem Zwischentitel «Overclocking». Beim BIOS verwende ich die AGESA V2 1.1.0.0 – der Chipset-Treiber hat die Version 2.10.13.408. Windows 10 läuft in der Version 2004.

Bei der Testmethode orientiere ich mich an unseren Grafikkarten-Reviews. Hier die verschiedenen Benchmarks im Überblick:

  • Cinebench R20
  • CPU-Z Benchmark
  • Blender
  • Handbrake
  • 7-Zip
  • Photoshop
  • PCMark 10
  • Fire Strike / Fire Strike Ultra
  • Time Spy / Time Spy Extreme
  • Games: «Assassin's Creed Odyssey», «Civilization VI: Gathering Storm», «Deus Ex: Mankind Divided», «Far Cry 5», «Gears 5», «Red Dead Redemption 2», «Strange Brigade» und «Shadow of the Tomb Raider»

Alle Benchmarks führe ich drei Mal durch und nehme jeweils das beste Ergebnis.

Overclocking und Cinebench R20

Wie immer bei CPU-Reviews bin ich mir bewusst, dass das Overclocking-Potenzial mit dem Noctua-Luftkühler begrenzt ist. Bereits mit einer AIO könnte ich wohl höhere Taktfrequenzen erreichen. Da aber nach wie vor die meisten ihre CPUs mit Luft kühlen, ist der Test mit der Luftkühlung für die meisten aussagekräftiger. Zudem bin ich kein professioneller Overclocker. Hast du eine AIO oder Custom-Wasserkühlung, liegen für dich sowieso bessere Temperaturen drin. Dennoch: Das Overclocking-Potenzial des Ryzen 9 5950X ist grösser, als ich es mir bis jetzt von AMD gewöhnt bin. Bis zu 4,5 GHz auf allen Kernen liegen problemlos drin.

Als Referenz führe ich den Cinebench R20 Benchmark durch. Bei Stock-Einstellungen erreicht der Ryzen 9 5950X einen Multi Core Score von 9808. Dabei wird der Prozessor bis zu 65° Celsius warm und läuft auf allen Kernen mit 3,8 GHz. Das ist ausgesprochen kühl: Der Konkurrent von Intel i9-10900K wird im Stock 8° Celsius heisser und auch der Vorgänger 3950X wird mit 75° heisser. In Bezug auf die Leistung schafft der 5950X vor allem im Single Core einen riesigen Sprung: 633 Punkte sind 123 Punkte mehr als beim Vorgänger, was einer Leistungssteigerung von rund 24 Prozent entspricht. Im Multi Core sind es immer noch 12 Prozent mehr.

Mit einer Spannung von 1.37 Volt gelingt es mir, sämtliche Kerne vom 5950X auf 4,5 GHz zu übertakten. So läuft das System stabil. Es ist mir zwar gelungen, Windows auch mit 4,6 GHz zu booten, aber so stürzt das System immer wieder ab. Mit dieser Taktfrequenz auf allen 16 Kernen erreiche ich in Cinebench einen Multi Core Score von 11 220, 14 Prozent mehr als im Stock-Zustand. Dabei wird die CPU 92° Celsius warm.

CPU-Z

Beim CPU-Z-Benchmark bewegt sich die Leistungssteigerung des 5950X im Vergleich zum 3950X im ähnlichen Rahmen wie bei Cinebench. Dass die AMD CPU die Konkurrenz von Intel im Multi Core pulverisiert, liegt am Plus von sechs Kernen. Jedoch ist auch der Unterschied im Single Core beachtlich. Der 3950X lag noch 72 Punkte hinter dem i9-10900K, der 5950X liegt jetzt 102 Punkte vor dem Intel Prozessor.

7-Zip

Im integrierten Benchmark von 7-Zip – ich wähle die Standard «Dictonary size» von 32 MB – ist der Unterschied zum Vorgänger kleiner: Etwas über 2000 Instruktionen pro Sekunde (MIPS) schafft der 5950X mehr, was 1,5 Prozent entspricht. Die Konkurrenz von Intel lässt AMD mit diesem Resultat weit hinter sich, was jedoch den sechs Kernen mehr geschuldet ist.

Blender bmw27

Bei Blender ist der Leistungszuwachs gegenüber dem Vorgänger ebenfalls überschaubar. Die Benchmark-Szene rendert AMDs neues Spitzenmodell eine Sekunde schneller als der Vorgänger. Im Vergleich zum Intel ist der 5950X 27 Prozent schneller.

Handbrake

Auch im Handbrake-Test beträgt der Unterschied zwischen 5950X und 3950X nur eine Sekunde. Den 88 Sekunden langen, 645 MB grossen 4K Trailer von «The Dark Knight Rises» encodiert der 5950X mit den «Fast 1080p30»-Voreinstellungen von Handbrake rund zwei Prozent schneller. Im Vergleich zum 10900K ist er jedoch rund 14 Prozent schneller.

Photoshop

Beim Photoshop Benchmark von Puget Systems werden verschiedene Workloads durchgeführt. Genauere Infos findest du hier. Am Schluss berechnet der Benchmark einen Score, der sich an einer Referenzworkstation orientiert. Die erreicht 1000 Punkte. Die geringe Differenz zur Referenzworkstation lässt sich durch das RAM erklären: In der Workstation sind 64 GB RAM verbaut und bei der Testbench lediglich 16. Deshalb solltest du das Ergebniss der Referenzworkstation ignorieren. Viel wichtiger sind die Ergebnisse der einzelnen Prozessoren auf unserer Testbench.

Im Benchmark schneidet der 5950X rund 14 Prozent besser ab als der 3950X und rund 23 Prozent besser als der 10900K.

PCMark 10

Acht Prozent besser als sein Vorgänger ist der 5950X im PCMark 10 Benchmark. Dieser testet diverse Office-Szenarien wie die Ladezeit von Apps, Effizienz bei Tabellenkalkulationen, Browsen oder auch Photo- und Videobearbeitung. Daraus berechnet er einen Score. Im Vergleich zum 10900K liegt die Test-CPU vier Prozent vorne.

Fire Strike, Fire Strike Ultra, Time Spy und Time Spy Ultra

Die synthetischen Game Benchmarks lassen einen ersten Blick auf die Leistung in Games zu. Ich verzichte auf die Angabe des Overall Scores, der sich aus den Ergebnissen der Grafikkarte und CPU berechnet. Dies, weil die GPU-Wertung sehr inkonsistent ist. Hier hatte ich Unterschiede von über 1000 Punkten.

In drei Benchmarks lässt das neue AMD-Spitzenmodell die Konkurrenz von Intel weit hinter sich. In Time Spy bleibt Team Red jedoch hinter Team Blue. Über die vier Benchmarks gesehen, liegt der 5950X jedoch rund 24 Prozent vor dem 10900K. Im Vergleich zum Vorgänger leistet der 5950X immer noch rund 18 Prozent mehr.

Die Games

Bei den Spielen liefere ich neben den durchschnittlichen FPS auch die Frametime in Perzentilen und zwar 99 und 99.9. Die Messwerte der Perzentile sind klassisch in Millisekunden gemessene Frametimes. Also die zeitlichen Abstände von Bild zu Bild respektive Frame zu Frame. Die Perzentil-Werte haben die Aufgabe, vereinzelte Ausreisser zu ignorieren. 99 Perzentil bedeutet, dass 99 Prozent aller Messwerte schneller als der angegebene Messwert sind. Lautet ein Wert in der Grafik 95 FPS, laufen 99 Prozent mit einer höheren Framerate als mit 95 FPS. Genau ein Prozent läuft dagegen langsamer als 95 FPS. Bei 99.9 Perzentil verhält es sich gleich. Zur besseren Vergleichbarkeit wird das Ergebnis von Frametimes in Millisekunden auf den traditionellen FPS Wert umgerechnet.

Wie du siehst, schneidet der Ryzen 9 5950X beinahe in jedem Spiel und jeder Auflösung ähnlich ab wie der 10900K. Ausnahme ist «Strange Brigade». Das Spiel läuft generell mit AMD-Prozessoren schlechter als mit Intel-Prozessoren. Deshalb schliesse ich es bei der Darstellung der durchschnittlichen FPS aus. Das Spiel zeigt jedoch, dass Intel von gewissen Games nach wie vor bevorzugt wird.

In 1080p-Auflösung beträgt die Differenz zwischen AMD und Intel gerade mal ein FPS. Der 10900K ist also in Games nicht einmal ein Prozent leistungsfähiger als der 5950X. In 1440p beträgt der Unterschied zwei FPS, was rund zwei Prozent entspricht. Bei 2160p-Auflösung liegen die beiden gleich auf.

Im Vergleich zum Vorgänger kann sich AMD stark verbessern: In 1080p sind’s 18, in 144p 13 und in 2160p 10 Prozent.

Fazit: Mehr Leistung vor allem in Games

Mit dem 5950X schliesst AMD die letzte Lücke zu Intel. Seit Einführung der Zen-Architektur und damit den Ryzen-Prozessoren hat AMD bei der Leistung auf mehreren Kernen die Nase vorne. Einzig bei Single-Core-Prozessen mussten AMD User in die Röhre kucken. Mit Zen 3 und Ryzen 5000 ist damit Schluss: Die Single-Core-Leistung von AMD ist besser als jene von Intel und auch bei den Games hat AMD jetzt aufgeschlossen – mit einer CPU, die primär nicht fürs Gamen ausgelegt ist. AMD macht mächtig Druck auf Intels letzte Bastion, dem Gamen.

Gegenüber dem Vorgänger 3950X ist der Unterschied vor allem bei Games gross. In den Anwendungen beträgt der Unterschied zwischen den Generationen zwischen etwas mehr als einem und 24 Prozent.

Interessant ist der 5950X bestimmt für alle, die mit Anwendungen arbeiten, die viele Kerne bevorzugen. Im Gegensatz zum Vorgänger spricht der Prozessor jedoch auch Gamer an. Dadurch schlägt der 5950X noch mehr als der 3950X die Brücke zwischen Consumer- und Workstation-Prozessor. Für wen ist der 5950X also? Für Leute, die das Beste aus beiden Welten, viele Kerne und gute Single-Core-Leistung wollen.

Mit 819 Franken kostet der Prozessor 10 Franken weniger als der Vorgänger zu seinem Release. Bedenkst du die Leistungssteigerung, ist das ein Hammerpreis. Intel hatte bereits beim Release vom 3950X kein vergleichbares Produkt, der 5950X ist weitab konkurrenzlos.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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