Smartwatches können mir gestohlen bleiben
Meinung

Smartwatches können mir gestohlen bleiben

Kevin Hofer
18.9.2023

Die neue Apple Watch ist da. Ich werde sie mir nicht kaufen. So wie alle anderen «intelligenten» Uhren.

Wer eine Smartwatch oder Fitnessuhr im Alltag trägt, hat entweder die Kontrolle über sein Leben verloren oder die Adoleszenz nie überwunden.

Nachdem ich dich mit dieser Aussage frei nach Karl Lagerfeld getriggert habe und du mir bereits in den Kommentaren deine Meinung geigst, möchte ich relativieren: Selbstverständlich übertreibe ich. Alle sollen das an ihren Handgelenken tragen, was sie wollen. Die Aussage spricht aber die drei Punkte an, die mich an Smartwatches am meisten stören. Und zum Schluss gibt es noch einen Bonuspunkt.

Kontrollwahn

Aussagen, die ich immer wieder höre, seit es intelligente Geräte wie Smartwatches und Fitnessuhren gibt:

  • Wie viele Schritte hast du heute gemacht?
  • Gestern habe ich 324 Kalorien beim Training verbrannt.
  • Nein, heute liegt kein Glacé mehr drin, ich habe heute bereits zu viel zu mir genommen.

Ich denke da immer: Wieso soll ich Schritte und Kalorien zählen? Solange ich mich bewege und gesund ernähre, ist alles gut. Für mich setzt dieser Hang zur Kontrolle nur unnötig Druck auf. Von dem habe ich in meinem Leben schon genug, ich brauche kein Gerät, dass mich noch mehr stresst.

Versteh mich nicht falsch: Für Sport finde ich eine Smartwatch oder Fitnessuhr selbstverständlich in Ordnung – wenn du damit umgehen kannst. Ich kann es nicht. In den Anfängen der Smartphone-Ära habe ich meine Läufe jeweils aufgezeichnet. Ich habe aber schnell wieder damit aufgehört. Statt mich zu motivieren, hat mich das Aufgezeichnete eher demotiviert. Ich wollte immer besser werden. Was an sich nichts Schlechtes ist, aber kein Tag ist wie der andere. Wenn ich mal einen schlechten Tag hatte, habe ich mich dennoch gezwungen, über meine Grenzen hinauszugehen. Was ein paar Mal beinahe zum Kollaps geführt hat. Okay, mein Problem, dass ich mich nicht zügeln konnte. Aber es dürfte vielen Menschen so gehen, die kompetitiv sind. Seit ich mich nicht mehr tracke, mache ich Sport des Sports willen. Ich gehe alles leichter an und habe den Eindruck, dass ich so mehr Fortschritte mache.

Noch mehr Ablenkung

Ich bin ein Smartphone-Junkie. Ich schaue ständig auf das Teil. Das finde ich nicht gut, weil es an ein Suchtverhalten grenzt. Seit ich Kinder habe, stört es mich noch mehr. Ich will meine Zeit mit ihnen verbringen und nicht mit dem Smartphone. Und ich sollte ihnen ein Vorbild sein. Ich versuche zwar, das Teil wegzulegen, aber es gelingt mir nicht immer.

Das Letzte, was ich brauche, ist noch mehr Ablenkung durch eine Smartwatch. Zumal sie am Handgelenk noch leichter zugänglich ist als das Smartphone in der Hosentasche.

Null Style

Ich bin Bieler. Das geht in der Schweiz zwar nicht synonym mit Stil einher. Dennoch gilt Biel als die Hauptstadt eines typisch schweizerischen Lifestyle-Produkts: der Uhr. Meine erste Uhr war eine Flik Flak. Die habe ich bei Schuleintritt von meinen Eltern geschenkt bekommen. Seitdem trage ich immer eine mechanische Uhr.

Derzeit ziert eine Jazzmaster Viewmatic Skeleton von Hamilton mein Armgelenk. Mich fasziniert an den Uhren nicht nur die Mechanik, sondern auch ihr Aussehen. Eine mechanische Uhr hat einfach Stil. Etwas, das ich von einer Smartwatch nicht behaupten kann. Die ist ein weiteres Gadget, das ich mit mir rumschleppe. Smartwatches sehen für mich alle generisch aus.

Nach ein paar Jahren Schrott

Das Schlimmste an einer Smartwatch: Sie veraltet schnell. Nach ein paar Jahren ist entweder der Akku futsch, sie wird nicht mehr mit Softwareupdates versehen oder die Elektronik macht schlapp. Dann ist sie nicht mehr als Elektroschrott – von dem haben wir bei weitem genug.

Meine Hamilton hält ein Leben lang. Sollte mal etwas kaputt gehen, kann ich auch nach Jahren oder gar Jahrzehnten zur Uhrmacherin. Und dank der Aufzugswelle muss ich sie nie laden. Klar, eine Smartwatch kann mehr als meine Mechanische. Die zeigt mir nur die Zeit an. Aber mehr muss eine Uhr auch nicht können – für den Rest habe ich das Smartphone. Das lässt sich sowieso besser bedienen als sein nicht ganz so smartes Gegenstück am Handgelenk.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde bereits am 14. September veröffentlicht, wurde aber kurzzeitig offline genommen. Seit dem 18. September ist er mit neuem Titel und Bild wieder online.

Titelbild: Samuel Buchmann

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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