So hat sich der Kameramarkt in den letzten zehn Jahren entwickelt
Hinter den Kulissen

So hat sich der Kameramarkt in den letzten zehn Jahren entwickelt

Manuel Wenk
27.3.2024

Der Kameramarkt hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Unsere Verkaufszahlen zeigen: Der einstige Platzhirsch Canon musste Sony den Vortritt lassen. An dritter und vierter Stelle folgen zwei wenig bekannte Neulinge.

2014 ist 10 Jahre her. In diesem Jahr brachten die Hersteller Systemkameras (Kameras ohne Spiegel) wie die Sony A7S, die Panasonic GH4, die Fujifilm X-T1 oder die Spiegelreflexkamera Canon 7D Mark II auf den Markt. Die erste spiegellose Vollformat-Systemkamera von Sony wurde bereits 2013 vorgestellt. Die grössten Konkurrenten Canon und Nikon sind erst 2018 auf den spiegellosen Vollformat-Zug aufgesprungen. Zu spät?

Die grössten Gewinner sind zwei unbekannte Hersteller

Mit einem Marktanteil von fast 40 Prozent lag Canon 2014 meilenweit vor allen anderen Kameraherstellern. Wie sich aus unseren Verkaufszahlen weiter herauslesen lässt, kamen Sony und Nikon damals zusammen auf rund 40 Prozent Marktanteil. Heute sieht das Bild anders aus. Das einst grosse Nikon verlor Jahr für Jahr Marktanteile und liegt heute bei bescheidenen 7,1 Prozent. Ganz anders Sony. Die japanische Firma steht heute bei einem Marktanteil von 28,1 Prozent und ist damit Marktführer. Sony steht seit 2019 zuoberst auf dem Siegertreppchen.

Überraschenderweise belegen Kodak und AgfaPhoto die Plätze 3 und 4 noch vor Panasonic und Fujifilm. Auf den ersten Blick überraschend. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass sich die Preise der Kameras irgendwo zwischen 50 und 250 Franken bewegen. Mit Qualität können diese Billigmodelle von Kodak und AgfaPhoto nicht punkten. Unzähligen Kommentaren zufolge geben die meisten Käuferinnen und Käufer die Kameras direkt an ihre Kinder weiter. Für die ersten Knipserfahrungen der Knirpse scheinen diese Fotoapparate ausreichend.

Nur leicht hinter den beiden Billiganbietern reihen sich Panasonic und Fujifilm ein. Mit einem Marktanteil von 8,6 respektive 7,4 Prozent verkaufen sie sich besser als die Kameras von Nikon.

Immer mehr Player im Objektivmarkt

Es gibt heute deutlich mehr relevante Objektivhersteller als Kamerahersteller. In den letzten Jahren sind neue Marken wie Viltrox, Venus Optics, TTArtisan, 7Artisans oder Samyang hinzugekommen. Diese chinesischen Hersteller (bis auf Samyang, welche aus Südkorea kommen) sind für ihre erschwinglichen Preise bekannt. Im Jahr 2023 machten sie gemeinsam 10,3 Prozent der Gesamtverkäufe aus.

Obwohl Canon bei den Kameraverkäufen schon lange nicht mehr die Nummer eins ist, liegt die Marke bei den Objektivverkäufen ganz vorne. Mit 22,6 Prozent Marktanteil liegt Canon rund drei Prozent vor Sony. Grund dafür könnte sein, dass Drittanbieter wie Sigma, Tamron oder die chinesischen Marken mehr Objektive für die E-Mount Bajonette von Sony produzieren als für Canon. Samyang bietet mit 105 verschiedenen Objektiven genau so viele Linsen für das E-Mount System an wie Sony. Für den Canon RF-Mount sind dagegen nur neun Samyang Objektive verfügbar (Stand Februar 2024). Die Canon-Kundschaft greift deshalb meist auf vom Hersteller produzierte Objektive zurück.

Ein weiterer grosser Gewinner ist das Fujifilm X-Bajonett. Von einem geringen Marktanteil von knapp drei Prozent im Jahr 2014 kommt Fujifilm heute auf 9,4 Prozent. Damit liegen die Japaner nur knapp hinter dem Objektivspezialisten Sigma.

Mit dem Einstieg von Canon und Nikon in den spiegellosen Systemkameramarkt und den neuen Objektivanschlüssen im Jahr 2018 wurden viele neue Objektive verkauft
Céline Rusch, Category Manager

Auffallend ist auch, dass Digitec Galaxus heute pro verkaufter Kamera fast dreimal so viele Objektive verkauft wie noch 2014. Damals gingen pro verkauftem Body 0,45 Objektive über die virtuelle Ladentheke. Céline Rusch, ehemalige Produktmanagerin für Kameras und heute für den Einkauf im Bereich Computing zuständig, sieht dafür folgende Gründe: «Der Einstieg von Canon und Nikon in den spiegellosen Systemkamera-Markt und die Einführung der neuen Mounts im Jahr 2018 führten zu einem Anstieg des Verkaufs neuer Objektive. Gerade mit dem Launch der Canon R5 und R6 im Jahr 2020 stiegen die Verkäufe nochmals stark an. Früher konnten Besitzerinnen und Besitzer von Kameras ihre Objektive über viele Jahre behalten.» Auch die relativ günstigen 3rd-Party-Marken haben einen grossen Einfluss auf die Verkäufe. Die Leute haben sich teure Vollformatkameras gekauft, konnten oder wollten sich dann aber die teuren Original-Objektive nicht mehr leisten. Das erklärt auch den Erfolg von Sigma, Tamron, Samyang und Co.

Vollformat ist state-of-the-art

Vor 10 Jahren waren Vollformatkameras teuer und schwer. Heute kosten die günstigsten Modelle keine 1000 Franken mehr. Entsprechend beliebt sind die Kameras mit dem grossen Sensor.

2014 lag der Anteil der Vollformatkameras bei 6 Prozent. Nach einem stetigen Anstieg auf 24 Prozent im Jahr 2023 werden nur Kameras mit dem kleineren APS-C-Sensor noch häufiger verkauft. Kameras mit APS-C-Sensoren sind vor allem bei Einsteigerinnen und Einsteigern sowie bei der preisbewussten Kundschaft beliebt. Nicht nur die Kamerabodys, sondern auch die dazugehörigen Objektive kosten deutlich weniger als Geräte mit Vollformat-Sensoren. Ebenfalls sehr beliebt sind Geräte mit 1/2,3-Zoll-Sensoren. Hier mischen vor allem die beiden preisgünstigen Newcomer Kodak und AgfaPhoto vorne mit. Relativ neu im Ranking sind Kameras mit Mittelformat-Sensoren. Diese bis zu 8000 Franken teuren Geräte sprechen eine professionelle Zielgruppe an. Mittelformatkameras werden nur von Fujifilm, Hasselblad und Pentax hergestellt und haben einen Marktanteil von 0,4 Prozent.

Trend zu teureren Kameras und günstigeren Objektiven

Die Verkaufszahlen verdeutlichen einen klaren Trend: Vollformatkameras und die etwas erschwinglicheren APS-C-Kameras erfreuen sich grosser Beliebtheit. Dabei hat Sony mit seiner frühen Entscheidung für spiegellose Kameras den richtigen Riecher bewiesen. Canon und Nikon hingegen haben Marktanteile eingebüsst, da sie erst spät auf den Trend zu Systemkameras reagierten.

Gute Objektive kamen schon immer vor allem aus dem asiatischen Raum. Neuerdings aber nicht mehr hauptsächlich aus japanischen, sondern auch aus chinesischen Fabriken. Die chinesischen Optiken punkten mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und sind bei unserer Kundschaft deshalb sehr beliebt.

Kamerabrand

Von welcher Marke besitzt du eine Kamera?

  • Sony
    27%
  • Canon
    25%
  • AgfaPhoto
    0%
  • Kodak
    0%
  • Panasonic
    5%
  • Fujifilm
    11%
  • Nikon
    23%
  • Andere
    5%
  • Ich besitze keine Kamera
    3%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Titelbild: Midjourney

302 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne. 


Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

Kommentare

Avatar