Hintergrund

Sonos Beam: Multiroom wird nischig

Sonos hat Medienvertretern die Sonos Beam gezeigt. Der erste Eindruck überzeugt zwar, aber die neue Mini-Soundbar kommt mit einigen grossen Fragezeichen, die vor allem daher rühren, dass es den Markt für die kleine Soundbar noch gar nicht gibt. Sonos versucht, sich eine Nische zu schaffen.

«Wenn du ein grosses Home Cinema Setup willst, dann ist Beam wohl nichts für dich», sagt Ross Barbour, Training Manager EMEA bei Sonos.

Er stellt das neueste Produkt aus dem Sonos Lineup in einem Zürcher Studio-Apartment vor, das für genau solche Zwecke gemietet werden kann. Die Sonos Beam steht in Weiss vor einem Fernseher und in Schwarz auf einem Tisch. Sie sieht optisch unbeeindruckend aus, wie eine kleine Soundbar. Das ist so ein Marketing-Problem, das TV-Geräte und Speaker allgemein plagt. Wo Smartphones dann und wann wieder mit gewagten Design-Entscheiden für Furore sorgen – Notch oder kein Notch? – sind Lautsprecher und Fernsehgeräte mit wenigen Ausnahmen so gebaut, dass sie in einer Wohnung nicht auffallen. So auch die Beam. Kompakt, abgerundet, unifarben.

Spannend aber wird die Sonos Beam dann, wenn das Statement des Training Managers genauer aufgeschlüsselt wird, denn Sonos wagt etwas, das in Punkto Multiroom noch keiner gewagt hat.

Die Nische im Multiroom-System

Bisher hattest du die Wahl zwischen wenigen Faktoren des Multiroom-Systems. Mehr Bass, weniger Bass, kleine Speaker, grosse Speaker. Grob gesagt war es das schon in etwa. Die Sonos Beam will damit aufräumen und macht es anders.

Die Beam ist laut Barbour kein Ersatz für die Playbar, die mit einem Subwoofer und eventuell ein paar Play-1-Speakern gepaart ein Home Cinema System aufbauen. Klar, das geht zwar auch, aber zur schönen Beschallung von grossen offenen Räumen ist die Beam nicht gemacht.

«Die Beam ist dazu da, kleine Räume mit schönem satten Klang zu füllen», sagt der Training Manager.

Sie sei ein Gerät, das eher im Schlafzimmer zuhause ist als im Wohnzimmer eines suburbanen Einfamilienhauses. Eher im Wohnzimmer einer Stadtwohnung als in einem grossen, offenen Loft. Die Beam sei ein Gerät für die, die in der Stadt wohnen, wenig Geld haben und so allgemein die «trendy crowd» sind.

Hören wir mal rein

So spannend die Marktpositionierung der Beam auch sein mag, am Ende geht es nicht darum, ob du die Zielgruppe der Sonos Beam bist oder nicht. Es geht darum, wie das Teil klingt, wenn du ihm Klang zum Abspielen gibst. Das ist auch der Moment, in dem Barbours Äusserungen von wegen «nicht für dich» relativiert werden. Das Studio, in dem er das auf einer Couch sitzend Medienvertretern erzählt, ist keine kleine Stadtwohnung. Es gleicht einem grossen Loft. Laborbedingungen können in diesem Raum nur bedingt erreicht werden. Sogar die Beamer-Leinwand, die von der Decke heruntergezogen wurde, um den Schall besser in das simulierte kleine Wohnzimmer zu reflektieren, helfe da wenig, gibt Ross zu.

Auf einem iPad drückt er «Play», die Musik erklingt. Die vier Speaker sorgen für Bässe und Mitten, der eine Tweeter vorne für klare Stimmwiedergabe. Das klingt vom Setup her arg nach TV-Soundbar, aber Ross relativiert.

«Die Beam ist in der Lage, zwischen Musik und TV Content zu unterscheiden und adaptiert Equalizer automatisch», sagt er.

Das wird dann ersichtlich, als er eine Szene aus dem Hollywood-Film «Arrival» abspielt. In der Szene trifft Amy Adams in der Rolle der Linguistin Louise Banks zum ersten Mal auf die ausserirdischen Heptopoden. Der Soundtrack des Isländers Jóhann Jóhannsson wird von tiefen, langen Bässen dominiert und Louise spricht fast in einem Flüstern. Die Haare auf den Armen der Medienleute zittern, Louises Reaktion kommt klar rüber.

Dasselbe gilt für den Radiohead-Track, den Ross kurz zuvor vom iPad aus gestreamt hat. Das Sonos-System hat sich adaptiert. Der Tweeter ist nicht mehr so dominant, die vier Woofer – nicht zu verwechseln mit einem Subwoofer, der sich auf Bässe spezialisiert – liefern mehr und die drei passiven Bass Radiators zeigen Leistung.

«Okay, Radiohead hat hier vielleicht einen Vorteil», sagt Ross mit einem Lachen, «Nigel Godrich sitzt in unserem Board of Sound.»

Dieses Board of Sound besteht aus Grössen der Musik- und Filmszene. Nebst dem Produzenten Radioheads sitzt da auch auch der Filmkomponist Hans Zimmer und andere. Sie bringen ihre Expertise in die Entwicklung der Speaker, die alles möglichst gut können müssen. Eine Frage taucht auf: Heisst das, dass die Sonos-Speaker im Wesentlichen für den Sound Radioheads und Filme wie Dunkirk optimiert ist und andere auf der Strecke bleiben? Wir werden die Frage im Test hoffentlich beantworten.

Ferner hat die Soundbar einen Night Mode integriert, der deine Nachbarn nachts schont, wenn du Filme schaust oder Musik hörst.

Und sonst so?

In der kleinen Soundbar sind nicht nur Lautsprecher verbaut, sondern auch Mikrofone. Diese sind dazu da, Sprachassistenten einzubinden. Amazons Alexa ist fix verbaut, der Google Assistant soll noch dieses Jahr kommen. Das ist dahingehend für uns Schweizer spannend, da Alexa in der Schweiz nur dank Workarounds erhältlich ist und nicht alle Funktionalitäten hat. Ein Beispiel kann ich schon vorneweg machen. Stelle sowohl Alexa wie auch dem Google Assistant folgende Frage: «What's the weather?»

  • Google: «Today in Zürich, it's 24 degrees and sunny. Currently, it's 18 degrees and clear sky»
  • Amazon: «I don't know the answer to that one. Please input your address into the Alexa App»

Selbst wenn du die Adresse in der App hinterlegst, kann Alexa das in der Schweiz noch nicht. Aber wenn du Alexa nach «The weather in Zürich, Switzerland» fragst, dann spuckt sie dir das Wetter aus. Sprich: Wir in der Schweiz mögen Googles Voice Assistant besser als Amazons Alexa. Natürlich soll auch Siri in Sonos-Produkte integriert werden.

Die Integration des Sprachassistenten ist deswegen interessant, weil du die Beam via HDMI ARC mit deinem Fernseher verbinden kannst und die Beam dann mit Funktionen des Fernsehers interagieren kann. «Alexa, turn on the TV» funktioniert also, selbst wenn dein Fernseher etwas älter ist. HDMI ARC ist seit ein paar Jahren im Umlauf, wird aber kaum beachtet. ARC steht für Audio Return Channel (Danke, Robidog2k, für den Fix) und erlaubt den bidirektionalen Austausch von Informationen, also via CEC Befehle vom Speaker an den Fernseher.

Der Verdacht: Was Sonos als nächstes vor hat

Die Welt der Multiroom-Systeme ist gerade eben etwas spannender geworden. Vor allem deshalb, da die Beam einige Features nicht mitbringt, die du – und wir auch – von einer Soundbar erwarten. Zumindest von den Soundbars im Premium-Bereich, wo die Beam definitiv nicht hingehört. Die Beam gehört in einen Bereich, den es irgendwie noch nicht so recht gibt.

Aber: Können wir von der Beam auf weitere Produkte schliessen, an denen Sonos arbeitet?

Seien wir ehrlich, die Playbar liefert zwar tollen Sound für TV wie auch Musik, ist aber etwas in die Jahre gekommen. In einer Zeit, in der Speaker mehr als nur Lautsprecher sind, hinkt das Teil hinterher. Dazu kommt noch, dass die Beam kein Dolby Atmos hat oder das Äquivalent aus dem Hause DTS.

Arbeitet Sonos etwa an einer neuen Soundbar? Einer, die all diese Features und ein entsprechendes Preisschild haben wird? Sonos gibt sich da bedeckt, aber ich kann den Verdacht nicht ganz abschütteln.

Aber die Beam macht einen guten ersten Eindruck, auch wenn der grosse Test ausserhalb von vom Hersteller kontrollierten Bedingungen erst noch gemacht werden muss.

Update 29.06.2017 // 11:00

Das Category Management hat sich gemeldet. Die Beam wird ab Mitte Juli erhältlich sein.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

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