Meinung

«Spider-Man 2» beweist: Insomniac ist das mit Abstand beste Playstation-Studio

«Spider-Man 2» hat sich innert 24 Stunden über 2.5 Millionen mal verkauft. Für mich ist klar: Insomniac ist derzeit das beste Playstation-Studio.

Die Kritiken zu «Spider-Man 2» überschlagen sich vor Lob. Der Open-World-Blockbuster wird als bestes PS5-Spiel, als bestes Superhelden-Spiel und als bisher bestes Spiel aus dem Hause Insomniac gefeiert. Ja, selbst Redaktionskollege und Superhelden-Muffel Phil ist in seiner Spielkritik vom Spinnenmann hellauf begeistert.

Hinzu kommt die Meldung, dass sich das Spiel innert 24 Stunden bereits 2.5 Millionen mal verkauft hat. Das macht es zum schnellstverkauften Titel eines Sony-Studios aller Zeiten. Der erste Teil erreichte in drei Tagen 3.3 Millionen Verkäufe.

Spätestens mit dem Release von «Spider-Man 2» hat sich Insomniac den Titel als bestes Playstation-Studio redlich verdient. Aus diesen Gründen.

Unglaublich hohes Release-Tempo

Nachdem Insomniac 2019 von Sony aufgekauft wurde, zündete das Studio den Turbo. «Spider-Man 2» ist der mittlerweile vierte (!) PS5-Release. 2020 begleitet Insomniac den Launch der Playstation 5 mit «Spider-Man: Miles Morales» und einer Remastered-Version vom ersten «Spider-Man»-Spiel. Rund ein Jahr später doppelt das Studio mit «Ratchet & Clank: Rift Apart» nach. Und nun, zwei Jahre nach dem intergalaktischen Plattformer, erscheint schon «Spider-Man 2». Und, falls du es vergessen haben solltest: Ein «Wolverine»-Spiel befindet sich ebenfalls in Entwicklung. Wahnsinn.

Das ist ein unglaublicher Output. Noch verrückter wird er, wenn man sich anschaut, was die anderen Playstation-Studios im selben Zeitraum zustande gebracht haben. Naughty Dog hat uns nach dem Launch von «The Last of Us Part 2» (2020) lediglich mit einem Remake vom ersten «The Last of Us» (2022) beglückt. Das Standalone-Multiplayer-Spiel zu «The Last of Us» wurde mittlerweile auf Eis gelegt. Die Santa Monica Studios haben vor einem Jahr das hervorragende «God of War: Ragnarök» herausgebracht. Nach dem Open-World-Kracher «Ghost of Tsushima» (2020) lieferte Sucker Punch noch einen DLC zum Spiel nach (2021). Polyphony Digital beglückte Racing-Fans mit «Gran Turismo 7» (2022). Und Guerilla Games glänzte zuletzt mit dem Release von «Horizon: Forbidden West» (2022) und dem DLC «Burning Shores» (2023).

Pro Studio sind das ungefähr ein bis zwei Releases – inklusive DLCs. Das ist für AAA-Studios ein «normaler» Output. Insomniac schafft es, im selben Zeitraum vier PS5-Kracher zu veröffentlichen und den nächsten Blockbuster «Wolverine» schon in der Pipeline zu haben. Gemäss Aussagen von Mitarbeitenden passiert das Ganze sogar ohne Crunch – also ohne unverhältnismässig viele Überstunden.

Durchwegs hohe Qualität

Trotz des halsbrecherischen Release-Tempos werden die Spiele von Insomniac durchwegs gut bewertet. Das erste «Spider-Man» und die Remastered-Version liegen bei einem Metascore von 87. Die Standalone-Erweiterung «Miles Morales» schafft es auf einen Score von 85. «Ratchet & Clank: Rift Apart» kommt gar auf 88 Punkte. «Spider-Man 2» schafft eine Bewertung von 91 und knackt damit den Studio-Rekord.

Insomniac konnte das hohe Niveau also nicht nur halten, sondern hat sich stetig verbessert. Meiner Meinung nach hätten die Games noch viel bessere Wertungen verdient.

«Spider-Man 2» ist das bestbewertete Insomniac-Spiel.
«Spider-Man 2» ist das bestbewertete Insomniac-Spiel.
Quelle: Insomniac Games

Insomniac-Spiele pushen die PS5-Hardware

Abgesehen von den hervorragenden Gameplay-Mechaniken glänzen aktuelle Insomniac-Spiele auch durch wunderschöne Grafiken und eine technisch beeindruckende Umsetzung. Das Studio hat die PS5 seit Anbeginn der neuen Konsolengeneration konstant an ihre Grenzen getrieben. Vor allem diese Punkte stechen dabei heraus.

Ray-Tracing und co.

Schon mit «Miles Morales» und «Spider-Man Remastered» zauberte Insomniac zum Start der PS5 beeindruckende Ray-Tracing-Reflektionen auf Sonys neuer Konsole herbei. Diese wurden in «Ratchet & Clank: Rift Apart» weiter ausgebaut und in «Spider-Man 2» perfektioniert. Okay, perfektioniert klingt vielleicht übertrieben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass auf der PS5-Hardware viel mehr möglich ist – vor allem nicht in einem solch riesigen und komplexen Open-World-Spiel.

«Ratchet & Clank: Rift Apart» ist voller spiegelnder Oberflächen, die mit Ray-Tracing-Reflektionen glänzen.
«Ratchet & Clank: Rift Apart» ist voller spiegelnder Oberflächen, die mit Ray-Tracing-Reflektionen glänzen.
Quelle: Insomniac Games

Praktisch keine Ladezeiten

Ladezeiten sind für Insomniac ein Fremdwort. Ihre PS5-Games starten in Sekundenschnelle. Mit der Fast-Travel-Option in «Spider-Man 2» gibt es gar keine Wartezeit. Einfach einen Punkt auf der Open-World-Map anklicken und schon schwingt sich Spidey dort durch die Häuserschluchten. Kein anderes Studio schafft es derzeit, solch nahtlose Übergänge und praktisch inexistente Ladezeiten umzusetzen. Nach den unzähligen Ladescreens in «Starfield» ist das eine echte Wohltat.

60 FPS und VRR

Abgerundet wird die grafische Pracht in Insomniacs PS5-Games durch eine butterweiche Framerate. Dabei habe ich immer die Wahl zwischen verschiedenen Grafik-Optionen. Diese gehen weit über die Standard-Optionen «Fidelity» mit 30 FPS und «Performance» mit 60 FPS hinaus. Wenn du einen 120-Hz-Fernseher hast, unterstützt Insomniac in ihren Spielen eine VRR-Option. In «Spider-Man 2» ist mit dieser Einstellung ein Performance-Modus ohne Framerate-Limit möglich. Die VRR-Option ermöglicht ausserdem einen Fidelity-Modus mit 40 FPS. Das mag im Vergleich zu 30 FPS wie ein kleiner Sprung wirken, macht in der Praxis aber viel aus.

Digital Foundry hat die verschiedenen Modi in «Spider-Man 2» ausführlich getestet. Im Video kannst du dir ab Minute 8:00 ein Bild davon machen.

Insomniac-Games sind nicht 100 Stunden lang

In einer Zeit, in der Games immer länger werden, kontert Insomniac mit angenehm überschaubaren Spielzeiten. Insomniac-Games sind keine 100-Stunden-Monster, für die ich mir einen Monat frei nehmen muss. Es sind relativ kurze, dafür umso spektakulärer inszenierte Blockbuster-Games, die ich in realistischer Frist durchzocken kann. Gemäss howlongtobeat.com gestaltet sich die durchschnittliche Spielzeit der bisher veröffentlichten PS5-Games wie folgt:

  • «Spider-Man Remastered»: Hauptstory: 17,5 Stunden – Hauptstory & Extra-Content: 29,5 Stunden – Platinum-Trophäe: 43,5 Stunden
  • «Spider-Man: Miles Morales»: Hauptstory: 7,5 Stunden – Hauptstory & Extra-Content: 12 Stunden – Platinum-Trophäe: 18 Stunden
  • «Ratchet & Clank: Rift Apart»: Hauptstory: 11 Stunden – Hauptstory & Extra-Content: 14,5 Stunden – Platinum-Trophäe: 18 Stunden
  • «Spider-Man 2»: Hauptstory: noch nicht genug Daten – Hauptstory & Extra-Content: 16 Stunden – Platinum-Trophäe: 27,5 Stunden

Ich finde das super. Am Ende eines Insomniac-Spiels fühle ich mich nie übersättigt, sondern habe Lust auf mehr. Und wenn ich mehr will, kann ich die Platinum-Trophäe holen. Das habe ich in den ersten beiden Spidey-Games und «Rift Apart» gemacht und werde es in «Spider-Man 2» definitiv wieder tun.

«Ratchet & Clank: Rift Apart» hat für mich die perfekte Länge.
«Ratchet & Clank: Rift Apart» hat für mich die perfekte Länge.
Quelle: Insomniac Games

Insomniac-Games haben eine DNA

Insomniac erfindet das Rad nicht mit jedem Release neu. Ihre Spiele bauen inhaltlich und mechanisch aufeinander auf. Das mag ich. Ich finde es cool, wenn ich spüre, dass Games eines Studios eine DNA haben. Wiedererkennbare Elemente, die sich durch mehrere Games durchziehen und mit jedem Release weiter perfektioniert werden. Und genau das ist bei Insomniac der Fall. Die Gameplay-Elemente aus den aktuellen «Spider-Man»-Spielen haben ihren Ursprung in der frühen Geschichte des Studios.

In den 2000er-Jahren war Insomniac vor allem für die «Spyro the Dragon»-Spiele bekannt. Die klassischen Jump'n'Run- und «Collectathon»-Elemente aus «Spyro» hat das Studio einige Jahre später mit neuen, actionlastigeren Shooter-Mechaniken verheiratet. Das Ergebnis: «Ratchet & Clank». Diese neue Genre-Mischung haben die Entwickler in insgesamt zehn Games perfektioniert.

So hat alles angefangen – mit «Spyro the Dragon».
So hat alles angefangen – mit «Spyro the Dragon».
Quelle: ModernXP / Youtube

Die Erfahrungen, die Insomniac mit der «Ratchet & Clank»-Serie gesammelt hat, hat das Studio wiederum 2014 im Xbox-exklusiven Shooter «Sunset Overdrive» weiterentwickelt. Das Game baut auf der Shooter-Plattformer-Mischung der vorherigen Insomniac-Games auf und legt einen grösseren Fokus auf die Fortbewegung des Spielcharakters. Ich ballere und prügle mich durch eine farbenfrohe Open-World, renne an Häuserwänden entlang, hüpfe elegant durch die Gegend und hangle mich an Strommasten entlang. Hört sich bekannt an? Spidey lässt grüssen.

Lindsay Keys, Animation Director bei Insomniac, bestätigt mit einem Post auf X, dass «Sunset Overdrive» das Fundament für «Spider-Man» gelegt hat. Ohne den verrückten Xbox-Shooter wären wir nie in den Genuss des ultraflüssigen Fortbewegungs-Systems in «Spider-Man» gekommen.

Mit dem Release des ersten «Spider-Man»-Games hat Insomniac die Grundlage für die Stand-Alone-Erweiterung «Miles Morales» und den Nachfolger «Spider-Man 2» gelegt. New York musste für die beiden Folgespiele nicht von Grund auf neu designt werden. Die Stadt wurde in «Miles Morales» in ein winterliches Kleid gehüllt und in «Spider-Man 2» um einen neuen Stadtteil erweitert. Auch die Spider-Man-Mechaniken musste Insomniac nicht neu erfinden, sondern konnte sie in aller Ruhe perfektionieren. Das Wiederverwenden von Spielumgebungen, Assets, Animationen und Gameplay-Systemen erlaubte es dem Studio, auf andere Bereiche des Spiels zu fokussieren – die Qualität (und die Metacritic-Bewertung) steigt mit jedem weiteren direkten Nachfolger.

Auch von «Ratchet & Clank: Rift Apart» hat «Spider-Man»-Teil profitiert. In «Rift Apart» hat Insomniac mit den interdimensionalen Rifts die Muskeln der PS5 spielen lassen. Im Spiel wurde ich immer wieder in Sekundenschnelle zwischen mehreren Dimensionen hin- und her teleportiert. Auch in «Spider-Man 2» gibt es Portale, die Spidey zu neuen Orten teleportieren. Im Vergleich zu «Rift Apart» sieht das in «Spider-Man 2» sogar noch flüssiger aus.

Mit einem Sprung teleportiert sich der Spinnenmann raus aus New York in eine arktische Landschaft.
Mit einem Sprung teleportiert sich der Spinnenmann raus aus New York in eine arktische Landschaft.
Quelle: Digital Foundry / Youtube

Es macht Spass, zu sehen, wie das Studio seine eigenen Ideen in jedem neuen Game konsequent weiterentwickelt und neue Verwendungsmöglichkeiten dafür findet. Ich bin gespannt, wie sich das «Wolverine»-Game spielen wird und ob es ebenso deutlich von den bisherigen Insomniac-Spielen inspiriert wurde.


Eine ausführliche Spielkritik zu «Spider-Man 2» findest du hier:

  • Kritik

    «Spider-Man 2» im Test: Ein Action-Spektakel, das seinesgleichen sucht

    von Philipp Rüegg

Noch mehr «Spider-Man 2» gibt es in der kommenden Tech-telmechtel-Podcast-Folge. Dort besprechen wir das Spiel ebenfalls.

Titelbild: Insomniac Games

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.

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