Stilvoll, aber umstritten: Die neuesten Wohntrends für Arbeitsplätze
Design statt Funktion? Neue Schreibtischbereiche, die zum Träumen verleiten.
Mit den folgenden Fotos lehne ich mich weit aus dem Fenster. Denn ich weiss schon jetzt, dass einige Stimmen aus der Galaxus-Community, wie in vergangenen Beiträgen zum Thema alternative Arbeitsplatz-Gestaltung, etwas zu bemängeln haben werden: die fehlende Funktionalität, die unzureichende Ergonomie und die realitätsferne Darstellung.
Trotzdem ist es meine Aufgabe, dich über die neuesten Entwicklungen im Interiorbereich zu informieren. Und diese deuten darauf hin, dass unsere Arbeitsplätze bald nur noch halb so langweilig aussehen könnten. Das illustrieren diese Beispiele, die an der vergangenen Mailänder Möbelmesse (MDW) zu sehen waren.
Eine Kombi aus modernem und retro Flair: Supaform
Unter den vorgestellten Designs war das minimalistisch eingerichtete Arbeitszimmer der Villa Borsani, das einst von Architekt Osvaldo Borsani genutzt und vom italienischen Designstudio Supaform eingerichtet wurde. Es war inspiriert von Borsanis Vorstellung eines «Labors für Experimente und einem heiligen Ort für Einsamkeit und Eskapismus», heisst es im Wallpaper-Magazin.
Quelle: Pia Seidel
Die schlichte Supaform-Büroeinrichtung umfasst einen robusten silbernen Schreibtisch mit Stuhl, einen Retro-Computer und konventionell wirkende Aktenordner in den Regalen. Dadurch entsteht ein spannender Kontrast zwischen futuristischen und nostalgischen Elementen.
Camouflage-Möbel: Studio F
Das Holzverarbeitungsatelier Studio F präsentierte die «Pieces»-Kollektion für die Movimento Galerie anlässlich der MDW. Diese ist inspiriert von der Marine-Tarnung des Ersten Weltkriegs, die sogenannte «Dazzle-Tarnung», die von britischen und später auch amerikanischen Schiffen verwendet wurde, um Schiffe möglichst auffällig und verwirrend zu gestalten. Die Stücke aus der «Pieces»-Kollektion kombinieren mineralische Patina und flüssiges Silber, um Holz in neuem Licht zu zeigen und seine Textur hervorzuheben. Sie befinden sich an der Schnittstelle von Kunst, Design und Experiment.
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Vielleicht bietet der silberne, skulpturale Schreibtisch von Studio F nicht genügend Platz für mehrere Arbeitsmittel wie Laptop, Dokumente oder andere Büroausstattung. Aber er fällt auf und vermittelt uns eine Idee davon, wie ein Tisch noch aussehen könnte.
Transparenz und runde Formen: Dimore, Flexform und Sé
Ähnlich wie Studio F und Supaform spielt auch das Design-Duo von Dimore mit Gegensätzen. Es hüllte die Räume ihres Ateliers in der Via Solferino vollständig in dunklen Stoff, um die Atmosphäre eines pechschwarzen Zeltes bei einer sternenklaren Nacht zu erzeugen. Aufgrund des Fehlens eines echten häuslichen Rahmens oder jeglichen Hintergrunds wirkte der inszenierte Arbeitsplatz noch verträumter.
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Die Schreibtischbereiche der Möbelmarken Sé und Flexform erregten hingegen Aufmerksamkeit durch rundliche oder transparente Büromöbel. Die Stühle sind zwar für längeres, ergonomisches Arbeiten ungeeignet, aber sie wirken erfrischend anders.
Von Träumen und Tücken: Wie neue Designtrends die Bürogestaltung verändern
Die vorgestellten Ideen zur Arbeitsplatz-Gestaltung sind ästhetisch ansprechend, jedoch kein Match für ein ergonomiefreundliches Homeoffice. Doch man darf ja noch träumen – von aufgeräumten Arbeitsbereichen und hübschen Büromöbeln. Vielleicht finden Designerinnen und Designer künftig Wege, praktische und zugleich schöne Schreibtische zu entwerfen. Bis dahin bleibt nur, durch solche Bilder zu scrollen, zu staunen oder den Kopf zu schütteln.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.