«The Speed Cubers»: Eine Netflix-Doku über Freundschaft im Wettkampf
«The Speed Cubers» erzählt nicht die Geschichte der freundlichen, aber kompetitiven Speedcubing-Kultur, sondern die Geschichte zweier Rekorde jagender Konkurrenten, die sich ausserhalb des Wettkampfes mit herzerwärmender Freundschaft, Hilfe und Akzeptanz begegnen.
Da ist Feliks Zemdegs, ein 23-jähriger Australier, der in den letzten zehn Jahren mehrere Speedcube-Weltmeisterschaften gewonnen und viele Weltrekorde aufgestellt hat. Er zählt zu den Ikonen der Sportart und wird von allen bewundert. Besonders von einem: Max Park.
Max ist 17-jährig, hat Autismus und lebt mit seinen Eltern in Kalifornien. Seitdem ihm seine Mutter beibrachte, wie man einen Rubik’s Cube löst, hat ihn diesen Sport in den Bann gezogen. 2013 sieht er Feliks zum ersten Mal an einem Wettkampf in Las Vegas. Feliks, die lebende Legende, die ein Hauch von Mythos umgibt. Max will ihm nacheifern. Wird immer schneller im Lösen der Zauberwürfel. 2017 gelingt es ihm zum ersten Mal, einen Weltrekord von Feliks zu brechen. Weitere Rekorde folgen.
Weltmeisterschaft Paris, 2017. Feliks und Max stehen sich zum ersten Mal im Wettkampf gegenüber. Max gewinnt in der Disziplin 3×3, der klassische Rubik’s Cube und zugleich die Königsdisziplin im Wettkampf. Feliks gratuliert, fair. Was die beiden nicht wissen: Sie werden sich gegenseitig pushen. Jahrelang. Bis zur nächsten Weltmeisterschaft, die 2019 in Melbourne stattfindet. Bis dahin wird sich eine ausserordentliche Freundschaft entwickeln, die auch der ultra-kompetitiven Welt des nur scheinbar unschuldigen Spiels trotzt.
Freunde fürs Leben
«The Speed Cubers» dreht sich um den Wettbewerb, doch es geht in erster Linie um das Verständnis und die Freundschaft zwischen zwei Menschen. Zwar erzählt uns dieser Dokumentarfilm nur wenig über die Geschichte des Speedcubings als Wettkampfsport oder darüber, wie viele Speedcubers sich darauf einlassen. Aber die Freundschaft, die die beiden Champions teilen, und das, was uns über die Rolle des Speedcubings in ihrem Leben gezeigt wird, macht das mehr als wett.
Während das Finale der Weltmeisterschaft 2019 in Melbourne näher rückt, erreicht «The Speed Cubers» seinen emotionalen Höhepunkt. Gewinnt Feliks oder macht Max das Rennen? Ich war hin- und hergerissen, für wen ich mehr mitfiebern sollte. Zum einen würde ich es Feliks gönnen, da er sich je länger je mehr auf dem absteigenden Ast befindet und ihm einen Titel in seiner Heimatstadt alles bedeuten würde. Zum anderen ist da aber Max, den ich von der ersten Minute an ins Herz geschlossen habe. Er hat dank dem Rubik’s Cube einen Weg gefunden, trotz Krankheit seine Emotionen auszudrücken und menschliche Beziehungen einzugehen. Ein Sieg würde ihm noch mehr Selbstvertrauen und Zuversicht geben.
Spannender als der Sieg ist jedoch, wie die beiden Konkurrenten auch nach der Meisterschaft miteinander umgehen. Es ist ein grosser Moment, der mir emotional nahe ging und zum Nachdenken anregte.
Unterhaltsam, skurril, herzerwärmend
Obwohl die Prämisse von «The Speed Cubers» grundlegend ist, ist sie doch sehr unterhaltsam. Die Welt des Speedcubings ist auf die beste Art und Weise skurril. Die Konkurrenten sind brillant, die Kommentatoren ebenso dynamisch wie in anderen Sportarten, und die Fans sind engagiert.
Es macht Spass, so vielen Kindern und Jugendlichen zuzusehen, wie sie sich für ein unkonventionelles Interesse begeistern, und es ist herzerwärmend zu sehen, wie Max und Feliks sich gegenseitig hochheben. Auch dann, wenn sie nicht so gut abschneiden, wie sie es sich erhoffen. Feliks beglückwünscht seinen Kumpel immer sofort, selbst wenn es bedeutet, dass seine eigenen Rekorde geschlagen wurden. Die Geschichte ist korrekt, direkt und auf den Punkt gebracht erzählt. Es ist ein grossartiger Dokumentarfilm, den ich jedem empfehlen kann.
Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.