«Total War: Warhammer 3» im Test: epische Strategieschlachten für Einsteiger und Profis
Es ist mal wieder Zeit für ein neues Total War. Creative Assembly beendet seine Warhammer-Trilogie und versucht nebenbei, auch Einsteigern eine Chance zu geben. Wir klären im Test zum Strategiespiel, ob das Vorhaben aufgeht.
Dies ist ein Artikel unseres Content-Partners «PC Games». Hier findest du den Original-Artikel der beiden Autoren Andreas Altenheimer und Benedikt Plass-Flessenkämpe.
«Epische» Computerspiele gibt es massenweise, doch die Total-War-Serie ist darüber hinaus ein ganz eigenes Biest. Egal, ob ihr im alten Rom kämpft, als Shogun einen Feldzug durch das feudale Japan führt oder die drei legendären Königreiche Chinas erobert: In jedem Spiel baut ihr Zug für Zug euer Reich aus, kooperiert mit befreundeten Nationen und befehligt in groß angelegten Schlachten ganze Armeen voller Polygonsoldaten, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Nahezu jedes Total War nimmt Bezug auf historische Ereignisse und reale Fakten, die wir aus dem Geschichtsunterricht kennen. Zu den wenigen Ausnahmen gehören die beiden Warhammer-Teile von 2016 und 2017, die auf dem gleichnamigen Tabletop-Klassiker von Games Workshop basieren und das 4X-Strategiekonzept mit einer gehörigen Portion Fantasy und Magie vermischen. Genau genommen peilte Entwickler Creative Assembly von Anfang an eine Trilogie an, die nun mit «Total War: Warhammer 3» ihren Abschluss findet.
Bereits bei der Installation stellt ihr fest, dass die Devise der Briten endgültig «Nicht kleckern, sondern klotzen!» lautet: Das Spiel belegt nämlich satte 112 Gigabyte Speicher auf eurer Festplatte. Damit ist der dritte Streich fast doppelt so dick wie sein Vorgänger, was sich wiederum auf die Präsentation auswirkt. Allen voran wirkt die Grafik weniger bunt oder gar künstlich, stattdessen strotzt die Umgebung nur so vor Details und sorgt dank ihrer dezenten Farbgestaltung für eine viel düstere Atmosphäre. Hinzu kommen kurze, jedoch toll inszenierte Zwischensequenzen und ein stimmiger Orchester-Soundtrack.
Leider müsst ihr euch im Gegenzug auf lange Ladezeiten einstellen, die im Falle eines HDD-Speichermediums mehrere Minuten pro Speicherstand oder Schlacht in Anspruch nehmen. Ihr solltet deshalb genügend Platz auf einer SSD-Platte freischaufeln, um die Warterei signifikant zu reduzieren.
Altbekannter Strategiespaß
Der spielerische Kern von «Total War: Warhammer 3» ist auf den ersten Blick gleichgeblieben: Ihr baut euer Reich in einem rundenbasierten Modus auf, zieht eure Armeen in Form von kleinen Spielfiguren über die Weltkarte, stattet bereits eroberte Städte mit neuen Gebäuden aus und pflegt diplomatische Beziehungen mit anderen Fraktionen. Kommt es hingegen zu einem Konflikt zwischen zwei verfeindeten Parteien, dann könnt ihr in der Regel entscheiden: Möchtet ihr den Ausgang vom Computer generieren lassen oder die Schlacht lieber selbst ausfechten?
In ersterem Fall erhaltet ihr im Gegensatz zu den vorhergehenden Total-War-Spielen deutlich konkretere Informationen, wie vermutlich das Endresultat aussehen wird. Neben einer groben Erfolgschance blinken nun sämtliche Einheiten rot auf, die mit großer Wahrscheinlichkeit ihr Leben verlieren werden.
Wollt ihr hingegen kämpfen, dann wechselt Total War in den Echtzeit-Modus und gibt euch die Befehlsgewalt über Hunderte von Soldaten. Diese werden in Einheiten zusammengefasst und sind in unterschiedliche Typen eingeteilt, die ihr wie in einem komplexen Schere-Stein-Papier-Prinzip möglichst effizient gegen die gegnerischen Truppen einsetzt. Bogenschützen agieren am besten im Hintergrund und sind ein gutes Mittel gegen Schwertkämpfer, berittene Einheiten sollten Fernkämpfer von der Seite flankieren, mit den Speerträgern hebelt man die Kavallerie aus und die Schwertkämpfer dezimieren im Idealfall eben jene Speerträger aus direkter Nähe.
Dank des Warhammer-Settings kommen noch zahlreiche fliegende Kreaturen und riesige Dämonen hinzu, ganz zu schweigen von den vielschichtigen Magiekünsten der Kommandanten. Letztere sorgen zudem für eine gehörige Portion Rollenspiel-Flair, indem sie mit zunehmender Gefechtserfahrung an Stärke gewinnen, Ausrüstungen tragen dürfen und mit jedem Levelaufstieg eine neue Kampffähigkeit erlernen oder zumindest eine alte verbessern.
Eine der größten Schwachstellen von «Total War: Warhammer 3» ist die KI, die innerhalb der Echtzeitschlachten teilweise seltsame Auswüchse annimmt. Während ihr als Spieler tunlichst darauf achtet, eure Einheiten schön getrennt sowie gezielt auf eure Gegner zu verteilen, vertraut der Computer viel zu oft auf eine blinde Rush-and-Attack-Taktik.
Zudem sind uns im Test einige komische Aussetzer aufgefallen, die wir im «normalen» Schwierigkeitsgrad beobachtet haben. Bestes Beispiel: Einmal platzierten wir frech unsere Bogenschützen in die erste Reihe und schossen gemütlich auf eine im Vordergrund stehende Einheit. Der Computer hingegen rührte sich nicht, obwohl massenweise Pfeile auf seine Soldaten regneten. Erst als die Hälfte von ihnen tot am Boden lag, handelte er und bewegte seine Truppen.
Ungeachtet dessen gibt es viele Möglichkeiten und Fehlerquellen, die zu einem Scheitern eurer Eroberungspläne führen – egal, ob euch beim Ausbau eurer Städte das Geld ausgeht oder ihr in einer Schlacht von der plötzlich nachrückenden Verstärkung des Gegners überrannt werdet. Deshalb hebt sich die Serie bereits in den unteren Schwierigkeitsgraden massiv von leicht zugänglicheren Konkurrenzprodukten wie Sid Meier's Civilization ab. Zwar ist die Steuerung in Anbetracht der hohen Komplexität gut sortiert, und zahlreiche Ingame-Hilfen erklären gezielt eure Fragen. Allerdings vermissen wir eine klassische Anleitung, die ihr komfortabel von vorne bis hinten durchblättern könnt und wo ihr euch nicht umständlich von einem Stichwort zum nächsten klicken müsst.
Trotzdem hat sich Creative Assembly eigens für «Total War: Warhammer 3» etwas einfallen lassen, um Einsteigern unter die Arme zu greifen: eine umfangreiche Prolog-Kampagne, in der ihr die Rolle der Kislev-Rasse spielt und einen Großteil der Spielmechaniken erklärt bekommt. Die Kampagne nimmt mehrere Stunden Zeit in Anspruch und gibt sehr konkrete Ziele vor, die ihr nach und nach erfüllen müsst. Dabei verliert sie sich nicht in Detailfragen und lässt viele Nuancen und Facetten offen. Sie konzentriert sich einfach auf das Wesentliche, nämlich das Erobern von Städten, die Grundlagen der Diplomatie und natürlich die Handhabung eurer Armee innerhalb einer Schlacht. Gut so!
Fraktionen-Overkill
Natürlich haben die Entwickler auch an ihre treuen Fans gedacht und beeindrucken zunächst mit einem enorm großen Umfang, der ebenfalls zum Festplattenhunger des Spiels beiträgt. So gibt es acht eigenständige Rassen, mit denen ihr die Hauptkampagne «Das Reich des Chaos» bestreitet. Die bereits erwähnte Rasse der Kislev orientiert sich grob an unserer hiesigen russischen Kultur, während die Cathay entfernte Verwandte der Chinesen darstellen. Habt ihr keine Lust auf menschliche Einheiten, dann entscheidet ihr euch am besten für die Untergebenen der vier mächtigen Chaosgötter Khorne, Nurgle, Tzeentch oder Slaanesh. Abgerundet wird das Oktett von den Chaosdämonen und den Bewohnern der Ogerkönigreiche. Letztere sind allerdings Teil eines DLCs, den nur Erstkäufer, die «Total War: Warhammer 3» bis zum 24. Februar 2022 erwerben, gratis erhalten.
Die Geschichte der Kampagne knüpft nebenbei erwähnt direkt an das Ende des Prologs an. Demzufolge wurde Yuri Barkov vom Dämonenprinzen Be'lakor in die Irre geführt und dazu manipuliert, den Bärengott Ursun tödlich zu verwunden. Je nachdem, welche Rasse ihr spielt, verfolgt ihr entsprechend andere Ziele: Während die Menschen von Kislev und Cathay Ursun retten wollen, möchten die Untergebenen der Chaosgötter ihn endgültig tot sehen.
Jede Rasse besitzt überdies ein paar eigene Spielmechaniken, was für eine ganze Menge an Abwechslung sorgt. So sind die Slaanesh in der Lage gegnerische Einheiten zu verführen und auf die eigene Seite zu ziehen, während die Tzeentch mithilfe der Wandlung der Wege den Gegner manipulieren und einen Krieg zwischen zwei befreundeten Fraktionen erzwingen können.
Einige Rassen glänzen sogar mit richtig innovativen Ideen, die von euch ein komplettes Umdenken bezüglich eures Armeeaufbaus abverlangen. Bestes Beispiel: die Cathay, die für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Kräften Yin und Yang leben. Sprich: Der Bau von Gebäuden, das Rekrutieren von Einheiten oder das Erforschen einer neuen Technologie verschiebt den Kompass entweder in Richtung Yin oder in Richtung Yang. Und je ausgeglichener dieses Verhältnis ist, desto effizienter agiert euer Reich.
Ein weiteres einmaliges Feature der Cathay-Rasse sind Karawanen, mit denen ihr Handelsrouten zu den Kislevs aufbauen könnt. Doch Vorsicht: Die Karawanen marschieren wie eigenständige Einheiten über die Spielwelt und sind demzufolge Überraschungsangriffen des Gegners ausgeliefert, die ihr im Zweifelsfall abwehren müsst.
Mehr Diplomatie wagen
Ansonsten hat sich Creative Assembly vornehmlich auf den Diplomatie-Aspekt gestürzt und diesen um sinnvolle Features erweitert. Besonders wichtig: Führt ihr mit einer anderen Fraktion ein militärisches Bündnis, dann sammelt ihr automatisch sogenannte Verbundenheit-Punkte. Diese wiederum könnt ihr auf mehrere Arten ausgeben, um euch beispielsweise eine Einheit des Bündnispartners zu leihen oder ihn um die Verteidigung einer eurer Städte zu bitten.
Richtig interessant wird es, sobald ihr Außenposten in den Städten eurer befreundeten Fraktion einrichtet: Danach stehen euch nämlich deren Einheitentypen zur Verfügung, die ihr fortan rekrutieren und mit euren eigenen Truppen kombinieren dürft.
Weitere Diplomatie-Neuerungen beziehen sich auf das Tauschen von Siedlungen oder den bereits in Total War: Three Kingdoms eingeführten schnellen Handel, dank dem ihr auf einen Blick sämtliche Erfolgschancen mit allen zur Verfügung stehenden Fraktionen angezeigt bekommt.
Jetzt mit bis acht Spielern gleichzeitig
Wer lieber mit Freunden spielen möchte, der kann die Hauptkampagne natürlich auch online spielen. Diesbezüglich hebt sich «Total War: Warhammer 3» erneut in zwei Punkten von seinem Vorgänger ab: Zum einen können diesmal bis zu acht Spieler gegeneinander antreten, zum anderen führen auch auf der Weltkarte alle Teilnehmer ihre Aktionen gleichzeitig anstatt nacheinander aus. Das verleiht dem rundenbasierten Part einen gewissen Echtzeit-Faktor, weil ihr regelrecht vor den Einheiten eines anderen Spielers wegrennen und euch in eine eure Städte flüchten dürft.
Obendrein gibt es noch zwei weitere Bonus-Kampagnen, die vornehmlich für Multiplayer-Sessions gedacht sind. Während sich in «Dunkelheit und Zwietracht» ebenfalls bis zu acht Spieler bekriegen, ist «Etwas ist faul im Staate Kislev» deutlich kompakter gestaltet. Creative Assembly hat die Mini-Kampagne explizit für einen langen Nachmittag konzipiert, in der bis zu drei Kontrahenten ein komplettes Abenteuer durchziehen können.
Habt ihr keine Lust auf eine der Kampagnen und wollt einfach nur ein paar Schlachten ausfechten, dann messt ihr euch wahlweise mit der Computer-KI oder erneut mit ein paar Freunden. Ein Großteil der Spielmodi wie «Landgefecht» oder «Belagerung» kennt der Veteran bereits aus den vorhergehenden Total-War-Spielen. Neu hingegen ist der sogenannte «Überlebenskampf»: Hier rückt ihr mit eurer Armee von einem Knotenpunkt zum nächsten vor und müsst euch gegen mehrere Wellen von Gegnern zur Wehr setzen. Als Ausgleich dürft ihr direkt auf dem Schlachtfeld frische Einheiten rekrutieren und Schutzwälle errichten, um den Ansturm eurer Feinde zu bremsen.
Fazit: ein Total War für Einsteiger und Profis
Die Total-War-Serie übermannt so manchen Anfänger mit ihrer Komplexität. Es gibt so vieles, das ich im Hinterkopf behalten muss und weshalb ich an zahlreichen Ecken zu scheitern drohe. Kein Wunder: Creative Assembly hatte schon immer Schwierigkeiten, einen guten Überblick über alle wichtigen Spielmechaniken zu geben – bis jetzt. Denn genau in dieser Hinsicht ist «Total War: Warhammer 3» ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die umfangreiche Prolog-Kampagne war längst überfällig: Zwar wird sich der Einsteiger auch hier aufgrund der vielen Icons und Optionen anfangs überfordert fühlen. Lässt er sich jedoch einfach fallen und folgt brav den vorgegebenen Anweisungen, dann merkt er mit der Zeit: Hoppla, so schwer ist das eigentlich gar nicht! Veteranen freuen sich hingegen über den mordsmäßig großen Umfang, die teilweise herrlich innovativen Fraktionen (Cathay!) und sämtlichen Verbesserungen rund um das Thema Diplomatie. Nur bei der KI sollten sich die Macher nochmal hinsetzen und die eine oder andere Ungereimtheit glattbügeln.
Pro
- Das bislang umfangreichste «Total War: Warhammer»
- Acht eigenständige Rassen mit teils richtig innovativen Spielmechaniken
- Stark erweiterte Diplomatie-Optionen, die unter anderem einen Einheitenmix aus unterschiedlichen Fraktionen ermöglichen
- Sehr gut geschriebener Prolog, der gekonnt alle wichtigen Spielelemente erklärt
- Starke Präsentation und tolle Atmosphäre
- Multiplayer-Kampagne mit bis zu acht Spielern möglich
Contra
- Trotz der Prolog-Kampagne immer noch kein leicht zu erlernender Brocken
- Sehr lange Ladezeiten (besonders auf HDD-Festplatten)
- Frisst über 100 Gigabyte Festplattenspeicher
- Unschöne KI-Aussetzer in den Schlachten
PC Games – brandaktuelle News, Videos, Previews und kritische Testberichte, gründlich recherchierte Reportagen sowie praktische Tipps rund um die Themen PC- und Konsolen-Spiele sowie PC-Hardware.