Tropfen, Lidpflege, Silikonstöpsel: Welche Therapie es gegen trockene Augen gibt
26.4.2024
Trockene Augen beeinflussen die Lebensqualität mitunter stark. Weil sie verschiedene Ursachen haben können, solltest du sie nicht im Alleingang mit Tropfen behandeln.
Alle vier bis sechs Sekunden passiert es: Du blinzelst und Tränenflüssigkeit verteilt sich über die Oberfläche deiner Hornhaut. So simpel das klingt, so komplex ist der Aufbau dieser Tränen. Sie bestehen aus drei Schichten – Ölen, Wasser, Schleim – mit unterschiedlichen Aufgaben und werden nicht an derselben Stelle produziert.
Außen liegt die Lipidschicht, gebildet von den Meibomdrüsen in den Lidern. Die fettigen Bestandteile verhindern die Verdunstung des Wassers in der darunterliegenden Mittelschicht – und stellen sicher, dass die Tränenflüssigkeit gut auf dem Auge verteilt wird.
Die mittlere, wässrige Schicht wird abgesondert von der Tränendrüse und enthält außer Wasser auch Proteine. Diese wiederum halten als Teil des unspezifischen Immunsystems Erreger vom Auge fern. Und die Innenschicht besteht aus Mucinen, also Schleim. Spezielle Zellen in der Hornhaut-Oberfläche produzieren ihn. Mucine sorgen dafür, dass die Tränenflüssigkeit auf der Hornhaut haften bleibt – denn deren Oberfläche ist wasserabweisend. Dank ihnen flutscht beim Blinzeln auch alles schön: Die Fette legen sich als schützender Schmierfilm zwischen Auge und Linse, außerdem gleichen sie Unebenheiten in der Hornhautoberfläche aus.
Nun kann es aber passieren, dass die Becherzellen, die die Mucine produzieren, dauerhaft gereizt werden und zu wenig Schleim erzeugen. Wer über Jahre Kontaktlinsen trägt, wird es vielleicht kennen: Der Fremdkörper reizt auf Dauer das Auge, jedes Blinzeln schmerzt. Lokal kommt es dabei zur Entzündung an der Hornhaut, was wiederum die Produktion des Tränenfilms stört. Die Folge: Das Auge wird zu wenig gepflegt und gereinigt, die Entzündungsaktivität gesteigert – ein Teufelskreis.
Doch auch ohne Kontaktlinsen kannst du trockene Augen entwickeln. Weltweit ist das Symptom sogar recht häufig: Laut dieser Studie sind – je nach Region – 5 bis 50 Prozent der Weltbevölkerung vom Dry-Eyes-Syndrome (DES) betroffen. Frauen leiden daran häufiger als Männer und mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz signifikant an. Was die Forschung mittlerweile weiß: Trockene Augen sind oft Begleiterscheinungen einer Autoimmunerkrankung, wie das Sjögren-Syndrom oder die rheumatoide Arthritis.
Symptome: Wie du merkst, dass du ein trockenes Auge hast
Das klassische Symptom vom Sand im Auge tritt nicht unbedingt sofort auf. Paradoxerweise beginnt die Erkrankung des trockenen Auges oft tränend, also mit der vermehrten Produktion von Tränenflüssigkeit als Schutzreaktion des Auges. Grundsätzlich aber kann DES «ein breites Spektrum an Augensymptomen verursachen, darunter Rötung, Trockenheit, Unwohlsein, Juckreiz, Stechen, Brennen, Reizung, Schmerzen, Lichtscheu und Fremdkörpergefühl. Dies geht typischerweise mit einem schwankenden Sehvermögen mit verschwommenem oder doppeltem Sehen einher», heißt es in dieser Studie.
Fachleute unterscheiden zwei Ausprägungsformen: Beim evaporativ trockenen Auge ist die Produktion der äußersten Lipidschicht gestört und lässt zu viel vom Tränenfilm verdunsten. Bei der hypovolämischen Form hingegen wird zu wenig Tränenflüssigkeit produziert aufgrund einer Störung in der wässrigen Phase des Tränenfilms. Dieser Tränenmangel komme laut Studien allerdings seltener vor als die evaporative Störung, so das Deutsche Ärzteblatt.
Ursachen: Wie kommt es zum Dry-Eyes-Syndrome?
Es stehen eine Reihe von Ursachen im Raum. Dazu gehören wie erwähnt die mechanische Reibung durch (jahrelanges) Kontaktlinsentragen, die die Becherzellen beeinflussen kann. Außerdem haben Erkrankungen wie Diabetes, das Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis und Kollagenosen Einfluss auf die Tränendrüsen, ebenso wie Chemotherapie und Medikamente wie Antihistaminika, bestimmte Blutdruckmedikamente und Antidepressiva.
Plus: Im Alterungsprozess verringert sich häufig die Tränenproduktion und kann zu trockenen Augen führen. Nicht zuletzt spielt der Hormonstatus vor allem bei Frauen eine Rolle. Bei Frauen können Schwangerschaft, Menopause und die Verwendung oraler Kontrazeptiva die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit verändern.
Auch äußere Umweltfaktoren gelten als Ursache: Bei geringer Luftfeuchtigkeit kann die Tränenflüssigkeit schneller verdunsten. Bei intensiver Bildschirmarbeit wiederum neigt man dazu, seltener zu blinzeln (bekannt als «Office-Eye-Syndrom», was wiederum den Tränenfilm schneller verdunsten lässt. Auch Umweltverschmutzung und Rauch können die Augen reizen und die Symptome verschlimmern.
Trockene Augen: Diese Behandlungsmöglichkeiten gibt es
Bemerkst du oben beschriebene Symptome, ist ein Gang zu Augenarzt oder Augenärztin ratsam. Auch, um andere Augenerkrankungen auszuschließen. In der Praxis wird dein Tränenfilm mit verschiedenen Tests und Instrumenten (zum Beispiel Spaltlampe und Filterpapierstreifen) gemessen. Vermeiden solltest du nach Möglichkeit reizende Faktoren wie Zigarettenrauch und zu trockene Luft in klimatisierten oder stark beheizten Räumen – bei letzterem unbedingt mehrmals am Tag für mehrere Minuten lüften. Auch ein Luftbefeuchter kann hilfreich sein.
Tränenersatzmittel
In der Praxis haben sich Tränenersatzmittel als «Basistherapie bei allen Schweregraden des trockenen Auges» bewährt, so das Ärzteblatt. Ärztin oder Arzt können nachweisen, an welcher Stelle es bei dir im Auge konkret bei der Tränenfilmproduktion hapert, um dann die richtigen Gel- oder Salbe-Präparate zu empfehlen.
Wichtig: Verwende unbedingt Produkte ohne den Konservierungsstoff Benzalkoniumchlorid, der seit längerem in der Kritik steht. In dieser Guideline der EU heißt es: «Benzalkoniumchlorid kann auch Reizungen am Auge hervorrufen, insbesondere, wenn Sie trockene Augen oder Erkrankungen der Hornhaut (durchsichtige Schicht an der Vorderseite des Auges) haben. (...) Benzalkoniumchlorid sollte bei Patienten mit trockenen Augen und bei Patienten mit geschädigter Hornhaut mit Vorsicht angewendet werden.» Viele Augentropfen kommen ganz ohne Konservierungsmittel aus; lass dich dazu beraten.
Lidkantenpflege, Medikamente, punctum plugs
Je nachdem, ob sich DES mit leichten, moderaten oder schweren klinischen Symptomen zeigt, zählen zur Therapie außer den künstlichen Tränen auch die Pflege der Lidkante (dort können sich Bakterien ansiedeln oder die Meibomdrüsen verstopft sein) oder antientzündliche Medikamente. Bei schweren Fällen von hypovolämischem Auge setzt man sogenannte «punctum plugs» ein: Dabei werden die abführenden Tränenwege durch kleine Stöpsel entweder aus Kollagen oder Silikon verschlossen.
Omega-3-Fettsäuren
Gegebenenfalls empfehlen Arzt oder Ärztin orale Mittel: Omega-3-Fettsäuren, über die Nahrung oder als Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen, sollen laut dieser Studie antientzündlich wirken. Außerdem gibt es Augentropfen mit Omega-3-Fettsäuren, deren Wirksamkeit aber nicht ausreichend klinisch evaluiert ist.
Allerdings schreibt die Verbraucherzentrale aus Deutschland zur derzeitigen Studienlage, die Wirkung von oral aufgenommenen Omega-3-Fettsäuren bei trockenen Augen sei nicht bewiesen: «Selbst bei sehr hoher Dosierung (3 g/Tag) erzielen Omega-3-Fettsäuren wahrscheinlich eher eine Placebo-Wirkung. Sie wirken auch nicht präventiv gegen eine chronische Austrocknung von Binde- und Hornhaut (Keratoconjunctivitis sicca). Es spricht aber nichts dagegen, wenn Sie mehr Omega-3-Fettsäuren mit der normalen Nahrung aufnehmen.»
Mareike Steger
Autorin von customize mediahouse
Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.