Von der Geduldsprobe zum Kunstwerk: Das Modellbau-Set «Sakura Densya»
Ich bringe gerne Schwung in mein Bücherregal. Meine jüngste dekorative Ergänzung ist ein selbst zusammengebautes «Book Nook». Das DIY-Kit von Robotime hat mich nicht nur meine Contenance gekostet, sondern auch einiges an Selbstachtung.
Stell dir vor, du lässt deinen Blick über ein Bücherregal schweifen, auf dem sich ordentlich ein Buchrücken an den nächsten reiht. Doch da, genau zwischen zwei Schmökern, tut sich eine kleine Nische auf. Du schaust rein und spähst in eine andere Welt. Alles in Miniaturformat. Das ist nicht der klischeehafte Beginn eines Young-Adult-Fantasy-Romans, sondern ein sogenanntes «Book Nook». Ein dekoratives Element für deine Bibliothek, das du fertig kaufen kannst oder als DIY-Projekt selber bastelst. Entweder frei geleitet von deiner Kreativität oder mithilfe eines Modellbau-Kits.
Mit solchen kreativen Buchrücken liebäugle ich schon seit geraumer Zeit. Nun habe ich meine ersten Erfahrungen mit dem «Rolife Sakura Densya»-Set von Robotime gesammelt, einem Modellbausatz. Das kleine Tor entführt seinen Betrachter oder seine Betrachterin in ein mit Kirschblüten geschmücktes Japan und gibt den Blick auf einen Zug frei, der einen schmalen Fluss überquert.
Die Person, die das Ding zusammenbaut, fährt mit diesem Zug übrigens direkt in die Hölle. Aber dazu später mehr.
Alles, was mitgeliefert wird und mitgeliefert werden sollte
Im Set enthalten sind diverse Holz-, Karton- und Kunststoffbögen, aus denen sich zahlreiche nummerierte Elemente herauslösen und zusammenstecken respektive kleben lassen. Alles schön nach Anleitung. Zwei kleine LED-Lichter, Kleber für die Kabel, Schrauben und ein Schraubenzieher sind ebenfalls enthalten, sowie ein kleines Stück Schleifpapier, das im Verlauf des Projekts noch zu meinem engsten Verbündeten werden soll.
Quelle: Natalie Hemengül
Ich empfehle dir zusätzlich viel Geduld, eine (gebogene) Pinzette und Wäscheklammern. Weshalb, dazu komme ich gleich noch. Ausserdem brauchst du am Schluss noch zwei AAA-Batterien, die nicht im Lieferumfang enthalten sind.
Es ist ein schmaler Grat zwischen «Zusammenbauen» und «Zusammenbruch»
Gerade zu Beginn komme ich verdächtig schnell voran und bin begeistert, wie toll sich die einzelnen Elemente ineinanderfügen. Die Anleitung ist gut verständlich und der Leim stärker als meine Nerven. Zudem lässt er sich hervorragen dosieren, dank seiner schmalen, spitz zulaufenden Öffnung.
Quelle: Natalie Hemengül
Hilfreiche Extras
Dass ich so gut vorwärtskomme, verdanke ich unter anderem auch meiner abgeschrägten Bastelpinzette, die ich als Extra-Tool hinzugezogen habe. Mit ihr lassen sich filigrane Teile besser greifen, platzieren und halten, während ich den Leim auftrage. Besonders die kleinen Kirschblüten kann ich so präzise anbringen. Manchmal verwende ich die Pinzettenspitze auch dazu, um die Löcher in den hölzernen Elementen etwas zu dehnen, damit die Teile einfacher ineinandergreifen. Auch der Stiel der Pinzette ist ganz nützlich. Mit ihm verteile ich bei länglichen oder grossflächigen Elementen den Druck. So verhindere ich, dass ich punktuell zu fest zudrücke und die Teile einreissen oder brechen.
Quelle: Natalie Hemengül
Die Wäscheklammern bewähren sich insbesondere in der ersten Hälfte meines Abenteuers. Da muss ich viele kleine Elemente zu einem Ganzen zusammenkleben. Der Leim hält zwar sehr gut, braucht aber einen Moment, bis er greift. Um zu verhindern, dass die Elemente beim Trocknen voneinander rutschen, fixiere ich sie für ein paar Minuten mit Klammern.
Quelle: Natalie Hemengül
Feingefühl ist gefragt
Der Zug, also das Herzstück, bereitet mir besonders grosse Mühe. Er besteht aus mehreren filigranen Elementen, die zusammengesteckt werden müssen. Dazu braucht es Kraft. Aber nicht zu viel, denn das könnte jeden Moment das Aus bedeuten und das grüne Vehikel plattmachen. Deshalb überlege ich mir vorher ganz genau, wo ich mit leichter Hand und viel Feingefühl zudrücke. Ab hier greife ich auch grosszügiger zum Schleifpapier und schleife die Elemente für ein reibungsloses Zusammenstecken etwas ab und ergänze dann überall ein Tröpfchen Leim. Selbst da, wo es die Anleitung nicht vorsieht. Auch das Montieren der Kabel erfordert viel Fingerspitzengefühl. Sie bringen später Licht in die Szene.
Quelle: Natalie Hemengül
Es stellt sich heraus, dass der Zug (anfänglich mein grösstes Problem), nichts dagegen ist, was jetzt ansteht: Die vermeintlich einfachste Aufgabe, nämlich die einzelnen Seitenwände und grossen Platten zusammenzuführen, wird zur wahren Tortur. Jetzt erst sehe ich, ob ich bis hierher auch sauber gearbeitet habe. Spoiler: nope! Leider muss ich viel Drücken, Schleifen und Würgen, um die Löcher und entsprechenden Stifte genau aufeinander zu bekommen.
Quelle: Natalie Hemengül
Über vier Tage verteilt nehme ich immer wieder aufs Neue meinen Mut zusammen und wage mich an diese Aufgabe. Doch bei jedem Anlauf fällt mehr auseinander, als zusammenkommt. Nach unzähligen Versuchen suche ich mir Hilfe bei meinem Freund. Er hält, ich adjustiere. Irgendwie kommt das Ganze schlussendlich doch zusammen und ich traue mich kaum noch, das Ding anzufassen. Zu gross meine Angst, dass alles in sich zusammenfällt. Mühsam ist auch das Anbringen der winzigen Schrauben in den Ecken. Mir ist eine immer und immer wieder in das verwinkelte Gebilde gefallen, sodass ich es auf den Kopf drehen und ganz vorsichtig herausschütteln musste. Ganz schön waghalsig für ein so fragiles Konstrukt.
Quelle: Natalie Hemengül
Licht an!
Letzter Schliff: Batterien ins Batteriefach unterhalb des Modells einlegen, den Schalter auf «On» stellen und anschliessend auf das berührungsempfindliche Einschaltsymbol auf der Front unten rechts auf der Steinfassade tippen. Und Luft anhalten. Puh, die kleinen verbauten Lichter leuchten. Die Kabel habe ich also richtig miteinander verdrahtet. Sieht echt hübsch aus!
Quelle: Natalie Hemengül
Quelle: Natalie Hemengül
Nach zehn Stunden Agressionsmanagement Bastelarbeit bleiben ein paar hölzerne Mini-Teile übrig. Die sind wohl besonders anfällig für Brüche und deshalb in mehrfacher Ausführung im Set enthalten. Oder ich habe irgendwo wichtige Schritte ausgelassen und das Ding kracht irgendwann zusammen. Die Zeit wird's zeigen. Mit der Qualität bin ich alles in allem sehr zufrieden. Die Elemente sind präzise geschnitten und liessen sich einfach aus dem Bogen lösen. Hier und da ist mir auch mal ein Teil eingerissen, aber nicht so schlimm, dass es das Aus für mein Projekt bedeutet hätte.
Quelle: Natalie Hemengül
Quelle: Natalie Hemengül
Fazit: Noch ein Ticket in die Hölle bitte!
Zu Beginn ist alles easy-peasy. Die Elemente fügen sich wie durch Zauberhand sauber und passgenau ineinander. Doch mit jedem neuen Teil wird das Konstrukt fragiler. Anfängliche Ungenauigkeiten rächen sich besonders gegen Ende, wo sie dir kumuliert – sorry für die Ausdrucksweise – die Fresse polieren. Mein Weg zum fertigen «Book Nook» war gepflastert mit Ausrastern, Zwangspausen und Selbstzweifeln, aber rückblickend muss ich trotz alledem eingestehen, dass ich Spass dabei hatte. Und das Endprodukt ist einfach märchenhaft schön und ein wahrer Hingucker im sonst schnöden Bücherregal. Bis ich wieder mal ein vergleichbares Projekt ins Auge fasse, wird es wohl noch etwas dauern. Meine Nerven müssen sich erst von den Strapazen erholen. Aber ausschliessen kann ich es nicht, dafür habe ich zu grosse Freude an der neuen Nische zwischen meinen Mangas.
Quelle: Natalie Hemengül
Auch Kollege Ramon Schneider hat sich an ein hölzernes Modellbau-Set von Robotime gewagt und ist kläglich gescheitert:
Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.