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VR und Flugsimulator: Die perfekte Kombi oder Garant für Kotztüte?

Wie wird ein Flugsimulator noch realistischer? Mit Virtual Reality natürlich. Glauben wir zumindest. Ob wir Recht behalten, findet Kollege und Flugsim-Fan Obi für uns heraus.

Nachdem wir bereits einen Piloten unseren Flugsimulator austesten liessen, kam von euch der Vorschlag, das ganze doch mit VR zu kombinieren. Super Idee, fanden wir und suchten uns schnurstracks einen Freiwilligen für das Projekt. Das Los fiel auf Ovidiu Oprea, kurz Obi genannt. Als passionierter Flugsim-Spieler war er der perfekte Kandidat. Seinem Wunsch als Game «Flight Simulator X» zu verwenden, konnten wir leider nicht nachkommen. Stattdessen installierten wir den Early Access-Titel «Aerofly FS 2 Flight Simulator» des deutschen Entwicklers IPACS.

Unser Flugsimulator besteht für diesen Versuch aus den folgenden Komponenten

Gezockt haben wir auf diesem Bad Boy

Digitec Zenon ZX - powered by Joule Performance (Intel Core i7-7700K, 16 GB, 500 GB, GeForce GTX 1080 Ti)
PC

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Intel Core i7-7700K, 16 GB, 500 GB, GeForce GTX 1080 Ti

Finger ab de Röschti

Weil Obi unbedingt von Dübendorf aus starten möchte, kaufen wir uns noch die Schweiz als DLC dazu. Wir scheuen keine Kosten für unseren Hobby-Piloten. Und wie dankt er es uns, nachdem er Platz genommen hat? «Ah Shit ist das billig. Hat euer letzter Pilot echt gemeint, das Fusspedal fühle sich realistisch an?» Sei jetzt still und starte das Spiel.

Ein bisschen VR-Erfahrung hat Obi bereits gesammelt. Allerdings nur immer in recht kurzen Sessions. Mal schauen, wie ihm eine Runde mit «Aerofly FS 2» bekommt. Wie auch bei «X-Plane 11» wartet eine breite Flotte von Flugzeugen darauf, ausgeflogen zu werden. «Nö, nö, nö, nö, uuu Learjet 45. Ein Klassiker. Das Teil erinnert mich an ‹FSX› und ‹GTA› -Zeiten.» Der Learjet 45 ist ein kleiner Privatjet, mit dem man in «GTA 5» allerhand Blödsinn anstellen konnte. Obi scheint sich voll in das Gangster-Game zurückversetzt zu fühlen, denn als erstes belästigt er seine virtuelle Co-Pilotin. Das kann ja heiter werden...

Bitte anschnallen

Wir starten auf dem Militärflugplatz Dübendorf. Keine Ahnung, warum Obi sich gerade den ausgesucht hat. Seinen digitalen Pilotenschein hat er wohl im Lotto gewonnen. «Das ist das mühsame am Flughafen. Ich weiss nie, wo die gelben Linien hinführen», beklagt sich unser Pilot. Schliesslich findet er eine geeignete Startbahn und hebt ohne Zwischenfälle ab. Anders als bei unserem letzten Flugsimulatortest, kommen die zahlreichen Schalter und Hebel, die wir professionell mit Klebeband befestigt haben, nicht zum Einsatz. Mit der aufgesetzten Oculus Rift sieht Obi nur, was im virtuellen Cockpit abgeht. Dafür kennt er sich mit unserem Saitek-Hotas aus. So einen benutzt er nämlich auch Zuhause. «Die Tasten und Knöpfe findet man schnell, wenn man die Steuerung kennt», meint Obi. Da wir aber mal wieder den ganzen Konfigurationsprozess übersprungen haben, weiss er weder wo die Landeklappen sind noch wo das Fahrwerk ein- und ausgefahren wird.

Von den drei Monitoren hat Obi nicht allzu viel.

Das kümmert unser Flugass aber nur wenig. Er ist hin und weg von der virtuellen Welt. «Man muss sich richtig zwingen, sich aufs Fliegen zu konzentrieren und nicht ständig mit dem Kopf aus dem Fenster schauen, weil es so geil aussieht», sagt Obi. Obwohl er fast nur Augen für die Umgebung hat, schafft er es dennoch schon nach wenigen Minuten die Orientierung zu verlieren: «Gibts ein GPS? Google Maps, halloo, wo bist du?» Mangelnde Orientierung scheint sowohl bei echten als auch bei Software-Piloten ein Problem zu sein. Obwohl, ich darf ja nichts sagen. Bei meiner kurzen Spritztour hab ich von Zürich aus nicht mal Winterthur gefunden. Dabei dachte ich immer, alle Wege führen nach Winterthur oder ging der Spruch anders?

Die Kotztüte befindet sich im Fach vor Ihnen

Egal, zurück zu Obi. Langsam macht sich bei ihm nämlich ein mulmiges Gefühl in der Magengrube bemerkbar. Kollege Quentin, der sich das Gaudi nicht entgehen lassen wollte, schmunzelt nur. «Daran gewöhnst du dich schnell, wenn du regelmässig in VR zockst», meint er lässig. Quentin muss es ja wissen. Von allen Anwesenden ist er der einzige, der sich Zuhause regelmässig die VR-Brille aufsetzt. «Für Leute mit Flugangst ist das definitiv nichts», findet Obi. Nach einer kurzen Verschnaufpause setzt er sich mutig in einen Red Bull Air Racer. Das sind diese kleinen flinken Flitzer mit denen Piloten die verrücktesten Stunts hinlegen. «Los mach einen Looping», hallt es aus der Zuschauerecke. «Vergiss es, dann kotz ich euch vor die Füsse», warnt uns Obi. Das können wir der Putzfrau nicht zumuten, stattdessen gibt es eine Fassrolle: «Wuaaaaa, das geht ja sauschnell».

VR hinterlässt Spuren.

Zum Schluss wagt er sich dann aber doch noch an einen Looping und kracht umgehend ungespitzt in den Boden. Das zählt nicht, finden wir und fordern Wiederholung. Mit einem tiefen Seufzer startet Obi ein weiteres Mal. Er reisst den Joystick nach hinten und dreht sich langsam und etwas schräg. Sieht für mich eher nach einer Schraube aus. «So, seid ihr jetzt zufrieden. Jetzt ist mir schlecht.» Naja, soll gelten: 4 von 10 Punkten kriegt er von mir dafür.

Sein Fazit zum kurzen VR-Flugsim-Versuch: «Es ist schon ein geiles Gefühl mitten drin zu sein und herumschauen zu können. Aber wirklich entspannt ist anders». Also nichts für acht Stunden Echtzeit-Transatlantik-Flüge? «Niemals!», schiesst es aus ihm heraus. Und man sieht regelrecht das Grauen in seinen Augen aufblitzen als sich die Vorstellung davon in seinem Kopf manifestiert.

Beeindruckend bleibt das Ganze. Aber viele Menschen müssen sich erst an VR gewöhnen, bis sie es richtig geniessen können. Dann werden Flugsimulatoren aber ein gutes Stück realistischer. Die Kehrseite ist, dass man auf die zusätzlichen Panels verzichten muss. Es bleibt ein Abwägen. Für Obi ist der Fall klar. Er macht seine Loopings lieber auf einem flachen Monitor statt in VR und behält damit sein Mittagessen.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 

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