Weil Humor gesund ist: So trainierst du deine Lachmuskeln
Dass Lachen gesund ist, ist kein Scherz, sondern längst wissenschaftlich erwiesen. Doch was, wenn man im Alltag wenig Grund zum Lachen hat? Humorforscher verraten, mit welchen Strategien du dir das große Schmunzeln (zurück) ins Leben holst.
Viele Redensarten haben einen wahren Kern. Im Falle des Spruchs «Lachen ist die beste Medizin» ist dieser Kern sogar ziemlich groß. Längst haben Wissenschaftler und Forscherinnen in zig Studien aufgezeigt: Lachen verbessert tatsächlich physiologische Parameter, wie etwa den Blutzuckerspiegel, den Blutdruck oder gewisse Entzündungsmarker.
Auch ein ganzes Bündel an positiven Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit ist nachgewiesen. In einer Meta-Analyse der Uni Jena, die bisherige Forschungsergebnisse aufrollte, konnten viele dieser Effekte unlängst noch einmal bestätigt werden.
Warum Lachen dir so gut tut
Weshalb Lachen so gesund ist, hat zum Beispiel der Pariser Neurologe Henri Rubinstein erforscht. Laut dem Experten ist Lachen «eine unwillkürliche Körperreaktion auf eine als angenehm empfundene Emotion», die zunächst spontan und chaotisch wirken mag, jedoch ein äußerst koordinierter Prozess ist, bei dem nicht nur im Gesicht verschiedene Muskeln aktiviert werden.
Vielmehr ist am Lachen fast dein ganzer Körper beteiligt – allein an Zwerchfell und Bauch sind es etwa 80 Muskeln, die durch Humor bewegt werden. Der Zürcher Psychologe Peter Hain meint sogar in einem SFR-Beitrag: «Intensives Lachen beschäftigt die Muskulatur mehr als Joggen oder jede andere körperliche Übung.» Weshalb ausgiebiges Gelächter auch mal zu Muskelkater führen kann.
Daneben sorgt Lachen für eine gute Sauerstoffversorgung: Beim Lachen nimmst du dreimal mehr Sauerstoff auf als im Grinch-Modus, so Experte Rubinstein. Denn wenn du lachst, atmest du schnell stoßweise aus und dann sehr tief wieder ein. Die Vorratsluft aus den Lungen entleert sich dabei fast vollständig.
Deine oberen Atemwege werden – ähnlich wie beim Husten – von Sekreten befreit. Die Lehre vom Lachen, auch «Gelotologie» genannt (von griechisch «gelos» für Gelächter), hat zudem herausgefunden: Lachen erhöht auch die Verbrennungsvorgänge des Körpers, beeinflusst den Fettstoffwechsel positiv und beschleunigt die Ausscheidung von Cholesterin.
Andere zum Teil statistisch (noch) nicht abgesicherten Forschungsergebnisse hat
Michael Titze, Dozent an der Akademie für Individualpsychologie in Zürich und Gründungsvorsitzender von HumorCare Deutschland unter anderem in seinem Fachbuch «Therapeutischer Humor. Grundlagen und Anwendungen» zusammengefasst.
So soll Lachen die Gedankenwelt positiv verändern und Stress abbauen, außerdem die Durchblutung verbessern und somit Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen, aber auch das Immunsystem aktivieren und das Schmerzempfinden vermindern können.
Lachen als Therapie
Angesichts der vielen positiven Effekte ist es kein Wunder, dass Lachen auch immer häufiger als Therapie eingesetzt wird. Laut einer Studie der britischen Leeds-Universität in der Fachzeitschrift «Social Science & Medicine» ist die Lachtherapie gerade bei Depressionen sehr erfolgreich, da es angstlösend und stressmindernd sein kann.
Aber auch im Alltag kann Humor uns gesund erhalten oder machen. «Lachen», sagt etwa Psychologe Hain, «ist ein Gesundheitsgenerator, den man anspringen lassen könnte, wenn wir uns das noch erlaubten.» Doch anscheinend ist es mit dieser Selbsterlaubnis nicht weit her: Während Kinder pro Tag fast 200- bis 400-mal herzlich lachen, kommen Erwachsene im Laufe von 24 Stunden gerade einmal auf durchschnittlich 18 Lacher, so eine Studie. Eine dürftige Lachquote und eine verpasste Chance in der Gesundheitsprävention.
Lach mal wieder – dank Humortraining
Die gute Nachricht: Die Lachmuskeln kannst du trainieren. «Man kann die eigenen humorvollen Seiten in sich entwickeln und fördern, indem man sich erlaubt, humorvolle Perspektiven einzunehmen», sagt Psychotherapeut Peter Hain. Das fängt schon morgens im Bad an: Lächle dich im Spiegel an und mach einen blöden Witz über dich selbst à la «Ich kenn dich zwar nicht, aber ich schmink/rasier dich trotzdem mal.»
Und auch untertags kannst du dir mit einfachen Strategien das Lachen (zurück) in den Alltag holen. Am Anfang wird das ein bisschen Planung brauchen. So empfiehlt der Experte, sich pro Tag eine Stunde für spaßige, lustige, humorvolle Beschäftigungen zu reservieren, sich also aktiv Zeit zu nehmen für das Lachen. Ob du dann ein lustiges Buch liest, dir Karikaturen anschaust oder schräge Podcasts anhörst, einen Comedy-Film oder eine Satire-Sendung ansiehst, ist deinen persönlichen Vorlieben überlassen.
Lachen ist ansteckend
Allein fällt dir das Lachen trotz lustigen Inputs schwer? Dann lass dich einfach vom Lachen anderer Menschen anstecken. Das passiert ganz automatisch, weiß die Grazer Psychologie-Professorin Ilona Papoušek. «Beobachten wir Mitmenschen beim Lachen oder hören wir sie kichern, dann aktiviert das im Gehirn jene Regionen, die auch aktiv sind, wenn wir selbst lachen. Das bereitet uns darauf vor, mitzulachen», so die Neuropsychologin.
Der Grund dafür: Spiegelneuronen. Diese Nervenverbindungen im Gehirn, die Gefühle von anderen wahrnehmen, vermitteln dir das Gefühl, angemessen reagieren zu müssen, also ebenfalls zu lachen. Diesen auf das Verhalten deines Gegenübers bezogene «Kopiermechanismus» kennst du sicher auch vom Gähnen oder wenn dich die Trauer eines Mitmenschen mitleiden lässt. Er lässt sich mit bildgebenden Verfahren wie zum Beispiel einem EEG zeigen. Lachen gehört zudem zu den besonders ansteckenden Verhaltensmustern, weil es im Gehirn einen positiven, belohnenden Effekt erzeugt.
Damit das mit dem Mitlachen klappt, musst du übrigens nicht unbedingt im gleichen Raum wie der Lachende sein. Auch via Bildschirm oder Display kannst du dich anstecken lassen. Zum Beispiel vom Video mit Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, was Forscherin Papousek sagt: Nämlich, dass «das Lachen anderer der effektivste Auslöser für Lachen ist und wirksamer als der Inhalt jedes Witzes». Denn so unlustig Paragraphen über Bündnerfleisch-Import an sich auch sein mögen: Merz‘ Lachanfall über das Bürokraten-Kauderwelsch ist mitreißend.
Fake it, till you feel it
Deine Lachmuskeln sind immer noch nicht angesprungen? Dann kannst du sie bewusst (wieder) aktivieren – per Lachyoga, auch Hasya-Yoga oder Yogalachen genannt. Die Idee dahinter: Grundloses, zunächst gefaktes Lachen soll dir dabei helfen, über die motorische Ebene zum echten Lachen (zurück) zu finden. Eine Kombination aus Klatsch-, Dehn-, Atem- und pantomimischen Übungen macht‘s möglich. Denn: «Wir lachen nicht, weil wir glücklich sind – wir sind glücklich, weil wir lachen!», erklärt Dr. Madan Kataria, Yogalehrer aus Mumbai und Begründer der Technik.
Weltweit wird bereits in mehr als 7000 Lachyoga-Clubs «trainiert». Auch in der Schweiz gibt es zahlreiche Anbieter. Beim Lachyoga-Training kann die Gruppe unterstützend wirken, Stichwort: Lach-Ansteckung. Aber auch daheim kannst du mit Videos wie diesem üben. Kein Scherz: Nach dem Motto «Fake it, till you make it» wirst du schon bald Muskelkater bekommen – dann aber von echtem Lachen.
Titelfoto: shutterstockGäbe es meinen Job nicht, würde ich ihn erfinden wollen. Schreiben ist die Möglichkeit, ein paar Leben parallel zu führen. Heute stehe ich mit einer Wissenschaftlerin im Labor, morgen gehe ich mit einem Forscher auf Südpolexpedition. Täglich entdecke ich die Welt, erfahre Neues und treffe spannende Menschen. Aber nur kein Neid: Das Gleiche gilt fürs Lesen!
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