Wie beeinflusst die Wanddicke die Stärke deiner PLA-Prints?
Je dicker die Wand, desto stabiler deine PLA-Prints – logisch oder? Nicht ganz. Bestehen deine 3D-Drucke nur aus Wand, halten sie weniger Zugkraft aus als mit Infill.
Zack – und wieder verreisst es einen meiner 3D gedruckten Haken. Dieses Mal knallt jedoch nicht meine Gewichtsweste auf den Boden, sondern der Haken meiner Seilwinde schnellt zurück. Kürzlich habe ich den Einfluss von Infill auf die Zugkraft getestet. Jetzt teste ich den Einfluss der Wanddicke auf die Zugkraft. Aufgrund der immer stärker werdenden Haken muss ich dafür meine Testmethode anpassen.
Seilwinde ahoi
Bisher habe ich meine Gewichtsweste für die Tests verwendet. Da diese nur bis zu 30 Kilo geht, hole ich mir eine digitale Federwaage und eine Handseilwinde. Ab einer gewissen Wanddicke halten die Drucke nämlich mehr als 30 Kilo Zugkraft aus.
So funktioniert mein Setup: Die Federwaage befestige ich an meinem Balkongeländer. An den Haken der Waage befestige ich die geschlossene Seite meiner 3D gedruckten Haken. Auf der anderen Seite bringe ich die Seilwinde an. Diese ziehe ich an und übe dadurch Zugkraft auf meine Teile aus. Da ich nicht gleichzeitig «seilwinden» und aufs Display der Federwaage schauen kann, richte ich meine alte GoPro aufs Display. So kann ich das letzt gültige Ergebnis ablesen. Dieses Mal gebe ich dir nicht den höchsten Wert an, sondern den Schnitt aller drei Versuche.
So drucke ich
Alle weiteren Parameter vom letzten Mal bleiben ähnlich: Ich erstelle jeweils drei Drucke der Test-Haken mit 0,4, 0,8, 1,2, 1,6, 2, 2,4, 2,8 und 3,2 Millimetern Wanddicke. Bei meiner 0,4 Millimeter breiten Düse also jeweils eine Wanddicke mehr. Die Haken drucke ich liegend, 15° diagonal zur X-Achse. Ich drucke leicht diagonal, weil ich bei meinem Creality CR-10S Pro festgestellt habe, dass die Modelle so besser auf der Bauplatte haften. Die weiteren Einstellungen in Cura in Englisch:
- Drucktemperatur: 208° Celsius (im ersten Test als besten Wert für das Filament eruiert)
- Temperatur Druckplatte: 50° Celsius
- Druckgeschwindigkeit: 50 mm/s
- Layer Height: 0.28 Millimeter
- Top/Bottom Thickness and Layers: 1.12 Millimeter / 4
- Infill und Pattern: 50 Prozent / Cubic
Den Einfluss der Schichtdicke (Layer Height) teste ich in einem letzten Test dieser Serie.
Den Test mache ich mit dem Purefill-Filament, das im ersten Vergleich am besten abgeschnitten hat. Ich hole mir eine neue Spule, um Alterungsprozesse, Feuchtigkeit oder ähnliche Abnutzungserscheinungen auszuschliessen. Dieses Mal bin ich zu Hause auf dem Balkon. Also schon wieder ein anderes Setting als beim letzten Mal. Die Temperatur beträgt 20,8° Celsius. Beim Test mit dem Infill bei mir in der Wohnung war es zwischen 25.7° Celsius und 26.1° Celsius warm.
Das Drucken der einzelnen Modelle dauert zwischen 1:31 Stunden und 2:11 Stunden. Wobei sich pro Wanddicke die Druckzeit um durchschnittlich sechs Minuten erhöht. Pro Wanddicke erhöht sich das verwendete Material durchschnittlich um ein Gramm. Einzig bei den Schritten von 1,6 auf 2,0 und 2,8 auf 3,2 Millimeter bleibt das verwendete Material gleich wie bei der vorangegangen Wanddicke. Nachdem ich alle Haken gedruckt habe, lasse ich sie 24 Stunden auskühlen und mache mich danach gleich ans Testen.
Wanddicke in Millimeter | Druckzeit in Stunden:Minuten | Verwendetes Filament in Gramm |
---|---|---|
0,4 | 1:31 | 17 |
0,8 | 1:37 | 18 |
1,2 | 1:44 | 19 |
1,6 | 1:50 | 20 |
2,0 | 1:56 | 20 |
2,4 | 2:01 | 21 |
2,8 | 2:09 | 22 |
3,2 | 2:11 | 22 |
Mein Test genügt nicht wissenschaftlichen Kriterien, weil ich nicht im Testlabor arbeite. Faktoren wie die Qualität des Filaments beeinflussen den Test ausserdem. Dieser richtet sich auch nicht an professionelle 3D-Drucker, sondern an private Maker wie mich.
Die Resultate
Dank der angepassten Testmethode lässt sich genauer sagen, wie viel Zugkraft die Haken aushalten. Bei denselben Parametern wie beim letzten Mal mit 0,8 Millimeter Schichtdicke erreiche ich ein besseres Resultat. Ob das der neuen Testmethode geschuldet ist oder ob sich der Temperaturunterschied draussen bemerkbar macht, kann ich leider nicht sagen. Ich denke aber, es ist die neue Testmethode. Dank der Seilwinde erhöhe ich die Zugkraft nämlich gleichmässig und hänge nicht das volle Gewicht aufs Mal auf. Dabei ergeben sich folgende Werte:
Wanddicke in Millimeter | Max. gemessene Zugkraft in Kilogramm |
---|---|
0,4 | 20,9 |
0,8 | 24,7 |
1,2 | 28,3 |
1,6 | 31,7 |
2,0 | 34 |
2,4 | 36,9 |
2,8 | 39,9 |
3,2 | 35,5 |
Wie du siehst, erhöht sich die Zugkraft pro Wandschicht um rund drei Kilogramm. Bei 3,2 Millimetern Wanddicke geht es jedoch in die andere Richtung. Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese Haken zu wenig Spiel im Inneren haben, um sich zu deformieren. Die Haken sind an der schwächsten Stelle rund 6,2 Millimeter dick, sie bestehen also nur aus Wand. Sie sind steifer und reissen daher früher.
Was heisst das jetzt für die optimale Wanddicke? Aufgrund der Testergebnisse würde ich bei den Testhaken mit 1,6 Millimetern Wanddicke arbeiten. Hier erscheint mir die Kombination aus Stärke, Druckzeit und verwendetem Filament optimal. Im Vergleich zu den 0,8 Millimetern, die ich beim Infill-Test verwendet habe, entspricht das rund 52 Prozent mehr Zugkraft. Ob sich diese Wanddicke einfach so auf andere Druckobjekte übertragen lässt, muss ich noch herausfinden. Nehme ich nicht die absolute Zahl 1,6 Millimeter als Richtwert, sondern rechne sie in Prozent um, entspräche das 50 Prozent Wanddicke am gesamten Objekt. Das erscheint mir als enorm und bei grösseren Objekten als nicht praktikabel.
So geht’s weiter
Ich habe meinen Drucker bereits wieder angeschmissen um als Nächstes den Einfluss der Schichthöhe auf die Zugkraft zu testen. Dazu drucke ich die Haken mit 50 Prozent Infill und einer Wandstärke von 1,6 Millimetern. Die Schichthöhe variiere ich dabei zwischen 1,2 bis 2,8 Millimeter.
Apropos Zugkraft; User adrianS84 schreibt:
Besten Dank für deinen Input. Ich werde den Testhaken noch als «8» statt «9» drucken, sobald ich mit dem letzten Test fertig bin. Dann habe ich die für mich optimalen Einstellungen gefunden und kann den Test mit der Zugkraft wie du sie beschreibst nachholen.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.