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Wie der Game Pass die Spiellandschaft verändert
![Philipp Rüegg](/im/Files/4/3/6/3/1/4/2/8/TOM_904911.jpg?impolicy=avatar&resizeWidth=40)
Der Game Pass bietet ein vermeintlich unschlagbares Angebot für Spieler und Entwickler. Die Auswirkungen, die solche Abomodelle auf die Branche haben, sind aber nicht zu unterschätzen.
«Die Monetarisierung hat einen sehr starken Einfluss darauf, wie und was für ein Spiel du entwickelst». Davon ist Daniel Lutz überzeugt. Der ehemalige Creative Director von Square Enix Montreal ist mit dieser Meinung nicht alleine. Ich habe mit verschiedenen Entwicklerinnern und Entwicklern gesprochen. Trotz Lukrativität von Abodiensten wie dem Game Pass herrscht grosses Unbehagen über die Langzeitfolgen für die Branche.
Job-Sicherheit statt Reichtum
Game Pass, PS Plus, EA Play und mittlerweile auch Netflix sind nur einige Dienste, die Spiele in einem Abo anbieten. Für eine Monatsgebühr erhältst du Zugriff auf einen Berg von Spielen. Mal eher ältere wie bei PS Plus, mal brandneue wie im Game Pass, mal Premium-Mobile-Titel wie bei Netflix. Die Deals mit den Game Studios fallen oft ähnlich aus. «Sie bezahlen dir einen Fixbetrag, der bei Indie Games meist im fünf bis niedrigen sechsstelligen Bereich liegt. Dafür ist dein Spiel für sechs bis zwölf Monate exklusiv», erklärt mir Lea*, eine Game-Entwicklerin, deren Spiel bald im Game Pass erscheinen wird. Wie auch ein weiterer Kollege, dessen Spiel bereits in Microsofts Dienst enthalten ist, möchte sie lieber anonym bleiben. Vertragsdetails dürfen in der Regel nicht öffentlich kommentiert werden. Andere wie Giants, die Macher des «Landwirtschafts-Simulators», möchten das Thema vorerst nicht kommentieren. Erst wolle man weitere Erfahrungen sammeln, heisst es auf Anfrage.
![Der Game Pass hat die Spiele-Landschaft bereits verändert.](/im/Files/6/5/3/7/7/4/6/2/game-pass-screenshot.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Reich wird man durch einen Game Pass Deal also offenbar nicht. Dafür gibt es Job-Sicherheit. Und die Chance auf einen Überraschungshit sind bei der Masse an neuen Spielen ohnehin verschwindend klein. «Wir stehen dem ganzen ambivalent gegenüber. Der Deal gibt uns Visibilität, dafür kannibalisiert er die Verkäufe auf Steam», so Indie-Entwickler Patrick*. Man gehe davon aus, dass auf Valves Plattform fünf bis zehn Prozent Einnahmeeinbussen entstehen. Steam ist und bleibt eine der wichtigsten Einnahmequellen, gerade für Indies.
Daneben gibt es natürlich noch hauseigene Studios, die für die Services Spiele entwickeln. Im Game Pass sind alle Spiele der Microsoft Studios enthalten. Dazu gehören unter anderem Bethesda, Obsidian, 343 Industries und Rare. Auch Netflix hat mit Boss Fight, Night School und Next Games fleissig eingekauft. Diese Studios müssen sich keine Gedanken um einen Verteilschlüssel machen. Dafür werden sie wohl als Erste die Veränderungen spüren, die Abos auf die Game-Entwicklung haben.
![Im Netflix-Abo sind mittlerweile auch Spiele enthalten.](/im/Files/6/5/3/7/7/4/6/0/netflix-gaming.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Spiele werden sich verändern
«Abomodelle werden enorme Auswirkungen haben, wie sich Game Studios entwickeln». Das prophezeit Spry Fox CEO David Edery. Sein Studio ist für die Wortknobel-Reihe «Alphabear» verantwortlich. Mit «Cozy Grove» haben sie auch schon Erfahrungen mit Apple Arcade gemacht. Seine Befürchtung äusserte er gegenüber Simon Carless in dessen GameDiscover-Newsletter. «Abodienste wollen, dass populäre Spiele für immer Updates erhalten. Dafür werden sie bezahlen.» Eine grosse Frage, die sich David stellt, ist, wie Valve und Epic reagieren werden. Valve gehört mit Steam die grösste Game-Plattform und Epic besitzt mit «Fortnite» eine der populärsten Spielemarken. «Ich bin gespannt, wie lange Valve Premium Games aufrecht halten kann». Der Prozess werde aber nicht von heute auf morgen vollzogen. «Es bedurfte das Aufkommen von Dingen wie Disney+ und der Pandemie, um mich dazu zu bringen, mir mehrere Abonnements zuzulegen.» Er rechnet daher mit zehn bis 15 Jahren, bis grosse Veränderungen im Game-Bereich spürbar sein werden.
![Noch ist Steam voll mit Premium-Titeln, aber wie lange noch?](/im/Files/6/5/3/7/7/4/7/9/steam%20screenshot.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Wiederum kann es auch schneller gehen, wie das Beispiel Apple Arcade zeigt. «Zuerst wollten sie hübsche kleine Spiele, gerne auch mit Story. Und dann zack. Führungswechsel und plötzlich muss alles Retention haben», meint Lea*. Patrick* ergänzt: «Für lineare Storys ohne Wiederspielwert wäre das ein Alptraum». Im Mobile-Bereich hat sich diese Änderung längst vollzogen. Das Free-to-Play-Modell hat sich dort komplett durchgesetzt und hat Spiele massiv verändert. «Alles zielt darauf ab, die Spieler ab der ersten Sekunde anzufixen», findet Daniel, der mittlerweile auf eigene Faust ein Spiel entwickelt. Zu gross sei die Chance, dass man abspringt.
Unklar ist, was aus «Game as a service»-Titeln (GaaS) wie «Destiny» oder «Ark» wird. Deren Geschäftsmodell besteht daraus, über Jahre neue kostenpflichtige Updates mit neuen Inhalten zu veröffentlichen. Auch die können von einem Aufenthalt im Game Pass profitieren. «Viele GaaS bieten ihr Grundspiel im Game Pass an. Das gibt ihnen einen Haufen neuer Spieler, die Geld für Upgrades, DLCs etc. ausgeben», so Simon vom GameDiscover-Newsletter. David von Spry Fox kann sich vorstellen, dass sich GaaS Free-to-Play-Spielen annähern werden. «Der Preisdruck auf das Grundspiel steigt, Updates, die früher gratis waren, werden kostenpflichtig oder begehrte Inhalte gibt es nur noch gegen Geld».
![Die Zukunft von «Game as a service»-Titeln wie «Destiny 2» ist ungewiss.](/im/Files/6/5/3/7/7/4/6/1/destiny-roadmap.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Sony hält am Premium-Modell fest
Am stärksten dagegen hält Sony. Zwar bietet das Unternehmen seit kurzem ein erweitertes PS-Plus-Abomodell an. Gleichzeitig werden sie nicht müde zu betonen, dass sie trotz Verstärkung im GaaS-Bereich weiterhin auf grosse Einzelspielertitel setzen werden. An das Game-Pass-Modell mit neuen Titeln direkt zum Launch glaube man nicht. Darum sucht man diese aktuell vergebens, selbst im teuersten Abo PS Plus Premium. «Die Investitionen, die wir in unsere Studios tätigen müssten, wären nicht möglich und wir glauben, dass die Auswirkungen auf die Qualität der Spiele, von den Spielern nicht gewollt wären», erklärt Playstation CEO Jim Ryan im Interview mit Gamesindustry.biz.
Wie lange Sony an dieser Strategie festhalten wird oder ob das Game-Pass-Modell unaufhaltsam ist, wird sich zeigen. Klar ist, dass Microsoft bald an der Preisschraube drehen wird. Denn aus Kundensicht ist das Angebot fast zu gut, um wahr zu sein. Und wenn du erstmal drin bist, kündigst du nicht so schnell. Das haben Netflix und Co. längst gezeigt. Also lasst uns die Flitterwochen-Phase geniessen, solange sie hält
*Namen geändert
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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.