100x Zoom zum Zweiten: Das Samsung Galaxy S20 Ultra nach dem Update
Produkttest

100x Zoom zum Zweiten: Das Samsung Galaxy S20 Ultra nach dem Update

Das jüngste System Update bringt dem Galaxy S20 Ultra Verbesserungen der Kamera. Darum muss der 100fach-Zoom erneut durchgetestet werden.. Als Schauplatz dient diesmal aber der Aargau und nicht die Ostschweiz.

Endlich! Samsung hat ein Update für das Samsung Galaxy S20 Ultra 5G ausgerollt. Die Release Notes versprechen viel. Unter anderem: «Camera Improvements».

Samsung Galaxy S20 Ultra 5G EU (128 GB, Cosmic Gray, 6.90", Hybrid Dual SIM, 108 Mpx, 5G)
EUR599,–

Samsung Galaxy S20 Ultra 5G EU

128 GB, Cosmic Gray, 6.90", Hybrid Dual SIM, 108 Mpx, 5G

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Smartphone
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    Samsung Galaxy S20 Ultra im Test: Was kann der 100x Zoom?

    von Dominik Bärlocher

Das Update ist etwa zwei Stunden bevor ich ein ausgiebiges S20 Ultra Review veröffentlichen wollte, eingetrudelt. Mein Review wäre ein Verriss gewesen, der im Wesentlichen aussagt, dass mit solchen Specs schlicht mehr Leistung drin liegen sollte. Bessere Bilder, längere Akkulaufzeit, weniger Hitzeentwicklung. Sowas halt. Das Update verspricht, das alles zu richten. Vielleicht. So genau geben die Release Notes nicht Auskunft. Daher: Notbremse, Re-Test der Kamera am Wochenende.

Der 100x Zoom ist nach wie vor nutzlos

Die Zoom-Funktion ist verbessert worden. Der 100x-Zoom ist nach wie vor unbrauchbar. Ja, es ist ein Bild. Ja, es ist 100x Zoom. Nein, nichts ist scharf oder erkennbar. Da mich meine Wege ins Aargau geführt haben gibt es diesmal keinen Bodensee zu sehen, sondern den Blick von Berikon in die Richtung Zufikon/Hermetschwil.

Samsung Galaxy S20 Ultra, 100x Zoom
Samsung Galaxy S20 Ultra, 100x Zoom

«Ja, aber», höre ich schon Kritiker dieses Statements, «die Konkurrenz ist auch nicht besser.»

Stimmt. Dieses Bild zeigt dasselbe Panorama, aber aus der Kamera des Huawei P40 Pro.

Huawei P40 Pro, 50x Zoom
Huawei P40 Pro, 50x Zoom

Der Unterschied liegt aber darin, dass Huawei nicht hingeht und groß Werbung für die Kamera macht und nicht groß mit Sätzen wie «The Phone to End All Cameras» in den Schaufenstern der Mobile Shops skandiert.

Jeder, der einigermaßen vernünftig denkt, weiß, dass das nicht sein kann. 100x Zoom ist schon mit einer DSLR- oder Systemkamera ein ziemlich schwieriges Unterfangen. Dem begegnet Samsung mit dem Statement «Ja, aber die haben keine künstliche Intelligenz». Die künstliche Intelligenz (AI), die irgendwie alles kann, soll's richten. Tut sie aber nicht. Versteh mich nicht falsch, das Bild ist ein Bild und der Tatbestand eines 100x Zooms mit AI-Verbesserungen ist erfüllt. Der sogenannte Space Zoom macht genau das, was er anpreist, die Bilder aber sind nach wie vor weder schön noch brauchbar.

Das ist dem Konsumenten, also dir, gegenüber unfair. Samsung sollte sich nach wie vor für diese Werbung schämen.

Besser bis 30x

In den unteren Zoom-Stufen aber hat sich etwas getan. Bis zu einem Zoom von 30x ist das, wenn wir nur mit den vom System vorgeschlagenen Zoom Levels arbeiten, System besser als vor dem Update. Der Verlust der Bildqualität wird erst ab 30x so schlimm, dass ich das Bild für nichts mehr verwenden würde.

Zoom: 0.5x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 0.5x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 1x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 1x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 2x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 2x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 4x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 4x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 10x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 10x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra

Interessant ist hier zu sehen, dass die Farben zu verblassen scheinen, je mehr ich zoome. Das liegt daran, dass die AI der Kamera keine Informationen hat, mit der sie Farbwerte verlässlich pushen kann. Denn bei den unteren Zoom-Stufen geht die AI hin, analysiert das Bild schon vor der Aufnahme und optimiert die Farben entsprechend. Im Wesentlichen zeichnet die AI alle Ränder weich und – das ist der auch ohne pixelgenaue Betrachtung auffällige Part – korrigiert Farb-Levels. Das kann ich in Photoshop locker nachholen. Weniger Weiß, mehr Schwarz, voilà. Das ging manuell etwa 20 Sekunden mit etwas Vorwissen und sieht ordentlich aus.

Zoom: 10x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet
Zoom: 10x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet

Bei 30x aber sind schlicht nicht mehr genug Daten vorhanden, die ein gutes Bild zulassen, selbst wenn ich die Levels korrigiere.

Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet
Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet

Bei 100x ist auch mit Photoshop nichts mehr zu holen.

Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet
Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, manuell mit Photoshop bearbeitet

Der Zoom auf Details

Ein Trick, den vor allem iPhone User gerne anwenden ist die Verwendung des Zooms für Makro-Aufnahmen. Das iPhone hat keinen dedizierten Makro-Modus, doch können Detailaufnahmen recht sexy sein. Daher ein Griff in die Trickkiste: Einfach den Zoom verwenden. Je näher du reinzoomst und je besser die AI mit den Bilddaten arbeiten kann, desto schöner deine Makro-Aufnahme. Besonders gut war da das Huawei P30 Pro, dessen AI dediziert Makro-Bilder schießen kann. Das P40 Pro hat keinen Makro-Modus mehr.

Das Samsung Galaxy S20 Ultra verzichtet auch auf einen dedizierten Macro Mode. Heißt das, dass keine Detailaufnahmen ohne den Zoom-Trick möglich sind? Nein. Das S20 schlägt sich bei 1x Zoom wacker, setzt aber extrem starken Fokus auf Schärfentiefe. Also eine Fake-Makro-Aufnahme, auf der alles scharf ist, ist nur mit Schwierigkeit oder ohne physische Tiefe machbar.

Samsung Galaxy S20 1x Zoom
Samsung Galaxy S20 1x Zoom

Zum Vergleich

Huawei P30 Pro Macro Mode
Huawei P30 Pro Macro Mode

Wenn du aber mit dem Zoom arbeiten musst, dann verlieren sich die Details schnell. Bei 100x siehst du die Feder meines Stoßdämpfers gut, du erkennst auch, dass das wohl Teil eines Motorrads ist, aber die Farben, Formen und die Reflektionen der Feder wirken unecht. Da werkelt die AI auf Hochtouren, macht aus dem rot-orangen Bauteil ein helles Orange. Es ist hier offensichtlicher als bei der Landschaftsaufnahme, dass dem Samsung Phone Daten fehlen, um die ganze Sache schönzuzeichnen.

Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 100x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra

Überraschend gut aber ist die Verarbeitung des Schriftzugs auf dem Reifen, der für eine Maschine einfacher verständlich ist, da die Kontraste im Bildelement trotz Lichtspiel deutlich erkennbar sind. Besonderes Augenmerk kannst du auf das «Y» am linken Bildrand werfen. Wo das «D» und die folgenden Buchstaben recht scharf und schön ausgearbeitet sind, liegt das «Y» im Schatten. Dort versteht die AI nicht, was das Element sein soll, bearbeitet das Bild nicht entsprechend. Die Warnhinweise auf dem oberen Bauteil neben der Federung aber verlieren jede Deutlichkeit und die Deko im Chrom über der Federung auch.

Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra
Zoom: 30x, aufgenommen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra

Nett auch, dass der Navigator am oberen linken Bildschirmrand bereits bei 30x auftaucht.
Da unser Content Management System keine grossen Daten erlaubt und Bilder zusätzlich zusammenstaucht, damit du beim Durchlesen Bandbreite sparst, habe ich ein Zip-Archiv mit allen Bildern dieses Artikels für dich erstellt.

Video: Besser. Viel besser.

Wenn es um Bewegtbilder geht, hat sich Samsung richtig reingehängt. Die Videoqualität des Geräts ist massiv verbessert worden. Ich könnte lange referieren, aber ich verweise dich gerne auf das Video oben, das vollständig mit dem Galaxy S20 Ultra aufgezeichnet wurde. Außerdem empfehle ich das folgende Hochformat-Video, das du auch bei Instagram in der heutigen Story ansehen kannst.

Bis und mit 4x Zoom ist das Bild ordentlich. Nachher wird es schwierig. Bei der maximalen Zoomstufe von 10x ist dann das Pixelflimmern zu offensichtlich, zu auffällig als dass ich die Videodaten für irgendetwas außerhalb eines Tests verwenden würde.

Bemerkenswert ist auch die Funktion des Audio Zooms, selbst wenn die Technologie erst in den Kinderschuhen steckt. Audio Zoom beschreibt eine Art virtuelles Richtmikrofon. Sprich: In der obigen Footage merkt das Phone, dass ich mit 10x Zoom arbeite und schließt daraus, dass ich auch am Geräusch interessiert bin, das in der Distanz klingt. Nicht an dem Geräusch, das ich als Kameramann mache. Deshalb wird meine Stimmaufnahme ab 4x schlechter und ist bei 10x verzerrt, da die AI versucht, meinen Kommentar auszublenden. War wohl etwas zu viel St. Galler Lokalkolorit für Samsung.

Das Update bringt viel, ist aber zu spät

Das Update macht aus der unterdurchschnittlich und skandalös schlechten Kamera des Samsung Galaxy S20 Ultra 5G eine Kamera, die sich sehen lassen kann. Das Werbeversprechen eines 100x Zooms löst es nur technologisch ein, nicht aber praktisch. Die Bilder sind nicht brauchbar ab einem Zoom-Level von über 30x, was aber an und für sich auch schon beeindruckend ist.

Aber das Update hätte früher kommen müssen. Ich sehe nicht, was signifikant an Android hat verändert werden müssen, damit sich so eine Verspätung lohnt. Dieses Update hätte nicht «Jaja, machen wir dann schon noch» sein sollen, sondern muss zum Launch eines Phones da sein, damit die Early Adopters sich nicht in der Hoffnung wähnen müssen, dass ihr Phone dereinst dann doch vielleicht gut ist.

So. Fertig. Liebe Verkehrsbetriebe St. Gallen. Ich werde euch nie verzeihen, dass ihr Jeannot Lucchis legendär lokale Ansagen in euren Bussen ersetzt habt. Niemand und nichts wird je so schön «Nögschte Halt… Broderbrunne» sagen wie unsere Radiolegende. Wer die Stimme Jeannots nicht kennt, kann sich ein Sample seines Hörbuchs anhören.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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