Ratgeber

7 Mal bessere Porträtfotos

David Lee
17.5.2018
Bilder: Denny Phan

Es gibt 1001 Tipps für Porträts. Aber welches sind die wichtigsten? Sieben Dinge, die du beim Fotografieren von Personen nie aus den Augen verlieren darfst.

Ein Porträt zeigt das von einem Menschen, was ihn ausmacht. Im besten Fall gelingt es dir, der Persönlichkeit, dem Charakter des Porträtierten gerecht zu werden. Du entdeckst etwas, worin sich sein Inneres äusserlich spiegelt. Dies bedingt, dass du dich auf diesen Menschen einlässt.

Oft werden Porträts für die porträtierte Person selbst gemacht. Dann ist es besonders wichtig, dass diese Person sich darin wiederfindet und mit dem Ergebnis zufrieden ist.

Sorg dafür, dass sich die porträtierte Person wohl fühlt

Eine entspannte Atmosphäre ist eine wichtige Voraussetzung für natürlich wirkende Fotos. Kümmere dich zuerst einmal gar nicht ums Fotografieren, sondern um die Person, die du ablichten willst. Sie muss sich wohl fühlen und dir vertrauen. Die Session soll allen Beteiligten Spass machen. Dafür muss die nötige Beziehung und Stimmung geschaffen werden. Ein kleiner Schwatz und ein paar Scherze beseitigen Verkrampfungen.

Es gibt darüber hinaus ein paar simple Tricks. Wenn die fotografierte Person etwas in der Hand hält, fühlt sie sich gleich sicherer. Denn sie weiss vielleicht nicht so recht, wohin mit den Händen. Dasselbe gilt, wenn sie sich irgendwo abstützen oder anlehnen kann. Zum Beispiel an einem Geländer.

Sich irgendwo abstützen hilft
Sich irgendwo abstützen hilft
Was in der Hand halten auch
Was in der Hand halten auch

Während des Shootings wirkt alles viel lebendiger und natürlicher, wenn du mit der Person redest. Oder jemand anders ein Gespräch mit ihr führt. So entstehen lebendige und natürliche Bilder.

Wenn du mit den Bildern nicht zufrieden bist, lass es dir nicht anmerken. Manche Leute achten sehr genau auf deine Reaktion und verkrampfen sich dann. Dazu gehört auch, während des Shootings nicht jedes einzelne Bild kritisch zu untersuchen. Du brauchst lediglich zu Beginn sicherzustellen, dass dein Setup und deine Kameraeinstellungen grundsätzlich funktionieren. Danach genügt ab und zu ein kurzer Kontrollblick. Bei Mirrorless-Cams geht das auch durch den Sucher – komplett unauffällig.

Benutze ein lichtstarkes Objektiv

Es gibt endlos Zubehör, das dich irgendwie bei Porträts unterstützen kann. Aber nur etwas ist wirklich unerlässlich: Du brauchst ein lichtstarkes Objektiv.

Wenn du als Einsteiger deine erste Spiegelreflexkamera oder Systemkamera zusammen mit einem Objektiv kaufst, ist dieses Objektiv in der Regel nicht lichtstark. Denn es ist eine Allzweckwaffe, die einen recht grossen Zoombereich abdeckt und erst noch günstig sein muss. Da liegt keine hohe Lichtstärke drin. Was du in diesem Fall brauchst, ist ein Objektiv mit Festbrennweite. Da gibts für wenig Geld schon Lichtstärke f/1.8. Noch mehr Licht (f/1.4 oder f/1.2) wird deutlich teurer und ist nicht unbedingt notwendig.

Die Brennweite liegt beim Vollformat typischerweise zwischen 50 und 100 mm. Bei Kameras mit APS-C-Sensoren (im Hobbybereich am verbreitetsten) entspricht dieser Bildausschnitt 35 bis 70 mm und bei Micro Four Thirds 25 bis 50 mm. Hier drei Objektive für die drei Sensorgrössen, die jeweils einen relativ grossen Ausschnitt zeigen. Das Canon-Objektiv kannst du aber auch an APS-C-Kameras benützen und hast dann einen kleineren Ausschnitt.

Canon EF 50mm f/1.8 STM (Canon EF, Vollformat)
Objektiv
EUR122,92

Canon EF 50mm f/1.8 STM

Canon EF, Vollformat

Fujifilm Fujinon XF 35mm f/2 R WR (Fujinon XF, APS-C / DX)
Objektiv
EUR414,71

Fujifilm Fujinon XF 35mm f/2 R WR

Fujinon XF, APS-C / DX

Panasonic 25mm f/1.7 ASPH. (Micro Four Thirds, Micro Four Thirds)
Objektiv
EUR173,74

Panasonic 25mm f/1.7 ASPH.

Micro Four Thirds, Micro Four Thirds

Canon EF 50mm f/1.8 STM (Canon EF, Vollformat)
EUR122,92

Canon EF 50mm f/1.8 STM

Fujifilm Fujinon XF 35mm f/2 R WR (Fujinon XF, APS-C / DX)
EUR414,71

Fujifilm Fujinon XF 35mm f/2 R WR

Panasonic 25mm f/1.7 ASPH. (Micro Four Thirds, Micro Four Thirds)
EUR173,74

Panasonic 25mm f/1.7 ASPH.

Was ich hier beschrieben habe, ist der klassische Ansatz. Das heisst aber nicht, dass du immer mit diesen Objektiven Porträts machen musst. Auch mit einem Weitwinkelobjektiv lassen sich spannende Aufnahmen gestalten. Die zeigen mehr von der Umgebung und bringen Abwechslung im Stil.

Geht zur Abwechslung auch: Porträts mit Weitwinkelobjektiv
Geht zur Abwechslung auch: Porträts mit Weitwinkelobjektiv

Falls du bei der Objektiv-Kaufentscheidung etwas verloren fühlst, wirst du hier geholfen.

  • Ratgeber

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    von David Lee

Fokussiere genau auf das nahe Auge

Die Regel ist einfach: Der Fokus muss immer genau auf dem Auge liegen, das der Kamera am nächsten ist. Bei Frontalaufnahmen sind das natürlich beide Augen, und beim Profil ist eh nur eines sichtbar. Die Regel gilt also immer. Auch bei mehreren Personen: Dann fokussierst du auf das nähere Auge der nächsten Person.

Das ist sehr wichtig, da du üblicherweise mit geringer Tiefenschärfe arbeitest und bei den Augen schon kleine Unschärfen auffallen.

Aber wie schaffst du es, dass der Fokus wirklich ganz genau auf dem näheren Auge liegt? Oldschool-Fotografen wählen den manuellen Fokus und lassen sich wenn möglich im Sucher den Ausschnitt vergrössern. Die moderne Variante dieses Vorgehens ist Focus Peaking: Der Sucher zeigt dir farblich an, welche Bildteile (manuell) im Fokus stehen. Benutzt du hingegen den Autofokus, dann wähle ein genügend kleines AF-Feld, das du genau aufs Auge ausrichten kannst. Ist das Feld zu gross, fängt es auch die Nase oder die Stirn ein und fokussiert nicht ganz richtig.

Mehr zum Thema Autofokus findest du in diesem Beitrag.

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Achte auf den Hintergrund

Das Rundherum zu ignorieren, ist einer der häufigsten Fehler. Da sind oft störende Gegenstände zu sehen: Irgendwelche Abfälle am Boden, Stromdrähte und Masten am oberen Bildrand, oder – last but not least – du selbst (z.B. als Spiegelung in einem Fenster).

Unruhige Hintergründe kannst du meistens «glätten», indem du mit offener Blende fotografierst. Der Hintergrund verschwimmt dann, insbesondere wenn du eine eher lange Brennweite verwendest.

Aber damit ist es noch nicht getan. Denn auch ein unscharfer Hintergrund weist helle und dunkle Flächen sowie bestimmte Farben auf. Das alles sollte zum Vordergrund passen. Vor allem aber ist der Hintergrund ein Gestaltungsmittel: Er sagt im Idealfall etwas über die Person aus, indem er diese in «ihrer» Umgebung zeigt. In diesem Fall darf er natürlich nicht zu sehr verschwimmen, sonst erkennst du nichts mehr. Es lohnt sich, wenn du dir – vielleicht zusammen mit der porträtierten Person – schon vor dem Shooting Gedanken machst, in welcher Umgebung du das Foto schiessen willst.

Auch bei total verschwommenem Hintergrund kommt es auf die Farben an
Auch bei total verschwommenem Hintergrund kommt es auf die Farben an
Die richtige Dosis Unschärfe machts
Die richtige Dosis Unschärfe machts

Fotografiere also im A- oder M-Modus, wo du die Blende manuell wählst. So dosierst du die Unschärfe richtig. Wenn du dagegen in der Automatik oder im Porträt-Modus unterwegs bist, wählt die Kamera die Blende und du hast keine Kontrolle darüber.

Wenn du zuerst die Person Platz nehmen lässt und danach erst versuchst, einen schönen Hintergrund zu treffen, bekommst du Probleme. Geh umgekehrt vor: Such dir zuerst einen Blickwinkel, der vom Hintergrund her passt und lass das Model dann sich danach ausrichten. Denn die Person kann sich drehen und bewegen, der Hintergrund nicht.

Näher herangehen macht den Hintergrund kleiner und unschärfer. Das kann eine Lösung bei absolut unmöglichen Umgebungen sein. Doch Porträts von nahe wirken anders (dazu komme ich noch). Ist das erwünscht? Wenn nein: Wechsle besser den Ort.

Spiegelbilder (Spiegel, Wasser, Fensterscheiben) können sehr interessante Bilder ergeben. Aber eben: Es ist dann auch schwieriger, dass nichts Unerwünschtes drauf kommt.

Wähle die Lichtverhältnisse sorgfältig

Das beste Licht für klassische Porträts ist hell, wirft aber trotzdem keine harten Schatten. Solche Verhältnisse findest du nahe am Fenster vor. Ohne direktes Sonnenlicht (Nordfenster) ergibt das ein regelmässig ausgeleuchtetes, weiches Bild. Es kommt überdies von der Seite und wirft somit keine hässlichen Schatten unter die Augen.

Nahe am Fenster herrschen ideale Lichtverhältnisse
Nahe am Fenster herrschen ideale Lichtverhältnisse

Draussen bei Sonnenschein sind die Lichtverhältnisse im Schatten am besten. Der Schatten muss aber flächendeckend und genug gross sein. Das ist zum Beispiel auf der Schattenseite eines Gebäudes der Fall.

Vermeide direktes Sonnenlicht, besonders über Mittag, wenn es von oben kommt. Es wirft zu harte Schatten, was zu künstlichen Augenringen und anderen unerwünschten Effekten führt.

Auch seitliches Licht sollte nicht zu hart sein: Mit der Kamera gegen die Sonne wird das Gesicht zu dunkel, in die umgekehrte Richtung blickt die porträtierte Person ins Licht und kneift die Augen zu.

Doch viele Fotografen setzen sich bewusst über die alte Regel hinweg, keine Gegenlichtaufnahmen zu machen. Wenn die Sonne tief steht, gibt Gegenlicht einen schönen Glanz in den oberen und äusseren Haarpartien und diesen «soft-romantischen Hipsterlook». Damit die Gesichter nicht zu dunkel werden, musst du überbelichten. Auch wenn der Hintergrund (Himmel) dadurch komplett ausbrennt. Beim Titelbild im untenstehenden Beitrag wurde das so gemacht. Ein Foto, das sehr hell ist, wirkt positiv, fröhlich, optimistisch.

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Zusätzlich kannst du auch dunkle Gesichter durch Blitz oder Reflektoren aufhellen. Es ist aber nicht immer so einfach, damit ein natürliches Ergebnis zu erzielen. Mit Licht, das «von Natur aus» weich ist, gelingt es viel leichter.

Eine Überbelichtung erreichst du auf verschiedene Arten. Sofern du genug Zeit hast und die Lichtverhältnisse konstant bleiben, halte ich die manuelle Methode für die klar beste: Wähl den Modus M, öffne die Blende, und belichte deutlich länger als «normal». Die ISO-Automatik muss dafür natürlich ausgeschaltet sein.

Überlege, was du ausdrücken willst

Du hast unzählige Möglichkeiten bei der Gestaltung: Bildausschnitt, Winkel, Blickrichtung, Farbe oder Schwarzweiss, harte oder weiche Kontraste, um nur ein paar zu nennen. Alle haben eines gemeinsam: Es geht es nicht nur darum, was gut aussieht. Die Positionen und Ausschnitte haben unterschiedliche Wirkungen und sagen daher unterschiedliche Dinge aus. Du musst dir also überlegen, wie die Person dargestellt werden soll.

Beispiel: emotionale Nähe vs. Beobachterperspektive

Je kleiner der Bildausschnitt, desto näher ist der Betrachter dran. Sieht er nur noch das Gesicht, wird es richtig intensiv. Die Wirkung verstärkt sich, wenn du das Gesicht frontal von vorne zeigst und die Person direkt in die Kamera blickt. Das ist die totale Konfrontation: Als Betrachter habe ich keine Möglichkeit mehr, innerlich Abstand zu nehmen.

Das kann auch beklemmend sein. Viele Leute wollen zudem gar nicht so dargestellt werden. Um mehr Distanz zu schaffen, tust du einfach das Gegenteil: Du wählst einen grösseren Bildausschnitt, das Gesicht halb von der Seite gedreht (Halbprofil). Schaut die Person geradeaus, richtet sie den Blick nicht in die Kamera. Der Betrachter nimmt dann die Beobachterperspektive ein.

Die Wahl der Perspektive (z.B. frontal, Halbprofil, Profil, eventuell leicht von oben oder unten, von hinten mit zurückgedrehtem Kopf) ist beim Shooting auch deshalb so wichtig, weil dies später nicht mehr nachbearbeitet werden kann, im Unterschied zu vielen anderen Dingen. Experimentiere deshalb auch mit verschiedenen Stellungen.

Hier fühlt sich der Betrachter als Beobachter
Hier fühlt sich der Betrachter als Beobachter
Hier fühlt er sich direkt beteiligt
Hier fühlt er sich direkt beteiligt

Nachbearbeitung: Kann ich das nicht auch am PC machen?

Ob Schwarzweiss oder Farbe, ob harte oder weiche Kontraste: diese Entscheidungen kannst du ein Stück weit auf später verschieben, denn das lässt sich am Computer recht gut justieren. Dazu empfehle ich dir, in RAW zu fotografieren, der Spielraum für die Nachbearbeitung ist wesentlich grösser.

Farbgebung und Kontrast hängen sehr stark von den Lichtverhältnissen ab. Darum bist du grundsätzlich immer besser dran, wenn du schon beim Shooting eine recht genaue Vorstellung hast, welche Stimmung ausgedrückt werden soll.

Kläre die Verwendung

Wenn du unbemerkt irgendwelche Leute auf der Strasse fotografierst und diese Bilder veröffentlichst, verstösst du gegen ihre Persönlichkeitsrechte. Du brauchst grundsätzlich ihre Einwilligung. Ausgenommen sind Bilder, auf denen die Person nicht identifizierbar ist, zum Beispiel Aufnahmen von hinten. Das ist dann aber kein Porträt im engeren Sinne mehr. Genau gleich verhält es sich bei grösseren Personengruppen: im öffentlichen Raum (Strasse) müssen diese damit rechnen, gezeigt zu werden. Aber auch das läuft nicht unter Porträtfotografie.

Bei einem Shooting gilt es, unbedingt auch die Verwendung im Voraus zu klären. Falls du vor hast, Fotos online zu stellen oder damit an einem Wettbewerb teilzunehmen, muss die porträtierte Person das wissen und einverstanden sein.

Bonus: Zeig der Person beim Shooting auch mal ein Foto. Lass sie bei der Auswahl mitbestimmen und sag ihr das auch gleich. Das schafft Vertrauen, löst allfällige Verkrampfungen. Damit sind wir wieder bei Punkt eins, der Kreis schliesst sich.

Model Titelbild: gaja.gx

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 

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