Sony Cyber-Shot DSC-RX100 VA
24 - 70 mm, 20.20 Mpx, 1"
Kein Ballast und gute Bildqualität in allen Lebenslagen – das wäre die perfekte Fotoausrüstung auf Reisen. Weil es das nicht gibt, musst du herausfinden, was dir wichtig ist.
Auf Reisen willst du möglichst wenig Gepäck mitschleppen. Andererseits möchtest du für alle denkbaren Situationen ideal ausgerüstet sein. Die Leute gelangen dabei zu verschiedenen Schlüssen: Den einen reicht ein kleines Handgepäck, während die anderen drei Koffer schleppen und energisch beteuern, dass sie das alles unbedingt brauchen.
Das Dilemma betrifft nicht nur Kleider, sondern auch die Fotoausrüstung. In diesem Beitrag gehe ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze durch. Ich habe den Beitrag so geschrieben, dass du ihn wahrscheinlich auch verstehst, wenn du dich bislang nicht intensiv mit Fotografie beschäftigt hast.
Um die Sache nicht noch komplizierter zu machen, als sie ohnehin schon ist, habe ich das Thema Video ausgeklammert. Du kannst mit jeder Ausrüstung auch Videoclips machen; eine gute Video-Ausrüstung hat jedoch ihre ganz eigenen Anforderungen.
Als Foto-Freak fühle ich mich nur mit dem Smartphone nackt. Für Gelegenheitsknipser ist es aber vielleicht genau das Richtige. Das Smartphone hast du sowieso dabei, somit fällt kein Gramm zusätzliches Gepäck an. Es ist immer griffbereit und einfach zu bedienen – es hat schon seinen Grund, dass heute die meisten Fotos mit dem Smartphone geschossen werden.
Die Bildqualität bei einem Oberklasse-Gerät ist mittlerweile erstaunlich gut. Besser als bei den meisten Kompaktkameras. Zudem steht dir für die Bildkontrolle ein grösserer Bildschirm zur Verfügung als bei einer Kamera. Ein weiterer Vorteil: Das Weitergeben der Fotos geht schneller und einfacher.
Die meisten aktuellen Smartphones haben neben der Hauptkamera eine Ultraweitwinkelkamera. Letztere brauche ich im normalen Alltag nicht, auf Reisen aber schon. Damit kann ich ein grosses Gebäude ablichten, ohne dass ich die Kamera nach oben neigen muss. So vermeide ich schräge Linien. Auch bei Landschaftsaufnahmen ist der Ultraweitwinkel toll. An diesem wilden Strand von La Palma zum Beispiel gelang es mir nur mit dem Handy, die Bucht und die dazu passende Wolke aufs Bild zu bringen. Mit der Kamera hätte ich dafür ein Ultraweitwinkelobjektiv mitnehmen müssen.
Ohne «richtige» Kamera bist du allerdings limitiert. Heranzoomen ist bei den meisten Smartphones nur mit erheblichen Qualitätseinbussen möglich. Ohne Sucher siehst du bei Sonnenlicht auch auf dem tollsten Bildschirm wenig. Manuelles Fotografieren mit selbst gewählter Blende und Belichtungszeit geht nur in Ansätzen. Auf Reisen ist auch das Klumpenrisiko ein Nachteil: Alles hängt vom Smartphone ab. Wenn es verloren geht oder auch nur der Akku leer ist, bist du aufgeschmissen.
Kompaktkameras sind super auf Reisen. Das Problem: Seit mindestens zehn Jahren wird nur noch wenig in die Entwicklung neuer Modelle investiert. Daher sind Aufnahmen mit modernen Smartphones heute meist besser.
Hier ein typisches Beispiel: Gegen die Sonne fotografiert, ist das spiegelnde Meer im Vergleich zur Landschaft extrem hell. Das Smartphone – in meinem Fall ein iPhone 12 mini – bewältigt diese extremen Helligkeitsunterschiede durch intensive Software-Rechnerei. Mit der Kompaktkamera hast du keine Chance: Es kommt zur unrettbaren Überbelichtung.
Dafür habe ich mit der Kompaktkamera die bessere manuelle Kontrolle. Zum Beispiel kann ich selbst steuern, ob ich bei einem Wasserfall einzelne Tropfen oder eine fliessende Bewegung sichtbar machen will. Oder ich kann die Blende schliessen und so Blendensterne erzeugen. Diese Aufnahme – gleiche Zeit und gleicher Ort wie der Sonnenuntergang oben – wäre mit einem Smartphone so nicht möglich.
Meine Empfehlung bei Kompaktkameras ist die Sony RX100. Sie passt in die Hosentasche und bringt dennoch alles Nötige mit. Dank dem Sucher sehe ich bei Sonnenschein besser, was ich fotografiere. Mit zunehmendem Alter schätze ich es auch, dass ich am Sucher die Dioptrien einstellen kann und nicht auf eine Lesebrille angewiesen bin.
Von der RX100 gibt es verschiedene Ausführungen. Ich besitze die gute alte RX100 III und die RX100 VII. Hätte ich noch keine Kompaktkamera, würde ich ein Mittelding zwischen den beiden kaufen – die RX100 V A. Sie ist nicht so teuer wie die VII und hat erst noch ein lichtstärkeres Objektiv. Dafür ist der Zoombereich deutlich kleiner und du musst den Sucher jedes Mal von Hand herausziehen. Bei der VII springt er automatisch in die Endposition.
Kompaktkameras sind meist weniger robust als grössere Kameras. Ausnahmen wie die Olympus Tough TG-6 bestätigen die Regel. Bei der RX100 ist der Objektivverschluss ein Schwachpunkt. Dessen Lamellen verbiegen leicht und dann klemmt der Verschluss. Darum würde ich für diese Art Kamera nicht über 1000 Franken oder Euro ausgeben.
Systemkameras sind Kameras, bei denen du das Objektiv wechseln kannst. Zugleich bieten sie eine höhere Bildqualität als Kompaktkameras, weil ihr Sensor grösser ist. Auf Reisen kann es sinnvoll sein, eine Systemkamera mit nur einem Objektiv mitzunehmen. Du nutzt damit die Vorteile des grossen Sensors und hast trotzdem eine handliche Ausrüstung.
Wenn du nur ein Objektiv dabei hast, ist es praktisch, wenn es vielseitig ist. Eigens für diesen Zweck existieren Reiseobjektive mit einem grossen Zoomumfang. Sie werden auch Universalzoom- oder Superzoom-Objektive genannt. Egal, ob du vor einem grossen Gebäude stehst oder ein weit entferntes Detail ins Bild zoomen willst: Das Universalzoom liefert den passenden Bildausschnitt.
Die Anfangs- und Endbrennweite definiert den grösst- und kleinstmöglichen Ausschnitt. Und damit auch den Zoombereich. Gleichzeitig hängt aber der Bildausschnitt auch von der Sensorgrösse der Kamera ab.
Bei Reisezooms für Kleinbildkameras beginnt die Brennweite üblicherweise bei 24 Millimetern und endet irgendwo zwischen 100 und 300 Millimetern. Bei APS-C-Kameras ist die Brennweite um Faktor 1,5 kürzer, bei Micro Four Thirds um Faktor 2. Folglich liegt die typische Anfangsbrennweite für APS-C bei etwa 18 Millimetern, für Micro Four Thirds bei 12 Millimetern.
Diese drei Objektive sind nur Beispiele. Mach dich vor dem Kauf unbedingt schlau, welche Linsen an deine Kamera passen.
Reisezooms haben auch Nachteile. Im Vergleich zu Objektiven ohne oder mit wenig Zoom sind sie meist weniger lichtstark. Das hat erstens Auswirkungen auf die Bildgestaltung. Du hast weniger Möglichkeiten, mit der Tiefenschärfe zu spielen, der Hintergrund wirkt unter Umständen unruhig.
Zweitens musst du mit einem lichtschwachen Objektiv länger belichten, um die ISO-Empfindlichkeit tief und die Bildqualität hoch zu halten. Das ist im Telebereich ein Problem. Achte darauf, dass starke Teleobjektive einen Bildstabilisator eingebaut haben. Damit kannst du länger belichten, ohne dass das Bild verwackelt.
Statt ein Objektiv mit grossem Zoom-Umfang kannst du zwei mit kleinerem Zoom nehmen. Eine typische Aufteilung ist 24-70 mm und 70-200 mm für Vollformatkameras. Bei APS-C entspricht dies etwa 18-55 mm und 55-135mm.
Der Vorteil gegenüber einem Universalzoom: Es sind höhere Lichtstärken möglich, sehr verbreitet ist f/2,8. Mit einem solchen Doppelpack hast du eine vielseitige Allzweckwaffe zur Hand. Der Nachteil: Wenn die beiden Objektive eine hohe Lichtstärke haben sollen, sind sie gross, schwer und teuer.
Es gibt durchaus leichte und günstige Objektive mit diesem Zoomumfang. Vor allem fürs APS-C-Format. Aber diese sind nicht lichtstark.
Ich wähle deshalb in meinen Ferien oft eine weitere Variante: Ein Allzweck-Zoomobjektiv plus eine oder zwei lichtstarke Festbrennweiten. Bei einer Vollformatkamera würde ich ein «Nifty Fifty» mit einpacken. Das ist ein kleines, leichtes, günstiges 50mm-Objektiv mit einer ziemlich hohen Lichtstärke – typischerweise f/1,8.
Diese Objektive funktionieren auch an APS-C-Kameras. Dort sind sie wegen des engeren Bildausschnitts vor allem für Porträts geeignet. Ich habe deshalb zusätzlich immer auch ein 35mm-Objektiv mitgenommen – quasi das «Nifty Fifty für APS-C». Bei Micro Four Thirds erfüllt den gleichen Zweck eine 25mm-Festbrennweite.
Leider gibt es nicht für alle Systeme solche Objektive. Oder nur von Drittherstellern. Und da musst du genau hinschauen: Viele dieser Modelle haben keinen Autofokus. Zum Beispiel dieses hier.
Du merkst schon: Bei der Variante mit einer Systemkamera geht es vor allem um die Objektive. Die Kameras selbst sind heute alle gut genug, um Ferienerinnerungen in ansprechender Qualität festzuhalten. Wahrscheinlich willst du deine Kamera auch ausserhalb der Ferien nutzen; dann kommt es aber auf den Verwendungszweck an, was richtig ist. Differenzierte Empfehlungen pro Fachgebiet findest du hier:
Geht es wirklich nur ums Reisen, darf die Kamera durchaus minimalistisch ausgestattet und günstig sein. Klein und leicht ist auf Reisen grundsätzlich gut – doch achte darauf, dass die Kamera wenigstens einen Sucher hat. Bei den Kleinsten ist das manchmal nicht der Fall. Insbesondere, wenn sie als Vlogging-Kameras vermarktet werden. Hier zwei günstige Beispiele mit Sucher.
Nett wäre auch ein mechanischer Bildstabilisator im Body. Denn du fotografierst in der Regel freihändig und nicht immer bei bestem Licht. Er wird oft auch als IBIS bezeichnet, das ist die Abkürzung für «in-body image stabilization».
Bei den günstigsten Modellen fehlt der IBIS bislang durchs Band. Hier drei etwas teurere Kameras mit Stabilisator.
Neben diesen minimalistischen Ansätzen gibt es auch die Ausrüstungs-Völlerei: Platz und Gewicht egal, Hauptsache für alles gerüstet. In diesem Fall wären aber Produktempfehlungen sinnlos. Denn Ansprüche und Bedürfnisse sind individuell.
Wenn ich nach dieser Methode verfahre, habe ich keine Ahnung, wo ich die Grenze ziehen soll. Wenn ich schon ein Stativ mitnehme, wieso nicht auch noch ein kleines fürs Handy? Oder einen Gimbal? Soll ich meine alte Action-Cam ausgraben? Nehme ich die kleine oder die grössere Drohne mit? Oder beide? Wäre nicht eine analoge Kamera auch noch reizvoll, wenn es um Erinnerungen geht? Brauche ich am Strand eine Unterwasserkamera? Und hey, ich hab ja meine Infrarot-Kamera schon lange nicht mehr benutzt …
Natürlich kannst du alles mitnehmen, was du hast. Das Entscheidungsproblem ist damit aber nicht aufgehoben, nur aufgeschoben. Denn vor jedem Ausflug stellt sich die Frage wieder neu: Was kommt in den Rucksack, was bleibt in der Unterkunft?
Ich gebe zu: Ich komme mit diesem Ansatz nicht klar. Falls das bei dir anders ist, hau rein. Das Wichtigste ist, dass du deine Ferien geniesst.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.