«Endless Ocean Luminous» ist eine Tauchsimulation, die zum Entspannen einlädt, mit zunehmender Spielzeit aber in monotoner Fleissarbeit ausartet.
Was habe ich mich gefreut, als Nintendo an einer Direct-Präsentation völlig überraschend ein neues «Endless Ocean»-Spiel angekündigt hat. Die Wii-Spielreihe war für ihre Zeit absolut einzigartig. Das erste «Endless Ocean» aus dem Jahr 2007 gehört gar zu meinen meistgespielten Wii-Games.
Der Switch-Nachfolger «Endless Ocean Luminous» knüpft am Tauch-Gameplay der Originalspiele an und lässt mich in entspannter Atmosphäre weitläufige Meeresgebiete erforschen. Das macht zunächst viel Spass, verkommt aber zu einem anstrengenden Sammelmarathon. So gross wie meine Vorfreude auf das Spiel war, so gross ist meine Enttäuschung über das fertige Produkt.
Gewinne eines von drei «Endless Ocean Luminous»-Games
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Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Ein erschreckend schlechter «Story»-Modus
Der erste Eindruck ist ernüchternd. Zum Start des Spiels werde ich ohne Umschweife ins kalte Wasser des halbgaren Story-Modus geworfen. Dort leitet mich eine KI namens «Kiki» durch Tutorials und Missionen. Ich kann keine weitläufigen Gebiete erforschen, sondern werde durch kleine Levels mit belanglosen Aufgaben geschleust. Zwischendurch unterbricht mich Kiki immer wieder mit ihrer nervigen Roboterstimme. Sie hört sich an wie eine Text-to-Speech-Engine, die in anderen Games als Accessibility-Option für sehschwache Spielerinnen und Spieler eingesetzt wird. Nach einigen Missionen schalte ich Kiki stumm, sonst werde ich noch verrückt.
Die hanebüchene Story wird in Zwischensequenzen mit seltsamen Schnitten und schlechten Animationen erzählt. Die Kurzfassung: Ich muss ein sterbendes Korallenriff retten, indem ich leuchtende Fische scanne und ihr «Licht» sammle. Ähm... okay?
Nach ein paar Kapiteln im Story-Modus werde ich vom Spiel ausgebremst. Bevor ich weitermachen kann, muss ich zunächst 500 Lebewesen in anderen Spielmodi scannen. «Endless Ocean Luminous» stellt mich auch in späteren Story-Kapiteln immer wieder vor solche grossen Barrieren. Die Hürde für das Spielen der letzten Story-Kapitel ist so hoch, dass ich komplett aufgebe. Nicht weil es schwierig wäre, sondern weil die Hürde aus vielen repetitiven Spielaufgaben besteht.
Die ersten Spielstunden machen verdammt viel Spass
Abseits des Story-Modus macht «Endless Ocean Luminous» eine gute Figur – zumindest in den ersten paar Spielstunden. Zunächst versuche ich mich im Modus «Solo-Tauchen». Hier erkunde ich ganz alleine und ohne Zeitdruck die «Verborgene See» – ein fiktives Stück Meer, in dem insgesamt über 500 verschiedene Tierarten leben.
Bei jedem neuen Tauchgang wird das Spielgebiet zufällig generiert. Abhängig von der aktuellen Topografie des Meeresgrundes befinde ich mich in unterschiedlichen klimatischen Zonen und begegne unterschiedlichen Fischen. Das ist einerseits cool, weil ich nie weiss, was mich erwartet. Andererseits hätte ich mir beim Spielen mehr manuell designte Levels gewünscht. Ob in einem mysteriösen Schiffswrack also tatsächlich eine spannende Belohnung auf mich wartet, ist völlig dem Zufall überlassen.
Mein Ziel ist es, pro Tauchgang möglichst viele leuchtende Fische zu scannen. Nach dem Scan hören die Tiere auf zu leuchten und ich werde mit spannenden Info-Textboxen belohnt. Ich fühle mich wie ein kleines Kind bei einem Besuch im Aquarium und sauge die spannenden Fakten förmlich auf. Besonders cool: Im Spiel gibt es auch einige ausgestorbene Tierarten aus der Zeit der Dinosaurier.
Ab und zu entdecke ich mit meinem Scanner auch Fische, die mysteriöse Störsignale senden. Scanne ich sieben dieser speziellen Tiere in einem Tauchgang, locke ich ein «unbekanntes Lebewesen» an. Diese riesigen Viecher sind mystische Wesen, die nur in der «Verborgenen See» vorkommen. Oftmals ist der Weg zu ihnen durch versteckte Höhlen oder labyrinthartige Korallenriffe versperrt, was die Suche spannend gestaltet.
Abseits der Tierwelt gibt es auf dem Meeresgrund allerlei Schätze zu entdecken. Einige davon lassen vermuten, dass in dem Gebiet einst eine uralte Zivilisation gelebt hat. Das stückweise Zusammenpuzzeln der kryptischen Hinweise macht Spass und funktioniert deutlich besser als die holprigen Cutscenes und Dialoge in den Story-Missionen.
Scannen bis zum Umfallen
Habe ich ein «unbekanntes Lebewesen» in einem Spielgebiet gefunden, kann ich den Rest des Meeres weiter erkunden. Oder ich starte einen neuen Tauchgang mit neuem «Endboss». In diesem Fall wird das Spielgebiet wiederum zufällig generiert und ich starte meine Erforschung bei null. Alle Tiere im neuen Spielgebiet leuchten wieder, unabhängig davon, ob ich sie im vorherigen Tauchgang schon gescannt habe.
Die Prozedur ist bei jedem Tauchgang identisch: möglichst viele leuchtende Fische scannen, Störsignale finden, «unbekannte Lebewesen» suchen. Anfangs stört mich das simple und repetitive Spielprinzip nicht, weil ich auf der Suche nach den sieben Störsendern immer wieder neue, spannende Tierarten finde. Mit jedem zusätzlichen Ausflug in die «Verborgene See» schrumpft der Anteil an neuen Entdeckungen aber drastisch. Die leuchtenden Lebewesen wiederholen sich. Das Erkunden der Unterwasserwelt verkommt zur mühsamen Fleissarbeit.
Um mich im späteren Spielverlauf trotzdem bei Laune zu halten, erhalte ich für das Scannen von Tieren, Erkunden der Spielwelt und Bergen von Schätzen Punkte. Mit diesen level ich meinen Taucher hoch und schalte kosmetische Items wie Sticker, Emotes oder neue Farben für den Tauchanzug frei.
Abseits dieser kosmetischen Modifikationen gibt es keine freischaltbaren Items oder Statistiken meines Tauchers, die ich verbessern könnte. Es gibt keinen bedeutungsvollen Fortschritt. Alles, was ich in «Endless Ocean Luminous» mache, ist scannen und zuschauen, wie meine Punktzahlen steigen.
Der Online-Modus macht Tempo
Mit der Zeit langweilt mich das monotone Solo-Tauchen. Also versuche ich mich im Modus «Ko-op-Tauchen». Auch hier scanne ich mich durch die Unterwassertiere – nur stürze ich mich nicht alleine, sondern mit bis zu 30 Tauchern und Taucherinnen in die Tiefen des Ozeans. Im Gegensatz zu den Solo-Tauchgängen sind meine Online-Unterwasserausflüge auf 60 Minuten beschränkt.
Aufgrund der beschränkten Spielzeit sind die Multiplayer-Sessions nicht so entspannt wie die Solo-Tauchgänge. Weil ich mir die mühsame Scan-Fleissarbeit mit anderen Spielerinnen teile, schalte ich online viel schneller neue mystische Wesen frei.
Im Online-Modus werde ich ebenfalls mit Punkten belohnt – unter anderem auch für das Markieren von seltenen Schätzen oder Tieren für andere Spieler. Auch hier bringen die Punkte abseits von kosmetischen Items nicht viel. Immerhin sehe ich in einem globalen Leaderboard, wie viele Punkte ich in einem bestimmten Zeitraum im Vergleich zu anderen Spielerinnen gesammelt habe. Auf Dauer kann mich aber auch dieser kompetitive Aspekt nicht motivieren. Meine Punkte und mein Level steigen zwar konstant, aber die Zahlen sind unter dem Strich komplett wertlos. Leere Kalorien.
Nintendo verspricht für die Zukunft zeitlich limitierte Online-Tauch-Events mit neuen Tierarten und neuen «unbekannten Lebewesen». Falls diese Events keine grundsätzlichen Neuerungen am monotonen Gameplay oder nennenswerte Belohnungen für den Fortschritt im Spiel mit sich bringen, werden sie mich nicht zu neuen Tauchgängen motivieren können.
Die Unterwasserwelt als leblose Kulisse
Für ein Switch-Game sieht «Endless Ocean Luminous» bisweilen ganz ansehnlich aus. Das Spiel hat definitiv seine magischen Momente. Wenn sich mir ein riesiger Wal mit melancholischem Gesang aus den dunklen Tiefen des Meeres nähert, bekomme ich Gänsehaut.
Bei näherer Betrachtung wird mir aber bewusst, dass die schön inszenierte Unterwasserwelt nichts anderes als eine leblose Kulisse ist. Die Tiere reagieren nur minim auf meine Präsenz. Haie und andere Raubtiere greifen mich nicht an. Delfine ignorieren mich. Ich fühle mich nicht als Teil dieser Welt, sondern lediglich als virtueller Besucher. Schade, denn in den Vorgängerspielen konnte ich die Tiere sogar streicheln, sie füttern oder gefährliche Lebewesen kurzzeitig betäuben.
Auch untereinander interagieren die Tiere nicht. Sie arbeiten stumpf ihre Animationszyklen ab und leben isoliert vor sich hin. Die Qualität der Fisch-Modelle variiert stark. Kein Wunder, bei über 500 Tierarten. Einige Lebewesen sind unheimlich detailliert und weisen eine hohe Polygondichte auf. Im richtigen Licht sehen sie fotorealistisch aus.
Andere Tiere fallen hingegen mit kantigen Modellen und matschigen Texturen negativ auf.
In Situationen, in denen viele Fische gleichzeitig auf dem Bildschirm sind, kommt es zudem oft zu unschönen Rucklern, vor allem beim Scannen.
«Endless Ocean Luminous» erscheint am 2. Mai für die Nintendo Switch. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Nintendo zur Verfügung gestellt.
Fazit
Ein repetitives Spielerlebnis, das kurz Spass macht
Abgesehen vom misslungenen Story-Modus macht «Endless Ocean Luminous» in den ersten paar Spielstunden unheimlich viel Spass. Ich werde mit teilweise wunderschönen Unterwasserwelten und spannenden Fakten zu diversen Tierarten belohnt. Das Game ist ein spielbares, virtuelles Aquarium.
Je mehr ich von der Unterwasserwelt entdecke, desto mühsamer wird das Spielerlebnis. Der Gameplay-Loop von «Endless Ocean Luminous» entpuppt sich als simpel und oberflächlich, die Belohnungen als trivial und unbefriedigend. Die anfängliche intrinsische Motivation, mehr über die Tierarten der «Verborgenen See» zu erfahren, weicht einem rein extrinsisch getriebenen Reiz, der sich nur um steigende Level und Punktzahlen dreht. Da hilft auch der grösstenteils gelungene Online-Modus nicht viel. Schade, denn der Kern des Spielprinzips hätte durchaus Potenzial zu einem hervorragenden Game.
Pro
Schöne Unterwasserwelten
Hohe Artenvielfalt und spannende Fakten zu den Tieren