Meinung

Eine technologisch geile, aber ruinierte Grafikkartengeneration

Kevin Hofer
23.11.2021

Im November 2020 kamen die ersten Radeon-RX-6000-Grafikkarten heraus. Zwölf Monate später kosten die Dinger beinahe das Doppelte des Releasepreis’. Die aktuelle Grafikkarten-Generation ist zum Vergessen.

Was war ich letzten November gehyped: AMD bringt endlich wieder konkurrenzfähige GPUs auf den Markt. Bei meinem Test der Radeon RX 6800 XT habe ich dann festgestellt, dass AMD leistungstechnisch tatsächlich mit Nvidia konkurrenzieren kann. Und das obwohl Nvidia ein paar Monate zuvor mit der RTX-30-Serie Karten vorgestellt hat, die bis zu doppelt so schnell sind wie ihre Vorgänger.

Beim Verkaufsstart kam dann die Ernüchterung: Die AMD-Karten sind noch rarer als jene von Nvidia. Das hat sich bis heute nicht wirklich verbessert.

  • Hintergrund

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Teuer, teurer, Grafikkarte

Auch wenn Nvidia sowie AMD bis Mitte 2021 im Jahr-zu-Jahr-Vergleich 37 Prozent mehr GPUs verkauft haben: Grafikkarten in freier Wildbahn anzutreffen, ist immer noch eine Seltenheit.

Das hat aufgrund der hohen Nachfrage einen Einfluss auf die Preise. Die haben sich seit Release praktisch verdoppelt. 3DCenter sowie HardwareUnboxed veröffentlichen jeweils eine Erhebung zu Grafikkarten-Preisen. Dies tun sie mit Blick auf die Preise in Deutschland und Österreich. Die Daten sind aber mit der Schweiz vergleichbar. Fakt ist: Derzeit werden die Karten von AMD sowie Nvidia zwischen 90 und 95 Prozent teurer als zum Releasepreis verkauft.

Wenn du bedenkst, dass eine Grafikkartengeneration durchschnittlich zwei Jahre währt, ist jetzt Halbzeit dieser Generation. Bis anhin war es meist so, dass die Preise ein Jahr nach Release etwas nach unten gehen. Das ist derzeit Wunschdenken. Die kommenden Monate ist nicht mit einem signifikanten Rückgang – wenn überhaupt – zu rechnen.

Nicht nur preislich ist die aktuelle Generation ein Desaster

Aber die Probleme haben bereits vor der weltweiten Covid-19-Pandemie angefangen. Damit meine ich nicht nur Miner und Scalper, welche die Karten im grossen Mass abgegraben haben. Für AMD sowie Nvidia sind ihre Auftragsfertiger ein limitierender Faktor. AMD lässt die Chips bei TSMC fertigen. TSCM ist der weltweit grösste Auftragsfertiger von Halbleitern. Der hat weitere grosse Kunden wie Apple und Co. Die Kapazitäten sind dort also begrenzt.

Nvidia auf der anderen Seite lässt die Chips von Samsung herstellen. Eine Entscheidung, die wohl vor allem finanzielle Gründe haben dürfte. Das Problem hier: Mit dem Wechsel zu Samsung hatte Nvidia keine Ahnung, wie gut die Fertigung laufen würde. Die Ausbeute war zu Beginn tatsächlich schlechter als erwartet, weshalb nicht genug Chips gefertigt werden konnten.

Zudem gab bei den Nvidia-Karten – vor allem jenen der Partner wie EVGA, Asus und Co. – die schlechte Qualität oder Qualitätskontrolle zu sprechen. Mal gaben RTX-3090-Karten beim Gamen den Geist auf. Dafür verantwortlich machte Hersteller EVGA eine schlechte Lötstelle – und das bei einer Karte, die derzeit für rund 3000 Franken verkauft wird. Ein anderes Mal ging ein Stück eines Handschuhs in einer Karte vergessen. Diese Fälle zeigen: Die Hersteller sind unter Druck, die Ware möglichst schnell in den Verkauf zu bringen. Dadurch leidet die Qualität.

Eine Generation zum Vergessen

Bei Nvidia gibt es also mangelhaft kontrollierte Produkte zu einem überteuerten Preis. Bei AMD gibt es schlicht nichts zu kaufen. Und wenn es denn von den beiden Herstellern was zu kaufen gibt, ist es masslos überteuert. Nein, die RTX-30- und Radeon-RX-6000-Serie sind zum Vergessen. Sie gehen bei mir als die ruinierte Grafikkarten-Generation ein – und das trotz Leistung satt.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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