Hinter den Kulissen der Galaxus Vierschanzentournee
Von einer Idee beim Kaffee zur Galaxus Vierschanzentournee. Wie zwei Typen aus dem Marketing von Galaxus ein Sportevent auf die Beine stellten.
Bereits ein paar Monate ist es her, November 2020. Ich schlürfe zusammen mit Kollege Thomas Kunz einen Kaffee im Büro. Gerade erst haben wir ein Video über einen Laubbläser veröffentlicht und machen uns Gedanken über ein neues Projekt. Nach einer Weile fragt mich Tom, ob wir was mit meinen Hot-Wheels-Bahnen – die stehen seit knapp einem halben Jahr im Büro rum – machen könnten. Spontan kommt mir der Youtube-Kanal 3Dbotmaker in den Sinn. Der veranstaltet verschiedene Rennen mit seinen Spielzeugautos. Tom ist sofort Feuer und Flamme. Uns ist von Anfang an klar, dass wir seine Videos nicht kopieren wollen. Sie sind die perfekte Inspiration, doch wir wollen etwas Neues kreieren. Ein paar Tage und etliche Ideen später steht das Projekt: Wir veranstalten ein Skispringen. Und zwar die seit Jahrzehnten bekannte Vierschanzentournee.
Die Idee ist geboren, doch ist sie überhaupt umsetzbar? Um das herauszufinden, bauen Tom und ich eine kleine Teststrecke im Büro. Wir stecken ein paar Streckenelemente zusammen, befestigen sie oberhalb einer Bürotrennwand und biegen sie zu einer Art Schanze. Nach mehreren Versuchen mit verschiedenen Spielzeugautos ist uns klar: Es ist zwar mach-, aber auch unberechenbar. Der Winkel der Schanze und das Gewicht der Fahrzeuge haben einen enormen Einfluss auf den Flug. Der Absprung gelingt zwar immer, die Landung hingegen ist jedes Mal eine Überraschung. Wir merken auch, dass dieses Projekt nicht in ein paar Tagen umsetzbar ist, sondern ein paar Wochen in Anspruch nehmen wird.
Blauäugig drauflos
Es ist Ende November und wir starten mit dem Bau. Damit die Schanze nicht im leeren Raum steht, wollen wir eine authentische Bergkulisse drumherum gestalten. In unseren Köpfen schwirrt zwar eine Vision davon herum, doch es gibt keinen konkreten Plan. Tom und ich machen sowas zum allerersten Mal. Klassisches «learning by doing». Die Szenerie soll sich in zwei Teile gliedern. Auf der einen Seite ist die Schanze mit Bergen im Hintergrund und auf der anderen der Landehügel mit Zuschauer und einem Dorf. Soweit die Theorie.
Als Materialien verwenden wir das, was wir gerade so rumliegen haben. Bürotisch, Palette und jede Menge Kartonschachteln. Als Stütze für die Kartons dient ein Kommissionierungstrolley aus unserem Shop in Zürich. Seine Gitterwand ist ideal, um alles Mögliche daran zu befestigen.
Um der Landschaft eine Struktur zu verleihen und sie später auch bemalen zu können, kleistern wir das ganze Gebilde mit Zeitungspapier ein. Wir lassen den Kleister über Nacht trocknen und stellen am nächsten Tag fest, dass sich der aufgeweichte Karton zusammengezogen hat. Überall in der Bergkulisse sind Risse, die wir vor dem Malen ausbessern müssen. Was uns wieder fast einen halben Tag Arbeit aufbrummt. Wir merken langsam, dass uns der straffe Zeitplan um die Ohren fliegen könnte. In vier Wochen ist das erste Springen in Oberstdorf. Bis dahin muss alles abgedreht, vertont und geschnitten sein. Das könnte knapp werden.
Wir legen also einen Zahn zu und schieben ein paar Nachtschichten. Sind wir nicht im Keller am Bauen, schwirren uns weitere Ideen durch den Kopf. Trotz Überstunden wächst unsere To-do-Liste immer weiter an. Auf jeden durchgestrichenen Task, kommen zwei oder drei neue hinzu. Schlaf kriegen wir wenig und wenn, dann träumen wir bereits von Landewinkeln und Schanzenkonstruktionen.
Eineinhalb Wochen sind bereits um und wir haben knapp den Rohbau hingekriegt. Tom und ich stehen am Scheideweg. Bauen wir alles so, wie wir es uns wünschen, kriegen wir das Projekt nicht rechtzeitig fertig. Wir müssten auf viele Details verzichten und alles so simpel wie möglich halten. Wir brauchen Unterstützung.
Wir bekommen Hilfe vom gesamten Marketing
Unsere Hoffnung besteht darin, dass wir eine oder zwei Personen überzeugen, uns beim Videoschnitt und den in den Videos enthaltenen Grafiken zu helfen. Doch wir erhalten weit mehr Unterstützung als erhofft. Über zehn Personen helfen uns in allen möglichen Belangen. Vom Erstellen der Grafiken und Logos über die Suche von Sponsoren bis hin zur Ausspielung auf Social-Media-Kanälen.
Wir sind überwältigt von dieser Unterstützung und kriegen gleichzeitig ein wenig Angst. Denn jetzt ist das Projekt noch grösser geworden. Obwohl es Tom und mir anfangs noch schwerfällt, Aufgaben aus der Hand zu geben, merken wir schnell, dass es sich lohnt. Wir können uns nun ausschliesslich auf die Details der Schanze und den Dreh der Videos konzentrieren.
Dreh und Vertonung
Zur Vorbereitung der Videodrehs schauen Tom und ich uns Live-Übertragungen von Skispringen an, wodurch uns bewusst wird, dass wir einige Kameras aufstellen müssen, um alle Shots einzufangen. Sechs, um genau zu sein. Vier davon liefern uns statische Aufnahmen: eine beim Start oberhalb der Schanze, eine innerhalb des Schanzentisches und zwei im Zielhang. Mit einer weiteren Kamera drehen wir den kompletten Sprung in Aktion aus der Hand und mit der letzten erstellen wir Detailaufnahmen von den Autos vor und nach dem Sprung.
Die Drehs der vier Springen verlaufen ziemlich reibungslos. Da wir jedes Auto nur einmal pro Schanze springen lassen, haben wir das Videomaterial schnell im Kasten. Der Schnitt wird jedoch eine Mammutaufgabe. Sechs Kameraperspektiven von acht Fahrzeugen in vier Springen ergeben mehrere Stunden Filmmaterial und etliche Gigabytes an Daten. Zum Glück können wir im Schnitt auf die Hilfe von Manuel Wenk zählen. Er zieht uns den Hals aus der Schlinge.
Bevor wir aber die Springen veröffentlichen, fehlt noch ein letztes zentrales Element: die Vertonung. Tom sucht sich dafür stundenlang durch Töne und Geräusche in verschiedenen Audiobibliotheken. Motorensound, Crashs und Musik sind jedoch nichts ohne den beiden Top-Kommentatoren Simon Balissat und Tim Eppler. Sie hauchen der Vierschanzentournee Leben ein und verleihen den Videos den letzten Schliff.
Herausgekommen ist ein Sportereignis, das seinesgleichen sucht. Vier Springen voller Spannung, Action und Überraschungen. Klingt vielleicht überheblich, aber wir haben Skispringen wieder sexy gemacht. Und falls du das jetzt alles gelesen, aber noch kein einziges Springen gesehen hast, findest du diesem Artikel alle Springen nochmals gebündelt aufgelistet:
Mein schönster Monat des Jahres
Gut einen Monat dauerte es von der Idee bis zur Veröffentlichung der Videos. Einen Monat mit Höhen und Tiefen. Euphorie und Dysphorie lagen oft nahe beieinander. Es gab Stunden, da kamen Tom und ich aus dem Grinsen kaum heraus. Wir fühlten uns wie kleine Buben im Schlaraffenland. Andererseits standen wir immer wieder vor unerwarteten Problemen und hatten oft das Gefühl, nicht rechtzeitig fertig zu werden. Unser Zeitplan war so knapp bemessen, dass es uns mehrmals um den Schlaf brachte und wir Freunde und Familie zu kurz kommen liessen. Dennoch war dieser Monat die schönste Zeit vom letzten Jahr. Daher:
Danke Tom für die geile Zeit. Danke allen Helfenden für eure tatkräftige Unterstützung. Danke Galaxus für den besten Job der Welt!
Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.