

Honor Play: Besticht durch den Preis

Honor stellt das Honor Play vor, das ein Gamer Phone sein will, es aber nicht ist. Ein Blick auf das Phone lohnt sich trotzdem. Denn Honor kommt einmal mehr mit einer Kampfansage aus Shenzhen.
Das Honor Play wurde soeben an der IFA in Berlin gelauncht. Ich habe das Phone bereits vor einer Woche zum Testen erhalten. Darauf habe ich mich schon länger gefreut, denn bis jetzt hat mich noch kein Gerät von Honor enttäuscht. Das Honor Play soll – wie es der Name schon sagt – ein Smartphone für Gamer sein.
Zum Honor Play ist seit der Gamescom eigentlich alles bekannt ausser dem Preis. Der blieb bis zur IFA geheim. Und dass für den europäischen Markt nur die Version mit 4GB RAM kommt, wussten wohl auch noch nicht alle. Aber der Preis ist schlussendlich genau das, was mich bei Honor immer wieder überrascht.

Von vorne sieht das Honor Play nicht speziell aus. Es hat eine Notch – Gegner des Einschnitts müssen stark bleiben – und unten den dezenten Honor-Schriftzug. Doch die matte Metallrückseite, auf der du deine Fingerabdrücke nicht schon von Weitem siehst, kommt bei uns in drei Farben: in langweiligem Schwarz, im weniger langweiligen Honor-Blau und in Violett.
Violett bei einem Gamer Smartphone ist etwas, das sich noch kein anderer Hersteller getraut hat. Sonst sind die Gamer Phones immer in den Farben Schwarz, Weiss oder Rot. Honor bricht damit. Und das funktioniert. In der Woche, in der ich das violette Honor Play mit mir herumgetragen habe, habe ich mehrere Komplimente für das Phone erhalten. Auch von Männern. Das Honor Play in Violett ist ein Hingucker und gleichzeitig ein Statement Honors.
Ich erfahre: Das Phone in Violett kommt bei uns nicht ins Sortiment. So ein Seich.

GPU Turbo: Überall, aber nicht für alle Games
Mit dem GPU Turbo Grafikprozessor soll das Honor Play für Gamer sein. Aber der GPU Turbo kommt per Update auch auf die meisten anderen Huawei und Honor Phones. Das bedeutet, dass alle Honor und Huawei Phones, die das Update erhalten, von jetzt an auch Gamer Phones wären. Damit sticht das Honor Play nicht mehr wirklich als Gamer Phone heraus. Dafür hätte Honor das Phone mehr spezialisieren oder die Features für das Honor Play exklusiv halten müssen. So sind die Gaming-Funktionen zu vage und in zu vielen anderen Phones anzutreffen.
Mit GPU Turbo verspricht dir Honor 60 Prozent mehr Grafikleistung bei 30 Prozent weniger Stromverbrauch. Eine Ansage, die nur schwer zu überprüfen ist.
Honor selbst erklärt die Zahlen auf ihrer Webseite, in dem sie einen Vergleich mit dem nun drei Generationen alten Kirin 960 ziehen.
The GPU Turbo is a graphics processing technology that is based on Kirin chips and incorporates mutualistic software and hardware interaction. And it supports some particular games. Results are based on comparison with the previous generation chip, the Kirin 960.
Übersetzung: Die GPU Turbo ist eine Grafikverarbeitungstechnologie, die auf Kirin-Chips basiert und mutualistische Software- und Hardware-Interaktionen beinhaltet. Es unterstützt einige bestimmte Spiele. Die Ergebnisse basieren auf einem Vergleich mit dem Vorgänger-Chip, dem Kirin 960.
Im Honor Play ist aber das zweitneuste System-on-a-Chip (SoC) Kirin 970 verbaut. Honors Vergleich mit der Vorgängerversion hinkt also. Denn bei der Kirin 970 ist die Performance im Gegensatz zur Kirin 960 laut Honor schon 20 Prozent Höher und der Stromverbrauch 50 Prozent geringer. Rein rechnerisch geht der Vergleich Honors, beziehungsweise die angegeben Werte, hier nicht auf.
Überhaupt: Honors Aussage tönt für mich wie bei Apple, wo immer alles besser, schneller und sowieso das neueste Wunder ist.
Weiter ist die GPU-Turbo-Leistung gar nicht für alle Games verfügbar. Momentan werden nur PUBG Mobile und Mobile Legends: Bang Bang unterstützt. Andere Games unterstützt die Software bis jetzt nicht. Es sollten aber bald mehr werden.
Ich habe mit dem Honor Play das mobile Game PUBG gezockt um die von Honor angepriesene 4D Gaming Experience zu testen. Nun, die besteht darin, dass dein Phone gelegentlich wie ein Controller vibriert. Ist nett, aber keine Revolution – das Phone vibriert ja auch, wenn jemand Anruft.
Ausserdem: Für richtiges 4D fehlt da noch ein D.

Der angepriesene 3D Gaming Sound Effect funktioniert nur mit kabelgebundenen Kopfhörern. Kann man so machen, so hat das Phone immerhin einen Kopfhörer-Jack an Bord. Durch die AI-Technologie sollst du den Ton von dem Ort, wo er effektiv herkommt, hören. Das hat bei mir grundsätzlich funktioniert, weiter beachtenswert fand ich das Feature aber nicht. Schade, dass Honor dem Phone keine Stereo-Lautsprecher spendiert hat.

Der Bildschirm, der gefällt
Das Honor Play fährt mit einem grossen Bildschirm auf: Du kriegst 6.3 Zoll Bilddiagonale im 19:9 Verhältnis. Das ist doch recht gross. Dennoch finde ich, dass das Phone gut in der Hand liegt. Die Screen-to-body Ratio – also der Bildschirm, verglichen mit der Grösse des Phones –liegt bei 83 Prozent. Das ist eigentlich ein guter Wert, dennoch dürften die Seitenränder etwas schmaler sein.
Auflösen tut Honors Display mit Full HD+ (2340×1080 Pixel). Wie immer bei Honor ist aber kein OLED-Display verbaut, sondern ein IPS-LCD Bildschirm. Dass dies nicht immer das Wahre ist, merkst du vor allem draussen, da siehst du mit OLED einfach mehr. Aber die Farben werden bei Honors IPS-LCD sehr schön dargestellt und im Gegensatz zu manchen OLED-Displays hatte ich nie das Gefühl, dass sie übersättigt sind.
Das grosse Display spricht unter Umständen für ein Honor Play als Gamer Phone – wobei explizite Gamer-Handys meist eine höhere Auflösung, etwa mindestens QHD, haben.
Das einzige, was mich wirklich am Display stört, ist, dass Honor ein Glas verbaut hat, das auffällig fest spiegelt. Draussen an der Sonne ist’s manchmal kaum möglich vor lauter Spiegelung das Display abzulesen. Was Honor da für ein Glas verbaut hat, habe ich bis zum Abschluss dieses Artikels nicht herausgefunden. Es ist vermutlich kein Gorilla Glas – hier wurde im Vergleich zum Honor 10 wohl gespart.
Die Kamera hat viel Luft nach oben
Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen Honors mag ich die Kamera beim Play nicht besonders. Es sieht so aus, als ob Honor einfach noch was auf die Rückseite geklatscht hätte, damit was da ist. Wie üblich ist es eine Dual-Kamera. In der einen Linse sind 16 Megapixel mit einer f/2.2 Blende verbaut, und in der anderen – Achtung – sage und schreibe 2 Megapixel mit f/2.4 Blende. Lichtstark sieht anders aus.
Immerhin ist auch hier, wie bei allen neueren Huawei und Honor Phones, die AI Kamerafunktion mit dabei, die 22 verschiedene Szenarien erkennt und mit künstlicher Intelligenz deine Aufnahmen optimiert.

Bei der Selfie-Kamera setzt Honor immerhin auch auf 16 Megapixel und Portrait-Funktionen. Diese gleichen denen Apples; du kannst dich im Bühnenlicht oder mit verschiedenen Hintergründen ablichten. Nett, aber nicht unbedingt nötig.
Android 8.1 mit Emui 8.2
Als eines der ersten aus der Flotte kommt das Honor Play mit Emui 8.2 (Android 8.1). Beim Rest wird das Update derzeit noch ausgerollt.
Was mir gleich aufgefallen ist, ist, dass Honor die Gesichtserkennungsfunktion stark verbessert hat. Wo diese beim Honor View noch sehr unausgereift war, funktioniert sie hier schnell und zuverlässig. Es kommt nur selten vor, dass ich das Phone mit dem Fingerabdrucksensor, der sich auf der Rückseite des Phones befindet, entsperren muss. Ausser bei Dunkelheit. Da funktioniert die Gesichtserkennung nicht.
Der Fingerprint lässt sich übrigens auch als Steuerung benutzen. So kannst du etwa die Benachrichtigungsleiste herunterklappen oder durch die Bildergalerie wischen. Das ist praktisch, insbesondere, weil das Play so gross ist.
Auch die Navileiste ist neu. Du kannst, ähnlich wie bei Android Pie, nur mit einer Leiste durch dein Phone swipen. Die Emui-Leiste ist im Gegensatz zu Androids Leiste deutlich breiter geraten und den Zurück-Pfeil gibt’s nicht.

Willst du retour, kannst du einmal kurz drücken. Um zum Startbildschirm zu gelangen, musst du lang drücken, und wenn du die Leiste nach links streichst, erscheinen dir die zuletzt geöffneten Apps.
In den vorherigen Emui-Versionen konntest du, wie wenn du an einer Tür anklopfst, mit den Fingerkuppen auf den Bildschirm klopfen, und das Phone hat für dich einen Screenshot gemacht. Diese Funktion gibt’s jetzt nicht mehr. Stattdessen musst du mit drei Fingern nach unten streichen.
Weiter gibt’s in Emui einen Bluetooth-Bug. In den Entwickleroptionen konntest du bis anhin den Bluetooth-Codec wechseln. Das ist wichtig, wenn du zum Beispiel einen Kopfhörer, der mit AAC-Codec sendet, besitzt. Momentan überträgt mein Honor Play nur mit dem Standard-Codec SBC. Den Qualitätsunterschied zu AAC hörst du mit jedem besseren Kopfhörer. Hoffentlich wird das bald gefixt.
Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass der 3750 mAh grosse Akku hält, was er verspricht. Ich muss das Phone bei intensiver Nutzung rund alle anderthalb Tage laden. Durch die Schnelllade-Technologie, im Hause Huawei Honor SuperCharge genannt, geht das gewohnt schnell.
Fazit: Ein nettes Phone, ohne viel Innovation
Schlussendlich ist es bei diesem Phone der Preis, der entscheidet. Und der ist eine Ansage. Ein so günstiges Phone mit so viel Leistung soll Honor mal einer nachmachen.
Was mir bei diesem Phone fehlt, ist eine Innovation. Etwas, das dieses Phone einzigartig machen würde. Das gibt’s nicht. Das Honor Play ist zusammengesetzt aus verschiedenen Teilen Huaweis und Honors. Es ist nichts Neues und es ist kein Gamer Phone. Aber es ist eine Preisansage.


Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival.