Huawei Mate X3 im Test: Falt-Smartphone ohne Google-Dienste
Produkttest

Huawei Mate X3 im Test: Falt-Smartphone ohne Google-Dienste

Jan Johannsen
25.7.2023

Ein schön großes Display zum Falten und ein gutes Kamerasystem können die großen Haken des Mate X3 nicht überdecken – auch wenn Huawei nicht für sie verantwortlich ist.

Huawei liefert mit dem Mate X3 ein gutes bis sehr gutes Foldable ab. Das gilt zumindest für die Bereiche, in denen der Hersteller freie Hand hat. Bei der Software und der 5G-Verbindung erweisen sich die Sanktionen der USA weiterhin als Nachteil.

Huawei Mate X3 (512 GB, Black, 7.85", Dual SIM, 50 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei Mate X3

512 GB, Black, 7.85", Dual SIM, 50 Mpx, 4G

Huawei Mate X3 (512 GB, Dunkelgrün, 7.85", Dual SIM, 50 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei Mate X3

512 GB, Dunkelgrün, 7.85", Dual SIM, 50 Mpx, 4G

Aus einem Display werden zwei

Das Huawei Mate X3 ist ein Smartphone zum Aufklappen. Dir stehen zwei Bildschirme zur Verfügung. Einer für die klassische Smartphone-Nutzung auf der Außenseite. In die Vorzüge eines Foldables kommst du mit dem größeren Bildschirm im Inneren.

Zusammengefaltet ist das Mate X3 11,8 Millimeter hoch. Etwas dicker als die meisten aktuellen Smartphones in der klassischen Form, aber noch handlich. Auf der Außenseite schaust du auf ein in die Länge gezogenes OLED-Display. In der Diagonalen misst es 6,4 Zoll und hat eine schöne Farbdarstellung. Die Helligkeit ist für die Nutzung im Sonnenschein hoch genug. 2504 × 1080 Pixel sorgen für ein detailreiches Bild bei einer maximalen Bildwiederholrate von 120 Hertz.

Kunlun Glass schützt das Außendisplay vor Kratzern.
Kunlun Glass schützt das Außendisplay vor Kratzern.
Quelle: Jan Johannsen

Zum Aufklappen brauchst du beide Hände. Das Scharnier ist etwas schwergängig. Ich finde nicht sofort genügend Halt mit meinen Fingern, um die nötige Kraft zum Aufklappen wirken lassen zu können. Das ist nicht perfekt, aber auch kein Grund, das Falt-Smartphone zur Seite zu legen.

Mit seinem Scharnier lässt sich das Mate X3 bündig schließen.
Mit seinem Scharnier lässt sich das Mate X3 bündig schließen.
Quelle: Jan Johannsen

Das innere Display misst 7,85 Zoll und ist fast quadratisch. 2496 × 2224 Pixel verteilen sich über seine Fläche und sorgen für ein scharfes Bild. Die Bildwiederholrate erreicht ebenfalls bis zu 120 Hertz und es ist auch für die Nutzung bei Sonnenschein hell genug. Geöffnet ist der Touchscreen schön eben und die Falte in der Mitte fällt nur selten auf. Das gilt, wenn ich mit den Fingern über das Display streiche und wenn ich draufschaue. Das sieht zum Beispiel beim Samsung Galaxy Z Fold 4 noch anders aus.

Die Spalte in der Mitte stört nicht. Ich freue mich zudem, im Browser mehr zu sehen, als auf dem schmalen Außendisplay.
Die Spalte in der Mitte stört nicht. Ich freue mich zudem, im Browser mehr zu sehen, als auf dem schmalen Außendisplay.
Quelle: Jan Johannsen

Trotz der beweglichen Teile ist das Mate X3 nach IPX8 wasserdicht. Das bedeutet, es soll 30 Minuten in 1,5 Metern Wassertiefe unbeschadet überstehen.

Der zuverlässige Fingerabdrucksensor befindet sich an der Seite des Mate X3.
Der zuverlässige Fingerabdrucksensor befindet sich an der Seite des Mate X3.
Quelle: Jan Johannsen

Genügend Power, aber kein 5G

Huawei nutzt für das Mate X3 den Snapdragon 8+ Gen 1 in einer Sondervariante. Sie hat keinen Zugriff auf 5G-Netze, sondern unterstützt nur LTE. Ganz freiwillig ist diese Entscheidung nicht. Der Grund dafür sind die Sanktionen der USA gegen den Hersteller. Dieser hat wiederum Glück, dass Qualcomm einen extra Chipsatz für ihn herstellt. Denn eigentlich gibt es den Snapdragon nur noch mit 5G.

Unabhängig von den Mobilfunknetzen verfügt der Snapdragon 8+ Gen 1 über genügend Rechenpower für deinen Alltag. Er bewegt sich in guter Gesellschaft mit anderen Smartphones mit dem gleichen Chipsatz. Wenig überraschend schneidet der neuere Snapdragon 8 Gen 2 besser ab. Davon wirst du im Alltag aber kaum etwas merken.

Huawei verbaut zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher im Mate X3. Der interne Speicher ist 256 oder 512 Gigabyte oder ein Terabyte groß. Du kannst ihn erweitern. Allerdings nur mit einer Nano-Memory-Karte, die nur Huawei nutzt. Sie belegt den Slot, den du auch für eine zweite SIM-Karte nutzen könntest.

Display hat Auswirkungen auf die Akkulaufzeit

Der Akku des Mate X3 hat eine Kapazität von 4800 mAh. Damit gehört es unter den Falt-Smartphones zu denen mit größerer Batterie. Das Galaxy Z Fold 4 kommt zum Beispiel nur auf 4400 mAh. Das mitgelieferte Netzteil versorgt das Smartphone mit bis zu 66 Watt und sorgt dafür, dass der Akku in etwa 45 Minuten voll geladen ist. Drahtlos lädt das X3 mit bis zu 50 Watt etwas langsamer, für drahtloses Laden aber sehr schnell. Das klappt aber nur über den SuperCharge Stand von Huawei. Mit Reverse Charging lädt das Foldable andere Geräte mit bis zu 7,5 Watt auf.

Bei der Akkulaufzeit ergibt sich ein deutlicher Unterschied, je nachdem, welches Display du benutzt.

Die Zeitangaben stammen vom Batterietest von PCMark, der das Smartphone in einen Dauerbetrieb nimmt. Ich habe dafür die Displayhelligkeit auf das Maximum erhöht. Sprich: Die Zeiten sind Mindestwerte. Bei automatischen Helligkeitseinstellungen wird die Akkulaufzeit länger ausfallen.

Keine Google-Dienste aber Funktionen für große Displays

Beim Mate X3 musst du weiterhin auf Google-Dienste ab Werk verzichten. Sie fallen unter die US-Sanktionen. Huawei nutzt stattdessen seine Benutzeroberfläche EMUI 13.1, die wiederum über der quelloffenen Version von Android liegt. Genaue Angaben zu Update-Zeiträumen hat Huawei bisher nicht gemacht.

Die fehlenden Google-Dienste versucht Huawei mit sehr vielen vorinstallierten Apps auszugleichen.
Die fehlenden Google-Dienste versucht Huawei mit sehr vielen vorinstallierten Apps auszugleichen.
Quelle: Jan Johannsen

Aber auch ohne Google-Dienste bemüht sich Huawei um ein großes Angebot an Apps. Du wirst kaum eine Anwendung oder Funktion vermissen. Allerdings reicht bereits eine wichtige aus, um das Smartphone für dich unbrauchbar zu machen. Bei mir wäre es die App meiner Bank.

Abseits der grundsätzlichen Probleme des Betriebssystems, bietet das Mate X3 mehrere besondere Funktionen für das große Display. Das beginnt mit Anpassungen beim Design von der Mail-App oder den Einstellungen.

Die Einstellungen passen sich an das große Display an.
Die Einstellungen passen sich an das große Display an.
Quelle: Jan Johannsen

Nicht exklusiv für Foldables gedacht, aber bei ihnen sehr praktisch ist der geteilte Bildschirm. Damit kannst du zwei Apps nebeneinander legen und gleichzeitig benutzen. Das lästige hin- und herschalten entfällt. Beim Außendisplay zeigt dieselbe Funktion die Programme untereinander an.

Geteilter Bildschirm: Zwei Apps lassen sich gleichzeitig nutzen.
Geteilter Bildschirm: Zwei Apps lassen sich gleichzeitig nutzen.
Quelle: Jan Johannsen

Das «unverankerte Fenster» ist eine kleine, freischwebende Vorschau. Um sie nicht nur zu sehen, sondern auch benutzen zu können, musst du sie vergrößern. Die App ist dann ein Overlay über der Haupt-App und nicht, wie beim geteilten Bildschirm, eine zweite App daneben.

Mehrere unverankerte Fenster kannst du im Multi-Window-Modus vereinen. Dann sind zwar immer noch nur zwei Apps gleichzeitig zu sehen – egal wie groß du die Fenster ziehst. Weitere erreichst du aber schnell über eine kleine Schaltfläche am Rand. Jedes Fenster kannst du dann wiederum je nach Bedarf ins Vollbild holen oder schließen.

Multi-Window: Wenn du ständig zwischen mehr als zwei Apps hin und her wechselst.
Multi-Window: Wenn du ständig zwischen mehr als zwei Apps hin und her wechselst.
Quelle: Jan Johannsen

Optisch hat Huawei seine Benutzeroberfläche teilweise an das große Display angepasst und liefert Funktionen, die Multitasking erleichtern. Ganz überzeugt bin ich aber noch nicht. Ich wünsche mir noch Anpassungen, um das Smartphone im halb geklappten Zustand benutzen zu können. Wobei dafür nicht nur die Software, sondern auch das Scharnier passen muss.

Gutes Kamerasystem

Das Huawei Mate X3 verfügt über insgesamt fünf Kameras: Drei auf der Rückseite und jeweils eine in den Displays:

  • Hauptkamera: 50 Megapixel, 23 mm, f/1,8
  • Ultraweitwinkelkamera: 13 Megapixel, 13 mm, f/2,2
  • Telekamera: 12 Megapixel, 125 mm, f/3,4, 5x Zoom
  • Frontkamera: 2x 8 Megapixel, f/2,4,
Die Hauptkamera lässt sich für Selfies nutzen.
Die Hauptkamera lässt sich für Selfies nutzen.
Quelle: Jan Johannsen

Farbe / Kontrast

Die Hauptkamera des Mate X3 stellt mich sowohl mit ihrer Farbwiedergabe als auch ihrer Detailgenauigkeit sehr zufrieden. Da gibt es keinen Qualitätsverlust an den Rändern und auch starke Kontraste sind kein Problem.

Die Farbwiedergabe ist gut.
Die Farbwiedergabe ist gut.
Quelle: Jan Johannsen
Sonne und Schatten sind kein Problem für die Kamera.
Sonne und Schatten sind kein Problem für die Kamera.
Quelle: Jan Johannsen

Weitwinkel

Die Weitwinkelkamera bietet ebenfalls eine hohe Detailgenauigkeit und eine vernünftige Farbwiedergabe. Eventuelle Verzerrungen am Bildrand rechnet die Software heraus.

Mit der Ultraweitwinkelkamera kommt der Vordergrund mit ins Bild.
Mit der Ultraweitwinkelkamera kommt der Vordergrund mit ins Bild.
Quelle: Jan Johannsen
Zum Vergleich: Die Hauptkamera von der gleichen Stelle.
Zum Vergleich: Die Hauptkamera von der gleichen Stelle.
Quelle: Jan Johannsen

Zoom

Die Telelinse des Mate X3 verfügt über eine ins Kleinbildformat umgerechnete Brennweite von 125 Millimetern. Gegenüber der Hauptkamera mit 23 Millimetern entspricht das etwas mehr als dem von Huawei angegebenen fünffachen Zoom. Das genügt zwar nicht, um Menschen über die Elbe zu erkennen, aber die Detailgenauigkeit ist trotzdem hoch. Die Telekamera kannst du bei Tageslicht ohne Bedenken benutzen.

Der fünffache Zoom bringt den Michel und die Cap San Diego nah heran.
Der fünffache Zoom bringt den Michel und die Cap San Diego nah heran.
Quelle: Jan Johannsen

Qualitätseinbußen treten erst auf, wenn der Zoom digital wird. Bei zehnfacher Vergrößerung fallen sie auf dem Smartphone nicht so stark auf, sind aber sichtbar. Das Maximum einer fünfzigfachen Vergrößerung ist dagegen auch auf dem Display des Mate X3 pixelig.

Mit dem zehnfachen Zoom steht der Kirchturm im Fokus.
Mit dem zehnfachen Zoom steht der Kirchturm im Fokus.
Quelle: Jan Johannsen
Der fünfzigfache Zoom holt die Kirchturmuhr ins Bild, aber wirklich schön sieht sie so nicht aus.
Der fünfzigfache Zoom holt die Kirchturmuhr ins Bild, aber wirklich schön sieht sie so nicht aus.
Quelle: Jan Johannsen

Nacht

Bei Dunkelheit überzeugt mich nur die Hauptkamera. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob mir die Automatik oder der Nachtmodus besser gefällt. Komplett identisch sind sie nicht, aber ich erkenne keinen klaren Vorteil durch die längere Belichtung.

Automatik.
Automatik.
Quelle: Jan Johannsen
Nachtmodus.
Nachtmodus.
Quelle: Jan Johannsen

Bei der Ultraweitwinkelkamera tendiere ich hingegen zum Nachtmodus. Allerdings schafft auch er es nicht, für ein scharfes Bild zu sorgen. Auch wenn es nicht ganz so schlimm aussieht wie bei der Automatik.

Automatik.
Automatik.
Quelle: Jan Johannsen
Nachtmodus.
Nachtmodus.
Quelle: Jan Johannsen

Selfies

Die Frontkamera liefert sehr gute Selfies mit hoher Detailgenauigkeit. Bei ihnen ist höchstens ein wenig zu viel Gelb ins Bild gemischt. Das fällt vor allem auf, wenn ich sie mit den Selfies der Hauptkamera vergleiche. Die Kamera-App lässt sich auf das Außendisplay umschalten. Wirklich bequem ist es allerdings nicht, mit nur einer Hand das quadratische Smartphone zu halten und dabei den Auslöser zu drücken.

Frontkamera.
Frontkamera.
Quelle: Jan Johannsen
Hauptkamera.
Hauptkamera.
Quelle: Jan Johannsen

Fazit: Gutes Telefon mit zwei großen Haken

Das Huawei Mate X3 ist ein gutes Smartphone, das allerdings mehrere Haken aufweist. Positiv fallen Display, Leistung, Akku und die Kamera auf. Die Software bietet zudem einige Möglichkeiten, den großen Bildschirm im Inneren sinnvoll zu nutzen. Da würde aber noch mehr gehen. Spannend wird zudem sein, was die von Google versprochenen Verbesserungen in Android 14 für große Displays bringen – und welche davon Huawei in Zukunft übernehmen kann.

Gegen das Smartphone spricht, dass Huawei auf 5G und die Google-Dienste verzichten muss. Dazu kommt ein etwas schwergängiges Aufklappen. Da ist mir ein Preis, der sich mit knapp über 2000 Euro/Franken im üblichen Rahmen von Foldables bewegt, zu hoch. Ich schaue lieber, was Samsung mit dem Galaxy Z Fold 5 neues zu bieten hat oder wie sich das Pixel Fold schlägt.

Titelfoto: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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