Kennst du noch? Handhelds mit durchsichtigem Screen
Als Kind fand ich den transparenten Screen von «Climber» cool. Heute mag ich das Game an sich. Es ist das beste der Game&Watch-Serie, das ich kenne.
Wenn du wie ich in den Achtzigern aufgewachsen bist, kennst du die zahlreichen LCD-Games von Nintendo und anderen. Ich hatte zwei davon, Donkey Kong Jr. und Mickey Mouse. Von Schulfreunden kannte ich viele weitere aus der Game&Watch-Serie.
Die meisten dieser Games stammen aus der ersten Hälfte der Achtzigerjahre. Etwas später, 1986, erschienen dann Spiele mit einem durchsichtigen Screen. Ich war damals zehn Jahre alt. Selber besass ich keines, aber ich durfte «Climber» bei einem Schulkollegen bestaunen. Es machte mir einen edlen, futuristischen Eindruck – obwohl ich damals Wörter wie «edel» oder «futuristisch» nie verwendet hätte.
Die Game&Watch-Geräte sind nach Bildschirmtyp unterteilt: Es gibt zum Beispiel die Serien «Wide Screen», «Multi Screen» oder «New Wide Screen». Die durchsichtigen bilden die Linie «Crystal Screen». Sie besteht nur aus drei Spielen: «Super Mario Bros.», «Climber» und «Balloon Fight».
Elemente von Super Mario und Doodle Jump
Das Spiel an sich faszinierte mich damals nicht. Ich spielte es nur kurz. Abgesehen vom durchsichtigen Screen war es für mich bloss ein weiterer LCD-Piepser. Diese Spiele fand ich nicht mehr interessant, nachdem ich Super Mario Bros. auf dem NES gespielt hatte.
Heute sehe ich das anders. Ich besitze seit zwei Jahren ein Exemplar von «Climber» und habe es schon oft gespielt. Es ist ein erstaunlich gutes Spiel – gemessen daran, dass es eine so simple Technologie nutzt.
In Climber steuerst du eine Figur, die Mauern hochspringt. Du kannst Mauern auch von unten aufbrechen, um dir einen Durchgang zu verschaffen, ähnlich wie bei Super Mario. Wandelnde Mauermännchen füllen Lücken im Boden aus. Fällst du herunter oder berührst eine andere Figur, verlierst du ein Leben.
Anders als die üblichen LCD-Games
Was ist daran speziell? Aus heutiger Sicht nichts, aber die LCD-Games der 80er-Jahre funktionieren normalerweise anders. Sie haben keine Pixel, sondern die Spielfiguren sind als Flüssigkristallformen in das LCD eingraviert. Das ermöglicht zwar schön gezeichnete Figuren, macht aber die Darstellung unflexibel. Als Folge davon spielen sich die meisten Games in einer einzigen, vorgegebenen Szene ab. Diese ist hinter dem Monochrom-LCD als farbiges Hintergrundbild aufgemalt.
Auch «Climber» funktioniert mit gezeichneten Flüssigkristallformen anstelle von Pixeln. Das Game hat jedoch keinen fest vorgegebenen Raum, sondern scrollt nach oben. Daher hat es, ausser ein paar unscheinbaren Wölkchen, kein Hintergrundbild. Mit einem üppigen Bühnenbild würde der durchsichtige Screen nicht funktionieren. Er wäre zu dunkel, weil beim transparenten Screen die dahinter liegende Reflexionsschicht fehlt.
In LCD-Spielen mit gezeichneten Formen gibt es keine flüssigen Bewegungen. Das gilt auch für das Scrollen in «Climber». Es geschieht stockwerkweise und damit ruckartig. Ein Level besteht aus 25 Stockwerken, zu sehen sind jeweils nur drei. Der Raum ist damit achtmal so gross wie der sichtbare Bereich.
Wenn es dich erwischt, fällst du nicht ganz herunter, sondern nur sieben Stockwerke. Es gibt also Checkpoints – aussergewöhnlich für LCD-Games. Gehst du rechts oder links über den Bildschirmrand hinaus, kommst du auf der anderen Seite wieder ins Bild. Auch das habe ich bei anderen LCD-Games noch nie gesehen. Eine weitere Besonderheit: Das Spiel beginnt erst, wenn du dich bewegst. Zuvor blinkt deine Figur und stirbt nicht, wenn ein Gegner in dich hineinläuft. Apropos sterben: Der letzte Sprung an die Füsse eines Vogels ist ein Bonus. Stirbst du dort, wird dir kein Leben abgezogen.
Bleibt lange interessant
In diesem Game steckt also viel mehr als in anderen LCD-Games. Die meisten werden sehr schnell langweilig. Sie haben keine Level, sondern das Spiel läuft mit der Zeit bloss schneller. Oder es kommen mehr Gegner und Dinge, die du einsammeln musst.
Climber hat Levels, und die Schwierigkeit steigt nicht bloss durch Tempo und Gegner. Mit der Zeit gibt es bewegliche Mauern und Dornen, in die du nicht hineinlaufen darfst. Zudem sind die Levels jedes Mal anders, da sie eine Zufallskomponente beinhalten. Und die Böden verändern sich ohnehin laufend.
Tempo und Gegner werden trotzdem laufend erhöht – und das wirkt. Ich komme selten weiter als bis zum achten Level. Theoretisch läuft das Game unendlich lange, allerdings schafft kaum jemand über zwanzig Levels.
Höhepunkt einer schon damals veralteten Technik
Mit dem Scrolling, den Levels und der sich verändernden Welt könnte Climber auch ein Arcade- oder Konsolenspiel sein. Tatsächlich ist es das auch: Das ähnliche Spiel Ice Climber erschien 1984 als Arcade-Game und 1985 auf dem Nintendo Entertainment System.
Auch in den beiden anderen Games mit durchsichtigem Screen hüpfst respektive fliegst du durch eine scrollende Welt. Es muss Nintendo schon damals klar gewesen sein, dass die Games mit statischen Szenen niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Also hat Nintendo das Scrolling auf die LCD-Games gebracht, obwohl diese Technologie dafür eigentlich zu unflexibel ist.
1988 kam Climber auch als LCD-Game in der klassischen Bauform, also ohne durchsichtigen Screen heraus. Doch die Ära der LCD-Games war da praktisch schon vorbei. Ein Jahr später erblickte der pixelbasierte Game Boy das Licht der Welt.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.