«Mario Tennis Aces»-Review: Der neue Multiplayer-König
Wenn selbst Tennis-Muffel wie ich an «Mario Tennis Aces» Gefallen finden, dann hat Nintendo was richtig gemacht. Dass sie damit auch gleich noch eines der besten Spiele für (lokalen) Multiplayer-Spass bieten, ist einer der Hauptgründe dafür.
Was, es gibt ein neues «Mario Tennis»? Die erste Ankündigung im Januar muss ich verschwitzt haben. Erst vor wenigen Wochen hat mir ein Vögelchen gezwitschert, dass bereits am 22. Juni «Mario Tennis Aces» für die Switch erscheinen wird. Auf dem Original-Gameboy war «Tennis» eines meiner Lieblingsspiele. Das befriedigende «Poch» wenn man den Ball rüberschmettert, lässt mich heute noch zufrieden Schmunzeln. Mario war damals nur als Schiedsrichter tätig. Heute kann er selber den Schläger schwingen. Das darf er zwar bereits seit «Mario Tennis» für den Virtual Boy, aber für die Augenkrebs-Maschine hatte ich damals – glücklicherweise – kein Geld. Die Nachfolger sind dann irgendwie auch an mir vorbeigegangen. Damit ist jetzt Schluss. Auf «Mario Tennis Aces» hab ich richtig Bock.
Singleplayer-Kampagne als Vorspeise
«Mario Tennis Aces» ist ein ordentliches Paket. Neben verschiedenen Multiplayer-Modi gibt es die Möglichkeit, wie bei der Wii mit Bewegungssteuerung zu spielen. Aber beginnen wir mit dem Einzelspieler-Modus. Nicht nur kannst du in Turnieren gegen verschiedene Charaktere wie Yoshi, Waluigi und Peach antreten, es gibt ausserdem eine Kampagne. Die nennt sich Abenteuer und dient gleichzeitig als Tutorial. Die Begleitstory ist selbst für 5-Jährige kindisch, tut auch nichts zur Sache. Nintendo dürfte sich hier trotzdem mal etwas anderes einfallen lassen.
Wie dem auch sei. Du reist durch verschiedene Länder und triffst auf zahlreiche Gegner, erledigst Herausforderungen und immer mal wieder originelle Bosskämpfe. Die Spiele sind selten normales Tennis. Irgendeinen Twist gibt es praktisch immer. So spielst du mal auf einem Schiff mit Mast in der Mitte, an dem die Bälle fies abprallen. Oder du lieferst dir eine Schneeballschlacht mit Shy-Guys, die du mit ihren eigenen Bällen vom Zugdach schiessen musst. Der Schwierigkeitsgrad variiert stark und einige Gegner und Herausforderung haben mich richtig genervt. Gegner, die praktisch jeden Ball antizipieren oder Herausforderungen, die einfach keinen Spass machen und nur mühsam sind.
Etwas entgegen kommt dir Nintendo mit dem Schwierigkeitsgrad. Da Mario mit jedem Spiel Erfahrungspunkte sammelt, verbessern sich deine Werte wie Schnelligkeit, Energieaufladen etc. mit jedem Levelaufstieg. Wenn du also zehnmal die gleiche Prüfung machst, wird sie immerhin etwas einfacher. Du sammelst zudem verschiedene Schläger, die ebenfalls dein Spiel verbessern.
Überraschend viel Tiefgang
Anfangs dachte ich, ah, das spielt sich ja ganz einfach nur mit einer Taste. Keine Ahnung, was mich da geritten hat: Du brauchst ALLE Tasten. «Mario Tennis Aces» ist überraschend technisch. Mit A, B, X und Y schlägst du einen Topspin, Slice, geraden Schlag oder Lob/Stoppball. Mit dem linken Analog-Stick kannst du die Schlagrichtung bestimmen. Du kannst deine Schläge aufladen, indem du lange auf einen Schlagknopf drückst oder einfach so früh wie möglich eine Schlagtaste betätigst. Dann bleibt deine Figur allerdings stehen. Du musst also gut abschätzen, wo der gegnerische Ball landet. Mit solchen geladenen Schlägen und erfolgreichen Ballwechsel lädst du deine Energie auf. Die kannst du einsetzen, um die Zeit zu verlangsamen, Zielschläge auszuführen, bei denen du genau auswählen kannst, wo der Ball hinfliegen soll, sowie um den Spezialschlag auszuführen. Dieser ist noch schneller und stärker. Ziel- und Spezialschläge kannst du blocken. Allerdings nur mit gutem Timing. Zu frühe Blocks zerstören deinen Schläger. Yep, und davon hast du nur eine begrenzte Zahl. Danach ist Game Over.
Dann gibt es noch den Trickschlag, bei dem dein Spieler akrobatisch mehrere Meter weit hechtet, um noch an den Ball zu kommen. Beim Spielen kommt es sehr aufs Timing an. Spielst du zu spät, sind die Schläge schwach oder können gar ins Out gehen. Und wenn dein Gegner so richtig eins drauf gibt und du nicht mit dem richtigen Schlag konterst, wirst du immer weiter nach hinten gedrängt. Körpertreffer gibt es übrigens auch.
Das System sorgt dafür, dass Spiele überraschend taktisch ausfallen. Du musst dir immer alle Optionen überlegen beim Servieren. Bis du aber gezielt die richtigen Schläge (Slice, Topspin etc.) auswählst, brauchst du schon verdammt viel Übung. Ich hab meistens den geraden Schlag verwendet, weil der schneller ist, als die anderen.
Der Mehrspieler ist der Hauptgang
Viel Spass, all diese Tricks deinen Kumpels zu erklären, denn der Mehrspieler ist für mich das eigentliche Highlight. In Doppels kannst du mit bis zu vier Spielern lokal spielen. Das ist herrlich chaotisch und sorgt garantiert für gute Stimmung. Du kannst aber auch nur zu zweit spielen, entweder auf einer Switch oder wenn jeder seinen eigenen Bildschirm will, mit zwei Konsolen. Online gibt es maximal zwei Spieler.
16 Charakter stehen dir zum Launch zur Auswahl mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Mehr wie Koopa Troopa sollen folgen. Buu Huu schlägt die kurvigsten Bälle, ist dafür nicht der schnellste. Bowser Jr. ist in seinem Gefährt extrem mobil, aber schlägt nicht besonders stark.
Dazu gibt es verschiedene Spielplätze, Bälle und Modi. Auch wenn man nicht von Anfang an alle Techniken beherrscht, so ist das Spiel intuitiv genug, um problemlos mitspielen und Spass haben zu können. Bei uns entstanden in kürzester Zeit hitzige Duelle und hätten wir direkte Nachbarn, müsste ich mir sorgen um den Lärm machen – immer ein gutes Zeichen. 😉
Wii-Fans dürfen wieder fuchteln
Wer keinen Bock hat, sich zig Tasten zu merken, kann im Realmodus die bewährte Bewegungssteuerung, wie man sie von der Wii kennt, benutzen. Sogar die bietet deutlich mehr Tiefgang als «Wii Sports». Mit speziellen Bewegungen führst du die verschiedenen Schläge aus. Je nachdem ob du früh oder spät schlägst, entscheidest du zudem bei Vor- oder Rückhand, ob du eher in die Linke oder rechte Ecke schiesst. Im Realmodus bewegt sich deine Figur selbstständig zum Ball. Du kannst aber auch den Analog-Stick zur Hilfe nehmen.
Zeitlupe oder Spezialschlag gibt es dagegen im Realmodus nicht. Insgesamt bietet er etwas weniger Komplexität wie mit der normalen Steuerung, aber er ist eine willkommene Dreingabe. Und das nicht nur für Menschen mit Controller-Aversion. Der Realmodus benötigt im Übrigen etwas mehr Feingefühl, als du in «Wii Sports» benötigt hast.
Fazit: Hoch lebe Tennis, moment was?
Während ich zehnmal lieber einen 2.-Liga-Frauenfussball-Match schauen gehe, als mich durch ein Tennis-Spiel zu quälen – hab ich wirklich gemacht, Hopp FC Winti Frauen 😉 – so konnte mich «Mario Tennis Aces» dennoch richtig begeistern. Das liegt natürlich auch daran, dass es keine Tennis-Simulation ist, sondern eine Arcade-Version. Aber trotz Spezialschlägen und allerhand schräger Spielfiguren besitzt es mehr taktische Spieltiefe, als es auf den ersten Blick scheint. Du kannst «Mario Tennis Aces» jedem in die Hand drücken und er wird damit zurechtkommen – wenn du etwas ins Schwitzen kommen willst, sogar mit Bewegungssteuerung. Aber auch wer mehr Taktik sucht, wird fündig. Das einzige, das mich wirklich hässig gemacht hat, ist, dass es nach jedem Ballwechsel eine Wiederholung gibt. Die kannst du zwar überspringen, aber genau wie in der Migros an der Self-Checkout-Kasse dauert mir dieser Vorgang immer noch zu lange. Besonders in der Kampagne wenn du am verlieren bist. AAAARGH! Aber abgesehen davon hat Nintendo hier ein äusserst spassiges Tennis-Spiel abgeliefert, das bei mir «Mario Kart» als das Go-To-Multiplayer-Spiel abgelöst hat.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.