Mein Bohrwerkzeug und ich: In «Foundry» baue ich mir die Welt, wie sie mir gefällt
«Foundry» sieht auf den ersten Blick aus wie eine Mischung aus «Satisfactory» und «Minecraft». Und das trifft das Spielprinzip schon sehr gut. Ich habe großen Spaß mit den Freiheiten, die das Spiel beim Bau gewährt.
Hätten «Satisfactory» und «Minecraft» ein gemeinsames Kind, dann wäre es «Foundry». Das Indie-Spiel erschien am 2. Mai 2024 im Early Access und bietet mir eine Sandbox aus prozedural generierten Karten, auf denen ich meiner Fabrikbaulust frönen kann. Die blockartige Landschaft weckt sofort «Minecraft»-Assoziationen, während der Fabrikbau in Ego-Perspektive und die offene Welt «Satisfactory»-Gefühle triggert. Und vielleicht war auch «Dyson Sphere Program» mit im Bett: daran erinnern das Design diverser Anlagen, der Forschungsbaum sowie die Tatsache, dass ich einen Mech spiele.
Alles beginnt mit einem Bohrer
Auch in «Foundry» beginnt der Bau von riesigen Fabrikkomplexen mit einem Abbauwerkzeug und zwei unterschiedlichen Erz-Vorkommen. Als «Satisfactory»- und «Dyson-Sphere»-Veteranin kenne ich das Prinzip und springe nach dem Start eines neuen Spielstands aus meiner gerade aufgesetzten Landekapsel. Mich empfängt eine unberührte, idyllische Landschaft mit fremdartigen Bäumen und Büschen. Dieses organische Chaos werde ich in eine aufgeräumte, gut organisierte Fabriklandschaft verwandeln.
Der Bohrer in meiner Hand hilft mir dabei. Die ersten Erze baue ich noch eigenhändig ab und stelle daraus die Anlagen her, die mir zukünftig die Arbeit abnehmen. Das Tutorial zeigt mir, wie ich eine automatisierte Mine neben die beiden Erzvorkommen setze. Sobald die Mine mit Strom aus Biomasse – also besagten Bäumen und Büschen – versorgt wird, fliegen vier kleine Drohnen aus dem Gebäude und beginnen damit, Erze zu extrahieren.
Diese müssen danach in einem Schmelzofen zu Stangen oder Platten weiterverarbeitet werden. Ein Förderband zwischen Mine und Schmelzofen sorgt für den Transport, Lader hieven die Teile vom Gebäude auf das Förderband und von dort in das Zielgebäude.
Think big!
«Foundry» macht keinen Hehl daraus, dass ich von Anfang an groß denken soll. Ein Schmelzofen reicht nicht: Die Tutorial-KI sagt mir, dass ich gleich acht Schmelzöfen in Reihe an die Mine anschließen soll. Das bedeutet: Ich muss mir von vornherein Gedanken machen, wie ich das Zuliefer-Förderband an die Maschinen führe und wie die fertigen Produkte weiterbefördert werden sollen. Wer andere Automatisierungsspiele kennt, der hat es hier einfacher.
Fabrikbau in der Ego-Perspektive ist übrigens in «Satisfactory» schon kein Vergnügen und in «Foundry» sieht das nicht anders aus. Ich fluche jedes Mal, wenn ich mal wieder von einer Mauer falle, weil ich ein Stück zurücktreten wollte, um eine neue Anlage zu platzieren. Das Bauen ist stellenweise ziemlich fummelig. Das ist der Preis für den dreidimensionalen Bau in Ego-Perspektive. Konnte ich mir anfangs überhaupt nicht vorstellen, auf diese Weise einen Megakomplex aus dem Boden zu stampfen, wird das im Laufe der ersten Stunden deutlich besser.
Bei der Eingewöhnung hilft auch die entspannende Musik, die bei mir jegliche Anflüge von Aggression über das Bausystem unterdrückt. Nach wenigen Stunden rattern die ersten Fertigungsstraßen vor sich hin und versorgen meine Wissenschaftsstationen mit Forschungspaketen. Im Forschungsbaum wähle ich aus, welche neuen Baupläne und Produkt-Schemata ich damit als Nächstes freischalte.
Genial oder nervig? Die Energieübertragung
Jede ordentliche Fabrik braucht Strom, die Frage ist nur: Wie kommt der Strom vom Generator an die Abnehmer? In «Foundry» dienen Fundamentblöcke der Energieübertragung. Eine Maschine muss nur auf dem gleichen Fundamentsystem stehen wie ein Generator – egal, wie weit die beiden Gebäude voneinander entfernt sind. Dadurch sparst du dir das manuelle Anschließen jeder einzelnen Maschine an Strommasten wie in «Satisfactory» oder die Flut von Tesla-Türmen in «Dyson Sphere Program».
Tatsächlich reicht es, verschiedene Fundamentebenen mit einer Blockreihe zu verbinden. Blöcke übernehmen also die Funktion eines Kabels. Schnell stelle ich fest, dass ich Blöcke in der Erde vergraben und so als unsichtbare Stromverbindung nutzen kann.
Das System ist interessant – aber teilweise auch umständlich. Ich kann nicht an den Fundamentblöcken selbst erkennen, ob Strom fließt. Das macht die Fehlersuche schwierig, besonders, wenn ich die «Kabel» erst wieder freilegen muss. Und wenn ich mal einen Lader nur wenige Meter entfernt von der restlichen Infrastruktur aufstellen muss, zum Beispiel für ein Außenlager, dann ist der Aufwand unverhältnismäßig groß. Dann wünsche ich mir doch die «Satisfactory»-Strommasten zurück.
Andererseits regt das System an, sofort die Umgebung mit Fundamenten vollzupflastern. Dann ist alles ohne Kompromisse verbunden und die wuchernde Natur muss ich auch nicht mehr sehen.
Ich forme die Welt, wie sie mir gefällt
Apropos Natur: Mein Bohrwerkzeug dient auch der Zerstörung meiner Umgebung. Nicht nur Erze baue ich damit ab, ich zerbohre auch Bäume und den Boden. In den ersten Minuten gehe ich noch zaghaft mit dem Bohrer an die Bäume ran. Schließlich möchte ich die Natur nicht zu sehr stören. Doch meine Biomasse-Generatoren verlangen stets Nachschub und ich verliere meine anfängliche Zurückhaltung. Ich bin ein Roboter, ich brauche keine Natur. Etwas verschämt pflanze ich später die wenigen Baumsamen, die manche dem Tod geweihten Gewächse hinterlassen, ein Stück weiter weg wieder ein.
Die Landschaft besteht ganz in «Minecraft»-Manier aus Blöcken, die ich mit dem Bohrer schreddern und an anderer Stelle wieder einsetzen kann. In «Foundry» forme ich die Welt ganz nach meinem Geschmack. Und wenn ich will, höhle ich den Boden aus und verlege meine Fabrik in den Untergrund. Oder ich baue eine Wolkenkratzerfabrik. Für die vertikale Ebene gibt es im späteren Spielverlauf Aufzüge, die Ressourcen und mich selbst nach oben oder unten befördern, verrät mir ein Gameplay-Trailer. «Foundry» stellt für den Fabrikbau zahlreiche Dekomodule bereit, mit denen ich Treppen, Lichter, Geländer, Wege, Türen und mehr bauen kann.
Für Early Access läuft das Spiel übrigens sehr gut, ich habe keine Bugs erlebt und es gibt bereits sehr viel Content. In meinen ersten Spielstunden bin ich auf keine Work-in-Progress-Anzeigen oder fehlende Forschungen gestoßen. In der Roadmap für die weitere Entwicklung sind vor allem Verbesserungen für das fortgeschrittene Spiel aufgelistet, etwa weitere Transportmöglichkeiten.
«Satisfactory» mit noch mehr Freiheiten
Nach meinen ersten Stunden im Spiel steht mein Eindruck fest: «Foundry» erfindet das Rad nicht neu, macht aber vieles richtig. Das Spiel bietet entspanntes Bauen mit vor sich hinplätschernder Entspannungsmusik und Tüftel-Garantie. Zwar kommt die Spielgrafik von «Foundry» nicht an das wunderschöne «Satisfactory» heran, aber die manipulierbare Umgebung und die prozedural generierten Karten machen das wieder wett. Ein wenig Feinschliff, etwa beim dröge wirkenden Interface, würde dem Spiel aber noch gut tun.
Es gibt auch einen Koop-Modus. Ich habe ihn aber nicht getestet. Laut Entwickler gibt es derzeit noch keine Begrenzung für die maximale Anzahl der Mitspielerinnen und Mitspieler.
«Foundry» erschien am 2. Mai 2024 im Early Access auf Steam. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Paradox Interactive zur Verfügung gestellt.
Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.