Micro LED vs. OLED: Wer wird gewinnen?
Micro LED ist die Zukunft der Bildschirmtechnologien. Anders kann man es nicht deuten, wenn Hersteller wie Samsung oder sogar OLED-Pionier LG Millionenbeträge in diese Technologie investieren. Aber so richtig überzeugt bin ich nicht. Ich wage eine Prognose.
OLED, die Bildtechnologie mit den selbstleuchtenden Pixeln, scheint in der Fernsehbranche das alles beherrschende Thema zu sein. Wohl deshalb, weil sie das derzeit beste Bild bietet. Ein Monopol auf OLEDs hat LGs Tochterfirma LG Display, die ihre Panels an alle OLED-Fernseher bauenden Hersteller liefert.
Anfang Jahr jedoch hat Samsung ihre OLED-Konkurrenz aufhorchen lassen. An der CES 2018 zeigten sie mit «The Wall» einen 146 Zoll grossen Micro-LED-Fernseher. Erklärtes Ziel: Der Sturz von OLED. Ein halbes Jahr später präsentierte LG an der IFA 2018 die Antwort: Einen 175 Zoll grossen Micro-LED-Fernseher.
Wer hat den Grössten, richtig?
Für Beobachter ist das aber nicht bloss ein Seitenhieb an den Mitbewerber gewesen, sondern vielleicht sogar das Eingeständnis, dass das bisher als Nonplusultra beworbene OLED eben doch nicht die ultimative Display-Technologie ist.
Es stellt sich die Frage: Ist Micro LED der OLED-Killer?
Das ist Micro LED, und darum ist es so gut
Micro LED ist im Prinzip dasselbe wie OLED – einfach ohne das organische Material. Das Wort «organisch» in OLED verwirrt dabei, weil es oft mit «biologisch» oder «natürlich» gleichgesetzt wird. In der Chemie bedeutet das englische «organic» allerdings kohlenstoffhaltig. In OLEDs werden also Verbindungen genutzt, die auf Kohlenstoffmoleküle zurückgehen. Micro LEDs setzen hingegen auf Galliumnitrid – ein synthetisches Material.
Micro LEDs können deutlich kleiner gebaut werden als herkömmliche LEDs, funktionieren abgesehen davon aber grösstenteils gleich. Soll heissen: Drei rote, grüne und blaue Subpixel setzen sich zu einem einzigen Pixel zusammen. Je nachdem, wie hell jedes Subpixel leuchtet, nimmt das Pixel eine andere Farbe an. Allerdings entfällt die Hintergrundbeleuchtung, weil ein Micro LED genau wie ein OLED-Pixel sowohl Subpixel als auch Lichtquelle ist.
Micro LED soll also alle Vorteile der OLED-Technologie bieten – allen voran die perfekten Schwarzwerte –, ohne dessen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Denn der OLED-Technologie werden vor allem zwei Dinge vorgeworfen:
- Burn-In und Image Retention (Bildrückstände)
- Eine kürzere Lebensdauer als synthetische LEDs
Probleme, welche die Micro-LED-Technologie nicht kennt. Hinzu kommt, dass synthetische LEDs ohnehin viel heller leuchten als OLEDs: Während OLED-Fernseher ungefähr 1000 Nits hinkriegen – Nits sind eine Masseinheit für die Helligkeit – trumpfen synthetische LEDs bereits heute mit 2000 Nits auf. Das ist dann besonders nützlich, wenn in von Licht durchfluteten Räumen ferngeschaut wird.
Gegen die hohe Helligkeit spricht allerdings, dass Farben verblassen, wenn sie zu hell leuchten – eine bei Beamern nur allzu bekannte Problematik. LCD-Befürworter sagen: Alles eine Frage der Konfiguration.
Wann kommt Micro LED ins Wohnzimmer?
Wie lange es dauern wird, bis Micro LED Einzug ins Heimkino erhält, ist unklar. Samsung selbst spricht von einer Zeitspanne zwischen einem und neun Jahren – eine Schätzung, mit der eigentlich niemand etwas anfangen kann. Müsste ich mich festlegen, dann würde ich auf eine Zahl tippen, die näher bei der Neun läge als bei der Eins. Denn die Technologie wirkt noch zu unausgereift, um kurzfristig relevant zu werden – jedenfalls fürs Heimkino.
Das liegt an der modularen Bauweise der Micro LED Panels: Noch ist es nicht möglich, sämtliche Micro LEDs auf eine einzige Hintergrundplatte (Backpanel) zu setzen. Stattdessen besteht das Panel aus mehreren, einzelnen Modulen. In Berichten von der CES 2018 wurde oft von irritierenden und sichtbaren Verbindungen zwischen den einzelnen Modulen gesprochen. Gerade, wenn sich bewegende Objekte von einem Modul zum nächsten gesprungen sind.
Dafür bietet sich die modulare Architektur dort an, wo besonders grosse LED Screens zum Einsatz kommen. Sie sind einfacher zu warten – etwa wenn ein Micro LED kaputt geht und nur sein Modul und nicht gleich der ganze Bildschirm ausgetauscht werden muss – und die Verbindungen sind auf grosser Entfernung kaum zu sehen.
Mögliche Einsatzorte sind in Sportstadien, an Public Viewings, in Shopping Malls – oder auch im Kino. Samsung ist mit «Onyx Cinema LED» bereits im Geschäft, und in der Schweiz gibt’s das nur in Saal 5 des Arena Cinemas im Einkaufszentrum Sihlcity zu sehen. Videoproduzent Manuel Wenk und ich sind letzten Sommer dahin gegangen und haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Uns ist vor allem die sehr gute Farbwiedergabe aufgefallen. Kein Wunder: Samsung strebt mit ihren Micro LEDs eine Farbraumabdeckung von 120 Prozent des DCI-P3-Farbraums an. Das möchte ich kurz aufschlüsseln.
Farbräume definieren, wie viele für Menschen sichtbare Farben abgedeckt werden. Unterschiedlich gute oder schlechte Quellen, wie zum Beispiel Blu-Ray oder Ultra HD Blu-Ray, decken unterschiedlich grosse Farbräume ab. Der DCI-P3-Standard deckt etwa 45 Prozent des für uns sichtbaren Spektrums ab, und HDR-Inhalte ungefähr 90 Prozent des DCI-P3-Standards. Laut Hersteller könnten OLEDs – sofern es entsprechende Inhalte gäbe – fast 100 Prozent des DCI-P3-Standards abdecken. Micro LEDs würden das mit einer DCI-P3-Abdeckung von 120 Prozent deutlich übertrumpfen.
Zwar dürften noch einige Jahre vergehen, ehe es Inhalte mit einer derart hohen Farbraumabdeckung gibt. Aber wirklich ungelegen kommt das der in Kinderschuhen steckenden Micro-LED-Technologie ja nicht.
LG geht gratwandern, Apple und Sony emanzipieren sich
Nicht nur Samsung denkt an die mittelfristige Zukunft. An der IFA 2018 hat ein Sprecher von LG bestätigt, dass das Unternehmen Projekte für die Erforschung und Entwicklung der Micro-LED-Technologie angestossen habe. Eine offizielle Mitteilung von LG steht allerdings aus.
Damit macht LG eine Gratwanderung. Einerseits ist es nicht unvernünftig, wenn sich LG Anteile in diesem frischen und vielversprechenden Marktsegment sichern möchte. Den Zug nicht verpassen und so, auch wenn Samsung in der Erforschung bereits fortgeschrittener zu sein scheint. Andererseits läuft der koreanische Konzern Gefahr, sein OLED-Geschäft zu schwächen. Denn die Frage, welche Bildschirmtechnologie nun die bessere und zukunftsfähigere sei, die verlangt nach einer passenden Antwort.
Aber Achtung: Auch ausserhalb von Südkorea haben Hersteller wie Sony oder Apple schon Millionenbeträge in die Entwicklung der Technologie investiert.
Apple versucht offenbar, die Technologie in ihre Apple Watch unterzubringen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die kalifornische Grossmacht eine neue Bildschirmtechnologie mit ihrer Smartwatch erprobt: 2014 war das erste Apple-Produkt mit AMOLED-Display eine Smartwatch, erst drei Jahre später zog das iPhone X nach. Damit möchte Apple mehr Unabhängigkeit, denn momentan bekommen sie ihre AMOLED-Displays von Samsung. Ähnliche Motive dürften Sony antreiben, die von LG mit OLED-Fernsehdisplays beliefert werden. Letzterer zeigte bereits 2016 ein modulares Micro-LED-Panel, an der ISE 2018 folgte ein 500 000 Franken kostendes 120-Zoll-Modell.
Das Bestreben aller scheint klar zu sein: Micro LED soll innerhalb des nächsten Jahrzehnts marktreif sein.
Die Technologie ist da, aber noch nicht bereit
Was Samsung mit «The Wall» im Januar 2018 vorgestellt hat, ist ein Blick in die Zukunft. Ein Statement. Sie wollen sagen: Wir können das bauen, und es sieht gut aus. Ironischerweise besteht die Herausforderung aber nicht darin, Micro-LED-Bildschirme möglichst gross zu machen – wie es die Einleitung dieses Artikels womöglich suggeriert hat – sondern möglichst klein. Das hängt mit der modularen Architektur zusammen, die eher grosse Bildschirme begünstigt.
Entscheidend für den Schwierigkeitsgrad der Produktion ist nämlich die Pixeldichte: Je kleiner die Bildschirmgrösse, desto weniger Platz hat es für die Pixel, die zusätzlich aus drei Subpixeln bestehen. Jedes Subpixel muss einzeln hergestellt und kalibriert werden. Für Apple hatte die Entwicklung ein derart komplexes Ausmass angenommen, dass das Projekt vor einem Jahr beinahe eingestellt worden ist. Erst Ende 2017 erzielten die Kalifornier einen Durchbruch.
Ob Micro LED so gesehen für den Heimkinomarkt überhaupt jemals relevant wird, bleibt dahingestellt. Die Entwicklung für dieses Segment wird noch Jahre dauern – Jahre, in denen der OLED-Pionier LG ebenfalls an den organischen Leuchtdioden weiterforschen und sie verbessern wird. Kommt dazu, dass die Produktion der synthetischen Micro LEDs viel komplexer zu sein scheint als jene der OLEDs. Ein Umstand, der sich garantiert auf den Preis niederschlagen wird.
Fazit und Prognose: Micro LED wird kommen, aber nicht fürs Heimkino
Micro LED ist für grosse Bildflächen geradezu prädestiniert, Stand heute. Sowieso: Solange ein Micro-LED-Panel nicht ohne Stückelung gefertigt werden kann – oder zumindest ohne sichtbare Verbindungen – wird es sich im Heimkinomarkt nicht durchsetzen können. Da lege ich mich fest.
Micro LED ist für mich eine mehr als interessante und relevante Technologie – nur eben nicht fürs Heimkino. Damit mache ich eine (vielleicht zu) gewagte Prognose. Zu gerne würde ich in fünf bis zehn Jahren auf diesen Artikel zurückblicken und nachschauen, ob ich damit richtig gelegen habe oder nicht.
Ist Micro LED also der prophezeite OLED-Killer? Ich bezweifle es.
Und jetzt möchte ich deine Einschätzung zur Lage der Nation!
Micro LED vs. OLED
Wird OLED in Zukunft von Micro LED verdrängt?
- Selbstverständlich, Micro LED pfeift auf OLED57%
- Niemals: OLED über alles!31%
- Verstehe ich nicht, QLED ist sowieso besser12%
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»