
Capcom Monster Hunter Wilds
Die Jagd in «Monster Hunter Wilds» ist so vielfältig wie noch nie. Die Monsterkämpfe fesseln mich stundenlang vor dem Bildschirm. Das Drumherum wie Story und Menüführung dafür weniger.
Seit meinem Anspielbericht zu «Monster Hunter Wilds» habe ich zahlreiche weitere Stunden auf der virtuellen Jagd nach Monstern verbracht. Meine erstes Zwischenfazit war gemischt. Das Erledigen der riesigen Biester hat mir Spass gemacht – der Kampf gegen die komplexen Menüs weniger. Diese Eindrücke haben sich mit zunehmender Spielzeit bestätigt – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Wenn ich «Monster Hunter Wilds» das erste Mal starte, muss ich durch eine intensive Einrichtungssession klicken, bevor ich mich in die Action stürzen kann.
Zuerst erwarten mich erfrischende Accessibility-Optionen wie der Arachnophobie-Modus, der kleine Spinnen zu Blobs umwandelt, oder bequeme Voreinstellungen für Personen mit Motion Sickness, die zum Beispiel Bildschirmwackeln minimieren. Danach wähle ich das perfekte Aussehen für meinen Hunter aus.
Kreative Köpfe haben dank der vielen Möglichkeiten zum Fine-Tuning mindestens genauso viel Freude daran, wie Pragmatiker, die anhand weniger Klicks zu einer hübschen Spielfigur kommen wollen.
Die im Charaktereditor verbrachte Zeit lohnt sich. Viele Rüstungen schmücken mein Gesicht, anstatt es ganz zu verdecken. Und auch in den schick inszenierten Storysequenzen sehe ich meinen Charakter oft. Mehr als oberflächlich schick sind die Zwischensequenzen aber leider nicht. So krass und lebensecht die unterschiedlichen Monster darin erscheinen, bringen die Cutscenes leider nicht genug Spannung und kaum Emotionen in die generische Geschichte.
Die Prämisse ist simpel: Die Hunter-Gilde weist mir die Aufgabe zu, das unbekannte «Verbotene Land» zu erkunden. Kurz nach meiner Ankunft fällt mir ein kleiner Junge namens Nata vor die Füsse. Er sucht nach seinem Volk, den Hütern. So gutmütig wie ich und meine Expeditionsmitglieder Alma, die Feldexpertin, sowie Gemma, die Schmiedin, sind, nehmen wir uns der Suche kurzerhand an. Zufälligerweise treibt mich das in eine Menge Kämpfe gegen Monster.
Eine packende und tiefgründige Handlung suche ich in «Monster Hunter Wilds» vergebens. Die Hauptmissionen der Story dienen primär dazu, mich nach und nach in das komplexe Spielsystem einzuführen – wie eine Art überlanges Tutorial.
Apropos Tutorial: Die Monsterjagd soll in diesem Ableger zugänglicher als jemals zuvor sein. Deswegen ist sie aber noch lange kein Zuckerschlecken.
Im Verlauf der Geschichte erlerne ich nach und nach das Handwerk der Hunter. Zu Beginn wähle ich dafür eine von insgesamt 14 Waffen aus. So verursacht das Grossschwert Schläge mit richtig Wumms, während die Doppelklingen sich durch ihr Tempo auszeichnen. Mit dem Bogen geht es in den Fernkampf.
Auf dem praktischen Trainingsplatz lerne ich das Moveset meiner Wunschwaffe. Dabei ist es hilfreich, dass Kombos direkt auf dem Bildschirm angezeigt werden. Sobald ich mich tiefer ins Spiel einarbeite, erschliessen sich mir weitere Vor- und Nachteile. Der Hammer verursacht etwa schneller Brüche als Klingen, die dafür praktisch zum Abschneiden von Gliedmassen sind.
Das Kampfsystem wurde ein wenig aufgefrischt – so zum Beispiel mit dem neuen «Fokusmodus». Wenn ich bei einem Monster genügend oft auf eine Stelle einschlage, zeigt mir der Fokusmodus diese irgendwann als rot an. Mache ich darauf dann einen Fokusangriff, füge ich eine Menge zusätzlichen Schaden zu.
Der Waffenwechsel ist ebenfalls neu. Auf dem Saikrii – dem Reitvogel, der mich geschwind durch die offenen Gebiete transportiert – kann ich erstmalig eine Zweitwaffe mitnehmen. Dadurch wechsle ich beispielsweise zwischen Nah- und Fernkampf hin und her. Allein schon bei den Waffen ist eine Menge Vielfalt geboten.
Die Wahl der richtigen Waffen ist zwar wichtig – eine gründliche Vorbereitung auf die Jagd ist noch wichtiger. Bevor ich eine Quest annehme, sollte ich meinem Zelt unbedingt einen Besuch abstatten. Dort kann ich Mahlzeiten kochen, um meine Treffer- und Ausdauerpunkte zu erhöhen, oder meine Gegenstände zwischen Truhe und tragbarem Beutel hin- und herschieben. Ausserdem kann ich nützliche Gegenstände kaufen oder selbst craften.
Dass ich das vor jeder einzelnen Jagd machen muss, ermüdet mich. Das komplizierte Menü- und Inventarmanagement fühlt sich wie ein veraltetes Gameplay-Element an, das ich im Jahr 2025 nicht sehen will. Zum Glück lassen mich die darauffolgenden Jagden die mühselige Vorbereitungszeit beinahe vergessen.
Sobald ich bei der Feldexpertin Alma eine (Neben-)Quest auswähle, begebe ich mich in eines von insgesamt fünf offenen Arealen. Deren Biome sind nicht nur weitläufig, sondern auch unterschiedlich. Mich erwarten unter anderem ein üppiger Dschungel, eine karge Ruinenlandschaft oder eine mystische Wüste.
Von einer umfangreichen Vorbereitung profitiere ich, indem ich Fallen aus meinem Inventarbeutel auslege, um die Biester darin einige Sekunden gefangen zu halten und so viel Schaden wie möglich auszuteilen. Alternativ fange ich sie mithilfe von Geduld- und Beruhigungsbomben ein, um noch mehr Erfahrungspunkte einzusacken. Habe ich hingegen Explosionsfässer bei mir, profitiere ich davon, wenn die Monster schlafen. Dann erschrecke ich sie nicht nur gehörig, sondern füge ihnen auch eine Menge Schaden zu.
Im Kampf mache ich mir auch die Umgebung zunutze. «Monster Hunter Wilds» führt den überaus praktischen Greifhaken ein. Mit dem sacke ich etlichen Sammelkram während des Reitens ein oder löse Käfer aus, die mein Leben wiederherstellen oder die Monster kurz betäuben.
Trotz guter Vorbereitung muss ich mich auf lange Kämpfe einstellen: Oft dauern die um die zehn Minuten. Denn auch die Monster nutzen die Spielumgebung zu ihrem Vorteil. Viele Biester ziehen sich zum Beispiel in ihre Nester zurück, wenn sie sehr geschwächt sind, um sich zu heilen. Manchmal trifft mein Jagdziel auf der Flucht zufällig auf ein anderes Monster und startet einen Revierkampf. Als Dritte freue ich mich über die beiden einander schwächenden Streithähne.
Es ist beeindruckend, wie viele Faktoren zusammenkommen. Die Jagd fühlt sich dadurch realistisch und belohnend an. Wenn ich nach langer Vorbereitung das erste Mal ein gewaltiges Exemplar erlege, ist es sehr befriedigend, am Ende der Mission das Monster für eine bessere Ausrüstung auszuweiden. Das ist der «Monster Hunter»-Gameplay-Loop, der Millionen von Fans weltweit fesselt.
Neben den Story-Missionen habe ich immer wieder mal in meinem eigenen Tempo Nebenaufträge angenommen, um meine Ausrüstung aufzubessern. Der richtige Grind geht aber erst nach dem Ende der Story los. Eingeschweisste Monsterjägerinnen würden sogar behaupten, dass das Spiel dann erst richtig losgeht.
Im Kern versuche ich, meinen Jäger-Rang zu verbessern. Der sagt nicht nur etwas über meine Stärke aus, sondern bestimmt auch die Missionen, die ich annehmen kann. Mit steigendem Jäger-Rang schalte ich mehr Aufträge, Ausrüstungen und Spielinhalte frei. Ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich alles Mögliche freigeschaltet, kann die Stufen aber immer weiter steigern. Das ist ein Zeichen für die anderen Hunter, um mich als Veteranen erkennen.
Der Online-Modus ist eine wichtige Komponente der «Monster Hunter»-Reihe und macht bei «Wilds» einen positiven Eindruck. Einziger Punkt, der schmerzt: bis ich mit Mitspielern zusammenkomme, muss ich mich abermals durch diverse Menüs klicken.
Ich trete Jagdgruppen bei, um mich mit anderen Huntern zu vernetzen und sie über die Feldexpertin Alma bei ihren aktiven Quests begleiten. Habe ich hingegen Lust auf ein schnelles gemeinsames Spiel, oder will Neulinge unterstützen, kann ich spezifisch nach sogenannten Not-Leuchtzeichen-Quests suchen. Diese Funktion ermöglicht es mir, bei schwierigen Kämpfen selbst nach Hilfe zu suchen. Finden sich keine realen Personen dafür, unterstützen mich NPCs.
Das Online-Spiel funktioniert bei mir wunderbar flüssig. Bei einem Action-Rollenspiel von diesem Kaliber staune ich regelrecht, dass ich keine Einschränkungen im Gameplay erfahre. Die Monster benehmen sich wie gewohnt, auch wenn bis zu vier Hunter auf sie einprügeln. Das erleichtert nicht nur die Jagd, sondern macht mit Freundinnen besonders viel Spass. Im Idealfall haben sie auch Erfahrung mit «Monster Hunter» und können ihr Wissen weitergeben. Das funktioniert sogar im Crossplay, also über unterschiedliche Plattformen hinweg.
Wem zahlreiche Menüs und lange Grind-Sessions nichts ausmachen, findet die bisher wohl umfangreichste und schönste Welt in einem «Monster Hunter»-Spiel.
So hat der neue Ableger unter anderem ein dynamisches Jahreszeiten- und Wettersystem. Die beiden Jahreszeiten wechseln zwischen Öd- und Füllzeit. Also entweder floriert die Fauna oder sie muss sich nach einem einschneidenden Wetterereignis wieder erholen. Die Monster reagieren darauf entsprechend. Zum Beispiel sehen sie sich durch Futtermangel von ihrem üblichen Standort vertrieben oder tauchen während eines Sturms auf, um mir das Leben besonders schwer zu machen. Das bietet nicht nur viele Möglichkeiten zum Beobachten, sondern ist auch ein Faktor, den ich in die Vorbereitung einfliessen lassen kann.
Die Optik ist hingegen nicht strahlend neu. Auf der PS5 war der Leistungsmodus (60 FPS auf Kosten der Grafik) zufriedenstellend, neue Massstäbe setzt «Monster Hunter Wilds» jedoch nicht. Auch bin ich immer wieder über nachträglich ladende Texturen gestolpert.
Dafür sind sowohl die offenen Gebiete als auch die Monster gelungen. Auch die Menschen sehen schick aus – häufig vorkommende Charaktere wie Alma und Gemma sind deutlich detaillierter als andere NPCs. Die flüssigen und abwechslungsreichen Bewegungen der Monster geben mir das Gefühl, als würde ich wirklich epische Kämpfe gegen sie bestreiten. Und hier ist «Monster Hunter» nun mal am besten: bei der Monsterjagd.
«Monster Hunter Wilds» ist erhältlich für PS5, Xbox Series X/S und PC. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Capcom für die PS5 zur Verfügung gestellt.
«Monster Hunter Wilds» bietet mehr Umfang als alle bisherigen Ableger der Reihe und ist gleichzeitig so zugänglich wie nie zuvor. Erfahrene Jäger schwärmen über die neuen Inhalte und Neuerungen, wie etwa die Handhabung der Waffen oder das lebendige Ökosystem.
Die Kämpfe gegen die Monster sind das Highlight des Spiels. Es stehen so viele Optionen zur Verfügung, dass Neulinge sich den idealen Spielstil selbst aussuchen können. Die Kämpfe fühlen sich belohnend an und machen Lust auf Mehr. Leider ist der Weg dahin anstrengend. Zahlreiche Menüs und Inventarmanagement fressen unnötig viel Zeit.
Dasselbe lässt sich über die Geschichte sagen. Die vielen Hauptmissionen sind praktisch, um dir das komplexe Gameplay schrittweise näherzubringen. Erwartest du tiefgründige Charaktere oder eine packende Handlung, gehst du leer aus.
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Contra
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Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.