Nintendo Switch Review: Das kann die neue 2-in-1-Konsole
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Nintendo Switch Review: Das kann die neue 2-in-1-Konsole

Die Nintendo Switch nimmt die Ansätze des Wii U und setzt sie konsequent fort. Eine Heimkonsole, die auch Handheld sein will? Wird das die eierlegende Wollmilchsau oder weder Fisch noch Vogel? Wir habens getestet.

Fünf Jahre nach der Wii U ist nun der Nachfolger erschienen. Nintendos neunte Konsolen-Generation ist eine Mischung aus klassicher Heimkonsole und Handheld. Während die Japaner mit ihren Gameboys und 3DS’ immer ein gutes Händchen bewiesen, waren sie mit ihren Konsolen nicht immer gleich erfolgreich. Besonders der Wii U stiess trotz vielen tollen Spielen nur auf mässige Resonanz. Was auch der Grund sein dürfte, warum wir bereits nach verhältnismässig kurzer Zeit eine neue Konsole bekommen.

Wir haben die Nintendo Switch gleich als erstes unseren ahnungslosen Mitarbeitern in die Hand gedrückt und ihre Reaktionen gefilmt.

Tablet- vs. Konsolen-Modus

Die Nintendo Switch macht da weiter, wo der Wii U aufgehört hat. Statt ein fettes Tablet, das nur wenige Meter von der eigentlichen Konsole funktioniert, ist das nackte Tablet bei der Nintendo Switch die eigentliche Konsole. Das Dock, in das ihr die Switch steckt, wenn ihr am Fernseher spielen wollt, dient lediglich als Ladestation und Brücke zum TV. Die gesamte Rechenleistung steckt im Tablet. Das Tablet löst mit 1280x720 Pixel auf, beim Fernseher wird die Auflösung auf 1920x1080 hochgeschraubt.

Das macht die Switch aber nicht weniger Konsole. Der Wechsel von portabel zu stationär geschieht in sekundenschnelle und beide Modi funktionieren einwandfrei. Oft hab ich auf der Zugfahrt zur Arbeit gespielt. Gerade Titel wie «Zelda Breath of the Wild» kommen auf dem grossen Fernseher aber besser zur Geltung. Das 6.2 Zoll grosse LCD-Display überzeugt aber ebenfalls mit satten Farben und endlich auch Multitouch.

Dadurch, dass die Switch zwei in einem sein will, macht sie nichts davon perfekt. Leistungstechnisch kann sie niemals mit PS4 und Xbox One mithalten. Dadurch werden viele Third-Party-Spiele gar nicht oder nur in abgespeckter Form auf der Switch erscheinen. Im Tablet-Modus dagegen hält der Akku zu wenig lange.

Trotzdem ist die Vielseitigkeit klar eines der hervorstechendsten Merkmale. Angedockt vom Sofa aus, unterwegs im Tablet-Modus oder in der Mittagspause mit Kollegen, jeder einen Joy Con in der Hand – keine andere Spielkonsole bietet so viele Einsatzmöglichkeiten.

Die Controller

Wo wir gleich bei den Controller wären: den Joy Cons. Erstaunlich viel Technik steckt in den kleinen Eingabegeräten. Bewegungssensoren, Infrarot-Näherungssensor, HD-Rumble und mehr Knöpfe als ihr zählen könnt. Technisch sind sie beeindruckend, die Verarbeitung einwandfrei und das HD-Rumble-Feature ist erstaunlich präzise. Es kann euch das Gefühl von rollenden Murmeln oder einem Glas mit Eiswürfeln vorgaukeln.

Leider sind sie sehr klein. Schon mit normal grossen Händen kriegt man schon Krämpfe vom Zusehen. Beim Spielen ist mir das bisher glücklicherweise nicht passiert. Allerdings habe ich auch nie einen einzelnen davon über längere Zeit quer benutzt, wie das in einem Zweispieler «Mario Kart»-Match der Fall wäre. Die Knöpfe und die Analog-Sticks sind deutlich kleiner als bei einem PS4-Controller beispielsweise.

Die Joy Cons sind auf verschiedene Arten benutzbar:

  • Ihr könnt die Joy Cons direkt am Switch angesteckt benutzen
  • Ihr könnt in jeder Hand einen einzelnen Joy Con halten für reguläre Spiele
  • Ihr könnt in jeder Hand einen einzelnen Joy Con halten und in Motion-Games damit herumfuchteln
  • Ihr könnt in Zweispieler-Games je einen Joy Con im Querformat benutzen
  • Ihr könnt in Zweispieler-Games je einen Joy Con für Motion-Games benutzen
  • Ihr könnt die Joy Cons in den beiliegenden Grip-Controller stecken und schon habt ihr einen regulären Controller

Ausserdem gibt es zwei kleine Plastik-Leisten mit Handschlaufe dazu. Diese etwa ein Zentimeter dicken Dinger könnt ihr auf die Joy Cons stecken, wodurch sie etwas breiter und damit handlicher werden. Sie ersetzen ausserdem die winzigen SL- und SR-Tasten mit richtigen Knöpfen.

Der Grip-Controller

Der beiliegende Grip-Controller ist für sich alleine kein Controller, sondern lediglich eine Halterung für die Joy Cons. Mit einem befriedigenden Klick könnt ihr sie in den Grip hineinstecken und schon habt ihr einen klassischen Controller. Er liegt relativ gut in der Hand, aber nach längerer Spielzeit wünschte ich mir, dass er doch etwas grösser wäre. Wenn ihr primär am Fernseher zockt, empfehle ich euch den Pro Controller, der separat erhältlich ist.

Ein grosses Manko vom Grip ist der fehlende Ladeanschluss. Stecken die Joy Cons am Grip, könnt ihr sie nicht gleichzeitig aufladen. Das geht nur beim zusätzlich erhältlichen Charging-Grip. Reine Geldmacherei, wenn ihr mich fragt. Geht den Joy Cons der Saft aus, habt ihr somit keine Möglichkeit, weiter über den Fernseher zu spielen.

Nur der separat erhältliche Charging Grip kann zum Laden und Spielen gleichzeitig benutzt werden.

Die Spiele

Zum Launch sind verhältnismässig wenig Spiele verfügbar. Sie kommen entweder als Modul, das aussieht wie eine SD-Speicherkarte oder als digitaler Download. Da die Switch nur 32 GB internen Speicher besitzt, habt ihr für letztere nicht viel Platz frei. Ihr könnt allerdings mit microSD-Karten (bis zu 2 TB) nachrüsten. Hier die komplette Liste.

  • 1 2 Switch
  • Dragon Quest Heroes I & II (Japan, EU ohne Termin)
  • FAST RMX
  • Human Resource Machine
  • I Am Setsuna
  • Just Dance 2017
  • Little Inferno
  • Shovel Knight
  • Skylanders Imaginators
  • Snipperclips
  • Super Bomberman R
  • The Legend of Zelda: Breath of the Wild
  • World of Goo

Zu den wichtigsten gehört sicherlich das fantastische «Zelda». Den ausführlichen Test findet ihr hier.

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Der zweite Nintendo eigenen Titel ist «1-2-Switch».

«1-2-Switch»

Eine Sammlung aus 28 Minispielen. Leider nicht annähernd auf dem Niveau von Wii Sports. Das interessante daran ist, dass ihr meist nicht auf den Bildschirm schauen müsst, sondern eurem Gegenspieler in die Augen. In Quick Draw, einem Wild-West-Duell-Spiel, geht es darum, wer schneller zieht. Sprich: Den Joy Con im richtigen Moment nach oben zieht und den Abzug betätigt. Dann gibt es Tischtennis bei dem ihr euch ebenfalls aufs Gehör verlassen solltet. Spielt sich genauso merkwürdig wie es klingt. Und dieses Gefühl zieht sich durch alle Minispiele. Kühe melken, Babies in den Schlaf wiegen, Telefon abnehmen: Mehr als ein kurzer Jux, um euren Freunden die Switch vorzuführen ist die Sammlung nicht. Nintendo sieht offenbar Potential als Trinkspiel, aber wenn das die Messlatte ist, dann gute Nacht.

«1-2-Switch» wirkt eher wie eine Sammlung von Tech-Demos, die euch gleichzeitig den Einsatz und die Vielseitigkeit der Joy Cons näherbringen soll. «1-2-Switch» hätte direkt der Konsole beiliegen sollen.

«Snipperclips»

Zwar konnte ich das Knobelspiel noch nicht ausführlich testen, aber mein erster Eindruck war sehr positiv. Ihr könnt es zu zweit spielen. Jeder Spieler übernimmt die Kontroller über eine von zwei Papierfiguren. Ihr könnt euch gegenseitig zuschneiden, indem ihr eure Körper übereinander legt. Auf diese Weise versucht ihr die verschiedenen Levels zu lösen. Mal müsst ihr Ballone verplatzen lassen, mal eine Bleistift balancieren und anschliessend zuspitzen. Klingt mondän ist aber richtig knifflig und macht sehr viel Laune.

Online-Service und teures Zubehör

Der Online-Service wird sich Nintendo künftig kosten lassen. Zu Beginn ist er allerdings noch kostenlos. Er wird benötigt, wenn ihr Multiplayer-Spiele wie «Mario Kart» oder «Splatoon» mit Freunden spielen wollt. Testen konnte ich das noch nicht, da noch keines dieser Spiele zum Review-Zeitpunkt verfügbar war.

Auch die Virtual Console, wo ihr Nintendo-Klassiker kaufen könnt wird es wieder geben. Zum Start ist sie aber noch nicht verfügbar. Unklar ist auch, ob ihr Rabatte erhaltet für Spiele, die ihr dort bereits gekauft habt.

Beim Zubehör müsst ihr tief in die Tasche greifen. Angefangen beim Charging-Grip, den ihr kaufen müsst, wenn ihr grundsätzliche Funktion wollt wie, spielen, während sich der Controller auflädt. Der zusätzliche Pro-Controller oder zusätzliche Joy Cons lässt sich Nintendo ebenfalls einiges kosten. Und eine microSD-Speicherkarte werdet ihr wohl auch benötigen.

Startschwierigkeiten

Vereinzelte Tester beklagten Verbindungsschwierigkeiten mit den Joy Cons. Der Game-Blog Eurogamer konnte das Problem bis zu einem gewissen Grad reproduzieren. Meist lag der Grund bei einer zu grossen Distanz, einem zu fest umhüllten Joy Con oder wenn man ihn hinter dem Rücken hat und damit der Sichtkontakt zur Konsole abbricht. Selbst hatte ich damit keine Probleme.

Dafür stürzte meine Switch zu Beginn jedesmal ab, wenn sich der Bildschirm ausschaltete. Alles was mir blieb, war eine nichtssagende Fehlermeldung mit dem Hinweis, einen Hardreset zu machen in dem ich 12 Sekunden den Power-Button drücke. Erst nachdem ich das Gerät auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt hatte, lief alles problemlos.

Einem Kollegen von mir, der die Switch ebenfalls testete, erging es nicht viel besser. Zwischendurch konnte er das Gerät nicht mehr starten. Bei ihm verging das Problem allerdings von selbst. Das war alles noch vor dem ersten Update, das ich mittlerweile installiert habe.

Verfügbarkeit

Da wir sehr viele Vorbestellungen bekommen haben, Nintendo uns aber nur eine beschränkte Stückzahl liefern kann, wird es zu Beginn nur noch wenige Modelle zu kaufen geben. Und auch die werden schnell weg sein. Wir sollten aber laufend neue bekommen, so dass hoffentlich jeder so schnell wie möglich eine Switch bekommt.

Fazit: Auf gutem Weg

Mir hat es die Switch schwer angetan. Das Hybrid-Konzept geht auf. Unterwegs geniesse ich den grossen Bildschirm auf dem ich unzählige Stunden ein waschechtes «Zelda» spielen konnte. Zuhause stecke ich die Switch in das Dock und schwups, schon gehts auf dem Fernseher weiter. Mit den technisch ausgeklügelten Joy Cons geht das Flexibilitäts-Prinzip weiter. Leider führt kein Weg daran vorbei, wie grenzwertig klein sie sind. Es lässt sich dennoch in allen Varianten (und davon gibt es einige) ganz gut spielen. Das Spieleangebot zum Launch ist noch etwas dünn, aber mit «Zelda» steht ein Musthave für alle Nintendo-Fans bereit. Enttäuschend ist dagegen «1-2-Switch». Die Minispiel-Sammlung hätte höchstens als Gratis-Beilage funktioniert. Die fehlende Unterstützung für Bluetooth-Kopfhörer isch schade, dafür ist wenigstens ein Kopfhöreranschluss vorhanden. Über den Online-Service weiss man immer noch zu wenig und die mickrigen 32 GB interner Speicher sind ebenfalls ein Wermutstropfen.

Abgesehen davon hat Nintendo mit der Switch eine äusserst attraktive Konsole entwickelt – mit Nintendos typischem Charme und typischer Schrägheit. Der Grundstein für eine erfolgreiche Konsolengeneration ist damit gelegt und ich bin schon sehr gespannt, was für kuriose Spiele uns in Zukunft erwartet.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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