«Once Human» will das nächste «Forever Game» sein, aber ist es dafür gut genug?
«Once Human» ist ein Online-Survival-Spiel mit Basenbau, Crafting und riesigen Bossgegnern. Es ist Free to Play und will, dass du monogam wirst. Zeit für andere Spiele bleibt daneben nämlich kaum.
«The First Descendent», «Zenless Zone Zero» und jetzt «Once Human» – drei prestigeträchtige Free-to-Play-Spiele, die alleine dieses Jahr erschienen sind. Und wie alle Games dieser Art funktionieren sie nur, wenn möglichst viele Menschen möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen und dabei möglichst viel Geld ausgeben.
Solche Spiele empfangen dich mit offenen Armen und einem einfachen Einstieg. Die Rechnung geht aber nur auf, wenn jemand die Zeche dafür zahlt. Darum will jeder neue Free-to-Play-Titel das nächste «Forever Game» im Stil eines «Fortnite», «Minecraft» oder «Rust» sein.
«Once Human» stolpert dabei möglicherweise über die eigene Gier – der Gier nach Daten. Beim Starten musst du den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch die AGB von «Once Human» sorgen dafür, dass das Spiel auf Steam nicht über eine «Ausgeglichen»-Wertung herauskommt.
So heisst es, dass User unter anderem Identitätskarte, Wohnadresse, Geburtsdatum oder Messaging-Account preisgeben müssen. Starry Studio, respektive Netease, das chinesische Unternehmen, welches das Spiel published, haben bereits eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin heisst es, dass sie die ID nur in bestimmten Fällen verlangen. Beispielsweise, wenn die Behörden danach fragen oder wenn die Eltern identifiziert werden müssen, falls das Kind zu jung zum Spielen ist. Weitere sensible Daten sollen User nur auf freiwilliger Basis mittels Umfragen teilen.
Auf Steam, wo das Spiel neben Epic- und Windows-Store erhältlich ist, schafft es «Once Human» trotz Datenschutzbedenken fast unter die Top Ten der meistgespielten Games. Nicht zu Unrecht, wie ich nach knapp zehn Stunden finde. «Once Human» ist ein Online-Survival-Game mit allem, was dazu gehört. Du kannst eine eigene Basis errichten, Ressourcen abbauen, Waffen und Gegenstände craften und mit anderen Spielerinnen die riesige Welt erkunden.
Rosetta-Stein und Sternenstaub
Angesiedelt ist das Ganze in einer postapokalyptischen Welt – wie könnte es anders sein. 1967 fanden Forscher heraus, dass der Rosetta-Stein Materie von einem fremden Planeten enthält. Die daraufhin gegründete Organisation mit dem gleichen Namen experimentierte damit herum. Daraufhin löste sich ein geheimnisvoller Sternenstaub, der sich über die ganze Welt verbreitete. Die Mehrheit der Bevölkerung mutierte zu Monstern. Gleichzeitig öffnete sich eine Art neue Dimension und Übermenschen namens «Beyonders» hat Rosetta auch noch gezüchtet. So einen spielst du in «Once Human». Die Story ist absolut verworren und ohne Wiki könnte ich dir kein Wort davon erzählen. Aber das spielt auch keine Rolle.
«Once Human» ist ein typisches Free-to-Play-Hamsterrad. Die Welt ist riesig, überall gibt es etwas zu entdecken, mein Questlog ist prall gefüllt und ich habe nie genug Ressourcen, um alles zu bauen, was ich möchte. Was ich bisher erlebt habe, macht Laune.
Meine Unterkunft nimmt Form an. Ich habe mir schicke neue Ausrüstung gecraftet, in der Garage tune ich mein Motorrad und im Schmelzofen produziere ich Glas für spezielle Vitrinen. Dort stecke ich sogenannte «Deviation» rein. Das sind magische Wesen, die ich im Kampf einsetzen kann, die mir beim Ressourcen-Sammeln helfen oder sonstigen Hausarbeiten nachgehen. An Beschäftigung und Inhalt mangelt es wahrlich nicht. Dazu sieht die postapokalyptische Welt mit Schulbuss-Monstern mit sechs Beinen oder Mutanten mit Scheinwerfer-Köpfen angenehm surreal aus.
Die Favelas von «Once Human»
Mit der hohen Siedlungsdichte kann ich mich noch nicht richtig anfreunden. In einem postapokalyptischen Survival-Spiel möchte ich nicht in jeder Himmelsrichtung einen Steinwurf entfernt unzählige Nachbarn haben.
Am schlimmsten ist es in der Nähe wichtiger Questgebiete oder bei Dungeons. Die Strassen dorthin sind beidseitig übersät mit kleinen Camps, die als Wiederbelebungspunkt dienen. Da komme ich mir vor, als wäre ich falsch abgebogen und aus Versehen in brasilianischen Favelas gelandet.
Noch bin ich trotzdem motiviert, weiter in die Welt von «Once Human» einzutauchen. Die schiere Menge an Checklisten, die ich abarbeiten kann, die unzähligen Ressourcen und die vollgestopften Menüs aus Upgrade- und Skillmöglichkeiten wachsen mir aber schon jetzt über den Kopf. Darum frage ich mich wie bei jedem neuen Free-to-Play-Titel: Ist das Spiel gut genug, um für eine kritische Masse zum «Forever Game» zu werden? Denn gut ist nicht gut genug. Im Falle von «Once Human» kommen noch die Datenschutzbedenken hinzu.
Jeden Monat erscheinen neue Games, die verlangen, dass du ihnen deine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkst. Ich kann es nur schon aus beruflichen Gründen nicht. Ich muss auch andere Spiele spielen. Aber mich packt auch äusserst selten eines dieser Spiele so stark, dass ich alles andere liegen lassen möchte.In «Once Human» steckt zweifellos sehr viel Arbeit. Ob das Spiel zum Dauerbrenner à la «Fortnite» wird, oder sich in einem Jahr zu «Bloodhunt», «Redfall» oder «Exoprimal» gesellen muss, wird sich zeigen.
«Once Human» ist für PC verfügbar und erscheint demnächst auch für Android und iOS.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.