Plaion S.T.A.L.K.E.R. 2 Heart of Chernobyl - Limited Edition
PC, Multilingual
Die Welt von «Stalker 2» ist verstrahlt, unheimlich, voller Gefahren und ich will sofort wieder dorthin zurück. Die Zone ist wieder genauso verlockend wie beim ersten Teil.
Versucht haben es viele. Geschafft, hat es niemand. Diese Mischung aus riesiger Spielwelt, die an jeder Ecke mit Geheimnissen lockt. Gleichzeitig steckt sie voller tödlicher Gefahren, die mich in sekundenschnelle ins verstrahlte Gras beissen lassen. Dazu gibt es eine grosse Prise Ostblock-Charme. Dieses einzigartige Flair bleibt «Stalker: Shadow of Chernobyl» aus dem Jahr 2007 vorenthalten – bis heute.
«Stalker 2: Heart of Chornobyl», das vom ukrainischen Studio GSC unter erschwerten Umständen entwickelt wurde, zieht mich in seinen Bann, wie es nur der fast 20-Jahre alte Vorgänger geschafft hat. Als Fan dystopischer Welten und bombastischer Grafik ist das Spiel wie gemacht für mich. Fast photorealistisch hat GSC die unwirkliche Landschaft mit kargen Wäldern, radioaktiv verstrahlen Weihern und verlassenen Fabrikhallen eingefangen. Endzeit-Touristen wie ich kommen voll auf ihre Kosten.
In «Stalker 2» dominiert die Farbe Rostbraun. Und doch wird es nie langweilig. Ob bei Nacht oder bei Tag, die Welt ist durch die tollen Lichteffekte beeindruckend in Szene gesetzt. Scheint die Sonne, wirkt die Zone richtig idyllisch. Wenn sich hingegen das Mondlicht auf meiner AK74 spiegelt, ist die Ruhe trügerisch. Ausserhalb des Kegels meiner Taschenlampe könnten tödliche Gefahren auf mich lauern.
Wegen der Geschichte spiele ich «Stalker 2» hingegen nicht. Die soll zwar verschiedene Pfade erlauben, ich höre trotzdem nur mit einem Ohr zu. Wesentlich spannender sind die persönlichen Geschichten, die das Spiel schreibt. Etwa, wenn ich mich mal wieder von einer heruntergekommenen Industrieanlage ablenken lasse – nur, um von einem mutierten Riesen-Wildschwein überrascht zu werden. Bevor ich meine Waffe ziehen kann, beginnt die Luft zu knistern und blaue Blitze steigen vom Boden auf. Im nächsten Moment fängt das Monster Feuer und zersetzt sich in tausend Einzelteile. Das Lachen über den glücklichen Zufall bleibt mir sofort im Halse stecken, als mein Anomalie-Sensor wild zu piepsen beginnt. Bevor ich reagieren kann, wird der Bildschirm blendend hell, es folgt ein lauter Knall und ich liege tot am Boden. Auf dem Game-Over-Screen springt mein Todeszähler auf 70.
«Stalker 2» ist genau wie der erste Teil erbarmungslos. Ein Fehltritt kann schnell der Letzte sein. Banditen oder feindliche Soldaten agieren clever, verschanzen sich oder schwärmen aus, um mich einzukesseln. Ich habe kaum Zeit, um mich zu heilen, bevor die nächste Granate vor meine Füsse fliegt. Die mutierten Wesen agieren etwas dümmer, sorgen dafür durch ihre schiere Anzahl oder ihre Aggressivität für einen hohen Puls. Und die ständige Gefahr einer Anomalie zu begegnen, in einen apokalyptischen Sturm zu geraten oder im Vollsprint in ein radioaktives Gebiet zu rennen, sind allgegenwärtig. Ich kann zwar Schnellspeichern, in Kämpfen ist das allerdings nicht möglich, was die teilweise längeren Gefechte nervenaufreibend macht.
Hinzu kommen Survival-Mechaniken wie Hunger, Schlaf, Strahlung und Verletzungen, die ich im Auge behalten muss. Gegen Strahlung hilft Kosaken-Wodka, den ich immer im Rucksack mitschleppe. Für einmal stört mich auch das Tragelimit nicht – oder zumindest fast nicht. «Stalker 2» will einigermassen realistisch sein. So fühlt es sich nach verdienter Arbeit an, wenn ich es schaffe, zwei halbwegs guterhaltene Waffen beim Händler abzuliefern. Schnellreise gibt es nämlich nur sehr eingeschränkt.
Das Geld ist dringend nötig. Ohne Skilltree oder ähnliche Rollenspielelemente kann ich lediglich mittels Ausrüstung meine Überlebenschancen in der Zone erhöhen. Selbst das kleinste Waffenupgrade kostet ein Vermögen und gilt auch nur für diese eine Waffe. Ich muss ihr also Sorge tragen und kann nicht einfach einem erledigten Feind eine neue abnehmen. Dadurch fühlt sich jede Verbesserung bedeutend an. Ein Visier an eine Waffe dranzumachen, ist ein Highlight.
«Stalker 2» ist definitiv kein Spaziergang, zumindest nicht auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad. Das war schon beim ersten Teil der Fall. Ebenfalls an 2007 erinnern die vielen Bugs, die das Game zum Launch aufweist. Bei «Shadow of Chernobyl» gehörte es zum Nervenkitzel dazu, dass du während eines Feuergefechts nicht nur um dein Leben gezittert hast, sondern auch darum, dass das Spiel nicht im ungünstigsten Moment abstürzte. Diversen Reviews und Forum-Posts zufolge soll auch «Stalker 2» noch ziemlich holprig daherkommen. Bei mir persönlich läuft es bisher auf zwei verschiedenen PCs relativ rund. Ein paar Mal hat sich das Interface verabschiedet, einmal war eine Quest kurzzeitig blockiert und ein andermal lief bei einem Soldat beim Spazieren immer noch die Pinkel-Animation. Das sah, dann so aus, als ob seine Hose einen Sprinkler verbaut hatte. Normales «Stalker»-Zeugs halt. Und die Performance geht bei der spektakulären Grafik auch in Ordnung.
Auch nach über 15 Stunden fühlt sich die Welt von «Stalker 2» surreal und bedrohlich an. Fast wie auf einem fremden Planeten. Bei einem Glas Wodka in einer improvisierten Unterkunft mitten im Nirgendwo werde ich aber immer wieder daran erinnert, dass ich nicht alleine in dieser gottverlassenen Gegend bin. Und schliesslich bin ich ja freiwillig hier. Voller Vorfreude hocke ich mich jeden Abends aufs Neue vor meinen PC. Allen Widrigkeiten zum Trotz verübt «Stalker 2» eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich. Mir ergeht es wie den Stalkern im Spiel. Im verstrahlten Sperrgebiet rund um den zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl – voller Anomalien, alptraumhafter Mutanten und kaltblütiger Banditen – fühle ich mich wie zu Hause. Die Zone ruft und ich folge ihr. Immer und immer wieder.
«Stalker 2» ist für PC, Xbox Series S/X und Game Pass verfügbar.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.