«Rise of the Rōnin» Vorschau: zwischen Soulslike und «Ghost of Tsushima»
Kritik

«Rise of the Rōnin» Vorschau: zwischen Soulslike und «Ghost of Tsushima»

Ich habe «Rise of the Rōnin» vor dem Release am 22. März bereits angespielt. Das Game besticht trotz harzigem Start durch eine spannende Open World und ein unterhaltsames Kampfsystem. Grafisch überzeugt mich das Action-RPG nicht.

Fans von historischen japanischen Settings kommen gerade voll auf ihre Kosten. Letzten Monat ist mit «Shōgun» eine hervorragende Miniserie gestartet, die im Japan des 16. Jahrhunderts spielt. Am 22. März erscheint mit «Rise of the Rōnin» ein neues, PS5-exklusives Samurai-Game des legendären Entwicklerstudios Team Ninja.

Dieses setzt am Ende der historischen Edo-Periode im späten 19. Jahrhundert an. Japan öffnet sich dem Westen. Politische Spannungen eskalieren, das Land wird in einen Bürgerkrieg gestürzt. Und ich bin als herrenloser Rōnin mittendrin im Chaos. Meine Vorfreude ist riesig.

Im Charakter-Creator könnte ich Stunden verbringen

Für die Vorschau habe ich rund fünf Stunden mit dem Game verbracht. In meiner limitierten Spielzeit schliesse ich einige Hauptmissionen ab und mache die Open World rund um die Hafenstadt Yokohama unsicher. Zunächst tobe ich mich aber lange im Charakter-Creator aus.

Der ist erstaunlich ausführlich und lässt mich das Aussehen meiner Spielfigur bis ins kleinste Detail anpassen. Ich gebe meinem Rōnin ein grimmiges, vernarbtes Gesicht. Muskulös soll er auch sein, logisch. Bei den Haaren und der Haarfarbe will ich nicht übertreiben. Dafür gehe ich bei den Tattoos all in – Koi-Karpfen und Blumen sind eine schöne Kombination.

Mein männlicher Rōnin. Wunderschön, oder?
Mein männlicher Rōnin. Wunderschön, oder?
Quelle: Domagoj Belancic

Nach knapp 45 Minuten bin ich endlich zufrieden mit meiner Kreation. Ich bin bereit, in den Kampf zu ziehen. Und dann verrät mir das Spiel, dass ich noch einen zweiten Charakter erstellen muss – die Story dreht sich nämlich um ein gefürchtetes Rōnin-Paar. Meine kreativen Reserven sind aufgebraucht. Bei meiner weiblichen Rōnin gebe ich mir nicht mehr so viel Mühe und setze mehrheitlich auf Presets. Trotzdem bin ich mit dem Ergebnis zufrieden.

Meine Rōnina. Trotz wenig Aufwand bin ich zufrieden.
Meine Rōnina. Trotz wenig Aufwand bin ich zufrieden.
Quelle: Domagoj Belancic

Hast du gar keinen Bock, dich mit dem Charakter-Creator auseinanderzusetzen, kannst du die zwei vordefinierten Spielcharaktere verwenden. Oder du lässt dir zufällig zusammengebastelte Figuren erstellen. Die Resultate des Zufallsgenerators sind aber meist … fragwürdig.

Der Zufallsgenerator ist, sagen wir mal, interessant.
Der Zufallsgenerator ist, sagen wir mal, interessant.
Quelle: Domagoj Belancic

Redaktionskollege Simon hat bei seinen Spielcharakteren wie üblich alle Register gezogen und die absolut hässlichsten Kombinationen gefunden. Ich bin gespannt, was für verrückte Kreationen Spielerinnen und Spieler nach dem Launch des Games zusammenbasteln werden.

Mit Simons höllischen Kreaturen könnte ich das Game nicht spielen.
Mit Simons höllischen Kreaturen könnte ich das Game nicht spielen.
Quelle: Simon Balissat

Der Anfang harzt

Nachdem ich meine Charaktere generiert habe, muss ich zunächst zahlreiche Tutorial-Missionen absolvieren. Ich trete in einem Übungskampf gegen eine alte Schwertmeisterin an, infiltriere ein amerikanisches Handelsschiff und verteidige mein Dorf vor dem Angriff vermummter Assassinen. Etwas holprig wirkt das Storytelling in diesen Anfangsmissionen. Wieso mache ich das alles und was sind die Motivationen der verschiedenen Charaktere? Keine Ahnung. Ich lasse es einfach passieren und akzeptiere das Chaos.

Noch holpriger ist mein Einstieg in das Kampfsystem. Ich werde mit Tutorials, überfüllten Menüs und Tastenkombinationen überhäuft, kann mir aber nicht alles merken und verzweifle schon am ersten Zwischenboss. Auch das lineare Leveldesign des Intros frustriert und langweilt mich. Es will einfach nicht «Klick» machen. Meine Vorfreude auf das Rōnin-Abenteuer weicht einer Sorge.

Die ersten paar Missionen hinterlassen keinen guten Eindruck.
Die ersten paar Missionen hinterlassen keinen guten Eindruck.
Quelle: Sony

Spannende Spielwelt, unspektakuläre Grafik

Nach den linearen Tutorial-Missionen werde ich in der offenen Spielwelt von «Rise of the Rōnin» ausgesetzt. Das Anfangsgebiet rund um die Hafenstadt Yokohama lädt mit seiner hügeligen Landschaft und den wunderschönen Stränden zum Erkunden ein.

Nach den ersten Schritten in der Open World sind meine anfänglichen Bedenken wie verflogen. Ja, der Einstieg in das Game ist holprig, aber was ich hier sehe, macht Hoffnung. Ich will jeden Quadratmillimeter dieser Welt erkunden. Überall sehe ich irgendetwas Spannendes. Relativ schnell schalte ich neue Transportmittel frei. So reite ich mit einem schnellen Pferd umher, klettere mit einem Enterhaken Häuser und Felsschluchten hoch und fliege mit einem selbstgebastelten Gleiter durch die Lüfte. Das Fortbewegen macht Spass und motiviert mich noch mehr, die Spielwelt zu erkunden.

Ich liebe den Gleiter.
Ich liebe den Gleiter.
Quelle: Sony

Aufgrund des historischen Settings fühle ich mich unweigerlich an die grandiose Open World von «Ghost of Tsushima» erinnert. Im Gegensatz zum PS4-Klassiker zieht die visuelle Präsentation von «Rise of the Rōnin» bisher klar den Kürzeren. Beim Erkunden der Spielwelt werde ich stellenweise von Rucklern, Pop-In-Effekten und unschönen Texturen begleitet. Auch die Spielfiguren und Animationen sehen nicht alle zeitgemäss aus. Bis zum Release des Spiels sollen noch Patches nachgeliefert werden – dass diese grafische Wunder bewirken werden, wage ich aber zu bezweifeln.

Grafisch ist das Spiel okay. Mehr nicht.
Grafisch ist das Spiel okay. Mehr nicht.
Quelle: Sony

Eine Prise Soulslike

In der spannenden Open World vergesse ich schnell, dass ich eigentlich eine relativ dringliche Hauptmission zu erledigen hätte. Nebenquests und Minispiele, wie ein Schiessstand oder ein Flug-Parcours, lenken mich ab. Ich suche nach versteckten Katzen, mit denen ich neue, seltene Rüstungen freischalte. Oder helfe umherstreifenden Bürgern. Und ich befreie unzählige Dörfer von fiesen Banditen. Typisch Open World.

In diesen Befreiungsmissionen freunde ich mich dann auch mit dem Kampfsystem von «Rise of the Rōnin» an. Ich ziehe mit Katanas und Speeren, aber auch mit Handfeuerwaffen sowie Pfeil und Bogen in die oftmals sehr blutige Schlacht. Die Kämpfe sind ein delikater Tanz zwischen Angriff und Defensive, bei dem ich stets ein Auge auf meine Stamina-Anzeige haben muss. Mit jedem Angriff, Blocken und Ausweichen verliere ich ein Stückchen Ausdauer, oder wie es in «Rise of the Rōnin» heisst: «Ki». Ist die Leiste komplett leer, bin ich den gegnerischen Angriffen hilflos ausgeliefert.

Mit einem perfekt getimten Konterangriff wehre ich gegnerische Angriffe nicht nur ab, sondern beraube die Angreifer ihrer Ki-Kraft und mache sie für kurze Zeit verwundbar.

Die Kämpfe sind blutig. Sehr blutig.
Die Kämpfe sind blutig. Sehr blutig.
Quelle: Sony

Wer schon mal Soulslike-Games von Team Ninja gespielt hat, wird schnell mit den Grundfesten des Kampfsystems klarkommen. Das Ganze ist zwar nicht so schön spektakulär und flüssig inszeniert, wie in «Ghost of Tsushima», macht aber allemal Laune. Hirnloses Drauflosschlagen führt mich meist zum Tod – jeder Gegner erfordert ein bedachtes Vorgehen und perfektes Timing. Sterbe ich in der Open World, verliere ich meine bisher erspielten Erfahrungspunkte. Die kann ich mir zurückholen, indem ich mich nach meiner Wiedergeburt an meinem Bezwinger räche und ihn töte. Ebenfalls typisch Soulslike: Ruhe ich mich an einem Checkpoint aus, fülle ich Lebenspunkte, Medizin und Munition auf, dafür respawnen bereits getötete Gegner wieder.

Ganz so schwer wie andere Soulslike-Titel ist «Rise of the Rōnin» aber nicht. Ich habe die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsstufen. Mit der einfachsten Option sollten selbst absolute Soulslike-Noobs wie ich mit dem Kampfsystem klarkommen – trotz ungünstigem Tutorial.

Dieser grosse Brocken dient als herausfordernder Bosskampf.
Dieser grosse Brocken dient als herausfordernder Bosskampf.
Quelle: Sony

Das Kampfsystem hat Potenzial

Bisher habe ich nur an der Oberfläche des Kampfsystems gekratzt. Ein Blick in die Menüs verrät mir, dass zahlreiche Fertigkeitsbäume und unzählige Waffenkombinationen darauf warten, von mir freigeschaltet zu werden. Im Verlauf meiner kurzen Anspiel-Session schalte ich auch einen zusätzlichen Kampfstil für eine meiner Waffen, das Katana, frei. Je nach Gegnertyp und verwendeter Waffe sind meine eingesetzten Stile mehr oder weniger effektiv – auch hier fühle ich mich an «Ghost of Tsushima» erinnert.

Ich bin gespannt, wie sich all die verschiedenen Stile, Fertigkeiten und Kombinationsmöglichkeiten im weiteren Spielverlauf entfalten. Noch kann ich nicht beurteilen, ob mich die Schwert- und Pistolenduelle langfristig motivieren werden – das Potenzial ist aber da.

Neue Kampfstile wie «Shinto Munen-ryu» werden im Verlauf der Geschichte freigeschaltet.
Neue Kampfstile wie «Shinto Munen-ryu» werden im Verlauf der Geschichte freigeschaltet.
Quelle: Sony

Ebenfalls viel Potenzial sehe ich in den Haupt- und Nebenmissionen, die mich ab und zu aus der offenen Spielwelt in geschlossene Spielbereiche entführen. In diesen Momenten fühlt sich «Rise of the Rōnin» am meisten wie ein «echtes» Soulslike-Spiel an. Manchmal werde ich während solcher Missionen von weiteren Charakteren unterstützt und kann sie sogar selber steuern. Anscheinend gibt es auch ein Beziehungssystem mit den zusätzlichen Spielfiguren. Je mehr Zeit ich mit ihnen verbringe und je stärker unsere Bindung ist, desto mehr Optionen im Kampf schalte ich frei. Auch hier sehe ich viel Potenzial für spannende Gameplay-Twists.

Ryoma Sakamoto ist einer der zusätzlichen Spielcharaktere – es handelt sich um eine reale, historische Figur.
Ryoma Sakamoto ist einer der zusätzlichen Spielcharaktere – es handelt sich um eine reale, historische Figur.
Quelle: Sony

Zwischenfazit: Das könnte was werden

Nach dem verkorksten Start habe ich mich nach einigen Anläufen mit dem Soulslike-Kampfsystem angefreundet und mich in die japanische Open World verliebt. Abgesehen von der mauen grafischen Präsentation, bin ich mittlerweile voll in der Welt von «Rise of the Rōnin» angekommen.

Ich bin gespannt, ob mich die offene Spielwelt langfristig zum weiteren Erkunden motiviert und ob das Kampfsystem mit all den freischaltbaren Fähigkeiten für zusätzliche Tiefe im Gameplay sorgen wird. Ich bin vorsichtig optimistisch und kann es kaum erwarten, mein Rōnin-Abenteuer fortzusetzen.

«Rise of the Rōnin» erscheint am 22. März für die PS5. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Sony zur Verfügung gestellt. Ein ausführlicher Testbericht folgt am 21. März.

Sony Rise of the Ronin (PS5, DE)
Game

Sony Rise of the Ronin

PS5, DE

Sony Rise of the Ronin (PS5, DE)
Game

Sony Rise of the Ronin

PS5, DE

Titelbild: Sony

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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