Samsung 980 Pro: Mit PCIe 4.0 an die Spitze?
Nach zweijähriger Durststrecke veröffentlicht Samsung mit der 980 Pro ein neues SSD-Spitzenmodell. Grösste Neuerung: Das Teil ist PCIe 4.0 kompatibel und soll doppelte Lesegeschwindigkeiten gegenüber der Vorgängerin bieten.
Eine M.2-SSD ist die unsexiste Komponenten im PC: Sie verschwindet in ihrem Slot hinter all den RGB-beleuchteten Komponenten meist komplett. Aber: Kein PC-Upgrade bringt einen derart spürbaren Leistungszuwachs, wie eine M.2-SSD.
AMD hat mit den Ryzen-3000-Prozessoren im vergangenen Jahr die PCIe-4.0-Ära eingeläutet. Damit sind doppelt so schnelle Datenübertragungsraten als mit dem Vorgänger PCIe 3.0 möglich. Obwohl der Standard bereits seit einem Jahr verfügbar ist, hält sich die kompatible Hardware in Grenzen. Bei uns im Shop gibt’s gerade mal 17 PCIe 4.0 SSDs. Bei der Version 3.0 sind’s 224 (Stand: 15.09.2020). Jetzt gesellt sich die Samsung 980 Pro zur PCIe 4.0 Meute und schickt sich an, den Thron der schnellsten SSD zu erklimmen.
Die SSD im Detail
Die 980 Pro gibt’s in drei Varianten im M.2-2280-Formfaktor: Mit 250, 500 sowie 1000 GB. Alle Modelle verfügen über den hauseigenen Elpis-Controller und TLC-3D-NAND-Speicher. Das 1-TB-Modell bietet im Gegensatz zu den 250- und 500-GB-Modellen doppelt so viel DRAM-Cache, 1 GB LPDDR4, und auch höhere Lesegeschwindigkeiten: Maximal 7000 MB/s. Beim 500-GB-Modell sind’s 6900 MB/s und die Kleinste muss sich mit 6400 MB/s zufrieden geben.
Die Schreibrate im SLC-Cache beträgt bei den Ausführungen mit 500 GB und 1 TB bis zu 5000 MB/s. Das 250-GB-Modell kommt auf 2700 MB/s. Bei den IOPS notiert Samsung bei der 1-TB-Version bis zu einer Million IOPS – 4K-Transfer mit eine Queue Depth (QD) 32. QD bezieht sich auf die Anzahl der ausstehenden Zugriffsoperationen. Bei QD32 werden 32 Zugriffsoperationen gleichzeitig ausgeführt. Das stellt gegenüber dem Vorgänger 970 Pro eine Verdoppelung dar. Geht es um QD1 spricht Samsung von bis zu 60 000 IOPS bei allen Modellen.
Ich teste das 1-TB-Modell, das mir Samsung für den Test zur Verfügung stellt. Bei der Lebensdauer gibt Samsung 5 Jahre oder 600 geschriebene Terrabytes (TBW) an, bevor die Garantie erlischt. Das sind halb so viele wie beim Vorgänger 970 Pro. Bei den kleineren Modellen halbiert sich dieser Wert jeweils. 600 Terrabytes hören sich nach wenig an, aber selbst wenn du pro Tag 100 GB Daten auf deine SSD schreibst, sollte sie über 16 Jahre halten.
Falls du mehr zur Funktionsweise von SSDs wissen möchtest, empfehle ich dir folgenden Artikel.
Testmethode und Set-up
Um die Temperatur der SSDs zu überwachen verwende ich CristalDisk Info. Das Tool gibt mir darüber hinaus Informationen zur Gesundheit der Laufwerke, der Schnittstelle, und dem Übertragungsmodus. Falls du dich für den Einfluss der Temperatur auf die Geschwindigkeit einer SSD interessierst, gibt es das in diesem Artikel.
Der ATTO Disk Benchmark verwendet nicht komprimierte Daten. Dabei testet er Lese- und Schreibleistung verschiedener Übertragungsgrössen von 512 B bis 64 MB. Die Angaben zur Lese- und Schreibleistung vieler Hersteller beruhen auf dieser Testmethodik: Sie liefert bessere Ergebnisse, da Rohdaten schnell gelesen und geschrieben werden. Im Alltag kriegen es SSD aber auch mit komprimierten Daten zu tun, weshalb ich noch weitere Benchmarks mache.
Der Benchmark von Anvil’s Storage Utilities gibt nicht nur die Lese- und Schreibgeschwindigkeiten an, sondern auch Informationen zu IOPS und den Antwortzeiten. Zudem kann ich den Anteil komprimierter und nicht komprimierter Daten im Benchmark bestimmen. Ich stelle den Anteil komprimierter auf 46 Prozent. Die restlichen Einstellung lasse ich auf Standard.
An einem tatsächlichen Szenario orientiert sich der Storage Benchmark von PCMark 8. Der PCMark-8-Storage-Test simuliert Arbeitsschritte diverser Anwendungen aus der Adobe Creative Suite, Microsoft Office und Spielen. Er zeichnet die Speicheraktivität auf und generiert auf Basis der gespeicherten Festplattenaktivität einen Benchmark-Score.
Nebst den drei Benchmarks messe ich bei «Final Fantasy XV», «Rise of the Tomb Raider» und «Resident Evil 2 Remake» die Ladezeitdauer. Dann installiere ich noch «CS: GO» und schaue, wie lange die Installation dauert.
Zu guter Letzt kopiere ich noch zwei unkomprimierte Filme mit einer Gesamtgrösse von 69 GB von der SSD auf die SSD und messe die benötigte Zeit für die Datenübertragung. Dieser Test erlaubt es mir zu eruieren, ob die SSD ab einer gewissen Datenmenge die Übertragnungsgeschwindigkeit runterdrosselt.
Den Test mache ich auf unserem DimasTech Easy V3.0 Benchtable mit folgenden Komponenten:
Jeden Test führe ich je dreimal durch und nehme das beste Ergebnis. Als Vergleichs-SSD nehme ich die MP600 von Corsair, die ebenfalls über PCIe 4.0 verfügt. Damit der Vergleich fair ist, läuft das Betriebssystem nicht auf den beiden SSDs. Sie sind also reine Datenspeicher für den Test.
ATTO Disk Benchmark
Die angegeben Lesegeschwindigkeit von 7000 MB/s erreicht die 980 Pro auf der Testbench nicht. Maximal liegen 5,95 GB/s drin. Die volle Lese- und Schreibgeschwindigkeit entfaltet die SSD erst ab ungefähr 256 KB Dateigrösse. Die maximale Schreibrate liegt bei 4,63 GB/s. Im Vergleich zur MP600 sind das gute Werte: Die erzielt maximal 4,39 GB/s Lese- und maximal 3,97 GB/s Schreibgeschwindigkeiten.
Anvil Storage Utilities
Mit einem Gesamtscore von 20 616,67 ist die 980 Pro rund elf Prozent schneller als die MP600, die einen Score von 18 684,05 erreicht. Schaue ich mir die Resultate der beiden SSDs genauer an, zeigt sich jedoch, dass die MP600 bessere Werte beim Schreiben liefert. Sowohl Antwortzeiten sowie IOPS sind in drei von vier Tests besser. Beim Lesen schneidet die 980 Pro dann einiges besser ab.
PCMark 8 und Temperaturen
Beim PCMark 8 liefert ebenfalls die 980 Pro bessere Werte. Der Unterschied beim Score ist jedoch marginal und beträgt nicht mal ein Prozent. Da der PCMark 8 ungefähr eine Stunde dauert und die SSD währenddessen immer aktiv ist, lässt sich bei diesem Benchmark am besten eine Aussage zur Temperatur machen.
Die MP600 ist im Leerlauf 56° Celsius warm, die 980 Pro 58° Celsius. Dieser Unterschied vergrössert sich bei Aktivität: Während des Benchmarks wird die 980 Pro maximal 76° Celsius warm. Die MP600 bleibt mit 65° Celsius verhältnismässig kühl. Da ich auf einer offenen Testbench test, sind die Temperaturen relativ hoch. Das klingt erstmal widersinnig, ist es aber nicht, da im Gehäuse ein Luftzug besteht, den ich auf der offenen Testbench so nicht habe. Deshalb wird der Kühleffekt des Kühlkörpers auf der SSD im Gehäuse effizienter sein und die Temperaturen damit tiefer.
Ladezeiten und Installationsdauer bei Games
Bei den Benchmarks ist der Unterschied zwischen den SSDs nur beim PCMark 8 klein. Da sich dieser an einem tatsächlichen Szenario orientiert, müsste bei den Games der Unterschied auch klein sein.
Tatsächlich ist die MP600 sogar in zwei Games schneller als die 980 Pro. Nur beim «Resident Evil 2 Remake» hat die 980 Pro knapp eine Sekunde schneller geladen. Zur Erklärung: Ich zeichne den Bildschirm bei den Ladezeiten auf und schneide dann die Ladebildschirme auf das Frame genau in Premiere Pro. Deshalb dauert eine Sekunde 25 Frames. Bei den zwei anderen Games hat die MP600 die Nase vorn. Bei «Final Fantasy XV» handelt es sich nur um etwa eine halbe Sekunde, was auf 13 Sekunden nicht wirklich viel ausmacht. Bei «Rise of the Tomb Raider» ist die MP600 dann knapp eine Sekunde schneller, was prozentual gesehen mit 30 Prozent enorm ist. In Realität wirst du den Unterschied aber kaum bemerken.
Bei der Installation von «CS: GO» hat dann wiederum die 980 Pro die Nase vorne. Die Installation dauert dort 59 Sekunden im Vergleich zu den 63 Sekunden bei der MP600.
Kopieren von Dateien
Beim Kopieren der beiden unkomprimierten Filmen – «There will be Blood» und «Starship Troopers» – mit insgesamt 69 GB schlägt die MP600 die 980 Pro um eine Sekunde. Die 980 Pro beginnt schnell mit durchschnittlich 1,9 GB/s Datenübertragung. Nach rund 50 GB übertragener Daten bricht die Geschwindigkeit ein und beträgt für die restlichen rund 20 GB nur noch knapp 1 GB/s. Bei der MP600 bleibt die Datenübertragung mehr oder weniger gleich schnell und beträgt rund 1,4 GB/s für die gesamte Datenmenge.
Fazit: Synthetisch top, in Realität nicht besser als die Konkurrenz
Die Samsung 980 Pro braust durch die synthetischen Benchmarks und lässt die Konkurrenz von Corsair hinter sich. In realen Szenarien wie dem PCMark 8, den Ladezeiten und Installationsdauer von Games sowie dem Kopiervorgang zeigt sich dann ein ausgeglicheneres Bild. Beide SSDs liegen nahe beieinander. Mal hat die 980 Pro die Nase vorne, mal die MP600.
Mit knapp 220 Franken kostet die 980 Pro in der 1-TB-Version zehn Prozent mehr als die MP600 (Stand: 22.09.2020). Die Differenz wäre gerechtfertigt, wenn ich nur nach den synthetischen Benchmarks gehen würde. Hier liegen zehn bis 35 Prozent mehr Leistung im Vergleich zur Konkurrenz drin. In den Tests der tatsächlichen Szenarien ist dann jedoch kaum mehr ein Unterschied vorhanden, weshalb der Leistungsunterschied die Preisdifferenz nicht rechtfertigt.
Die Samsung 980 Pro ist eine hervorragende SSD. Sie lohnt sich jedoch nur, wenn du viel 0
Daten von A nach B kopierst, weil sie hier ihre Stärken ausspielen kann. Im Alltag wirst du von der Geschwindigkeit im Vergleich zu MP600 allerdings nicht viel merken.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.