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WD SN850: Der neue SSD-Platzhirsch
Western Digital ist spät. Spät bei PCIe 4.0 SSDs. Dafür glückt dem Hersteller aus San José mit der SN850 der Einstand und lässt sowohl Corsair als auch Samsung im Test hinter sich.
PCIe 4.0 SSDs setzen sich nur langsam durch. Bereits seit über einem Jahr laufen die Dinger dank den Ryzen-3000-Prozessoren auf Consumer-PCs. Nachdem Branchenprimus Samsung vor ein paar Monaten mit der 980 Pro eine SSD mit PCIe 4.0 veröffentlicht hat, zieht Western Digital nun nach.
Die SSD im Detail
Die SN850 gibt’s in drei Varianten im M.2-2280-Formfaktor: Mit 500, 1000 und 2000 GB sowie wahlweise mit oder ohne Kühlkörper. Alle Modelle verfügen über den hauseigenen WD Black G2 Controller und 96-lagigen TLC-NAND-Speicher (BiCS4). Diesen fertigt Western Digital in Zusammenarbeit mit Toshiba. Pro TB-Speicherkapazität bieten die SSDs 1 GB DDR4 RAM von Micron, also 0,5 GB, 1 GB, oder 2 GB. Gleich sind bei allen Modellen die sequenziellen Lesegeschwindigkeiten von 7000 MB/s.
Die Schreibrate ist jedoch je nach Kapazität unterschiedlich. Bei der Ausführung mit 500 GB sind’s 4100 MB/s, bei der 2-TB-Ausführung 5100 MB/s und beim Modell mit 1 TB 5300 MB/s.
Ich teste das 1-TB-Modell, das mir Western Digital für diesen Test zur Verfügung stellt. Bei der Lebensdauer gibt WD 5 Jahre an. Bei den geschriebene Terabytes (TBW) sind’s 600. Beim 500-GB-Modell die Hälfte und bei der 2-TB-Variante das Doppelte. Somit beträgt die Garantie gleich viel wie bei der Konkurrenz von Samsung. 600 Terabytes hören sich nach wenig an, aber selbst wenn du pro Tag 100 GB Daten auf deine SSD schreibst, sollte sie über 16 Jahre halten.
Falls du mehr zur Funktionsweise von SSDs wissen möchtest, empfehle ich dir folgenden Artikel:
Testmethode und Set-up
Um die Temperatur der SSDs zu überwachen, verwende ich CristalDisk Info. Das Tool gibt mir darüber hinaus Informationen zur Gesundheit der Laufwerke, der Schnittstelle, und dem Übertragungsmodus. Falls du dich für den Einfluss der Temperatur auf die Geschwindigkeit einer SSD interessierst, gibt’s das in diesem Artikel:
Der ATTO Disk Benchmark verwendet nicht komprimierte Daten. Dabei testet er Lese- und Schreibleistung verschiedener Übertragungsgrössen von 512 B bis 64 MB. Die Angaben zur Lese- und Schreibleistung vieler Hersteller beruhen auf dieser Testmethodik: Sie liefert bessere Ergebnisse, da Rohdaten schnell gelesen und geschrieben werden. Im Alltag kriegen es SSD aber auch mit komprimierten Daten zu tun, weshalb ich noch weitere Benchmarks mache.
Der Benchmark von Anvil’s Storage Utilities gibt nicht nur die Lese- und Schreibgeschwindigkeiten an, sondern auch Informationen zu IOPS und den Antwortzeiten. Zudem kann ich den Anteil komprimierter und nicht komprimierter Daten im Benchmark bestimmen. Erstere stelle ich auf 46 Prozent. Die restlichen Einstellung lasse ich auf Standard.
An einem tatsächlichen Szenario orientiert sich der Storage Benchmark von PCMark 8. Der PCMark-8-Storage-Test simuliert Arbeitsschritte diverser Anwendungen aus der Adobe Creative Suite, Microsoft Office und Spielen. Er zeichnet die Speicheraktivität auf und generiert auf Basis der gespeicherten Festplattenaktivität einen Benchmark-Score.
Nebst den drei Benchmarks messe ich bei «Final Fantasy XV», «Rise of the Tomb Raider» und «Resident Evil 2 Remake» die Dauer der Ladezeit. Anschliessend installiere ich noch «CS: GO» und schaue, wie lange die Installation dauert.
Zu guter Letzt kopiere ich noch zwei unkomprimierte Filme mit einer Gesamtgrösse von 69 GB von der SN850 auf die SN850 selbst und messe die benötigte Zeit für die Datenübertragung. Dieser Test erlaubt es mir zu eruieren, ob die SSD ab einer gewissen Datenmenge die Übertragungsgeschwindigkeit runterdrosselt.
Den Test mache ich auf unserem DimasTech Easy V3.0 Benchtable mit folgenden Komponenten:
Jeden Test führe ich je dreimal durch und nehme das beste Ergebnis. Das Betriebssystem läuft nicht auf der Test-SSD. Sie ist ein reiner Datenspeicher für den Test.
ATTO Disk Benchmark
Mit maximal 6130 MB/s erreicht die SN850 die angegebene Lesegeschwindigkeit von 7000 MB/s nicht. Die volle Lese- und Schreibgeschwindigkeit entfaltet die SSD erst ab ungefähr 512 KB Dateigrösse. Die maximale Schreibrate liegt bei 4,89 GB/s. Damit schlägt die WD-SSD die Konkurrenz von Samsung und Corsair.
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Anvil Storage Utilities
Mit einem Gesamt-Score von 21 042,55 ist die SN850 rund zwei Prozent schneller als die 980 Pro, die einen Score von 20 616,67 erreicht. Schaue ich mir die Resultate der beiden SSDs genauer an, zeigt sich jedoch, dass die 980 Pro 4,5 Prozent bessere Werte beim Lesen liefert. Sowohl die Antwortzeiten sowie IOPS sind in zwei von sechs Tests bei der 980 Pro besser. Dafür liefert die SN850 durchgehend bessere Wert beim Schreiben und lässt die 980 Pro mit 8 Prozent hinter sich.
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PCMark 8 und Temperaturen
Beim PCMark 8 liefert die SN850 ebenfalls bessere Werte. Der Unterschied beim Score ist jedoch marginal und beträgt nicht mal ein Prozent. Da beim PCMark 8 tatsächliche Szenarien getestet werden, zeigt sich, dass die unterschiedlichen Geschwindigkeiten im Alltag weniger ins Gewicht fallen, als ein synthetischer Benchmark vermuten lässt. Der PCMark 8 dauert ungefähr eine Stunde. Währenddessen ist die SSD immer aktiv. Deshalb lässt sich bei diesem Benchmark am besten eine Aussage zur Temperatur machen.
Die MP600 ist im Leerlauf 56° Celsius warm, die 980 Pro 58° Celsius und die SN850 48° Celsius. Dieser Unterschied vergrössert sich bei Aktivität: Während des Benchmarks wird die WD-SSD maximal 60° Celsius warm. Die Samsung und Corsair SSDs bleiben nicht so kühl und werden mit 76° Celsius und 65° Celsius verhältnismässig warm. Da ich auf einer offenen Test-Bench teste, sind die Temperaturen relativ hoch. Das klingt erstmal widersinnig, ist es aber nicht, da im Gehäuse ein Luftzug besteht, den ich auf der offenen Test-Bench so nicht habe. Deshalb wird der Kühleffekt des Kühlkörpers auf der SSD im Gehäuse effizienter sein und die Temperaturen so tiefer.
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Ladezeiten und Installationsdauer bei Games
Die Resultate bei den Ladezeiten in Games bestätigen meine Vermutung, dass der Unterschied in realen Anwendungen bei den SSDs gering ist.
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Die SN850 ist in zwei von drei Games etwas schneller und bei einem Game über eine Sekunde langsamer als die MP600. Mit der 980 Pro liefert sich die WD-SSDs in allen Games ein Kopf-an-Kopf-Rennen und entscheidet ebenfalls zwei von drei Duellen für sich, das jedoch äusserst knapp. Zur Erklärung: Ich zeichne den Bildschirm bei den Ladezeiten auf und schneide dann die Ladebildschirme auf das Frame genau in Premiere Pro. Deshalb dauert eine Sekunde 25 Frames. In Realität wirst du die Unterschiede bei den Ladezeiten kaum bemerken.
Bei der Installation von «CS: GO» liegt die SN850 fünf Sekunden vor der 980 Pro und elf Sekunden vor der MP600. Aber auch hier: Du installierst nicht täglich zig Games, sodass die elf respektive fünf Sekunden ins Gewicht fallen würden.
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Kopieren von Dateien
Beim Kopieren der beiden unkomprimierten Filmen – «There will be Blood» und «Starship Troopers» – mit insgesamt 69 GB macht ebenfalls die SN850 das Rennen. Die SSD überträgt die Daten durchschnittlich 1,63 GB/s. Diese Geschwindigkeit hält sie während der ganzen Übertragung aufrecht. Die 980 Pro beginnt im Test zwar schneller, mit 1,9 GB/s, aber nach rund 50 GB übertragener Daten bricht die Geschwindigkeit auf knapp 1 GB/s ein. Bei der MP600 bleibt die Datenübertragung mehr oder weniger gleich schnell und beträgt rund 1,4 GB/s für die gesamte Datenmenge.
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Fazit: Die schnellste TLC-SSD, die ich je getestet habe
Über alles hinweg ist die SN850 immer am schnellsten. Sie lässt die Konkurrenz von Samsung und Corsair in beinahe jedem Test hinter sich. In den synthetischen Benchmarks dominiert sie. In den realen Szenarien wie dem PCMark 8, den Ladezeiten und der Installationsdauer von Games sowie dem Kopiervorgang zeigt sich dann ein ausgeglicheneres Bild. Alle SSDs liegen nahe beieinander. Als Otto-Normal-User wirst du kaum von den Unterschieden profitieren. Bei Profis, die täglich mit riesigen Datenmengen zu tun haben, mögen die kleinen Unterschiede jedoch eine grössere Rolle spielen. Hundertmal fünf Sekunden mehr sind immerhin 8 Minuten und 20 Sekunden mehr.
Mit knapp 230 Franken kostet die SN850 in der 1-TB-Version drei Prozent mehr als die 980 Pro und 22 Prozent mehr als die MP600 (Stand: 09.12.2020). Gemessen an den synthetischen Benchmarks wäre dieser Aufpreis gerechtfertigt. Hier liegen mehr als drei, respektive 22 Prozent Leistung drin. In den Tests der tatsächlichen Szenarien ist jedoch kaum ein Unterschied vorhanden, weshalb der Leistungsunterschied die Preisdifferenz nicht rechtfertigt.
Das Fazit für die SN850 ist ähnlich wie für die Samsung 980 Pro. Es handelt sich um eine hervorragende SSD. Die Unterschiede in realen Szenarien rechtfertigen den hohen Preis im Vergleich zu günstigeren Modellen zurzeit jedoch nicht. Dennoch ist die SN850 die schnellste TLC-SSD, die ich bisher getestet habe. Wer also nach der schnellsten TLC-SSD sucht, findet diese (zurzeit) in der SN850.
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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.