Schach ist so beliebt wie nie – wieso?
Schach ist so populär wie noch nie zuvor. Der Ursprung des Booms lässt sich unter anderem auf Corona und Netflix zurückführen.
Schach erlebt gerade einen unglaublichen Boom. Es ist nicht nur als physisches Brettspiel, sondern auch virtuell sehr beliebt. Auf der Streaming-Plattform Twitch schauen monatlich Tausende von Usern anderen beim Schachspielen zu. Auf Youtube begeistern Schach-Kanäle wie Gotham Chess Millionen von Followern mit ihren Videos. Und die grösste Online-Schach-Plattform der Welt, Chess.com, vermeldet neue User-Rekorde.
Aber woher kommt der Schach-Boom? Diese fünf Gründe spielen eine wichtige Rolle bei der zunehmenden Popularität von Schach.
1. Die Grundlage: Langeweile in der Corona-Pandemie
Während der ersten Corona-Lockdowns wissen viele Menschen nicht, was sie mit sich anfangen sollen. Eingesperrt in den eigenen vier Wänden flüchten sich viele in einen eskapistischen Medienkonsum. Andere hingegen suchen sich neue Hobbys, die sie zu Hause ausüben können. Das gute alte Schach erfüllt alle Voraussetzungen für ein perfektes Lockdown-Hobby.
Es ist leicht zu erlernen, aber schwierig zu meistern. Die Barrieren für den Einstieg sind gering – alles, was du brauchst, sind ein Schachbrett und Schachfiguren. Spielst du Schach virtuell, ist die Hürde noch viel geringer. Und wenn du Schach online spielst, kannst du im Lockdown zumindest virtuell soziale Kontakte pflegen.
Mit der Corona-Pandemie ist die Grundlage für den Schach-Boom gelegt. Den ersten sprunghaften Anstieg an Popularität gewinnt «das königliche Spiel» aber erst mit einer rekordbrechenden Netflix-Serie im Oktober desselben Jahres.
2. Der Hype: «The Queen's Gambit»
Mit der Veröffentlichung der Netflix-Serie «The Queen's Gambit» explodiert das Interesse am Brettspiel regelrecht. Die Miniserie rund um die fiktive Schachspielerin Beth Harmon bricht im Oktober 2020 jegliche Netflix-Rekorde und wird innerhalb von vier Wochen zur meist geschauten Netflix-Miniserie aller Zeiten.
Durch die Serie kommen noch mehr Menschen auf den Schach-Geschmack. Das weltweite Suchvolumen zum Keyword «Chess» auf Google verdoppelt sich über Nacht. Suchanfragen für «how to play chess» erreichen einen neuen Höchststand. Die ganze Welt ist im Schach-Fieber.
3. Das nachhaltige Wachstum: Online-Schach-Plattformen
Die durch den «The Queens Gambit»-Hype ausgelösten Suchanfragen werden vor allem durch Online-Schach-Plattformen abgefangen. Zahlreiche Webseiten und Apps bieten nicht nur die Gelegenheit, gegen andere Spielerinnen und Spieler anzutreten, sondern auch die Möglichkeit, das Spiel leicht zu erlernen.
Eine besonders wichtige Rolle spielen dabei die Plattformen lichess.org und Chess.com. Beide Webseiten zeichnen sich durch eine besonders einfache Nutzerführung aus. Neben Online-Matches und Lerninhalten punkten sie durch knackige Schach-Puzzles und ein eigenes soziales Netzwerk mit Foren, Clubs und Blogs.
Das grösste Wachstum verzeichnet Chess.com. Rund einen Monat nach der Veröffentlichung von «The Queen's Gambit» verfünffacht sich die User-Base auf der Website.
Auch nach der Pandemie flacht der Erfolg nicht ab – im Gegenteil. Im Dezember 2022 vermeldet die Plattform einen beachtlichen Rekord: Die Webseite zählt mittlerweile über 100 Millionen User. In den letzten zwei Jahren hat die Seite mehr neue Mitglieder gewonnen als in den ersten 13 Jahren ihrer Existenz.
Chess.com ist mittlerweile nicht nur ein Auffangbecken für das steigende Suchvolumen und Interesse an Schach. Die Plattform ist selbst zum viralen Multiplikator geworden, der neue Schach-Fans generiert. Sie ist so populär, dass ihre Server Probleme bekommen. Im Januar 2023 ist die Plattform regelmässig down – kein Wunder, bei über 31 Millionen (!) gespielten Partien pro Tag.
4. Die Viralität: Schach-Content-Flut auf Social Media
Ein weiterer wichtiger Faktor, der zum nachhaltigen Wachstum von Schach beiträgt, ist der Schach-Content auf Video-Plattformen. Während der Pandemie finden immer mehr Twitch-Streamer und Content-Creator Gefallen am Brettspiel. Sie etablieren Schach in einer Gaming- und E-Sport-affinen Zielgruppe.
Besonders hervorzuheben sind Events wie «Pogchamps», bei dem Twitch-Stars als blutige Schach-Anfänger in einem Turnier gegeneinander antreten. Die von Chess.com organisierte Event-Reihe ist ein voller Erfolg und zieht in späteren Ausgaben auch Stars aus anderen Bereichen an – unter anderem den Rapper Logic und den aus «The Office» bekannten Schauspieler Rainn Wilson.
Nach Pogchamps folgen weitere Schach-Events, die ein Millionenpublikum anziehen. Zuletzt hat Ludwig ein aufwändig produziertes Schachbox-Turnier mit diversen Youtube- und Twitch-Stars veranstaltet:
Neben solchen Events explodiert seit der Pandemie auch die Anzahl an unterhaltenden und lehrreichen Schach-Clips. Besonders auf Youtube, Instagram und TikTok generieren Content-Creator im Schach-Bereich Millionen von Views. Gestandene Grössen aus der Schach-Welt machen ebenfalls mit. Grossmeister Hikaru Nakamura zählt mit 2 Millionen Youtube-Abonnenten und 1.8 Millionen Twitch-Followern zu den grössten Schach-Content-Creators überhaupt.
Weitere Schach-Content-Grössen sind unter anderem die Botez Schwestern, chessbrah, Grossmeister Daniel Naroditsky oder GothamChess. Letzterer verzeichnet seit einigen Monaten ein exponentielles Wachstum an Views und neuen Abos – und damit ist er nicht alleine.
Schach-Content auf Social-Kanälen spielt neben Plattformen wie Chess.com eine wichtige Rolle in der Rekrutierung von neuen Schach-Spielerinnen und Spielern. Je mehr lehrreicher Content vorhanden ist, desto einfacher ist es, für Neulinge in der Schach-Welt durchzustarten. Davon profitieren auch Schach-Plattformen – sie erhalten mehr User. Und je mehr neue Spielerinnen und Spieler es gibt, desto beliebter wird der Schach-Content. Ein Ende dieser Spirale der Viralität ist momentan nicht in Sicht.
5. The Cherry on Top: Medienberichterstattung und Werbetreibende
Abseits der Schach-Welt auf Social Media erhält der Brettspiel-Sport auch in traditionellen Medien immer mehr Aufmerksamkeit. So löst beispielsweise im September 2022 der Betrugs-Skandal rund um Hans Nieman eine wochenlange Berichterstattung in Mainstream-Medien aus.
Zur Erinnerung: Der beste Schachspieler der Welt, Grossmeister Magnus Carlsen, verliert an einem Turnier gegen den deutlich niedriger klassierten Niemann. Daraufhin beschuldigt Carlsen Niemann des Betrugs. Es folgen zahlreiche Artikel, Videos und Verschwörungstheorien.
Auch Werbetreibende springen auf den Schach-Hype-Train auf. Die Louis-Vuitton-Kampagne «Victory is a State of Mind» zeigt die Fussballer-Legenden Messi und Ronaldo vor einem Schachbrett. Das Foto gehört zu den erfolgreichsten Social-Media-Posts des letzten Jahres.
Kurzum: Schach ist definitiv im Mainstream angekommen. Von News-Peaks und viralen Social-Posts profitieren die zahlreichen Content-Creators und Schach-Portale wie Chess.com. Ein Ende des Schach-Wahnsinns ist nicht abzusehen.
Wir sind auch voll im Schach-Hype. Am Digitec Playground Cup Vol. 10 wird erstmals Schach gespielt. Die Anmeldungen für das Turnier sind offen. Du kannst mitspielen oder das Turnier live auf Twitch und Youtube mitverfolgen.
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.