Schöne Schuhe mit schlauem Konzept: Das Kindersneaker-Abo
Der lokal produzierte Sneaker «Neunoi» wurde gestaltet, um repariert zu werden. Er richtet sich an Kinder zwischen sechs und zehn Jahren und soll per Abo erhältlich sein.
Gut durchdachtes zirkuläres Design trägt dazu bei, dass Produkte nach einer ersten Nutzung wiederverwendet werden können. Genau da setzt die Diplomarbeit «Neunoi» von den Designern Thibaut Wenger und Narada Zürrer an, die gerade ihren Bachelor in Industrial Design an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) abgeschlossen haben. «Wir wollten einen reparaturfähigen, wiederverwertbaren Kinderschuh entwickeln, weil Kinderfüsse schnell wachsen und mit ihnen der Berg weggeworfener Schuhe», kommentiert Designer Narada ihre Arbeit an der diesjährigen Diplomausstellung der ZHdK. Deshalb mache es auch Sinn, ein Kinderschuh-Abo zu etablieren.
Ein Schuh auf Zeit: Abosystem
Noch ist das Abo nur Theorie. Umgesetzt, würde es aber so aussehen: Alle verfügbaren Modelle sind in einem Onlineshop sichtbar. Sobald ein Neunoi-Schuh zu klein wird, kann ein Nachfolge-Schuh in der nächsten Grösse nachbestellt werden. Der Alte geht zurück an die Designer, die die Sohle auswechseln, das Fussbett herausnehmen und den Schuh waschen. Daraufhin bessern sie Makel aus, bereiten den Schuh wieder für das nächste Kind auf und stellen ihn erneut online.
Um herauszufinden, was sich Kinder von einem Schuh wünschen, haben die Designer diese in ihre Recherche miteinbezogen. «Wir haben mit Sechs- bis Fünfzehnjährigen zwei Workshops gemacht und auch einen Fragebogen an verschiedene Schulklassen gesendet», sagt Narada. Darin haben sie Fragen zum Thema Nachhaltigkeit beantwortet sowie ihre Erwartungen an Funktion und Aussehen mitgeteilt. Später konnten zwei Kinder die Schuhe an Videodrehtagen testen. «Falls wir das Projekt weiterziehen, müssten wir den Testing-Zeitraum verlängern.»
Als Teil der Studie haben die Kinder auch gezeichnet, wie sie sich ihren Traumschuh vorstellen. Ein besonders beliebtes optisches Stilmittel für den Kindersneaker waren Sterne. «Wir haben den Stern auf der Unterseite der Sohle übernommen und zu unserem Markenzeichen gemacht.»
Aus alt mach neu
Was die Idee hinter Neunoi besonders macht, ist, dass der Aufbau des Sneakers transparent und die Herkunft jedes eingesetzten Bestandteils bekannt ist. «Bei Kinderschuhen entsteht viel Mikroplastikabrieb, der in unserer Umwelt landet,» meint Narada. Deshalb ist ihre Aussensohle samt Stern biologisch abbaubar. Sie stammt vom Schweizer Cleantech Start-up Kuori, das nachhaltige Materialien mithilfe von Lebensmittelabfällen wie Bananen- oder Nussschalen herstellt. Sie kann, wie das Innenfussbett, ausgetauscht werden.
Eine Stelle, die am schnellsten geflickt werden müsse, sei der Ferseninnenbereich. «Oft stampfen Kinder nur in die Schuhe rein – ohne sie aufzuschnüren,» erklärt Narada. Dabei knickt der Fersenbereich nach innen. Um die Verformung zu vermeiden, haben die Designer eine innovative Klettverschlusslösung entwickelt, die ein schnelles Auswechseln erlaubt, den Komfort verbessert und einen Farbakzent setzt.
Um das An- und Ausziehen zu vereinfachen, setzen die Designer auf Klettverschlüsse statt Schnüre. Nur sind auch diese nicht vor Rissen gefeit. «Aus diesem Grund ist unser Klettverschluss elastisch und kann ausgetauscht werden.» Das Spannendste an ihrem Design ist jedoch ein kleines Fach, in das «Geheimnisse passen».
Damit Makel der zurückgegebenen Schuhe ausgebessert und zelebriert werden können, kommt ein klassisches Material der Schuhproduktion zum Einsatz: Leder. Es stammt aus den Restbeständen einer Schweizer Manufaktur und hat den Vorteil, dass es nicht gesäumt werden muss. «Das Aussehen des Sneakers verändert sich mit jeder Reparatur – so wird aus gebraucht spielerisch immer wieder noi».
An der Diplomausstellung der ZHdK kam die Idee schon gut an. Deshalb reichen die Designer sie bei einigen Design-Preisen ein, um wertvolle Kontakte zu knüpfen. «Wir wollen einerseits sehen, wie das Konzept innerhalb unseres Fachbereichs ankommt und andererseits ein Umdenken in der Gestaltung vorantreiben». Im neuen Podcast der ZHDK «Hörpunkt Nachhaltigkeit» sprechen Narada und Thibaut ausserdem über das Thema Nachhaltigkeit im Industrial Design. Reinhören lohnt sich.
Titelfoto: Pia SeidelWie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.