Sony RX100 VI im Test: Ein Meilenstein oder einfach nur teuer?
Produkttest

Sony RX100 VI im Test: Ein Meilenstein oder einfach nur teuer?

David Lee
24.7.2018

Klein, grosser Zoom, hohe Bildqualität: Die RX100 VI soll alles zugleich bieten. Ich habe ausprobiert, wie gut sich der kleine Tausendsassa in der Praxis bewährt. Ausserdem vergleiche ich den neusten Wurf mit einem früheren Modell der RX100.

Die perfekte Kamera ist klein und leicht, hat einen grossen Zoom-Umfang, einen grossen Sensor und ein lichtstarkes Objektiv, sie ist schnell und hat viele Tasten zur manuellen Bedienung. Und selbstverständlich kostet sie nicht alle Welt.

Die perfekte Kamera gibt es nicht. Am einen oder anderen Ort musst du immer Abstriche machen. Eine Einsteiger-Spiegelreflexkamera bietet dir eine hohe Bildqualität und einen günstigen Preis, ist aber gross und schwer. Eine typische Superzoom-Kamera bietet dir Zoom bis zum Abwinken, handliche Abmessungen und einen bezahlbaren Preis, liefert dafür keine besonders gute Bildqualität. So hat jeder Kameratyp seine Vor- und Nachteile.

Das wolleutrige Schnitzelhuhn

Sony hat mit der RX100 etwas geschaffen, was man als eierlegende Wollmilchsau bezeichnen kann. Oder aufgrund der Grösse als wolleutriges Schnitzelhuhn. Obwohl sie in eine Hosentasche passt, bietet sie einen für Kompaktkameras grossen Sensor (1 Zoll Diagonale), einen ausklappbaren Sucher und zahlreiche manuelle Bedienelemente. Die neuste Ausführung RX100 VI bringt zusätzlich einen grossen Zoomumfang von 24–200 mm (alle Brennweiten-Angaben in diesem Beitrag sind auf das Kleinbild/Vollformat umgerechnet). Dass Sony den Telebereich einfach mal kurz verdreifacht hat, ohne die Kamera grösser zu machen, ist schon beeindruckend.

Sony Cyber-shot DSC RX100 VI (24 - 200 mm, 20.10 Mpx, 1")

Sony Cyber-shot DSC RX100 VI

24 - 200 mm, 20.10 Mpx, 1"

Sony Cyber-shot DSC RX100 VI (24 - 200 mm, 20.10 Mpx, 1")
Kamera

Sony Cyber-shot DSC RX100 VI

24 - 200 mm, 20.10 Mpx, 1"

Letztlich ist aber auch diese Kamera ein Kompromiss und kann die Gesetze der Physik nicht aufheben. So ist die Lichtstärke deutlich geringer als bei früheren RX100 mit weniger Zoom. Schon die Anfangslichtstärke ist mit f/2.8 relativ bescheiden, verglichen mit f/1.8 bei früheren Modellen oder gar f/1.4 bei der Konkurrenz.

Panasonic Lumix DMC LX15 (8.8 - 26.4 mm, 20.10 Mpx, 1")

Panasonic Lumix DMC LX15

8.8 - 26.4 mm, 20.10 Mpx, 1"

Panasonic Lumix DMC LX15 (8.8 - 26.4 mm, 20.10 Mpx, 1")
Kamera

Panasonic Lumix DMC LX15

8.8 - 26.4 mm, 20.10 Mpx, 1"

Und vom Preis wollen wir schon gar nicht erst reden. Seufz.

Das Objektiv mal objektiv betrachtet

Ich werde in diesem Test das neue Modell VI des öfteren mit dem Modell III vergleichen. Einerseits, weil ich die Version III selbst besitze und ausprobieren kann, andererseits auch, weil sämtliche Modelle immer noch erhältlich sind und es daher wenig Sinn ergäbe, nur mit dem Vorjahresmodell zu vergleichen. Die Version 3 ist da schön in der Mitte der bisherigen Modelle.

Aus den Spezifikationen ist jeweils nur die Lichtstärke bei minimaler und maximaler Brennweite ersichtlich. Wie sieht es dazwischen aus? Bei 70 mm Brennweite beträgt die Lichtstärke f/4. Das ist eine ganze Blendenstufe weniger als bei den Vorgängermodellen (f/2.8). Schon bei 40 mm ist f/4 das höchste der Gefühle. Immerhin bleibt dies dann bis 100 mm so, womit das Objektiv bei dieser Brennweite lichtstärker ist als die beiden ersten RX100 (f/4.8). (Die neueren können gar nicht so weit zoomen.) Am besten ist die Lichtstärke bei der maximalen Brennweite: 200 mm und f/4.5 ermöglichen bei dieser Sensorgrösse eine ganz hübsche Tiefenunschärfe (Bokeh).

Geringe Tiefenschärfe bei 200 mm und f/4.5
Geringe Tiefenschärfe bei 200 mm und f/4.5

Das obige Gefasel kurz und knapp in einer Tabelle – falls du einen der fehlenden Werte in einem Kommentar angibst, ergänze ich die Tabelle noch.

Brennweite (KB)Lichtstärke RX100 IRX100 IIIRX100 VRX100 VI
24 mmf/1.8f/1.8f/1.8f/2.8
40 mm?f/2.8?f/4
70 mm?f/2.8f/2.8f/4
100 mmf/4.8f/4
200 mmf/4.5

Die Naheinstellgrenze bei 200 mm liegt bei etwa einem Meter. Die maximale Vergrösserung bringe ich weder im Tele noch im Weitwinkel hin, sondern irgendwo dazwischen, vermutlich etwa bei 60 mm. Die Makrofähigkeit ist besser als bei der RX100 III, die ich hier zum Vergleich benutze. Nicht nur kann ich stärker vergrössern, sondern bei 60 mm verzerrt sich das Bild auch viel weniger als im Weitwinkel, den du bei der RX100 III (und bei den meisten anderen Kompaktkameras) für die maximale Vergrösserung benutzen musst. Hier ein Beispiel, welche Grösse du im Nahbereich maximal hinkriegst.

RX100 III
RX100 III
RX100 VI
RX100 VI

Bildqualität

Im Praxistest fällt kaum ein Unterschied zwischen der Bildqualität der Version 3 und der Version 6 der RX100 (Vorseriengerät) auf. Vielleicht findest du das schlecht, weil eine neuere und erst noch teurere Kamera doch besser sein sollte. Vergiss aber nicht, dass mehr Zoom normalerweise auf Kosten der Bildqualität geht. Dass die Kamera mit so viel mehr Zoomumfang nicht schlechtere Bilder macht, werte ich als positiv.

Die folgenden Bilder wurden mit 125 ISO und f/5.6 im A-Modus geschossen. Die Auflösung ist bei beiden Kameras dieselbe. Es handelt sich um Gegenüberstellungen in Lightroom (Screenshots). Links ist jeweils die III, rechts die VI. Da Lightroom das RAW-Format der neuen Cam noch nicht lesen kann, habe ich JPEGs gemacht. Du kannst die Bilder zum Vergleichen hier herunterladen.

24 mm
24 mm
50 mm
50 mm
70 mm
70 mm

Unten eine Aufnahme mit 6400 ISO, aus einer schummrigen Ecke unseres Kaffeeraums (genauer: aus dem Inneren des Mikrowellenherds). Im Vergleich mit der RX100 III zeigt das Bild weniger Rauschen, aber auch etwas weniger Schärfe. Da ich momentan nur die JPEGs vergleichen kann, ist der Test nicht besonders aussagekräftig. Ich vermute, dass die RX100 VI standardmässig eine stärkere Rauschunterdrückung einsetzt und vor allem deshalb andere Bilder produziert. Im Download der Testfiles findest du deshalb – für später – auch die RAW-Files der folgenden Bilder.

RX100 III
RX100 III
RX100 VI
RX100 VI

Handling

Schon seit Version III besticht die RX100 durch einen ausklappbaren elektronischen Sucher. Bislang war jedoch die Handhabung umständlich, da der Sucher nicht nur ausgeklappt, sondern auch waagrecht herausgezogen werden musste. Damit ist Schluss. Der Sucher der Version VI ist nach dem Ausklappen sofort betriebsbereit und auch mit einer einzigen Bewegung wieder drin. Ein kleines, aber im Fotoalltag sehr wichtiges Detail. Ob die Kamera sich beim Einklappen des Suchers automatisch ausschaltet, kannst du im Benutzermenü selbst wählen.

Auch der LCD wurde verbessert: der lässt sich jetzt etwa 90 Grad statt nur 45 Grad herausklappen. Seitliches Drehen ist nach wie vor nicht möglich.

Maximaler Winkel bei der RX100 III ...
Maximaler Winkel bei der RX100 III ...
... und bei der RX100 VI
... und bei der RX100 VI

Die Kamera lässt sich in der Bedienung recht weit den eigenen Vorlieben anpassen. Das Funktionsmenü, das während der Aufnahme die wichtigsten Einstellungen einblendet, ist völlig frei konfigurierbar. Auch der Drehring am Objektiv kann mit einer fast beliebigen Funktion belegt werden.

Ich habs schon bei der A7 III kritisiert und wiederhole mich: Das Benutzermenü der Sony-Kameras ist ein Albtraum. Und es wird immer schlimmer, je mehr Optionen da hinzukommen. Unverständliche und unnötige Abkürzungen, kryptische Bezeichnungen en masse. Bestehende Optionen werden auch gerne umgestellt, wodurch sich selbst erfahrene Sony-Fotografen immer mal wieder im Menü verlieren. Immerhin: die RX100 VI stellt nun ein Favoriten-Menü zur Verfügung, wo du deine häufig gebrauchten Punkte zusammenstellen kannst.

Laut den Herstellerangaben (CIPA-Standard) befindet sich die Akkulaufzeit schon seit Version II im stetigen Sinkflug: Von 350 Fotos auf 220. Modell VI ist nun mit 240 Fotos immer noch recht bescheiden, aber der Negativtrend ist wenigstens gestoppt. Umsteiger, die von einer älteren RX100 kommen, können ihre Akkus weiterhin benutzen. Es wird immer noch der gleiche Typ NP-BX1 verwendet. Auf meiner einwöchigen Bergwanderung ohne Strom nahm ich zwei Reserveakkus mit, und das reichte gerade so knapp.

Eine Woche Wandern ohne Strom: ich brauchte 3 Akkus
Eine Woche Wandern ohne Strom: ich brauchte 3 Akkus

Wie alle RX100-Modelle kommt auch Nummer VI ohne Objektivdeckel aus. Beim Ausschalten klappen sich stattdessen Lamellen über das Objektivglas. Das ist im Prinzip sehr praktisch: Die Kamera ist schnell betriebsbereit, das Objektiv kann vollständig eingefahren werden, und du musst nicht ständig den Objektivdeckel suchen. Der Lamellenverschluss geht aber schneller kaputt. Bei einer so teuren Kamera kann das zum Problem werden.

Ich habe auf meiner Wanderung die Kamera in der Tasche des Rucksackgürtels getragen, damit ich sie jederzeit schnell zücken kann. Dabei bin ich mindestens zwei Mal gegen einen Fels gestossen, und das hat der Kamera nicht gut getan. Die Lamellen öffneten und schlossen sich eine Weile lang nicht mehr. Mittlerweile funktionieren sie zum Glück wieder.

Die Tragtasche von Sony bietet einen zuverlässigen Schutz. Da sich die Abmessungen der Kamera kaum verändert haben, passt auch das neue Modell rein. Ich finde die Tasche jedoch zu umständlich, wenn ich im Vorbeigehen rasch zwei, drei Fotos schiessen will.

  • Hintergrund

    Besser fotografieren, wenn es schnell gehen muss

    von David Lee

Sport- und Actiontauglichkeit

Sony preist bei der RX100 VI die Geschwindigkeit an. Die Serienbildfunktion schafft 24 Bilder pro Sekunde, und der Hybrid-Autofokus mit 315 Kontrastpunkten soll sehr schnell sein. Zusammen mit dem Teleobjektiv müsste sich die Kamera eigentlich auch für Sport, Action und Wildlife-Fotografie eignen.

Tatsächlich funktioniert das ganz gut. Sicher, wenn du dir von Anfang an vornimmst, an einem Sportevent zu fotografieren, nimmst du schwereres Geschützt mit. Aber wenn du zum Beispiel durch die Gegend schlenderst und dann unversehens auf eine Actionszene triffst, kannst du diese mit der neuen RX100 problemlos festhalten.

Mit 24 Bildern pro Sekunde ist jeder Moment in einem Bewegungsablauf als separates Foto vorhanden
Mit 24 Bildern pro Sekunde ist jeder Moment in einem Bewegungsablauf als separates Foto vorhanden

Auch mit der Einstellung RAW + JPEG ist die Serienbildfunktion superschnell. Nur mit JPEG kannst du es nicht besser, aber länger. Der Pufferspeicher reicht dann für fast zehn Sekunden oder 233 Fotos. Bei RAW + JPEG sind es etwa 100 Fotos. Das würde eigentlich locker reichen. Aber weil dabei gigantische Datenmengen anfallen, dauert der Schreibvorgang auf die Karte sehr lange, wodurch sich der Puffer nur langsam wieder leert. Wenn du also kurz hintereinander mehrere Szenen einfängst, stösst du recht schnell an die Grenze.

Zum Glück hat Sony daran gedacht, die Szenen im Anzeigemodus zu gruppieren. Eine Serie mit 100 Einzelbildern lässt sich so in einem Durchgang löschen.

Du siehst das Bild während der Serienaufnahme weiterhin im Sucher. Der Sucher ist beim Einfangen der Actionszene ohnehin eine grosse Hilfe. Nur mit dem LCD allein würde ich die Motive nicht so schnell «treffen». Die Motivverfolgung des Autofokus funktioniert ebenfalls gut. Dank dem kleinen Sensor muss der Autofokus nicht ganz so exakt sein wie bei einer Vollformatkamera.

Da du die Szene während des Serienfeuers im Sucher siehst, ist es kein Problem, dem Motiv zu folgen
Da du die Szene während des Serienfeuers im Sucher siehst, ist es kein Problem, dem Motiv zu folgen

Video: ganz gut, aber wenig Neues

Auf die Videofunktion gehe ich hier nicht im Detail ein. Sony bewirbt die RX100 VI zwar als Vlogging-Kamera, aber das hat wohl mehr mit dem gegenwärtigen Vlogging-Hype zu tun als damit, dass die Kamera diesbezüglich grosse Fortschritte gemacht hätte. Der Touchscreen und der automatische Fokus auf die Augen sind sicher nützlich, wenn du dich selbst filmst, aber das wars dann auch schon. Nach wie vor fehlt ein Mikrofoneingang, und durch das interne Mikrofon sind die Motorgeräusche des Zooms deutlich zu hören. 4K ist weiterhin auf höchstens 5 Minuten am Stück beschränkt. Und die HFR-Funktion ermöglicht tolle Zeitlupenaufnahmen, aber die Unterschiede zu den Modellen IV und V sind marginal. Auch die S-Log-Unterstützung ist zwar nett, aber nicht neu.

  • Produkttest

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Fazit

Nur schon die Verlängerung des Zoombereichs erweitert den Einsatzbereich gegenüber sämtlichen Vorgängermodellen gewaltig. Doch in Kombination mit der superschnellen Serienbildgeschwindigkeit, dem hervorragenden Autofokus und dem Sucher wird die Kamera sogar actiontauglich. Und dafür wiederum ist das Teleobjektiv besonders geeignet. Die Kamera ist hervorragend gelungen, weil die einzelnen Features zueinander passen.

Zu bemängeln habe ich nur wenig. Erstens: In der Menüstruktur finde ich mich auch nach längerer Zeit nur schwer zurecht. Zweitens: Eine so teure Kamera sollte durchgängig robust konstruiert sein. Das ist aber mit dem Lamellenschutz des Objektivs nicht der Fall. Der geht leicht kaputt, und dann sind 1500 Franken futsch.

Die Fortschritte zu früheren Modellen sind bedeutend. Aber wer kein Tele-Zoom und keine Action braucht, sollte nicht zum neusten Modell greifen, da es unverhältnismässig teuer ist. Frühere Modelle liefern bei dem, was sie können, eine genauso gute Bildqualität. Nur können sie halt weniger.

Update, 24.7.

Als ob sechs verschiedene erhältliche Versionen der RX100 noch nicht genug wären, hat Sony nun noch eine verbesserte Version der RX100 V herausgebracht. Sie bietet laut dpreview.com den neusten Prozessor, der das Bildrauschen noch besser unterdrückt, einen gleich grossen Pufferspeicher für die Serienbilder wie die neue Version VI (233 JPEGs statt 150), den verbesserten Augenfokus und ein paar weitere Kleinigkeiten. Das Upgrade kostet jedoch im Moment satte 300 Franken mehr als das normale 5er-Modell, was es meiner Meinung nach zur Variante mit dem schlechtesten Preis-Leistungsverhältnis macht.

Sony Cyber-Shot DSC-RX100 VA (24 - 70 mm, 20.20 Mpx, 1")
EUR798,–

Sony Cyber-Shot DSC-RX100 VA

24 - 70 mm, 20.20 Mpx, 1"

Sony Cyber-Shot DSC-RX100 VA (24 - 70 mm, 20.20 Mpx, 1")
Kamera
EUR798,–

Sony Cyber-Shot DSC-RX100 VA

24 - 70 mm, 20.20 Mpx, 1"

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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