Hintergrund

«Starfield» im Faktencheck: Hat Bethesda zu viel versprochen?

Die Diskussionen rund um «Starfield» werden zum Launch des Spiels rege geführt. Viele Fans haben sich vom Sci-Fi-Epos mehr erhofft. Hat Bethesda im Vorfeld zu viel versprochen?

Es muss verdammt schwierig sein, die Erwartungen der Fans für ein neues Spiel zu managen. Vor allem, wenn es sich um ein gigantisches Game wie «Starfield» handelt. Jeder neue Trailer wird Frame für Frame analysiert, jede Aussage des Entwicklerteams auf die Goldwaage gelegt. Verspricht ein Studio zu wenig, sinkt das Interesse am Spiel. Verspricht es zu viel, baut sich ein riesiger Hype um das Spiel auf, der zum Launch oft implodiert.

Auch bei «Starfield» gibt es einige enttäuschte Kritiker und Fans. Oft wird der Vorwurf laut, dass Bethesda nichts aus ihren vergangenen Fehlern gelernt habe. Es wurden wieder zu viele Versprechungen für das Spiel gemacht, die nicht eingelöst wurden. Stimmt das wirklich?

Ich habe mir die wichtigsten Aussagen von Game Director Todd Howard und Co. noch einmal genau angeschaut. Hat Bethesda zu viel angekündigt oder ist «Starfield» das Spiel, das uns im Vorfeld versprochen wurde?

«Starfield» ist ein riesiges Spiel. Aber werden Bethesdas Versprechen auch tatsächlich eingehalten?
«Starfield» ist ein riesiges Spiel. Aber werden Bethesdas Versprechen auch tatsächlich eingehalten?
Quelle: Domagoj Belancic

«Starfield» wird zum Launch sehr wenige Bugs haben

Die Bethesda Game Studios sind berühmt-berüchtigt für ihre zum Launch komplett verbuggten Games. Meist sind Monate und viele Patches notwendig, damit das Spiel einigermassen ohne Abstürze und komische Glitches läuft.

Für «Starfield» liess Matt Booty, Head of Xbox Game Studios, in einem Interview mit Giantbomb im Juni 2023 verlauten: «Wenn ‹Starfield› heute veröffentlicht würde, wäre es das Bethesda-Game mit den wenigsten Bugs zum Launch». Das liegt gemäss Phil Spencer, Head of Xbox, unter anderem daran, dass Microsoft das Game nach der Akquisition von Bethesda nach hinten verschoben hat. Dadurch hat das Bethesda-Team mehr Zeit gehabt, um «Starfield» in Ruhe fertigzustellen und gründlich zu testen.

Nicht nur Bethesda, sondern auch die Xbox-Bosse Phil Spencer und Matt Booty haben sich vor dem Launch den Fragen von Kritikern und Fans gestellt.
Nicht nur Bethesda, sondern auch die Xbox-Bosse Phil Spencer und Matt Booty haben sich vor dem Launch den Fragen von Kritikern und Fans gestellt.
Quelle: Giantbomb / Youtube

Stimmt’s?

Meine persönliche Erfahrung sagt: ja. Zugegeben – in meinen bisherigen rund 30 Stunden Spielzeit hatte ich zwei Komplettabstürze. Abgesehen davon habe ich noch keinen einzigen Bug entdeckt. Auf X, ehemals Twitter, finden sich auch erstaunlich wenige Clips von typischen Bethesda-Bugs. Die Tech-Experten von Digital Foundry sind in ihrer Analyse ebenfalls positiv überrascht von der technischen Umsetzung des Spiels.

Die einzigen «Bugs», die ich gesehen habe, sind diese hässlichen Alien-Insekten.
Die einzigen «Bugs», die ich gesehen habe, sind diese hässlichen Alien-Insekten.
Quelle: Domagoj Belancic

«Starfield» läuft mit stabilen 30 FPS auf Konsolen

Neben Bugs und Glitches war die Performance von Bethesda Games zum Launch problematisch. Ich erinnere mich: «Fallout 3» und «Skyrim» liefen auf der PS3 oftmals mit unter 30 Frames pro Sekunde.

Für «Starfield» versprach Todd Howard, Game Director, in einem Interview mit IGN zum Launch stabile 30 FPS für Xbox Series X und S. Bethesda wollte gemäss Howard keine Kompromisse im Game-Design eingehen, weshalb eine Option mit 60 FPS nie infrage gekommen sei. Das Spiel könnte stellenweise mit bis zu 60 Frames laufen, aber bei Bethesda legt man mehr Wert auf ein konsistentes Spielerlebnis. Die 30 FPS sollen dafür sehr solide sein, sogar bei grossen Schiessereien und chaotischen Szenen.

Stimmt’s?

Ja. Ich spiele «Starfield» auf der Xbox Series X. Das Game läuft erstaunlich stabil und fühlt sich aufgrund von visuellen Tricks wie Motion Blur viel flüssiger als 30 FPS an. Nur in ganz grossen Städten wie New Atlantis kann es vereinzelt zu Einbrüchen kommen. Auch Digital Foundry ist von der stabilen Performance des Games beeindruckt.

In «Starfield» kannst du überall auf einem Planeten landen und ihn frei erkunden

Ein grosses Verkaufsargument für «Starfield» sind die über 1000 Planeten, die du im Spiel frei erkunden kannst. Das Feature wurde das erste Mal an der Xbox-Präsentation am Summer Game Fest 2022 vorgestellt. Todd Howard verkündet im Video, dass du dir komplett frei aussuchen kannst, wo du auf einem Planeten landen möchtest.

Auf Planeten gibt es vordefinierte Landestellen. Du kannst den Cursor aber auch irgendwo anders hinbewegen und dort landen.
Auf Planeten gibt es vordefinierte Landestellen. Du kannst den Cursor aber auch irgendwo anders hinbewegen und dort landen.
Quelle: Bethesda / Youtube

Nach der Präsentation gab es viele offene Fragen zur Funktionsweise des Erkundens. Am meisten interessierte die Fans, ob man einen Planeten nahtlos erkunden kann – so wie das beispielsweise in «No Man's Sky» möglich ist. In diesem Space-Sim-Spiel kannst du theoretisch einen Planeten zu Fuss umrunden.

Eine klare Antwort darauf lieferte Bethesda vor dem Launch von «Starfield» nicht. Gemäss Bethesda sind die Planeten eine Mischung aus prozedural generierten und von Hand designten Elementen. In einem Interview mit Lex Fridmann spricht Howard von «riesigen Landschaftskacheln», die prozedural generiert werden, wenn sich ein Spieler entscheidet, auf einem Planeten zu landen. Bethesda habe ein «System entwickelt, das diese Kacheln um den Planeten wickelt und sie alle zusammenfügt». Eine ähnliche Aussage trifft er in einem IGN-Interview: «Wir haben diese grossen (...) Kacheln, die wir erzeugen, und die werden sozusagen um den Planeten gewickelt».

In der diesjährigen Starfield Direct deutet Bethesda an, dass nicht alle Kacheln nahtlos miteinander verbunden sind: «Das Erkunden funktioniert in diesem Spiel etwas anders. Meist untersuchst du ein Gebiet, in dem du gelandet bist. (...) Wenn du fertig mit Erkunden bist, kannst du zurück zu deinem Schiff laufen oder schnellreisen». Eine komplett gegenteilige Aussage tätigt Pete Hines, Head of Publishing bei Bethesda, nur wenige Wochen nach der Präsentation. Auf X wird er gefragt, ob man nach dem Landen den gesamten Planeten erkunden kann. Seine Antwort: «Yup, wenn du das willst. Laufe vorwärts, tapferer Entdecker».

Screenshot: Domagoj Belancic / X
Screenshot: Domagoj Belancic / X

Stimmt’s?

Ja und nein. Ja, du kannst dir einen x-beliebigen der über 1000 Planeten aussuchen und irgendwo auf ihm landen. Nein, du kannst den ganzen Planeten nicht zu Fuss umrunden. Wenn du landest, bist du auf einer der prozedural generierten Landschaftskacheln «gefangen». Die Kacheln sind nicht miteinander verbunden. Läufst du lange genug in eine Richtung, wirst du mit einer Pop-Up-Meldung und einer unsichtbaren Wand konfrontiert.

In der Praxis ist diese Limitation irrelevant. Es gibt keinen Grund, wieso du den ganzen Planeten zu Fuss untersuchen solltest. Die Kacheln, auf denen du landest, sind gross genug und bieten mehr als genug zum Erkunden. Sie sind voll mit abbaubaren Ressourcen, Lebewesen und interessanten Gebäuden sowie Höhlen.

Hier hätte Bethesda klarer kommunizieren können, um unnötiges Internet-Drama zu verhindern. Aussagen wie «riesige Landschaftskacheln, die um einen Planeten gewickelt sind» können auf viele Arten interpretiert werden. Und bei einem so riesigen und gehypten Spiel wie «Starfield» lassen solche Statements die Fantasie der Fans verrückt spielen. Das Ergebnis: Enttäuschung zum Launch, obwohl die Limitation keinen Einfluss auf das Spielerlebnis hat.

Der Mond im Hintergrund ist echt – du kannst auf ihm landen

«See that mountain? You can climb it» ist eine legendäre Aussage von Todd Howard aus dem Jahr 2011. Damals ging es um die riesige Spielwelt in «Skyrim». Alles, was du beim Erkunden der Fantasy-Welt siehst, kannst du auch bereisen. Diese Berge im Hintergrund sind keine Kulisse, sondern echte Berge.

An der diesjährigen «Starfield» Direct knüpft Howard an sein berühmtes Zitat an und legt noch eine Schippe drauf. Er beschreibt, wie es sich anfühlt, wenn du auf einem Planeten gelandet bist und in den Sternenhimmel schaust: «Das ist nicht nur eine Kulisse. Dieser Mond ist tatsächlich da und umkreist den Planeten. Ja, du kannst auch auf ihm landen. Wir simulieren die Galaxie um dich herum».

Im Interview mit Lex Friedman spezifiziert Howard die Aussage weiter: «Wir modellieren alle diese Systeme. [Auf einem Planeten] kannst du Gasriesen und Monde beobachten, wie sie rotieren und verschwinden. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang (...). Es passiert alles wirklich».

Stimmt’s?

Ja, du kannst beobachten, wie Monde einen Planeten umrunden und wie die Sonne auf- und untergeht. Das beweisen diverse Timelapse-Videos im Netz. Wie zum Beispiel dieses Video von X-User @sprite_flicker.

«Starfield» simuliert also tatsächlich die Umlaufbahnen und Rotationen der Planeten, die du sehen kannst. Auch die Beleuchtung wird je nach Stand der Sonne dynamisch erzeugt. Befindest du dich mit deinem Raumschiff im Weltall, kannst du ebenfalls beobachten, wie sich die Planeten um dich herum bewegen.

Der zweite Aspekt von Howards Aussage ist etwas komplizierter. Ja, du kannst auf dem Mond landen, den du von einer Planetenoberfläche siehst. Die Reise zum Mond ist aber durch zwei Ladescreens unterbrochen. Du kannst nicht – wie beispielsweise in «No Man's Sky» – in dein Raumschiff hüpfen und nahtlos vom Planeten auf den Mond fliegen. Der Ort, an dem du landest, befindet sich auch nicht auf dem 3D-Objekt, das du von der Oberfläche des Planeten aus siehst. Wie im vorherigen Punkt beschrieben, werden die Landschaften von Planeten oder Monden erst beim Landen prozedural generiert.

Befindest du dich mit deinem Raumschiff im Weltraum, ist es ebenfalls nicht möglich, nahtlos auf einem Planeten oder einem Mond zu landen. Die Streamerin Alanah Pearce hat versucht, auf Pluto zu landen. Dafür war sie ganze sieben Stunden unterwegs. Am Ende ihrer Reise ist sie durch den Himmelskörper geclippt.

«Starfield» ist das mit Abstand grösste Bethesda-Spiel

Bethesda hat in der Vermarktung von «Starfield» nicht mit Superlativen gegeizt. Das Spiel soll laut Todd Howard über 250 000 Dialogzeilen haben – mehr als «Skyrim» und «Fallout 4» zusammen. Der Character-Creator habe mehr Einstellungsmöglichkeiten als je zuvor. «New Atlantis» sei die grösste Stadt, die Bethesda je gebaut hat. Zudem gibt es mehr Waffen und Waffen-Mods als in jedem anderen Bethesda-Spiel zuvor.

Stimmt’s?

Die einzelnen Aussagen sind nur schwer zu überprüfen – vielleicht werden Data-Miner in Zukunft definitive Antworten dazu finden. Was sicher ist: «Starfield» fühlt sich gigantisch an. Das Game bietet dir zwar keine nahtlose Spielwelt, dafür umso mehr Content und Abwechslung. Die Anzahl und Bandbreite an Orten, Questlines und Ereignissen, die du in kurzer Zeit erleben kannst, ist atemberaubend hoch. Die Aussagen zur Grösse des Spiels sind deshalb mehr als gerechtfertigt.

In «Starfield» kannst du ein Sandwich-Pirat sein

An der «Starfield» Direct hat Bethesda das Entwicklerteam von ihren persönlichen Erlebnissen im Game erzählen lassen. Eine Entwicklerin spielt am liebsten als Weltraum-Piratin und hat sich auf das Stehlen von Sandwiches spezialisiert. Ihre geklauten Snacks platziert sie in ihrem Raumschiff.

Ein Sandwichhaufen im Weltraum.
Ein Sandwichhaufen im Weltraum.
Quelle: Bethesda / Youtube

Was sich zunächst nur wie eine lustige Anekdote anhört, sorgt im Nachgang für grosse Diskussionen im Netz. Die Geschichte impliziert, dass «Starfield» eine «Item Persistence» hat. Das Spiel trackt also die Position von Items, wie zum Beispiel gestohlenen Sandwiches, und speichert diese permanent ab – keine Selbstverständlichkeit bei einem so riesigen Spiel.

Stimmt’s?

Ja. Ähnlich wie andere Bethesda-Games in Vergangenheit trackt auch «Starfield» die Position von Objekten. Aufgrund der gigantischen Grösse des Spiels ist das bei «Starfield» aber noch beeindruckender. Das Game trackt nicht nur die Position von Objekten, sondern auch deren Status. Öffnest du beispielsweise eine Türe, bleibt diese für den Rest des Spiels geöffnet.

John Linneman von Digital Foundry hat die «Item Persistence» im Spiel über eine lange Zeit getestet. Dafür hat er in der Wildwest-Stadt Akila in einer öffentlichen Toilette mehrere Seifenspender auf dem dreckigen Boden platziert. Danach hat er mehrere Missionen absolviert und mindestens zehn verschiedene Planeten erkundet. Und siehe da, die Seifenspender liegen immer noch auf dem Boden.

Egal, wie viel du zwischendurch machst, platzierte Items bleiben dort, wo sie sind.
Egal, wie viel du zwischendurch machst, platzierte Items bleiben dort, wo sie sind.
Quelle: Digital Foundry / Youtube

Notiz am Rande: Alle Objekte im Spiel verfügen auch über eine realistische Physiksimulation. Reddit-User Moozipan demonstriert das Ganze in einem kurzen Video. Er hat einen Raum in seinem Schiff mit Kartoffeln gefüllt. Schau dir nur an, wie diese Masse an Kartoffeln herauspurzelt! Wunderschön.

Du kannst deine Raumschiffe vollkommen selbst gestalten

An der Starfield Direct hat Bethesda auch über den Schiffbau-Editor gesprochen. Das Versprechen: Du kannst deiner Fantasie freien Lauf lassen und verrückte Konstruktionen bauen. Von riesigen Robotern bis zu tierähnlichen Schiffen ist alles möglich.

Stimmt’s?

Ja. Der Schiffbau-Editor bietet dir beim Bauen tatsächlich unheimlich viele Freiheiten. Das Herumbasteln kann schnell süchtig machen. Viele Fans bilden bereits bekannte Schiffe aus anderen Games, Filmen und Serien nach. Ich bin gespannt, welche Kreationen die Community in Zukunft noch herbeizaubern wird.

In einem X-Wing durch das «Starfield»-Weltall düsen? Kein Problem.
In einem X-Wing durch das «Starfield»-Weltall düsen? Kein Problem.
Quelle: u/Fudgiebrown / Reddit

Wie zufrieden bist du mit «Starfield»? Hast du mehr vom Spiel erwartet oder entsprechen die Aussagen von Todd Howard und Co. deiner Gaming-Realität?

Phils ausführliche Spielkritik zu «Starfield» kannst du hier im Detail nachlesen:

Unser Angespielt-Video zu «Starfield» siehst du hier:

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