
Hintergrund
Der Selbstversorger, der sich selbst vergass
von Darina Schweizer
Du schwörst auf Supplements? Die gibt es auch direkt vor deiner Haustür. Ex-Selbstversorger Joscha Boner enthüllt seine drei absoluten Lieblingspflanzen: leicht zu erkennen und überall zu finden.
Winterzeit ist Supplement-Zeit. Aktuell quellen viele Küchenschränke vor Nahrungsergänzungsmitteln über. Das Immunsystem soll mit Vitamin D, C, Zink und Co. noch stärker als sonst geboostert werden. Ohnehin fällt es schon schwer, alle wichtige Nährstoffe über die Ernährung zu sich zu nehmen.
Dabei wäre das gar nicht so kompliziert und erst noch gratis – ist Joscha Boner überzeugt. Der 30-jährige Bündner lebte von 2020 bis 2023 als Selbstversorger. Heute gibt er Wildkräuter- und andere Naturkurse.
«Vielen Leuten bleibt keine Zeit für stundenlanges Sammeln oder einen Garten. Das ist aber gar nicht nötig», meint Joscha. Hier sind drei seiner Lieblings-Supplements aus der Natur, die schnell zu finden und nicht zu verwechseln sind:
Ja, die Weihnachtszeit ist vorbei. Und die Nadeln deines letztjährigen Christbaums solltest du – ausser es war ein Biobaum – wegen Pestiziden nicht weiter verwenden. Doch andere Nadelbäume können in der Winterzeit die Extraportion Power bringen.
Fundort Föhren und Arven wachsen an sonnigen, trockenen und steinigen Lagen, Fichten und Tannen in feuchten, schattigen Gebieten.
Welcher Teil? Vereinzelte Nadeln oder Knospen im Frühjahr.
Wie verarbeiten? Von allen oben genannten Arten kannst du die Nadeln frisch gepflückt verwenden. Alternativ ist es möglich, sie für etwa eine Woche an einem luftigen, hellen Ort (nicht in der direkten Sonne) oder in einem Dörrgerät oder Ofen bei unter 50 Grad zu trocknen. Danach lassen sie sich lagern oder weiterverarbeiten zu:
Wirkung Die Nadeln unterstützen durch ihren hohen Vitamin-C-Gehalt das Immunsystem und haben eine entzündungshemmende Wirkung. Auch wirken sie beruhigend und schleimlösend, gerade bei Atemwegserkrankungen.
Achtung! Verwende keine Nadeln von Eiben, diese sind giftig. Nimm aber auch von den bekömmlichen Arten nur wenige Nadeln, da sie einen hohen Gehalt an ätherischen Ölen haben. Dieser kann bei Überdosierung die Schleimhäute reizen.
Bei den nächsten zwei Pflanzen wirst du vielleicht ausrufen: «Die wachsen doch gar nicht im Winter!» Stimmt, aber du findest noch immer ihre Überbleibsel vom Frühling und Sommer.
Fundort Der Löwenzahn wächst an fast allen sonnigen Standorten. Wenn kein Schnee liegt, findest du seine typische Blattrosette zwischen dem Gras auf Wiesen, an Wegrändern und in Parks.
Aussehen Im Winter bleiben wenige Löwenzahnblätter als Rosette zurück. Das sieht zum Beispiel so aus:
Welcher Teil? Was du brauchst, sind die Wurzeln des Löwenzahns. Darin zieht er im Winter seine Energie zurück. Ausgraben kannst du sie, solange der Boden nicht gefroren ist.
Wie verarbeiten? Wasche zuerst die Wurzeln. Trenne die feinen Seitenwurzeln ab und schneide die Hauptwurzeln in dünne Scheiben. Nun kannst du sie an einem luftigen, trockenen Ort für etwa eine Woche oder im Dörrautomaten bei etwa 40 Grad trocknen. Danach kannst du sie weiterverarbeiten zu:
Wirkung Löwenzahnwurzeln helfen bei Blähungen, Völlegefühl und Wassereinlagerungen. Sie enthalten antibakterielle und entzündungshemmende Stoffe. Häufig werden sie zur Entgiftung und Schmerzlinderung verwendet.
Achtung! Beim Sammeln solltest du auch beachten, dass der Löwenzahn nicht in einem Gebiet wächst, in dem Pestizide verwendet werden.
Fundort Die Brennessel mag besonders feuchte und nährstoffreiche Standorte wie Ufer, Waldränder sowie Brachflächen.
Aussehen Erkennbar sind die Brennnesseln im Winter durch ihre trockenen Stängel. Sie sehen zum Beispiel so aus:
Welcher Teil? Hast du eine Brennessel entdeckt, heisst es graben. Denn im Winter zieht sie ihre Energie in die Wurzeln zurück: Diesen Teil brauchst du. Ist der Boden nicht gefroren, kannst du sie gut ausbuddeln.
Wie verarbeiten? Die Wurzeln solltest du gründlich waschen. Danach kannst du sie in kleine Stücke schneiden und sie an einen warmen, trockenen Ort auf ein Tuch oder Gitter legen. Nach ungefähr einer Woche sind sie trocken und du kannst daraus zubereiten:
Wirkung Brennesselwurzeln stärken die Abwehrkräfte und fördern eine gesunde Blasenfunktion. Sie enthalten entzündungshemmende Wirkstoffe, die Schmerzen lindern können. Auch sollen sie gegen Haarausfall und bei Prostataproblemen helfen.
Achtung! Beim Sammeln solltest du auch beachten, dass die Brennnesseln nicht in einem Gebiet wachsen, in dem Pestizide verwendet werden.
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.