
Hintergrund
«The Mandalorian», Kapitel 23: Die Spione – Folgenanalyse
von Luca Fontana
Im epischen Finale der dritten «The Mandalorian»-Staffel kommt’s zum Angriff der Mandalorianer auf meine Tränendrüsen. Reden wir über die Folge – und ordnen dann die ganze Staffel ein.
Willkommen zur letzten Folgenanalyse! Eines vorweg: Das ist eine Folgenbesprechung. Mit Spoilern! Schau dir also zuerst «The Mandalorian – Chapter 24: The Return» an, bevor du weiterliest.
Kurz vor dem Ziel droht die Welt für uns «The Mandalorian»-Fans unterzugehen. Denn gerade, als eine von Bo-Katan Kryze angeführte Vorhut der Mandalorianer ein Basislager in der Grossen Schmiede von Mandalore errichten will, um von da aus die Rückeroberung ihres Heimatplaneten zu organisieren, gibt sich ihr Feind zu erkennen: Moff Gideon.
Gideon ist durchtrieben. Seit seinem mysteriösen Verschwinden zwischen Staffel 2 und 3 hielt er sich ausgerechnet auf jenem Planeten versteckt, den er einst während der grossen Säuberung beinahe zu zerstören drohte – also dort, wo wir ihn am wenigsten vermutet hätten. Im Geheimen baute er eine neue Mini-Armee auf, verbesserte die Rüstung der Dark Trooper und trägt sie mittlerweile selbst. Zum Ende gelang es ihm gar, Din Djarin gefangen zu nehmen. Und der kernige Paz Vizla liess sein Leben im aufopfernden, aber einseitigen Kampf gegen Prätorianer-Gardisten.
Und jetzt? Das Ende.
Keine Zeit zum Durchatmen. Das Finale beginnt dort, wo die zweitletzte Folge aufgehört hat: im Kampf. Bo-Katan und ihr Trupp befinden sich auf dem Rückzug, während sie sich durch Horden von Gideons imperialen Fusssoldaten kämpfen – ob das Dark-Trooper-Klone oder stinknormale Schergen mit Beskar-Rüstung sind, habe ich noch immer nicht kapiert. Ich tendiere zu letzterem.
Der Rückzug gelingt. Die während der Grossen Säuberung zurückgelassene mandalorianische Splittergruppe führt Bo-Katan in eines ihrer zahlreichen Verstecke. Überrascht stellt sie dort fest, dass es immer noch Orte auf dem seit Jahrzehnten für unwirtlich gehaltenen Planeten gibt, an dem Pflanzen wachsen und gedeihen. Denn was sie da antreffen, ist kein richtiges Versteck, sondern eher ein grosser, unterirdischer Garten.
Wie aussergewöhnlich das ist, stellt Bo-Katan gleich selbst fest. Schliesslich hätte sie solche Gärten schon vor der Grossen Säuberung nur innerhalb der zahlreichen Biokuppeln Mandalores gesehen. Schuld daran sind die Mandalorianischen Bürgerkriege, die den Planeten bereits Jahrzehnte vor dem Imperium zum ersten Mal beinahe verwüstet hatten. Und wo die Oberfläche Mandalores einst grün und saftig und voller Leben war, blieben nach dem Krieg nichts als Wüsten und Dünen. So entstanden die aus «The Clone Wars» bekannten Biokuppeln, darunter die Hauptstadt Sundari, deren Ruinen wir bereits in «Chapter 18: The Mines of Mandalore» gesehen haben.
Zeit, um darüber zu Sinnieren, bleibt aber nicht. Denn aus dem Funk meldet sich die Waffenmeisterin: «Lady Kryze, your reinforcements have arrived.»
In der Zwischenzeit hat Grogu in seinem Mecha-Roboter IG-12, Din Djarin aufgespürt und befreit. Natürlich in Teamarbeit: Zuvor gelang es Din bereits, seine Bewacher gehörig aufzureiben. «YES», dachte ich mir beim Gucken, «endlich mal wieder ordentliche Din-Djarin-Action!» Und damit nicht genug: R5, der kleine Astromech-Droide aus «Chapter 18: The Mines of Mandalore», gesellt sich auch noch zum Trio. In bester R2-D2-Manier stöpselt er sich in die Systeme des Imperiums ein, um Drucktüren zu öffnen und so Din und Grogu durch die Korridore zu lotsen. Ihr Ziel: Das Kommandozentrum, wo Moff Gideon bereits wartet.
Zuvor muss sich Din aber durch ein paar Gegner-Wellen leveln. Auch hier wieder: Super inszeniert. Din ist halt schon eine mandalorianische Kampfsau. Ich juble vor dem Schirm, als ob ich einem Cage-Fight aus der MMA zuschauen würde. Im nächsten Raum trifft Din auf Tanks, in denen Klone herangezüchtet werden: Moff-Gideon-Klone. Was zum…? Ohne zu zögern, zerstört Din diese. Jetzt steht ihm nur noch Moff Gideon in seiner Dark-Trooper-Rüstung gegenüber. Und der bringt endlich auf den Punkt, was er drei Staffeln lang geplant hatte:
Eine Super-Armee.
Nein, nicht die furchteinflössenden Dark-Trooper-Droiden aus «Chapter 16: The Rescue» waren sein Endgame. Und schon gar nicht die Schergen in Beskar-Rüstung aus diesem Kapitel. Er wollte eine Armee aus sich selbst erschaffen, kombiniert mit einer Rüstung aus Beskar der Mandalorianer, verfeinert mit der unbesiegbar machenden Fähigkeit, die Macht zu nutzen. Die Macht! Jetzt ist auch klar, warum Gideon so grosses Interesse daran hatte, Grogu gefangen zu nehmen. Er ist ja einer der letzten bekannten lebenden Machtnutzern der Galaxis. Jetzt, da die Klone aber (angeblich) tot sind, ehe sie ihren ersten Atemzug nehmen konnten, ist Gideon mächtig angepisst.
Der letzte Kampf beginnt.
Was dann kommt, ist «Star Wars» at its finest: Epische Schlachten in der Luft und zu Boden, während mittendrin die kleinen, persönlichen Duelle wüten. So mag ich das. Und wie es sich für «Star Wars» gehört, sind die Computereffekte über jeden Zweifel erhaben. Nur schon der Ansturm der Jetpack-fliegenden Mandalorianer, angeführt von einer Darksaber-tragenden Bo-Katan, liess mich vor dem Schirm jubeln.
Dann passiert sehr vieles in sehr kurzer Zeit: Din gegen Gideon, Din gegen die prätorianischen Gardisten, Grogu gegen die prätorianischen Gardisten, Bo-Katan gegen Gideon, Din und Grogu gegen die prätorianischen Gardisten… bis wir bei Din, Grogu und Bo-Katan gegen Gideon landen, während im Hintergrund noch immer die Jetpack-Luftkämpfe zwischen Mandalorianern und Imperialen toben. Als ob jemand bei Lucasfilm «wie episch soll das Finale werden?» fragte und die «The Mandalorian»-Schöpfer und -Autoren Jon Favreau und Dave Filoni unisono mit «Ja!» antworteten.
Während der Kampf am Boden kein Ende zu nehmen scheint, hat einer noch ein letztes Ass im Ärmel: Axe Woves, Mitglied der Nite Owls und einst rechte Hand von Bo-Katan Kryze. Sein Auftrag war, im leichten Kreuzer der Mandalorianer die Luftwaffe des Imperiums abzulenken. Nicht, dass er alleine die geringste Chance gegen die zahlreichen Bomber und Abfangjäger gehabt hätte. Eine zu haben, war aber auch nie sein Plan. Mit dem nunmehr flugunfähigen Schiff hat er nur noch ein Ziel vor Augen: Damit direkt in die imperiale Basis zu krachen.
Das Ende Bo-Katans scheint nahe: Gideon hat ihr Darksaber zerstört. Nun ist er ihr dank seiner Rüstung nicht nur körperlich, sondern auch waffentechnisch überlegen. Dagegen können auch Din und Grogu kaum etwas unternehmen. Aber dann kracht Axe Woves leichter Kreuzer in die Basis – und reisst Moff Gideon in den flammenden Tod. Beinahe hätte es auch Din, Bo-Katan und Grogu erwischt. Aber Grogu wäre nicht Grogu, hätte er nicht seine Jedi-Fähigkeiten bei Luke Skywalker verbessert: mit aller Kraft gelingt es ihm, eine Macht-Barriere um sie herum zu errichten, welche die Flammen von ihnen fernhält.
Endlich. Endlich ist Mandalore wieder frei. Die imperiale Vorherrschaft gebrochen. Und Gideon tot.
Die dritte Staffel steuert unweigerlich auf ihr Ende zu. Bo-Katan Kryze wird – auch ohne Darksaber – zur neuen alten Anführerin der Mandalorianer, während sie feierlich die Grosse Schmiede entfacht. Paz Vizslas Sohn schwört sich derweil auf das Kredo des Wegs des Mand’alores ein, wie sein verstorbener Vater vor ihm. Und Grogu? Grogu wird die schönste Ehre von allen zuteil.
Weil Grogu noch nicht sprechen kann, kann er noch nicht aufs Kredo schwören und damit vom Findelkind zum Schüler aufsteigen. Ausser, er hat das Einverständnis eines Elternteils. Und das bekommt er – von Din Djarin, der ihn offiziell adoptiert. Damit bekommt Grogu auch Din Djarins Name. Von jetzt an heisst er… Din Grogu. Mooooooooment! Din Grogu!? Heisst das, ich habe die vergangenen sechzehn Folgenanalysen fälschlicherweise gemeint, Din Djarins Vorname sei Din!? Hahaha!
Zu meiner Ehrenrettung: Hände hoch, wer’s von Anfang an richtig interpretiert hat. Dacht’ ich’s mir doch.
Din… äh, also, Djarin meine ich… Djarin und Grogu werden nicht auf Mandalore bleiben. Als Grogus Lehrmeister verlangen die Traditionen, dass sie die Galaxis bereisen, damit sein Schüler alles über die Wege des Mand’alor lernen kann. «Just as your teacher did for you», sagt die Waffenmeisterin. Unter ihrem gehörnten Helm meine ich fast, sie zwinkern zu sehen. Meint sie sich selbst? Oder ist Djarins Lehrmeister jemand, dem wir eines Tages noch begegnen werden?
Der Lehrer und sein Schüler jedenfalls reisen zur aus «Chapter 21: The Pirate» bekannten Adelphi-Basis, wo Captain Carson Teva einen Aussenposten der Neuen Republik leitet – jep, Dave Filonis Cameo-Auftritt im Hintergrund habe ich bemerkt. Jedenfalls macht Djarin Captain Teva ein Angebot, das er nicht ausschlagen wird: Djarin bietet seine Dienste als Kopfgeldjäger an, um zusammen mit seinem Lehrling Jagd auf nach wie vor flüchtige Imperiale zu machen. Jep: Staffel 4 hat soeben eine grobe Inhaltsangabe bekommen.
Die letzte Station aber bleibt Nevarro, die einst so schurkische Stätte, die sich unter Hochmagistrat Greef Karga zu einer der wohlhabendsten unabhängigen Orte im Outer Rim entwickelt hat. Djarin bringt Ersatzteile mit, mit denen IG-11 erneut zusammengebaut und als Marshal der Stadt für Recht und Ordnung sorgen kann. Als Dank bekommt Djarin von Karga eine Hütte knapp ausserhalb der Stadt geschenkt, um sich zwischen seinen Abenteuern auszuruhen. Ein Angebot, das Djarin und Grogu dankend annehmen.
Alles ist gut.
Was. Für. Ein. Finale. Von epischen Schlachten bis zu grossen Gefühlen war alles dabei. Und keine Sorge: Das fast schon misstrauisch machende Ende ohne Cliffhanger oder Post-Credit-Szene soll nicht durchblicken lassen, dass die dritte die letzte Staffel von «The Mandalorian» war. Tatsächlich bestätigte Co-Schöpfer Jon Favreau bereits vergangenen Februar, dass er die vierte Staffel schon geschrieben hätte. Darüber hinaus werden wir Din Djarin sicher auch in anderen Star-Wars-Serien zu sehen bekommen. Etwa in «Skeleton Crew» oder in «Ahsoka». Und hundertprozentig in einem der kommenden Kinofilme. Für den Moment bedeutet das Happy End also nichts anderes als: durchatmen.
Meine Vermutung ist, dass sich die vierte Staffel wieder näher an der ersten orientieren wird. Sprich: Din Djarin und Grogu treffen auf Abenteuern durch die Galaxis erneut allerlei neue und alte Freunde und Feinde. Du weisst schon. Kleine Geschichten. Für die grösser angelegten Geschichten warte ich «Ahsoka» ab – und setze gleichzeitig einen Haufen galaktischer Credits auf die baldige Ankündigung einer «Bo-Katan Kryze»-Serie.
Apropos: Das Darksaber ist kaputt. Gott sei Dank. Gerade in dieser dritten Staffel schrieben sich Jon Favreau und Dave Filoni in eine unmögliche Ecke. Einerseits wurde ständig betont, wie wichtig und symbolisch das Schwert sei, ohne das sich die mandalorianischen Clans nicht einen und anführen liessen. Wer es führte und wieso – es konnte ja nur in einem Duell um Leben und Tod gewonnen werden –, schien besonders wichtig. Andererseits scherte sich ausgerechnet die Splittergruppe des wichtigsten Clans der Serie – die Children of the Watch – keinen Deut um das Schwert. Sie folgten einfach demjenigen, der am meisten «Ehre, Charakter und Loyalität» besässe, so Din Djarin. Und das, obwohl das Schwert ursprünglich von Tarre Vizla, einem ihrer Vorfahren, geschmiedet wurde. Ja, ist das Schwert nun wichtig oder nicht!? Dramaturgisch gesehen schnitt sich die Story immer wieder selbst ins Fleisch.
Und die dritte Staffel als Ganzes? Sie hatte ihre Höhen und Tiefen. Für mich ist das keine Überraschung: Schon immer gab es in den jeweils achtteiligen «The Mandalorian»-Staffeln auch schwache Folgen. Die «Dr. Pershing»-Spezialfolge etwa fühlte sich zwar sehr nach «Andor» an und gefiel mir genau deswegen unglaublich gut. Im Nachhinein muss ich aber zugeben, dass sie kaum wichtigen Kontext für die Handlung geliefert hat – ausser eines detaillierteren Bildes der Neuen Republik. Umso genialer fand ich «The Mines of Mandalore» und «The Pirate». Okay waren «The Apostate» und «The Foundling». Einzig «Guns for Hire» war sogar für eine jener schwachen «The Mandalorian»-Folgen ziemlich unterirdisch – unterirdisch geschrieben, gespielt und gepaced.
Umso besser hat sich dafür Kate Sackhoffs Bo-Katan Kryze entwickelt. Einst sprach sie Bo-Katan als junge und viel zu temperamentvolle Thronerbin in den Animationsserien «The Clone Wars» und «Rebels». In «The Mandalorian» durfte Sackhoff aus der Aufnahmekabine raus und direkt in den Helm. Mittlerweile ist sie genauso wild entschlossen wie reif und vorausschauend. Eine würdige Anführerin, von der ich gerne eine eigene Serie sehen würde.
Abschliessend noch dies: Für mich bleibt die beste «The Mandalorian»-Staffel die zweite. Dahinter reihen sich Staffel eins und drei ein. Persönlich hätte ich mir Moff Gideons Auftritt und die Enthüllung seines Plans deutlich früher gewünscht. Ich meine, stell dir die Bedrohung eines machtsensitiven Gideons vor, wie er einem Schatten gleich über die gesamte dritte Staffel hätte lauern können… Aktuell aber stirbt Gideon ziemlich genau in jenem Moment, in dem sein Plan zum ersten Mal klar wird. Ich hätte die Story gerne mehr damit spielen sehen – es sei denn, irgendwo hat doch noch ein Klon überlebt. Aber das wäre ein «Twist», der reichlich billig und vorhersehbar wäre.
Oder was meint ihr?
Titelfoto: Disney / LucasfilmAbenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»