Von «Expeditions: A Mudrunner Game» lasse ich mich gerne durch den Dreck ziehen
Kritik

Von «Expeditions: A Mudrunner Game» lasse ich mich gerne durch den Dreck ziehen

Kompakte Erkundungs-Missionen statt langwierige Schwertransporte stehen im Fokus von «Expeditions: A Mudrunner Game». Zusammen mit neuen Werkzeugen sind die Ausflüge durch Schlamm und Felsen noch motivierender.

Bitte, bleib nicht stecken. Bitte, bleib nicht stecken. Verdammt. Das habe ich davon, dass ich den Wasserstand nicht ausgelotet habe. Dabei hätte ich nur noch den letzten Zipfel der Karte erkunden müssen. Stattdessen artet die Mission in eine Rettungsexpedition aus, bei der mir auch das dritte Fahrzeug im Schlamm stecken bleibt. Zum Glück gibt es in der Wildnis von Arizona keine Parkgebühren, das würde langsam teuer werden.

Solche Situationen gehören zur Tagesordnung.
Solche Situationen gehören zur Tagesordnung.
Quelle: Screenshot: Saber Interactive

Ich habe keine andere Wahl, als auch meinen letzten Truck aus der Garage zu holen. Jetzt aber vorsichtig. Sachte rolle ich den steinigen Abhang hinunter zum Fluss, der dreiviertel meiner Flotte in seinen feuchten Klauen hält. Ich aktiviere die Differenzialsperre, damit alle Räder gleichzeitig drehen und meinem Fahrzeug mehr Kraft spenden. Die Schaltung wechsle ich auf manuell. So kann ich das Tempo besser regulieren. Dann hefte ich meine Seilwinde an die Heckstossstange des verunglückten Offroad-Trucks. Die Räder meines deutlich leichteren Scouts drehen durch, aber langsam bewegt sich der Laster aus dem Schlamm. Noch einen halben Meter – geschafft. Mit etwas mehr Vorsicht wäre diese ausufernde Rettungsaktion überhaupt nicht nötig gewesen. Aber bei «Expeditions: A Mudrunner Game» gehört es einfach dazu, die eigene Karre regelmässig aus dem Dreck zu ziehen.

Linearer und kurzweiliger Spass

«Expeditions: A Mudrunner Game» ist, wie der Name sagt, Teil des «Mudrunner»-Universums. Mit dem letzten Teil «Snowrunner» landete Studio Saber Interactive einen Überraschungshit. Über zehn Millionen Mal verkaufte sich der Fahrzeug-Simulator, in dem du riesige Schwertransporter durch schlammige Gegenden manövrierst.

Die Missionen in «Expeditions» sind tendenziell kürzer als in «Snowrunner».
Die Missionen in «Expeditions» sind tendenziell kürzer als in «Snowrunner».
Quelle: Screenshot: Saber Interactive

«Expeditions» fokussiert sich auf kleinere Fahrzeuge und kürzere Missionen. Dauert es in «Snowrunner» gerne eine halbe Stunde oder mehr, nur um den ersten Zwischenstopp zu erreichen, streiche ich in «Expeditions» oft schon nach 15 Minuten meine Belohnung ein. Das liegt zum einen daran, dass die Missionen kompakter und geführter sind – aber auch daran, dass die Strecken kürzer sind.

Statt Brückenteile oder Holzstämme zu transportieren, gehe ich in «Expedition» auf Erkundungstour, führe Messungen durch oder sammle Dinosaurier-Knochen ein. In den zwei Gebieten Karpaten und Arizona gibt es nämlich nicht nur verlassene Ruinen, sondern auch archäologische Ausgrabungsstätten. Die Fahrzeuge teilen sich in die Kategorien Scouts, Schwer und Offroad auf. 18-rädrige 40-Tönner suchst du hier vergeblich. Die Missionen sind auf drei Gebiete verteilt, wobei das erste mit Colorado primär als Tutorial dient und ebenfalls im felsigen Arizona angesiedelt ist. Visuell am abwechslungsreichsten sind eindeutig die waldigen Karpaten.

Wegpunkte machen die Navigation einfacher und etwas linearer.
Wegpunkte machen die Navigation einfacher und etwas linearer.
Quelle: Screenshot: Philipp Rüegg

Die DNA der «Mudrunner»-Serie ist sofort spürbar. Nicht nur sieht das Spiel fast gleich (hübsch) aus wie «Snowrunner», auch die Steuerung, die Physik und das Gefühl für die Fahrzeuge sind für Fans sofort wiedererkennbar. Das ist einerseits positiv, da «Snowrunner» ein sensationelles Spiel ist, andererseits fehlt mir etwas die Abgrenzung. Für ein Add-on ist der Umfang zwar deutlich zu gross, für einen richtigen Nachfolger hätte ich mir dennoch noch etwas mehr Neuerungen gewünscht. Für 40 Franken/Euro will ich aber nicht meckern. Und Neuerungen sind durchaus vorhanden.

Gadgets, Luftdruck und Experten

Da wären zum Beispiel die Gadgets. Mit der Drohne erkunde ich gefahrlos und schnell ein Gebiet, um einen sicheren Weg zum Ziel zu finden. Das Echolot wiederum zeigt mir an, wie tief ein Flussbett ist und ob ich zum Überqueren besser ein Fahrzeug mit Schnorchel verwende. Sonst säuft mir der Motor ab und wird beschädigt. Und dann kommt es zur Geschichte wie in der Einleitung. Das allerwichtigste Werkzeug ist aber wie schon bei «Snowrunner» die Seilwinde. Die befestige ich an umliegenden Bäumen oder Fahrzeugen, um mich selbst an steilen Hängen hochzuziehen. Die Winde lässt sich nun auch endlich in zwei Richtungen bewegen. Und falls mal kein rettendes Geäst in der Nähe ist, setze ich einen der neuen Bodenanker und befestige meine Winde daran.

Ohne Winde gehe ich nicht aus dem Haus.
Ohne Winde gehe ich nicht aus dem Haus.
Quelle: Screenshot: Philipp Rüegg

Ebenfalls neu ist, dass ich den Luftdruck der Reifen verändern kann. Weniger Druck gibt mehr Grip auf felsigem Untergrund, erhöht aber auch den Benzinverbrauch. Differenzialsperre sowie manuelle Schaltung gibt es bereits in «Snowrunner».

Daneben führt «Expeditions» Experten ein, die als Modifikatoren fungieren. Ich wähle sie vor jeder Mission neu aus. Sie bringen unterschiedliche Vorteile mit sich. Der Mechaniker beispielsweise sorgt dafür, dass mein Fahrzeug weniger Schaden nimmt, wenn ich mal wieder mit zu viel Tempo durchs Gelände röste. Logistiker bringen zusätzlichen Treibstoff und Ersatzteile mit. Operatoren wiederum sind Drohnenexperten, die mir unter anderem Luftabwürfe auf der Karte markieren. Experten kosten genau wie Werkzeuge Geld und pro Mission kann ich nur eine limitierte Anzahl aktivieren.

Experten bringen verschiedene Vorteile mit sich.
Experten bringen verschiedene Vorteile mit sich.
Quelle: Screenshot: Philipp Rüegg

Kompakter, aber nicht weniger knifflig

Anders als in «Snowrunner», wo meist lediglich das Ziel auf der Karte angezeigt und der Rest mir überlassen wird, nimmt mich «Expeditions» stärker an die Hand. Oft lotst mich das Spiel von Punkt zu Punkt bis zum Ziel. Dazwischen gibt es zwar Spielraum, aber die Missionen sind linearer als im Vorgänger. Allerdings bieten die Gebiete auch Orte zum selber Erkunden. Manchmal finde ich so Werkzeug, Ersatzteile oder Ressourcen, die ich zu Geld machen kann. Gelegentlich stolpere ich über Nebenmissionen, in denen ich Touristen abschleppen muss. Auch das Erkunden wirft finanzielle Belohnungen ab. Und Geld kann ich nie genug haben. Schliesslich gibt es 20 Fahrzeuge freizuschalten, die ich alle mit zahlreichen Upgrades verbessern kann. Stärkere Seilwinde, mehr Stauraum oder ein besserer Motor sind nur einige Dinge, mit denen ich meine Trucks aufrüste.

20 Fahrzeuge mit zahlreichen Verbesserungen können freigeschaltet werden.
20 Fahrzeuge mit zahlreichen Verbesserungen können freigeschaltet werden.
Quelle: Screenshot: Saber Interactive

Die vielen Upgrades sind nötig, will ich nicht ständig steckenbleiben oder durch ungeschicktes Manövrieren auf dem Dach landen. Mud, zu Deutsch Schlamm, wie in der Serienbezeichnung gibt es zuhauf. In «Expedition» sieht die braune Sülze noch matschiger aus und hinterlässt noch schönere Reifenspuren als zuvor.

Eine gänzlich neue Herausforderung bieten Arizonas Felslandschaften. Statt Feststecken besteht hier die Gefahr in Auffahrschäden oder dass das Fahrzeug umkippt. Besonders tückisch sind einzelne Felsbrocken. Die klemmen sich gerne unter dem Auto ein oder verschieben sich an die ungünstigsten Stellen. Ich vermisse dabei zwar die schönen Schlammanimationen, fahrtechnisch erfordert es dafür mehr Feingefühl. Zu viel Tempo und ich kollidiere mit Felsen oder beschädige meine Federung, wenn ich die Tiefe einer Grube unterschätze. Glücklicherweise kann ich meine Fahrzeuge mit Ersatzteilen und Reservetanks beladen. Sind auch die aufgebraucht und ich habe keine Lust, mit einem weiteren Fahrzeug die gleichen Strapazen auf mich zu nehmen, gibt es eine Bergungsmöglichkeit. Die ist beim ersten Mal kostenlos und bringt mein Fahrzeug, inklusive Ladung, zurück zur Basis. Danach kostet der Spass und macht den Lohn einer erfolgreichen Mission schnell zunichte.

Wie eine Schildkröte liegt mein hilfloser Truck auf dem Rücken.
Wie eine Schildkröte liegt mein hilfloser Truck auf dem Rücken.
Quelle: Screenshot: Philipp Rüegg

Die Bergung funktioniert nicht nur bei Notfällen. Ich nutze sie auch zum Schnellreisen. Das macht die Missionen noch kurzweiliger und ist toll für Menschen wie mich, die Backtracking nicht ausstehen können.

Fazit: ein steiniger Weg im positivsten Sinne

Langsam durch den Matsch fahren und dabei dicke Spuren hinterlassen, gehört auch in «Expeditions: A Mudrunner Game» zu den Highlights. Das Fahrgefühl und die Animationen sind toll. Ich spüre die wuchtigen Geländefahrzeuge regelrecht durch meinen Controller hindurch. Die neuen Gadgets lockern das Spielgeschehen auf und sorgen mit den linearen Missionen für ein kurzweiligeres Erlebnis. Im Vorgänger «Snowrunner» wünschte ich mir oft ein abwechslungsreicheres Missionsdesign. «Expeditions» liefert genau das, indem es sich auf kleinere Erkundungsmissionen mit agileren Fahrzeugen fokussiert.

Auch wenn sich visuelle wenig geändert hat zum Vorgänger, sieht das Spiel immer noch sehr hübsch aus.
Auch wenn sich visuelle wenig geändert hat zum Vorgänger, sieht das Spiel immer noch sehr hübsch aus.
Quelle: Screenshot: Saber Interactive

Die felsigen Landschaften von Arizona sind eine interessante Ergänzung, die ein anderes Fahrverhalten erfordern. Hier ist noch mehr Feingefühl gefragt und Fehler bestraft das Spiel schneller mit Schäden am Fahrzeug. Da ich selbst Einstellungen wie Luftdruck mit wenigen Tastenbefehlen ausführen kann, ist «Expeditions: A Mudrunner Game» nach wie vor auch für Gelegenheitsspielerinnen geeignet.

Wenn du einen gemütlichen Fahrzeug-Simulator suchst, der aber etwas mehr Tempo und Struktur bietet als «Snowrunner», dann ist «Expeditions: A Mudrunner Game» genau das Richtige.

«Expeditions: A Mudrunner Game» ist verfügbar ab dem 5. März für PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series, Switch und wurde mir von Saber Interactive zur Verfügung gestellt. Ich habe die PC-Version getestet.

Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game
Game

Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game

Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game (XBOX, DE)
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Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game

XBOX, DE

Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game (Switch, DE)
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Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game

Switch, DE

Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game (Windows, FR)
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Saber Interactive Expeditions: A MudRunner Game

Windows, FR

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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