Hintergrund
Weisheit oder Wahnsinn? Das steckt hinter der Co-Schwangerschaft von Vätern
von Katja Fischer
Auf werdende und frischgebackene Eltern prasseln unzählige Baby-Weisheiten ein. Welche sind wahr? Welche nichts als Humbug? Wir stellen die Mythen auf den Prüfstand. In dieser Folge: grössere Füsse durch die Schwangerschaft.
«Kein Schuh passt mehr!» – gut möglich, dass du diesen Satz schon von einer schwangeren Frau gehört hast. Oder vielleicht in deiner Schwangerschaft selbst frustriert festgestellt hast, dass parallel zu deinem Babybauch auch noch die Füsse gewachsen sind.
Zumindest während der Schwangerschaft ist das Phänomen plausibel zu erklären: Viele Frauen leiden unter Wassereinlagerungen, Ödeme genannt. Das eigene Körperwasser nimmt zu, ausserdem sind die Blutgefässe elastischer, wodurch noch mehr Wasser ins Gewebe gelangt. Hinzu kommt, dass die wachsende Gebärmutter Druck auf die Venen ausübt und so den Rückfluss des Blutes zum Herzen erschwert. Die Folge: Die Beine und Füsse sind schwer, müde – und geschwollen. Beine hochlagern und Stützstrümpfe können helfen.
Für die meisten Frauen sind die geschwollenen Beine und Füsse nach der Entbindung aber bald Geschichte. Der Körper schwemmt die Flüssigkeit wieder aus, spätestens nach einigen Wochen sind die Füsse wieder wie vor der Schwangerschaft.
Erstaunlicher ist, wenn die Schuhe auch lange nach der Geburt nicht mehr passen. Auch das passiert – und zwar gar nicht mal so selten. Eine Studie der University of Iowa hat das Phänomen 2013 untersucht. «Ich habe so viele Frauen klagen gehört, dass sie nach der Schwangerschaft neue Schuhe kaufen müssen», sagte der Studienleiter Neil Segal, Professor für Orthopädie und Rehabilitation, damals. Also vermass er die Füsse der 49 Probandinnen nicht nur während, sondern auch fünf Monate nach der Entbindung.
Sein Ergebnis: Bei 60 bis 70 Prozent wurden die Füsse breiter und länger. Selbst fünf Monate nach der Geburt hatten sie noch zwei bis zehn Millimeter längere Füsse – das entspricht einem Unterschied von bis zu eineinhalb Schuhgrössen.
Segal führt die Vergrösserung auf die starke Belastung der Knochen und Bänder während der Schwangerschaft zurück. Die zusätzlichen Kilos drücken nach unten, ein Spreizfuss – eine Verbreiterung des Vorfusses – kann die Folge sein. Die Schwangerschaftshormone machen die Bänder ohnehin lockerer und flexibler. Immerhin scheint sich der Effekt auf die erste Schwangerschaft zu beschränken, beim zweiten oder dritten Kind veränderte sich die Fussstruktur gemäss der Studie nicht mehr signifikant.
Nachhaltig beeinträchtigen können die vergrösserten Füsse trotzdem. Nicht nur in Form der neuen Schuhgrösse. «Möglicherweise erklären diese Fussveränderungen im Zuge der Schwangerschaft, warum Frauen im Vergleich zu Männern ein höheres Risiko für Schmerzen oder Arthritis in Füssen, Knien, Hüften und Wirbelsäule haben», so Segal.
In der Serie «Wahrheit oder Wahnsinn?» gehe ich spannenden Baby-Weisheiten und skurrilen Schwangerschafts-Theorien auf den Grund. Bereits erschienen:
Welche weiteren Mythen gehören auf den Prüfstand? Schreib es mir in das Kommentarfeld unten oder via E-Mail.
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.