«WandaVision», Staffel 1: «Episode 4: Wir unterbrechen dieses Programm»
In der vierten Folge von «WandaVision» kehren wir in die Realität zurück, dröseln das Geheimnis um Wandas Sitcom-Welt auf und stolpern über Hinweise. Hinweise, die auf eine Partnerschaft zwischen einer Hexe und dem Teufel selbst hindeuten.
Eines vorweg: Das ist eine Folgenbesprechung. Mit Spoilern! Schau dir also zuerst die vierte Episode von «WandaVision» an, bevor du weiterliest.
«Okay. Aber wieso?»
Nicht wenige werden sich diese Frage gestellt haben. Ich zumindest tat das mehrmals. Beim Gucken von «WandaVision», Marvels erste MCU-Superheldenserie (jaja, ich zähle die Netflix-Helden mal nicht dazu).
Vergangene Woche haben wir das Konzept der Sitcom-Serie vergangener Jahrzehnte mehr und mehr aufgebrochen. Sind wir dem Kern der Serie näher gekommen. Nicht nur inhaltlich. Auch visuell. Gut so. Vor allem etwas hat mich brutal angefixt: Die ganzen «House of M»-Andeutungen.
Jetzt ist die vierte Folge da. Wird das «House of M»-Event aus den Comics tatsächlich Serien-Realität? Und überhaupt: Was zum Teufel ist hier überhaupt Realität? Klären wir das anhand der besten WTF-Momente und Easter Eggs von Folge vier, «Wir unterbrechen dieses Programm».
Wir haben einen historischen Anker
Die vierte Folge beginnt mit einem Hammer: Dem Ende von «Avengers: Endgame». Genau genommen mit Tony Starks – pardon, Hulks, danke @failmau5 – Fingerschnipp, der den «Blipp» – sorry, «Snap», nochmals danke @failmau5 – ungeschehen gemacht und all jene wieder zum Leben erweckt hat, die einst von Thanos’ Fingerschnipp in «Avengers: Infinity War» aus dem Raum-Zeit-Kontinuum gelöscht worden sind.
Mittendrin: Monica Rambeau (Teyonah Parris), deren Moleküle sich gerade wieder zusammensetzen, während aus dem Off Carol Danvers aka Captain Marvels Stimme zu hören ist, wie sie Monica als Kind liebevoll «Lieutenant Trouble» nennt.
Zum ersten Mal also kein fröhlich getüdeltes Sitcom-Intro. Kein Schwarz-Weiss. Oder 8-bit-Farben. Wir sind in unserer Realität. In der Gegenwart. In einem Spital; Monica hat noch gar nicht gecheckt, dass sie drei Jahre lang – nein, fünf Jahre, danke @calinew – von der Bildfläche verschwunden war. Zuletzt war sie aber dort, weil der Krebs ihrer Mutter – Maria Rambeau (Lashana Lynch) – behandelt worden ist.
Die Szene in diesem Spital ist fantastisch. Die Verwirrung. Die Angst. Das Chaos. Zurückgebliebene, die realisieren, dass die einst verloren Geglaubten zurückkehren. Die Rückkehrer, deren Verwirrung sich bald schon in Angst und Panik verwandelt, als sie erfahren, welchem grausamen Schicksal sie gerade entronnen sind.
Uns Zuschauern gibt sie Kontext, diese Szene, ein Blickwinkel, der bisher noch nicht abgedeckt worden ist. Mehr noch: Sie gibt uns einen historischen Anker. Denn: Dass Vision seit «Avengers: Infinity War» tot ist, wissen wir bereits. Warum er in «WandaVision» noch lebt, nicht. Nicht mal, ob «WandaVision» überhaupt in der Gegenwart spielt. Nicht mit Sicherheit. Bis jetzt jedenfalls: «WandaVision» spielt nach «Avengers: Endgame».
Noch konkreter wird’s gar in der nächsten Szene. Sie spielt im Hauptquartier von S.W.O.R.D., wo Monica Rambeau sich zurück zum Dienst meldet.
«Drei Wochen sind vergangen, und Sie sind die Erste, die sich zurückmeldet», empfängt sie der neue Director, Tyler Hayward (Josh Stamberg), der die Nachfolge der schlussendlich doch an Krebs verstorbenen Maria Rambeau angetreten hat.
Die Serie beginnt also drei Wochen nach «Avengers: Endgame».
Monica Rambeau, Lieutenant Trouble oder: Photon
Auf dem Weg zum Missionsbriefing laufen Rambeau und Hayward an einem Bild der ehemaligen S.W.O.R.D.-Direktorin vorbei – Rambeaus Mutter, Maria «Photon» Rambeau, was eigentlich eine Anspielung auf Monica Rambeaus Superhelden-Status in den Comics ist.
Die Kurzfassung: In einem früheren Leben war Monica Lieutenant der New Orleans Harbour Patrol. Als sie eines Tages einen kriminellen Wissenschaftler daran hindern will, eine mächtige Superwaffe zu bauen, wird sie mit extradimensionaler Energie bombardiert.
Voilà: Monica Rambeau kann von nun an ihren Körper in reinste Energie umwandeln. Kräfte, die du dir ähnlich vorstellen kannst wie jene, die Captain Marvel in den Filmen besitzt.
Tatsächlich ist der Spitzname, den die Medien in den Comics ihr zunächst verpassen, genau der – Captain Marvel. Und während Rambeau mit ihren neuen Kräften experimentiert, lernt sie Spider-Man kennen, der sie freundlicherweise den Avengers vorstellt, wo sie zusätzliches Training bekommt. Später – viel später – tritt sie den Avengers bei und wird zwischenzeitlich gar ihre Anführerin.
In den Comics geht’s dann drunter und drüber. Rambeau bekämpft irgendwann sogar die X-Men selbst. Verliert ihre Kräfte. Gewinnt sie wieder zurück. Grosses Schlamassel. Und dann gibt sie den Titel des Captain Marvels ab, aus Respekt, weil sie ja eigentlich gar nicht die ursprüngliche Captain Marvel ist. Ihr neuer Name: Photon.
Im MCU sieht’s (noch) ganz anders aus. Monica Rambeau ist nichts als eine gewöhnliche S.W.O.R.D.-Agentin, die daran glaubt, dass es im Weltall nicht nur Feinde, sondern auch Verbündete gibt. Womöglich ist das der Grund, weshalb sie die Pläne S.W.O.R.D.s, Waffen zur Verteidigung gegen extraterrestrische Bedrohungen zu bauen, missbilligt.
Waffen, die Monica schon bald ihre Kräfte verleihen könnten, ungefähr so, wie’s in den Comics passiert?
Wiedersehen mit zwei Altbekannten
Die Welt ist ein Dorf. Das gilt besonders fürs Marvel Cinematic Universe (MCU). Monica kriegt den Auftrag, sich mit FBI-Agent Jimmy Woo (Randall Park) zusammenzutun. Der Jimmy Woo, den wir aus «Ant-Man» kennen. Und der sich über Scott Langs (Paul Rudd) Kartentricks wundert.
Kartentricks, die Woo mittlerweile selbst gemeistert hat. Achte dich darauf, wie er seine Visitenkarte zieht.
Geniale Referenz.
Woo ist es auch, der Rambeau – und uns Zuschauer – auf den neuesten Stand und endlich etwas Licht ins Dunkel bringt: Er sei eigentlich da, weil ein Zeuge aus seinem Zeugenschutzprogramm verschwunden sei. Dann hat er aber festgestellt, dass offenbar die ganze Stadt Westview vermisst wird. Niemand scheint sich zu erinnern, dass die Stadt überhaupt existiert. Nicht mal die zwei Ortspolizisten, die direkt vor dem Westview-Schild stehen.
Später, nachdem Monica Rambeau sich versehentlich von der alternativen Sitcom-Realität hat einsaugen lassen, taucht noch eine alte MCU-Bekannte auf:
Doctor Darcy Lewis (Kat Dennings).
Die Astrophysikerin findet noch mehr heraus. Westview wird von einem Energiefeld umgeben, das kosmische Strahlung abgibt, die bis auf den Urknall selbst zurückführt. Nicht nur das: Die kosmische Strahlung wird von einem Fernsehsignal überlagert. Ein Signal, das eine Fernsehserie zeigt:
«WandaVision».
«Hat das Universum eine Sitcom erschaffen und in den Hauptrollen zwei Avengers», fragt der ratlose Jimmy Woo.
Es war wohl kaum das Universum selbst. Ich habe eine andere Theorie.
Agnes – eine mächtige Hexe?
Meine Theorie fängt mit dem Anschlagbrett an, an der die Fotos aller Menschen gepinnt sind, die in «WandaVision», der Serie in der Serie, vorkommen. Samt New-Jersey-Ausweis, zur Identifizierung ihrer realen Identität. Nur: Bei einem Foto fehlt dieser Ausweis. Zoomst du nahe genug ins Bild, fehlt zudem auch der Nachname dieser Person: Agnes.
Wer ist Agnes wirklich?
Agnes. Diese Frau. Schwarzhaarig und von Kathryn Hahn gespielt. Die Schauspielerin selbst sagte einst in einem Interview, nur als «nosy Neighbor» engangiert worden zu sein. Aber die neugierige Nachbarin könnte mehr als das sein.
Darauf sind auch schon spitzfindige Fans gekommen.
In der ersten Folge etwa reden Wanda und Agnes über einen Jahrestag. Dabei erwähnt Agnes, fast beiläufig, ein Datum. Der 2. Juni. Das sei ihr Hochzeitstag mit ihrem Nichtsnutz von Ehemann, Ralph. Der 2. Juni im Jahr 1692 war aber auch der Tag, an dem der erste offizielle Hexenprozess in Salem stattgefunden hat. In den Comics ist das wiederum sowas wie die Geburtsstunde des Hexenkults New Salem, deren Hexen-Anführerin Agatha Harkness war.
Agnes. Agatha Harkness. Okay, jetzt wird’s spannend.
In den Comics ist Agatha Harkness eine über Tausende von Jahren alte, mächtige Hexe, zwar immer wieder Gegnerin der Avengers, aber zwischenzeitlich auch Mentorin Wandas, die sie in der Kunst der Chaosmagie unterrichtet – deren Beherrschung sei sowieso Wandas eigentliche Mutantenkraft, so Agatha in den Comics.
Mehr noch: In der Vorgeschichte zu «House of M» ist es Agatha, die Wanda jene Magie beibringt, mit der sie ihre Kinder erschafft – jene Kinder, die später vom teuflischen Mephisto absorbiert und ausgelöscht werden, was Wanda in den Wahnsinn treibt und die katastrophalen Ereignisse von «House of M» einleiten.
In «WandaVision» könnte sich Wanda Agatha zugewandt haben, um Vision zurück ins Leben zu rufen. Oder zumindest in eine Realität, in der er noch lebt. Vielleicht wird Wanda dabei von Agatha ausgetrickst. Oder manipuliert. Auch wenn Rambeau zum Ende der Folge meint: «It’s Wanda. It’s all Wanda». Ich halte das für einen erzählerischen Kniff, uns Zuschauer auf falsche Fährten zu locken.
Und es würde erklären, wieso es von der uralten Hexe keinen New-Jersey-Ausweis gibt.
Überhaupt: Ralph, Agnes’ Ehemann, den noch niemand gesehen hat. Was, wenn dieser Ehemann niemand geringeres als Mephisto höchstselbst ist? Falls du meine letzte Folgenbesprechung nicht gelesen hast: Mephisto ist eines der gefährlichsten, unsterblichen dämonischen Wesen überhaupt. Vielleicht gar der Teufel selbst. Er ist zudem ein hervorragender Lügner, ständig um Seelen schachernd und mächtig genug, die Vergangenheit und Gegenwart nach seinem Willen zu formen.
Und: Er ist es, der in den Comics Wanda manipuliert, diese alternative Realität mit wiederbelebten Zwillingen zu erschaffen. Er könnte es auch in der Serie sein. Zusammen mit Agnes aka Agatha. Die würden ein unfassbar gefährliches Paar abgeben. Womöglich gar gefährlicher als Thanos selbst.
Apropos: Dieser neue S.W.O.R.D.-Direktor, Tyler Hayward. Irgendwie ist der mir suspekt. Räusper. Zwinker-Zwinker. Und so.
Fazit
Wäre ich nicht bereits für die Serie gehypt, dann wäre ich’s spätestens jetzt. Es gibt zu viele Zeichen, zu viele Andeutungen, die auf Ereignisse deuten, die – wenn sie nur halb so gut umgesetzt werden wie in den Comics – im MCU noch grössere Wellen schlagen würden als das Ende von «Avengers: Infinity War».
Und Marvel haut das einfach in Serienformat raus. Respekt.
Wie hat euch die Folge gefallen? Gibt’s noch Easter Eggs, die mir entgangen sind? Schreib es in die Kommentare. Nächsten Freitag machen wir mit der Folgenbesprechung der folgenden Folge weiter. Das wird heiter.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»