Warum ich froh bin, dass mich mein Vater zum Heimwerken gezwungen hat
Do It yourself – was als Kind einer Strafe gleichkam, ist heute ein Segen. Nicht nur, dass ich unabhängiger bin, ich spare auch einiges an Geld.
Meine Kindheit unterschied sich nicht gross von der meiner Freunde: Ich bin in einem Schweizer Dorf aufgewachsen, konnte alles zu Fuss erledigen und habe am liebsten etwas draussen unternommen. Doch meine Schwester und ich wurden per unverwechselbarem Pfiff des Öfteren vom Spielen abkommandiert. Denn mein Vater war und ist ein passionierter Heimwerker und wollte sein Hobby unbedingt mit seinen Töchtern teilen. Statt Verstecken zu spielen, haben wir gelötet und gesägt oder bei kleinen Hausrenovierungen geholfen.
Aller Anfang ist schwer
Als Kind hielt sich meine Freude darüber in Grenzen. Ich konnte mir wirklich Besseres vorstellen, als samstags im Badezimmer herumzukriechen, um meinem Vater beim Erneuern der Silikonfugen zu helfen. Dazu kamen haufenweise DIY-Geschenke für Familienangehörige und einige Theorielektionen. So hat es mich auch nicht überrascht, eines Tages von der Schule nach Hause zu kommen, nur um meinen Vater mit einem Stechbeitel bewaffnet bei der Demontage unserer verklebten Holzdecke vorzufinden. Denn wenn Papa sich etwas in den Kopf setzt, dann wird das sofort umgesetzt. In diesen Momenten war meiner Schwester und mir gleich klar, dass auch wir unsere Ärmel hochkrempeln müssen. Mitgefangen, mitgehangen. Nachdem das Gejammer versiegt und das Projekt vollendet war, machte sich dann aber doch jedes Mal der Stolz breit. Das ist wie beim Gang zum Fitnessstudio. Erst schleppst du dich mit mieser Laune hin, nur um danach doch ganz glücklich darüber zu sein, den inneren Schweinehund überwunden und etwas für dich getan zu haben.
Umzug leicht gemacht
Heute bin ich froh, meinem Vater assistiert zu haben. Vor allem seit dem Auszug aus Hotel Mama kommt mir die Heimwerkerschule ganz gelegen. So weiss ich zum Beispiel, wie ich am saubersten bohre. Ich weiss auch, dass ich für das Zusammensetzen meines Holzrahmens zusätzlich zu Holzleim mit Lamellos (oder Flachdübeln) arbeiten sollte, damit alles bombenfest sitzt. Und ich weiss vor allem, dass richtiges und gutes Werkzeug das A und O jedes Heimwerkers ist. Lieber, du besitzt wenige hochwertige Geräte, die du auch zu benutzen weisst als ein Sammelsurium an minderwertigen Werkzeugen.
Ein toller Nebeneffekt der mitgegebenen DIY-Kenntnisse ist eine individuell eingerichtete Wohnung. Denn anstatt für teures Geld neue Dinge zu kaufen, die dann sicher auch noch in zig anderen Wohnungen stehen, kann ich mit ein paar Handgriffen alten Möbeln aus der Brocki wieder zu neuem Glanz verhelfen. So wurde zum Beispiel aus einer alten Truhe ruckzuck eine schöne Bar zur Aufbewahrung von Wein, Spirituosen und Gläsern.
Hilfe zur Selbsthilfe
Was ich aber vor allem aus meinen Wochenenden in der Werkstatt, in Baumärkten oder draussen im Garten mitgenommen habe, ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Ich muss nicht warten, bis mein Freund zu Hause ist oder ein Handwerker Zeit hat. Ich kann selbst eine Glühbirne austauschen, ein Regal zusammenbauen oder Bohrlöcher verschliessen. Auch wenn Flüche nicht ausbleiben und ich mich regelmässig mit allerlei Substanzen beschmiere, will ich nicht aufs Heimwerken verzichten. Dieses Verhalten wird erwartungsgemäss vom engeren Familienkreis unterstützt. Zum Einzug in meine erste Wohnung habe ich von Papa keine Blumen, kein Brot und Salz, sondern einen Akkuschrauber bekommen. So spiessig das klingt, so toll ist es. Ich muss nicht für jeden Handgriff nach Equipment fragen, wie das viele Freunde tun. Ich bin unabhängig und selbstständig – zumindest was das Heimwerken betrifft. Und wenn ich doch einmal nicht weiter weiss, dann ist der väterliche Rat nur einen Anruf entfernt.
Wie sieht's bei dir aus? Was haben dir deine Eltern mit auf den Weg gegeben, das du nicht mehr missen willst?
Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.