Wie du Videospiel-Burnout erkennst und was du dagegen tun kannst
Hintergrund

Wie du Videospiel-Burnout erkennst und was du dagegen tun kannst

Exzessives und einseitiges Spielen kann geistige und körperliche Erschöpfung auslösen, besser bekannt als Videospiel-Burnout. Ich sag’ dir, wie du das erkennst und was du dagegen tun kannst.

Du willst ein neues Spiel anfangen, aber nichts spricht dich so richtig an? Irgendetwas hält dich davon ab, den PC oder die Konsole zu starten und dich ins nächste Abenteuer zu stürzen? Dann nagt vielleicht das Videospiel-Burnout an dir.

Ich kann dir zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob ich jemals selbst von einem Videospiel-Burnout betroffen war. Denn durch meinen Beruf als Videospiel-Journalistin setze ich mich sowieso dauernd mit dem Thema auseinander. Ich verrate dir ein paar Tipps und Tricks, wie du dem Videospiel-Burnout entgegenwirken kannst.

Disclaimer: Ich habe keine psychologische Ausbildung und kann dir keine professionelle Diagnose oder Behandlung anbieten. Die Informationen aus diesem Artikel beruhen auf meinen eigenen Erfahrungen sowie meiner Recherche.

Wenn die Lust zur Last wird

Die Lustlosigkeit auf Videospiele ist das bekannteste Symptom des Videospiel-Burnouts. Was harmlos klingt, kann für Hardcore-Zockerinnen zum Problem werden. Das Hobby wird zur Last und Erschöpfung setzt ein. Darunter leidet nicht nur potenziell die psychische Gesundheit, sondern auch die allgemeine Leistung, Stimmung und Motivation.

Verschiedene Ratgeber empfehlen, sich wie beim klassischen Burnout von der Quelle des Problems zu distanzieren. Was normalerweise Abstand vom Arbeitsplatz bedeutet, bezieht sich hier auf Videospiele. Wenn du keine Lust auf ein Game hast, dann musst du es nicht spielen. Beschäftige dich stattdessen mit einem anderen Hobby oder deinen Liebsten. Hauptsache, du gönnst dir eine Pause. Alternativ kannst du auch mal ein neues Genre ausprobieren.

Ich lese häufig, wie Spielerinnen immer die gleichen Open-World-Titel zocken und dann die Lust daran verlieren. Dieses Muster entdecke ich bei mir selbst: Weil ich unheimlich gerne lese, liebe ich Visual-Novel-Games. Irgendwann habe ich mich beruflich wie auch privat durch unzählige solcher Titel gekämpft, die gerne mal 40 Stunden dauern.

Das Resultat: Ich lasse das Genre seit zwei Jahren links liegen. Eine weitere, mittelmässige Visual Novel brachte das Fass zum Überlaufen. Stattdessen stillte ich meinen Lesedurst mit Büchern und Fanfictions. Ich bin froh über diese unbewusste Entscheidung, denn mittlerweile könnte ich mich wieder bedenkenlos an eine Visual Novel wagen. Mit Games wie «Phoenix Wright: Ace Attorney Trilogy» warten genug davon in meiner Spielebibliothek.

Bei Spielen wie «Danganronpa 2: Goodbye Despair» gehe ich so richtig auf. Aber es gibt auch zu viel des Guten.
Bei Spielen wie «Danganronpa 2: Goodbye Despair» gehe ich so richtig auf. Aber es gibt auch zu viel des Guten.
Quelle: Spike Chunsoft

Der Pile of Shame und was dagegen hilft

Spiele, die darauf warten, gespielt zu werden, werden gemeinhin «Pile of Shame» genannt. Auf Deutsch heisst das so viel wie «Stapel der Schande». Die Problematik beginnt schon beim Namen. Ungespielte Games haben nichts mit Schande zu tun. Dennoch kann dieser imaginäre Stapel eine solche Kraft gewinnen, dass er einen Videospiel-Burnout begünstigt.

Wenn du einen Stapel ungespielter Spiele hast, bist du damit nicht alleine. In einem Artikel rechnet PCGamesN aus, dass der weltweite Pile of Shame auf Steam 19 Milliarden US-Dollar betragen soll. Zweifellos versauern viele Games in Spiele-Bibliotheken und sorgen für ein schlechtes Gewissen.

Mit 92 Titeln ist meine Wunschliste auf Steam unangenehm lang.
Mit 92 Titeln ist meine Wunschliste auf Steam unangenehm lang.
Quelle: Cassie Mammone

Der Pile of Shame verkommt zur To-Do-Liste. Das ist gar nicht so schlecht. Spiele sind Stichpunkte auf der Checkliste, die du abarbeitest. Damit behältst du nicht nur die Übersicht, sondern tust auch deinem Gehirn etwas Gutes. Unser Oberstübchen mag es nämlich, Dinge abzuschliessen. Videospiele sind da keine Ausnahme. Zum Problem wird es erst, wenn dich dein Backlog demotiviert. Dann siehst du ständig, wie viel noch ansteht und ein einzelner abgehakter Punkt verschwindet unter einem Berg von Aufgaben.

Kollege Domagoj hat sich vor zwei Jahren seinem Pile of Shame auf eigene Weise gestellt. Wie es ihm dabei ergangen ist und was der «Zeigarnik-Effekt» ist, kannst du hier nachlesen:

  • Meinung

    Mein Spiele-Backlog aus der Hölle

    von Domagoj Belancic

Folgende Massnahme kann gegen den Pile of Shame helfen: Reflektiere gründlich über deine Bedürfnisse und organisiere deine Liste. Stelle dir konkret folgende Fragen: Auf welche Spiele hast du Lust und welche willst du nur spielen, um sie von der Liste zu streichen?

Konsequentes Aussortieren ist dein bester Freund. Wenn du damit Mühe hast, kannst du deine Liste in zwei aufspalten. In der ersten Liste schreibst du die «wichtigen» Spiele auf, die du unbedingt nachholen möchtest. In der zweiten Liste steht der Rest drin. Zusätzlich könnte es dich motivieren, jedes abgeschlossene Spiel mit einem Emoji oder kurzem Review zu bewerten. Es gibt kein Richtig oder Falsch.

Diese Spiele habe ich im Jahr 2024 gespielt und teilweise auch abgeschlossen.
Diese Spiele habe ich im Jahr 2024 gespielt und teilweise auch abgeschlossen.
Quelle: Cassie Mammone

Ich habe nie eine Liste meines Backlogs geführt. Mein Interesse an Videospielen ist so gross, dass ich am liebsten gleich hunderte von Games zocken könnte. Was ich spiele, entscheide ich meist spontan. Seit drei Jahren dokumentiere ich aber, welche Spiele ich zocke und abschliesse. Wenn ich ein neues Spiel anfange, kommt das auf die Liste. Sobald ich es beende, gibt es ein befriedigendes Häkchen daneben.

Neuerdings streiche ich Spiele durch. Damit will ich ausprobieren, wie es ist, angefangene Spiele bewusst abzubrechen. Ansonsten versauern sie als einer von vielen Punkten auf der Liste und bieten meinem Gehirn nicht die Befriedigung einer erledigten Aufgabe. Was mir als Idee gut gefällt, erweist sich aktuell noch als schwierig. Ich bin zu zögerlich beim Durchstreichen. In Zukunft will ich härter durchgreifen.

Genau wie mehrere Bossgegner gleichzeitig stressig sein können, können zu viele Spiele auf dem Pile of Shame zur Last werden. In beiden Fällen hilft es, die Anzahl zu minimieren.
Genau wie mehrere Bossgegner gleichzeitig stressig sein können, können zu viele Spiele auf dem Pile of Shame zur Last werden. In beiden Fällen hilft es, die Anzahl zu minimieren.
Quelle: Bandai Namco Games

Gegen das Überangebot hilft Achtsamkeit

Videospiele sind nur eines von vielen Hobbys, mit denen du Zeit verbringen kannst. Hobbys sind dazu da, dir eine gute Zeit zu bescheren – und häufig dein Portemonnaie zu erleichtern. Grund zum Stress sollten sie nie sein. Deswegen tut es gut, in sich reinzuhorchen: «Tut mir das gerade gut, was ich mache?» «Geniesse ich das Game oder arbeite ich nur einen Punkt auf meiner Liste ab?» «Habe ich meine Motivation verloren?» «Will ich nach der Arbeit lieber eine Serie schauen?»

Für einen Videospiel-Burnout braucht es nicht zwingend einen Pile of Shame. Er begünstigt aber die potenzielle physisch und psychische Überlastung sowie Erschöpfung. An diesen Punkt kannst du aber auch ohne Listen geraten. Gehe deswegen auf deine Bedürfnisse ein und sei ehrlich zu dir. Das Überangebot, das uns dauerbeschallt, ist nicht nur ein Segen.

Kollege Philipp ist unserem veränderten Konsumverhalten auf den Grund gegangen:

  • Meinung

    Mediale Dauerberieselung: «Sobald wir mit einer Serie fertig sind, fallen wir in ein Erregungsloch»

    von Philipp Rüegg

Ich ziehe für mich persönlich ein zufriedenstellendes Fazit. Ich spüre relativ gut, wann ich mich von einem bestimmten Medium zurückziehen muss, damit es für mich weder zu viel noch zu monoton wird. Ich dokumentiere meinen Spielekonsum, um mich zu motivieren, ohne ein Backlog zu erschaffen, das mich erschlägt. Ausserdem versuche ich mir bewusst zu sein, ob ich zum Spass spiele oder weil ich mich aus irgendwelchen Gründen genötigt fühle.

Ich wollte schon immer wissen, was die «Far Cry»-Reihe so besonders macht und habe mir deswegen die Teile 5 und 6 geholt. Die Games fallen aber nicht in mein Interessengebiet, weswegen ich vorerst auch nicht vorhabe, sie zu spielen.
Ich wollte schon immer wissen, was die «Far Cry»-Reihe so besonders macht und habe mir deswegen die Teile 5 und 6 geholt. Die Games fallen aber nicht in mein Interessengebiet, weswegen ich vorerst auch nicht vorhabe, sie zu spielen.
Quelle: Ubisoft

Wie sieht es bei dir aus? Hat sich das Gamen für dich schon mal zwanghaft angefühlt? Hast du zusätzliche Tipps dagegen, die du gerne mit der Community teilen möchtest?

Titelbild: Nintendo

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Cassie Mammone
Freie Autorin

Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.


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