Wie ein Ballon, nur ohne Plastik: «Bamana»
Hintergrund

Wie ein Ballon, nur ohne Plastik: «Bamana»

Pia Seidel
29.8.2023

Scheinbar unbeschwerte Dinge wie ein Luftballon können schwerwiegende Folgen für die Umwelt haben. Deshalb hat der Produktdesigner Maxwell Ashford einen Ersatz entworfen, der genauso festlich aussieht, aber biologisch abbaubar ist.

Als Kind war es schaurig-schön, einen Luftballon steigen zu lassen. Ich wollte ihn fliegen sehen. Aber nicht wirklich loslassen, ohne zu wissen, wo er landet. Heute hat das Steigenlassen von Ballonen für mich einen bitteren Nachgeschmack, weil ich weiss: Wenn sie ihren Flug nicht zufällig im Mülleimer beenden, verschmutzen sie die Umwelt. Umso spannender ist das Redesign von Maxwell Ashford. Der Designer hat ein Objekt namens «Bamana» entworfen, das dieselbe magische Wirkung eines Luftballons haben kann und umweltfreundlich ist.

«Bamana» kann zwar nicht fliegen, aber schweben. Das Hängeobjekt eignet sich für drinnen und draussen. Es enthält weder Klebstoffe noch Kunststoffe und setzt sich aus einzelnen kleineren Objekten zusammen. Diese werden aus recyceltem Papier und Abwasser geformt, mit pflanzlichen Lebensmittelfarben eingefärbt und am Ende mit Konfetti aus recyceltem Papier gefüllt. Das Material kann sich im nassen Zustand zersetzen oder mit dem Haushaltspapier entsorgt werden.

Maxwell Ashford schlägt ein Redesign für Luftballons vor.
Maxwell Ashford schlägt ein Redesign für Luftballons vor.
Quelle: Pia Seidel
Sein Partyobjekt «Bamana» kann wie ein Mobile aufgehängt werden.
Sein Partyobjekt «Bamana» kann wie ein Mobile aufgehängt werden.
Quelle: Pia Seidel
Im Innern von «Bamana» befindet sich Konfetti.
Im Innern von «Bamana» befindet sich Konfetti.

In seiner Arbeit konzentriert sich Maxwell Ashford auf nachhaltige Innovationen und die ökologischen Auswirkungen, die mit der Herstellung und dem Konsum von Alltagsgegenständen einhergehen. Er besitzt einen MA in Produktdesign von der ECAL und lebt heute in Lausanne. Weil ihm vor ein paar Jahren immer öfter gestrandete Luftballons am Meer auffallen, beginnt er eines Tages das Objekt infrage zustellen und setzt «Bamana» für die Nov Gallery in Genf mithilfe der Ikea Stiftung Schweiz um. «Der Ballon ist ein schwebender Airbag, der Freude und Feier symbolisiert und zum Beispiel in einem Kinderkrankenhaus schöne Momente bringt», sagt Maxwell. «Gleichzeitig gehört er zu den zehn am häufigsten an europäischen Stränden gefundenen Einwegplastikartikeln und ist gleichzeitig tödlich für Vögel und Meereslebewesen, die daran ersticken können».

Mit seinem Gegenentwurf möchte der Designer erreichen, dass ein Partyobjekt bis an sein Lebensende bedenkenlos gebraucht werden kann und wie ein Luftballon Freude bringt. Da kommen die einzelnen Konfettikanonen ins Spiel. Sie können im Laufe einer Feier aus der Einheit gerissen werden. Durch Pusten oder Schütteln fliegt das Konfetti heraus.

Diese Geste soll die Flüchtigkeit betonen, die für feierliche Ereignisse so wichtig ist und Freude bereiten. Auch die Farben und ungewöhnlichen Formen verleihen «Bamana» einen festlichen Charakter. Sie sind von Samen, Sporen oder Pollen inspiriert und sollen neugierig machen. Die Idee für den Namen «Bamana» stammt hingegen von einem alten Objekt aus Mali, das an Geburtstage benutzt wurde. Es hatte Einfluss auf frühere Versionen des Design-Hängeobjekts. Diese sind im Endergebnis jedoch nicht mehr ersichtlich.

Sollte «Bamana» jemals ins Wasser gelangen, zersetzt sich das Material. Da das Objekt jedoch nicht mit Helium gefüllt ist und nicht fliegt, sollte es aber gar nicht erst in die Nähe von Seen oder Meeren gelangen. Das war zentral für Maxwell. «Im besten Fall gelangt ‹Bamana› in die Papierrecyclingströme der Haushalte und wird wieder nutzbar», sagt Maxwell. «Im schlimmsten Fall löst es sich ganz auf.»

«Bamana» wird aus recyceltem Papier geformt und mit essbaren pflanzlichen Pigmenten eingefärbt.
«Bamana» wird aus recyceltem Papier geformt und mit essbaren pflanzlichen Pigmenten eingefärbt.
Quelle: Pia Seidel

Echte Umgestaltung statt Greenwashing

Noch ist «Bamana» mehr ein spekulativer Entwurf als ein käufliches Produkt. Maxwell erhofft sich jedoch, mit seinem Design den Nutzenden einen Denkanstoss zu geben und einen Wandel im Handel zu bewirken. «Die Lobbymacht der Ballonhersteller ist auf dem mit Greenwashing übersäten Markt überraschend stark.» Herkömmliche Folienballons bestehen vollständig aus Kunststoffen auf fossiler Basis und werden daher niemals biologisch abgebaut. Aber auch Naturlatex-Luftballons haben einen Haken: Sie enthalten Weichmacher, die den biologischen Zersetzungsprozess verhindern oder verlangsamen. Hinzu kommt, dass beide Formen Helium verbrauchen, das immer wertvoller wird, so der Designer.

Sollte sich ein Unternehmen für die Herstellung interessieren, sei Maxwell offen, das Objekt weiterzuentwickeln. Dann bräuchte es zunächst eine Validierung, um eine vollständige biologische Abbaubarkeit zu gewährleisten und später genügend Konsumentinnen und Konsumenten, die den Wandel vorantreiben wollen. Ich wäre sicher eine der Ersten, die auf «Bamana» umsteigen würden. Als Kind hätte es mir damit an nichts gefehlt. Im Gegenteil: Ich hätte nur die Vorzüge geniessen können, weil es mir nicht schwergefallen wäre, den Ballon loszulassen. Davongeflogen wäre er ja nicht. Stattdessen hätte ich Gewissheit gehabt, dass das fliegende Konfetti garantiert vor meinen Füssen statt im Nirgendwo landet.

Einen Moment lang fliegt das Konfetti nach dem Pusten oder Schütteln durch die Luft.
Einen Moment lang fliegt das Konfetti nach dem Pusten oder Schütteln durch die Luft.
Quelle: Pia Seidel
Titelfoto: Pia Seidel

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Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit. 


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