50 Jahre Floppy Disk: Der Aufstieg und Fall eines Speichermediums
Die Markteinführung der Diskette hat sich 2021 zum 50. Mal gejährt. Längst ist das Speichermedium aus unseren Computern verschwunden. Aber die Floppy hat eine ganze Industrie begründet.
Als die Diskette 1971 auf den Markt kommt, ist sie eine Revolution. Erstmals müssen Programme nicht mehr von Hand eingegeben werden, sondern können von der Floppy Disk geladen werden. Das ist nicht nur für Computernutzer eine Revolution, sondern auch für Software-Entwickler: Sie können ihre Programme nun über einen Datenträger verkaufen.
Hat tatsächlich ein japanischer Erfinder die Diskette erdacht?
Die Erfindung der Diskette lässt sich nicht an einer Person festmachen. Auch wenn Dr. NakaMats etwas anderes behauptet. Der japanische Erfinder beansprucht über 3500 Erfindungen für sich. Darunter eine Selbstverteidigungs-Perücke und eben die Floppy. Obwohl: Von dieser hat er nie einen Prototypen gebaut, sondern lediglich deren Funktionsweise beschrieben. Er hat sie also nur theoretisch erfunden. Für die Erfindung hält er gar ein japanisches Patent von 1952 inne.
Eigentlich beansprucht IBM die Erfindung der Diskette für sich. Dennoch hat der blaue Riese einige Lizenzvereinbarungen mit Dr. NakaMats. Es ist also nicht klar, ob sich die IBM-Ingenieure tatsächlich von Dr. NakaMats haben inspirieren lassen.
Häufig wird Alan Shugart mit der Erfindung der Diskette in Verbindung gebracht. Dieser leitet 1967 Entwicklungsprogramme bei IBM. Er beauftragt ein Team aus Ingenieuren unter der Leitung von David L. Noble: Sie sollen ein neuartiges Speichermedium für Grossrechner entwickeln. Aber nicht irgendeines: Es soll einfach und günstig sein und sich zum Laden von Anweisungen und Installieren von Software eignen.
Die erste Floppy
Das Team will zunächst Magnetbänder verwenden. Dann entscheiden sie sich jedoch für eine mit magnetischem Material beschichtete Platte. Diese soll durch einen Schlitz in ein Laufwerk eingeführt und auf einer Spindel gedreht werden. 1969 ist die Floppy Disk geboren. Diese ersten Floppys sind 8 Zoll gross und biegsam. Von dieser Biegsamkeit kommt auch der Name «Floppy», also schlaff.
Der erwähnte Ingenieur David L. Noble ist zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Projektleiter. Diese Aufgabe hat mittlerweile Warren L. Dalziel übernommen. Statt einer Person sind also mehrere Personen an der Erfindung und Entwicklung der Floppy Disk beteiligt.
Da die Disketten schnell schmutzig werden, packen sie die Entwickler in eine schmale, aber stabile Hülle mit einem staub-wischenden Element. Ab 1971 werden die ersten Floppys verkauft. Sie haben eine Kapazität von 3000 Lochkarten, also etwa 80 Kilobyte (KB). Diese 8-Zoll-Disketten sind jedoch ungeeignet für die in der zweiten Hälfte den 1970er aufkommenden Desktop-Rechner. Dennoch werden sie von der US-Airforce bis 2019 noch als Datenträger verwendet.
Hier kommt wieder Alan Shugart ins Spiel. Dieser ist 1976 mit Shugart Industries selbstständig und wird vom Computer-Hersteller Wang Laboratories damit beauftragt, eine Floppy für ihre Desktop-Rechner zu entwickeln. Die 5,25-Zoll-Diskette wird geboren. Sie hat eine Kapazität von bis zu 1,2 Megabyte (MB). Zunächst lagen aber nur 100 KB drin.
Wieso die Diskette ausgerechnet 5,25 Zoll gross ist, ist nicht genau überliefert. Laut einer Geschichte, sollen sich die Ingenieure für die Grösse entschieden haben, weil die Diskette so nicht Platz in den Hosentaschen hat. Sie wollten nicht, dass die Floppys in der Hosentasche transportiert werden, aus Angst davor, dass sie kaputtgehen. Die andere Geschichte geht so: Zwei Ingenieure von Wang Laboratories sassen in der Bar und unterhielten sich über die Grösse der zu entwickelnden Diskette. Sie fanden, dass die Cocktail-Serviette eine gute Grösse habe – sie war 5,25 Zoll gross.
Software-Industrie dank der Floppy
Die 5,25-Zoll-Diskette setzt sich aber nicht wegen Wangs Desktop-Rechnern durch. Der Apple II kann ab 1977 durch ein optionales Laufwerk auch diese Disketten lesen. Dank dem Erfolg des Apple II wird sie zum Standard. Die meisten Rechner in den späten 1970ern und frühen 1980ern nutzten sie.
Dies ist auch die Zeit der aufkommenden PCs. Das ist nicht zufällig. Denn die Diskette ermöglichte es, Programme und Daten schnell und einfach zu übertragen/installieren.
Der PC wird dank der Floppy Disk marktfähig – dadurch wird auch die Software-Industrie geschaffen. Falls du dich für jene Zeit des Aufbruchs interessierst, kann ich dir folgende Artikel empfehlen.
Das Ende der Disketten-Ära
Die Geschichte der 5,25-Zoll-Diskette ist nicht von langer Dauer. Bereits 1980 stellt Sony die 3,5-Zoll-Floppy-Disk vor. Wobei bei ihr die Bezeichnung «Floppy» nicht mehr wirklich passt, da sie einiges stabiler ist. 1988 löst sie die 5,25-Zoll-Diskette als wichtigsten portablen Speicher ab. In den 1990ern ist die mit einem Speicherplatz von 1,44 MB ausgestattete Diskette unangefochtene Marktführerin bei portablen Medien.
Später kommen dann noch ZIP-Disketten von Iomega oder Super Disk von Imation dazu. In den frühen Nuller-Jahren neigt sich die Ära der Floppy ihrem Ende zu. Zunächst machen ihr wiederbeschreibbare CDs und DVDs den Platz streitig. Mit Kapazitäten jenseits der 1-Gigabyte-Grenze sind sie der Floppy um Weiten überlegen. CDs und DVDs werden später von Flash-Speicher und High-Speed-Internet abgelöst. Sony kündigt 2010 an, keine Floppys mehr zu produzieren.
Und Alan Shugart, der vermeintliche IBM-Erfinder der Diskette? Der gründet bereits 1979 Seagate Technology. Das Unternehmen fokussiert sich fortan auf Festplatten. Shugart stirbt 2006.
Anderes Dr. NakaMats. Der geistige Vater der Diskette ist mittlerweile 93 und erfindet immer noch Dinge. Dank einem strikten Lebensplan, den er selbstverständlich auch erfunden hat, will er 144 werden.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.